vorgehend
Amtsgericht Traunstein, 4 IN 183/03, 11.01.2005
Landgericht Traunstein, 4 T 1374/05, 25.05.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 158/05
vom
13. April 2006
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Auch dem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt kann ein Zuschlag
auf die Vergütung gewährt werden, wenn in der Eröffnungsphase der Betrieb
des Schuldners fortgeführt worden ist und sich für die Tätigkeit des vorläufigen
Insolvenzverwalters dadurch erhebliche Erschwernisse ergeben haben.
BGH, Beschluss vom 13. April 2006 - IX ZB 158/05 - LG Traunstein
AG Traunstein
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und die Richterin Lohmann
am 13. April 2006

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein vom 25. Mai 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 4.209,67 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Auf einen Eigenantrag der Schuldnerin, eines regionalen Kabelfernsehunternehmens , wurde der Antragsteller (weiterer Beteiligter, Rechtsbeschwerdeführer ) mit Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgerichts - vom 3. Juli 2003 zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt bestellt (§ 22 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2). Den Drittschuldnern wurde verboten, an die Schuldnerin zu leisten. Der vorläufige Insolvenzverwalter wurde ermächtigt, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen sowie eingehende Gelder der Schuldnerin entgegenzunehmen; die Drittschuldner wurden aufgefordert, nur noch unter Beachtung dieser Anordnungen zu leisten. Mit Beschluss vom 1. September 2003 eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren und bestellte den Antragsteller zum Insolvenzverwalter.
2
Dieser hat beantragt, seine Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter auf 9.979,84 € zuzüglich Auslagenerstattung und Umsatzsteuer festzusetzen. Dabei hat er - ausgehend von dem Regelsatz von 25 vom Hundert der fiktiven Insolvenzverwaltervergütung - Zuschläge von 25 vom Hundert wegen der Betriebsfortführung und 5 vom Hundert wegen der vom Normalfall abweichenden Dauer der vorläufigen Insolvenzverwaltung begehrt. Mit Beschluss vom 11. Januar 2005 hat das Amtsgericht die Vergütung auf 6.350,81 € zuzüglich Auslagenerstattung und Umsatzsteuer festgesetzt. Die geltend gemachten Zuschläge hat es nicht für gerechtfertigt erachtet. Stattdessen hat es wegen der Anordnung des Zustimmungsvorbehalts und der Ermächtigung zum Forderungseinzug zwei Zuschläge von jeweils 5 vom Hundert, insgesamt also 35 vom Hundert der fiktiven Regelvergütung eines Insolvenzverwalters, zugebilligt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht mit Beschluss vom 25. Mai 2005 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.


3
Rechtsmittel Das ist statthaft (§§ 6, 7, 63 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Es führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
4
1. Das Beschwerdegericht hat einen Zuschlag für die Betriebsfortführung mit der Begründung versagt, der Antragsteller sei nur ein "schwacher" vorläufiger Insolvenzverwalter gewesen, dem nicht die allgemeine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übertragen worden sei. Da die Unternehmensfortführung somit nicht zu seinen Aufgaben gehört habe, sei sie ihm - selbst wenn er sie tatsächlich wahrgenommen habe - nicht zu vergüten. Soweit er den Betrieb auf Grund der insolvenzgerichtlichen Anordnungen "finanziell begleitet" habe, sei dies bereits durch den vom Amtsgericht gewährten Zuschlag abgedeckt.
5
In Rechtsprechung und Schrifttum ist umstritten, ob auch dem "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt ein Zuschlag auf die Vergütung gewährt werden kann, wenn in der Eröffnungsphase der Betrieb des Schuldners fortgeführt worden ist (ablehnend LG Hamburg ZInsO 2003, 1094, 1095; befürwortend LG Potsdam ZInsO 2005, 588, 590; Frind/Förster ZInsO 2004, 76 f; Haarmeyer/Wutzke/Förster, Insolvenzrechtliche Vergütung 3. Aufl. § 11 InsVV Rn. 76; Kübler/Prütting/Eickmann, InsO § 11 InsVV Rn. 27).
6
Diese Frage ist im vorliegenden Fall erheblich. Zwar ist dem Antragsteller in den Vorinstanzen für die "finanzielle Begleitung" der Schuldnerin im Eröffnungsverfahren bereits ein Zuschlag gewährt worden; dies schließt es jedoch nicht aus, dass der Zuschlag höher ausgefallen wäre, wenn Amts- und Landge- richt dem Antragsteller nicht nur die "finanzielle Begleitung", sondern die Begleitung der Betriebsfortführung zugute gehalten hätten.
7
Nach Ansicht des Senats kann die Fortführung des Schuldner-Betriebs für die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters auch dann, wenn die Verwaltungs - und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners nicht allgemein auf ihn übergangen ist, eine Erschwernis bedeuten, die einen Zuschlag entsprechend § 3 InsVV rechtfertigt. Zwar ist einem derartigen "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter vom Insolvenzgericht nicht die Aufgabe übertragen worden, den Betrieb fortzuführen. Diese Anordnung und die Bestellung eines bloß "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalters schließen sich im Allgemeinen sogar aus (vgl. HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 22 Rn. 47). Auch dem vorläufigen Insolvenzverwalter ohne Verfügungsbefugnis, aber mit Zustimmungsvorbehalt , obliegt jedoch die Sicherung des vorhandenen Vermögens. Dies hat das Insolvenzgericht im vorliegenden Fall sogar ausdrücklich ausgesprochen. Führt der Schuldner seinen Betrieb im Eröffnungsverfahren fort, kommt es laufend zu betrieblich bedingten Rechtsgeschäften und somit zu Verfügungen. Diese muss der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt darauf überprüfen, ob sie für die künftige Masse nicht nachteilig und somit zustimmungsfähig sind. Damit ist eine weitgehende Kontrolle der Geschäftsführung des Schuldners erforderlich. Hat der vorläufige Insolvenzverwalter im Einzelfall seine Zustimmung zu einer masseschädlichen Verfügung erteilt, muss er sich dafür verantworten. Arbeitsaufwand und Verantwortung gehen über die "finanzielle Begleitung", die das Beschwerdegericht honoriert hat, deutlich hinaus. In der Praxis erfordert die Betriebsfortführung eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Schuldner und dem mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestatteten vorläufigen Insolvenzverwalter. Für diesen kann die Zusammenarbeit ähn- lich aufwändig werden, wie wenn er die Betriebsfortführung selbst übernimmt und sich dabei der Hilfe des Schuldners bedient.
8
Diese Auffassung steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats, der schon in früheren Entscheidungen an der Gewährung eines auf die Betriebsfortführung gestützten Zuschlags an vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt keinen Anstoß genommen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 4. November 2004 - IX ZB 52/04, NZI 2005, 106 m. Anm. Nowak; v. 12. Januar 2006 - IX ZB 127/04, NZI 2006, 235, 236).
9
2. Gegen die Versagung eines Zuschlags wegen der Dauer des Eröffnungsverfahrens von fast 2 Monaten wendet sich die Rechtsbeschwerde vergebens. Eine solche Verfahrensdauer ist nach der Erfahrung des Senats nicht ungewöhnlich.

III.


10
Da der Vergütungsanspruch nur einheitlich festgesetzt werden kann, ist die Beschwerdeentscheidung insgesamt aufzuheben (vgl. BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003 - IX ZB 50/03, NZI 2004, 251, 253).
Fischer Ganter Raebel
Kayser Lohmann
Vorinstanzen:
AG Traunstein, Entscheidung vom 11.01.2005 - 4 IN 183/03 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 25.05.2005 - 4 T 1374/05 -

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(1) Für die Berechnung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ist das Vermögen zugrunde zu legen, auf das sich seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt. Vermögensgegenstände, an denen bei Verfahrenseröffnung Aus- oder Abs

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(1) Der Insolvenzverwalter hat Anspruch auf Vergütung für seine Geschäftsführung und auf Erstattung angemessener Auslagen. Der Regelsatz der Vergütung wird nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens berechnet. Dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäftsführung des Verwalters wird durch Abweichungen vom Regelsatz Rechnung getragen.

(2) Sind die Kosten des Verfahrens nach § 4a gestundet, steht dem Insolvenzverwalter für seine Vergütung und seine Auslagen ein Anspruch gegen die Staatskasse zu, soweit die Insolvenzmasse dafür nicht ausreicht.

(3) Die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters wird gesondert vergütet. Er erhält in der Regel 25 Prozent der Vergütung des Insolvenzverwalters bezogen auf das Vermögen, auf das sich seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt. Maßgebend für die Wertermittlung ist der Zeitpunkt der Beendigung der vorläufigen Verwaltung oder der Zeitpunkt, ab dem der Gegenstand nicht mehr der vorläufigen Verwaltung unterliegt. Beträgt die Differenz des tatsächlichen Werts der Berechnungsgrundlage der Vergütung zu dem der Vergütung zugrunde gelegten Wert mehr als 20 Prozent, so kann das Gericht den Beschluss über die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Vergütung des Insolvenzverwalters ändern.

(1) Für die Berechnung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ist das Vermögen zugrunde zu legen, auf das sich seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt. Vermögensgegenstände, an denen bei Verfahrenseröffnung Aus- oder Absonderungsrechte bestehen, werden dem Vermögen nach Satz 1 hinzugerechnet, sofern sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erheblichem Umfang mit ihnen befasst. Sie bleiben unberücksichtigt, sofern der Schuldner die Gegenstände lediglich auf Grund eines Besitzüberlassungsvertrages in Besitz hat.

(2) Wird die Festsetzung der Vergütung beantragt, bevor die von Absatz 1 Satz 1 erfassten Gegenstände veräußert wurden, ist das Insolvenzgericht spätestens mit Vorlage der Schlussrechnung auf eine Abweichung des tatsächlichen Werts von dem der Vergütung zugrunde liegenden Wert hinzuweisen, sofern die Wertdifferenz 20 vom Hundert bezogen auf die Gesamtheit dieser Gegenstände übersteigt.

(3) Art, Dauer und der Umfang der Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters sind bei der Festsetzung der Vergütung zu berücksichtigen.

(4) Hat das Insolvenzgericht den vorläufigen Insolvenzverwalter als Sachverständigen beauftragt zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen, so erhält er gesondert eine Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Der Insolvenzverwalter hat Anspruch auf Vergütung für seine Geschäftsführung und auf Erstattung angemessener Auslagen. Der Regelsatz der Vergütung wird nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens berechnet. Dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäftsführung des Verwalters wird durch Abweichungen vom Regelsatz Rechnung getragen.

(2) Sind die Kosten des Verfahrens nach § 4a gestundet, steht dem Insolvenzverwalter für seine Vergütung und seine Auslagen ein Anspruch gegen die Staatskasse zu, soweit die Insolvenzmasse dafür nicht ausreicht.

(3) Die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters wird gesondert vergütet. Er erhält in der Regel 25 Prozent der Vergütung des Insolvenzverwalters bezogen auf das Vermögen, auf das sich seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt. Maßgebend für die Wertermittlung ist der Zeitpunkt der Beendigung der vorläufigen Verwaltung oder der Zeitpunkt, ab dem der Gegenstand nicht mehr der vorläufigen Verwaltung unterliegt. Beträgt die Differenz des tatsächlichen Werts der Berechnungsgrundlage der Vergütung zu dem der Vergütung zugrunde gelegten Wert mehr als 20 Prozent, so kann das Gericht den Beschluss über die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Vergütung des Insolvenzverwalters ändern.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Für die Berechnung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ist das Vermögen zugrunde zu legen, auf das sich seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt. Vermögensgegenstände, an denen bei Verfahrenseröffnung Aus- oder Absonderungsrechte bestehen, werden dem Vermögen nach Satz 1 hinzugerechnet, sofern sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erheblichem Umfang mit ihnen befasst. Sie bleiben unberücksichtigt, sofern der Schuldner die Gegenstände lediglich auf Grund eines Besitzüberlassungsvertrages in Besitz hat.

(2) Wird die Festsetzung der Vergütung beantragt, bevor die von Absatz 1 Satz 1 erfassten Gegenstände veräußert wurden, ist das Insolvenzgericht spätestens mit Vorlage der Schlussrechnung auf eine Abweichung des tatsächlichen Werts von dem der Vergütung zugrunde liegenden Wert hinzuweisen, sofern die Wertdifferenz 20 vom Hundert bezogen auf die Gesamtheit dieser Gegenstände übersteigt.

(3) Art, Dauer und der Umfang der Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters sind bei der Festsetzung der Vergütung zu berücksichtigen.

(4) Hat das Insolvenzgericht den vorläufigen Insolvenzverwalter als Sachverständigen beauftragt zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen, so erhält er gesondert eine Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz.

(1) Eine den Regelsatz übersteigende Vergütung ist insbesondere festzusetzen, wenn

a)
die Bearbeitung von Aus- und Absonderungsrechten einen erheblichen Teil der Tätigkeit des Insolvenzverwalters ausgemacht hat, ohne daß ein entsprechender Mehrbetrag nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 angefallen ist,
b)
der Verwalter das Unternehmen fortgeführt oder Häuser verwaltet hat und die Masse nicht entsprechend größer geworden ist,
c)
die Masse groß war und die Regelvergütung wegen der Degression der Regelsätze keine angemessene Gegenleistung dafür darstellt, daß der Verwalter mit erheblichem Arbeitsaufwand die Masse vermehrt oder zusätzliche Masse festgestellt hat,
d)
arbeitsrechtliche Fragen zum Beispiel in bezug auf das Insolvenzgeld, den Kündigungsschutz oder einen Sozialplan den Verwalter erheblich in Anspruch genommen haben oder
e)
der Verwalter einen Insolvenzplan ausgearbeitet hat.

(2) Ein Zurückbleiben hinter dem Regelsatz ist insbesondere gerechtfertigt, wenn

a)
ein vorläufiger Insolvenzverwalter in Verfahren tätig war,
b)
die Masse bereits zu einem wesentlichen Teil verwertet war, als der Verwalter das Amt übernahm,
c)
das Insolvenzverfahren vorzeitig beendet wird oder das Amt des Verwalters vorzeitig endet,
d)
die Masse groß war und die Geschäftsführung geringe Anforderungen an den Verwalter stellte,
e)
die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar sind und die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering ist oder
f)
der Schuldner in ein Koordinationsverfahren einbezogen ist, in dem ein Verfahrenskoordinator nach § 269e der Insolvenzordnung bestellt worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 52/04
vom
4. November 2004
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Belasten erschwerende Umstände den vorläufigen Insolvenzverwalter in gleicher
Weise wie den endgültigen Insolvenzverwalter, sind die deswegen zu gewährenden
Zuschläge zum Regelsatz der Vergütung grundsätzlich für beide mit dem gleichen
Hundertsatz zu bemessen.
BGH, Beschluß vom 4. November 2004 - IX ZB 52/04 - LG Chemnitz
AG Chemnitz
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter,
Raebel, Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 4. November 2004

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 26. Januar 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 295.285,87 € festgesetzt.

Gründe:


I.


Der Antragsteller wurde mit Beschluß des Amtsgerichts - I nsolvenzgerichts - vom 3. April 2002 zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO) bestellt. Die Bestellung endete am 2. Juni 2002 mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Bestellung des Antragstellers zum endgültigen Insolvenzverwalter.

Der Antragsteller hat beantragt, seine Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter auf 501.282,10 € festzusetzen. Er hat hierbei einen 25 %-igen Regelsatz und Zuschläge von insgesamt 170 % - unter anderem 75 % für die Betriebsfortführung und 50 % für die Vermietung und Verwaltung von Immobilien - zugrunde gelegt. Mit Beschluß vom 1. April 2003 hat das Amtsgericht die Vergütung auf 205.996,23 € festgesetzt. Es hat - unter anderem wegen der Betriebsfortführung und des Vorhandenseins von teils fertigzustellenden, teils vermieteten Objekten - lediglich Zuschläge von insgesamt 55 % anerkannt, ohne diesen Prozentsatz aufzuschlüsseln. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen, allerdings den Prozentsatz der gewährten Zuschläge nunmehr auf einzelne Zuschlagsfaktoren verteilt. Hierbei sind jeweils 15 % auf die Betriebsfortführung und die Vermietung /Verwaltung von Immobilien entfallen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.


Das Rechtsmittel ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 7 InsO) und zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO); es führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Der Antragsteller macht geltend, das Landgericht ha be zwar die in dem Vergütungsantrag dargelegten Erhöhungstatbestände einzeln bewertet, jedoch weit weniger als beantragt zugebilligt, weil es zu Unrecht angenommen habe, die Zuschläge auf die Regelvergütung des vorläufigen Insolvenzverwal-
ters seien regelmäßig nur mit einem Bruchteil der für den endgültigen Verwalter in vergleichbaren Fällen anerkannten Zuschläge zu bemessen.
2. In Rechtsprechung und Schrifttum ist umstritten, ob f ür die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters, die Zuschläge nach § 3 Abs. 1 InsVV rechtfertigt, regelmäßig nur ein Bruchteil der für den endgültigen Verwalter anerkannten Zuschläge anzusetzen ist (so LG Braunschweig ZInsO 2001, 552, 553; LG Berlin ZInsO 2001, 608, 611; LG Neubrandenburg ZInsO 2003, 26, 27; Haarmeyer / Wutzke/Förster, InsVV 3. Aufl. § 3 Rn. 72 und § 11 Rn. 74; Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren 2000 Rn. 189; ebenso zur Konkursordnung LG Göttingen ZInsO 1998, 189, 190) oder ob die Zuschläge - unter der Voraussetzung , daß sich die Tätigkeiten qualitativ und quantitativ nicht unterscheiden - ebenso hoch wie bei dem endgültigen Verwalter zu bemessen sind (OLG Frankfurt/Main ZIP 2001, 1016, 1018; MünchKomm-InsO/Nowak, § 11 InsVV Rn. 16; Eickmann, Vergütungsrecht 2. Aufl. § 11 InsVV Rn. 22; Graeber, Die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters gem. § 11 InsVV 2003 S. 74 f).
3. Im vorliegenden Fall wird diese Frage erheblich, w eil das Landgericht sich wegen des Zuschlags für die Betriebsfortführung unter Berufung auf Haarmeyer/Wutzke/Förster (aaO) an der von diesen Autoren für den vorläufigen Insolvenzverwalter genannten "Untergrenze" von 15 % orientiert hat. Da die genannten Autoren unter sonst gleichen Voraussetzungen für den endgültigen Insolvenzverwalter einen Zuschlag von 0,5 auf den Regelsatz befürworten, ist davon auszugehen, daß das Landgericht die Betriebsfortführung unterschiedlich bewertet hat je nachdem, ob sie durch den vorläufigen oder den endgültigen Insolvenzverwalter vorgenommen wird.

4. Der Senat schließt sich im Grundsatz der Auffassung an, daß die Zuschläge für Umstände, welche die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters erschweren, mit dem gleichen Hundertsatz wie bei dem endgültigen Insolvenzverwalter zu bemessen sind, falls diese Umstände sich nicht von denen unterscheiden, die bei dem endgültigen Insolvenzverwalter zu einem Zuschlag führen würden.

a) Zwar ist die Gesamttätigkeit des vorläufigen Insolvenzve rwalters regelmäßig geringer zu vergüten als die des endgültigen Insolvenzverwalters, weil ihre Aufgaben unterschiedlich sind. Dementsprechend sieht § 11 Abs. 1 Satz 2 InsVV vor, daß die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters in der Regel einen angemessenen Bruchteil der Vergütung des Insolvenzverwalters nicht überschreiten soll (zur Berechnung vgl. BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003 - IX ZB 50/03, NZI 2004, 251, 252). Dies gilt insbesondere für den einen Normalfall abgeltenden Regelsatz, der bei dem vorläufigen Insolvenzverwalter regelmäßig 25 % der Vergütung des Insolvenzverwalters beträgt (BGH, Beschl. v. 24. Juni 2003 - IX ZB 453/02, NZI 2003, 547, 548; vgl. nunmehr auch Art. 1 Ziff. 4 der Verordnung zur Änderung der Insolvenzrechtli chen Vergütungsverordnung vom 4. Oktober 2004, BGBl. I, 2569) und den das Landgericht antragsgemäß auch in dieser Höhe festgesetzt hat.

b) Anders kann es sich indessen mit den erschwerenden Umstän den im Sinne von § 3 Abs. 1 InsVV verhalten, die nach den §§ 10, 11 Abs. 1 Satz 3 InsVV für den vorläufigen Insolvenzverwalter entsprechend zu berücksichtigen sind und denen durch Veränderung des Regelsatzes Rechnung zu tragen ist (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003 - IX ZB 50/03, NZI 2004, 251, 253). Der-
artige Umstände können sowohl vor als auch nach Insolvenzeröffnung vorliegen. Je nach Lage des Einzelfalles können sie sich für den vorläufigen Insolvenzverwalter in gleicher Weise belastend auswirken wie für den endgültigen Insolvenzverwalter. Gegebenenfalls wäre es nicht zu rechtfertigen, sie bei der Vergütung unterschiedlich zu berücksichtigen.

c) Führt der vorläufige Insolvenzverwalter den Geschäftsbet rieb des Schuldners fort und wird hierdurch nicht die Masse entsprechend größer, rechtfertigen die durch die Fortführung verursachten Erschwernisse in analoger Anwendung des § 3 Abs. 1 Buchst. b Alt. 1 InsVV eine den Regelsatz übersteigende Vergütung (vgl. BGHZ 146, 165, 178; Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO). In diesem Stadium sind die auf die Betriebsfortführung zurückgehenden Erschwernisse häufig nicht weniger belastend als nach Insolvenzeröffnung für den Insolvenzverwalter, weil der vorläufige Insolvenzverwalter es oft mit einer wirtschaftlich noch ungeklärten Situation zu tun bekommt und erst die Grundlagen für die Fortführung des Geschäftsbetriebes schaffen muß. Beispielsweise muß er mit den Lieferanten wegen einer Wiederaufnahme oder Fortführung der Lieferungen und mit den Banken wegen neuer Kredite verhandeln, um die Liquidität wiederherzustellen. Hier werden die Weichen für die Zukunft gestellt. Das dabei zu Leistende kann - was den Arbeitsaufwand sowie die Bereitstellung der erforderlichen sachlichen und persönlichen Mittel angeht - nicht weniger bedeutsam sein als die Betriebsfortführung durch den späteren Insolvenzverwalter. Auch ist, solange die wirtschaftliche Situation, insbesondere der Bestand der Masse, nicht geklärt ist, das Haftungsrisiko für den vorläufigen Insolvenzverwalter eher höher als für den Insolvenzverwalter.
Das Argument, Betriebsfortführungen durch den vorläufi gen Insolvenzverwalter seien von kürzerer Dauer, trifft nicht in jedem Einzelfall zu. Der Zuschlag ist - unabhängig davon, ob er einen vorläufigen oder endgültigen Insolvenzverwalter betrifft - stets nach der konkreten Dauer zu bemessen. Bei gleicher Dauer ist, falls auch sonst keine wesentlichen Unterschiede bestehen, der gleiche Zuschlag veranlaßt.
Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller, wie vom L andgericht festgestellt , das Unternehmen der Schuldnerin für ca. acht Wochen mit 19 Arbeitnehmern fortgeführt. Nach Ansicht des Landgerichts ist er dabei "wie ein endgültiger Verwalter tätig geworden". Es ging um die Bauleitung für die Fertigstellung von sieben Wohn- und Geschäftshäusern mit Tiefgaragenstellplätzen. Die noch ausstehende Bauleistung hatte einen Wert von etwa 2,5 Mio. €. Dabei war in Abstimmung mit der Gläubigerbank der Generalunternehmer zur Aufholung einer Bauverzögerung anzuhalten. Da das Landgericht möglicherweise auf Grund der ihm obliegenden tatrichterlichen Würdigung einem endgültigen Verwalter für eine entsprechende achtwöchige Betriebsfortführung einen höheren Zuschlag als 15 % zugebilligt hätte, kann die angefochtene Entscheidung insofern keinen Bestand haben.

d) Dasselbe gilt hinsichtlich des Zuschlags für die Vermiet ung und Verwaltung von Immobilienvermögen der Schuldnerin (§ 3 Abs. 1 Buchst. b Alt. 2; §§ 10, 11 Abs. 1 Satz 3 InsVV). Die Schuldnerin verfügte über 103 Objekte im Inland und ein Objekt in Italien. Auch insoweit sind die Erschwernisse, die den Zuschlag rechtfertigen, für den Antragsteller als vorläufigen Insolvenzverwalter nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen nicht von vornherein geringer als für den endgültigen. Es hat auf die von dem Antragsteller ange-
führten "zahlreichen Verhandlungen mit Mietern und insbesondere Versorgungsunternehmen" abgestellt sowie darauf, daß "die Zuordnung der einzelnen Dauerschuldverhältnisse überaus schwierig" gewesen sei. Auch seien zunächst "umfangreiche Nachforschungen" erforderlich gewesen. Nach den Angaben in der Antragsschrift hat der Antragsteller überdies persönliche Zahlungszusagen erteilt, um die Weiterbelieferung mit elektrischer Energie, Gas, Wärme und Wasser sicherzustellen.
Der Senat als Rechtsbeschwerdegericht kann nicht ausschließen , daß das Landgericht hierfür einen Zuschlag von mehr als 15 % gewährt hätte, wenn es von der vorstehend unter b) dargelegten Rechtsauffassung ausgegangen wäre.

III.


Hinsichtlich der übrigen Zuschlagsfaktoren - jeweils 5 % f ür die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes, die Prüfung des Vertrages mit dem Generalunternehmer, die Prüfung und Abwicklung von Kaufverträgen, Verhandlungen mit Gläubigerbanken über die Verwertung des Immobilienvermögens, insgesamt also (4 x 5 =) 20 % - zeigt die Rechtsbeschwerde keinen Rechtsfehler auf; ein solcher ist auch nicht ersichtlich. Dennoch ist der angefochtene Beschluß insgesamt aufzuheben, weil die Festsetzung der Vergütung nur einheitlich erfolgen kann (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003 aaO). Daran ändert auch der dem Landgericht unterlaufene Additionsfehler nichts. Die von ihm ermittelten Zuschläge hätten insgesamt nur 50 % und nicht, wie dem Antragsteller zugebilligt, 55 % ergeben. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß dem Antragsteller wegen
Antragsteller wegen der Betriebsfortführung und der Verwaltung des Immobilienvermögens Zuschläge von insgesamt mehr als (55 ./. 20 =) 35 % gebühren.
Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Landgerich t zurückzuverweisen. Die Bemessung der Zuschläge unter Berücksichtigung der Art und
des Umfangs der jeweils entfalteten Tätigkeit ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003 aaO).
Ganter Raebel Kayser
Cierniak Lohmann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 127/04
vom
12. Januar 2006
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wirkt der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt an einer zum
Zweck der Sanierung schon im Eröffnungsverfahren durchgeführten Unternehmensübertragung
mit, kann dies einen Zuschlag zum Regelbruchteil der fiktiven Insolvenzverwaltervergütung
rechtfertigen, wenn das Insolvenzgericht oder die Gläubiger
seiner Mitwirkung zugestimmt haben.
BGH, Beschluss vom 12. Januar 2006 - IX ZB 127/04 - LG Lüneburg
AG Celle
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 12. Januar 2006

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten und die sofortige Beschwerde der Schuldnerin werden der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 10. Mai 2004 und der Beschluss des Amtsgerichts Celle vom 8. August 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren - an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 160.951,61 Euro festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Rechtsbeschwerdeführer Der (i.F.: Beschwerdeführer) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgerichts - vom 21. März 2001 zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Fall 2 InsO). Mit Beschluss vom 15. Juni 2001 hob das Amtsgericht die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung auf, nachdem die Schuldnerin ihren Insolvenzantrag zurückgenommen hatte.
2
Beschwerdeführer Der hat beantragt, seine Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter auf 350.210 DM zuzüglich Mehrwertsteuer, insgesamt 406.243,60 DM, festzusetzen. Das Amtsgericht hat dem Antrag entsprochen. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Landgericht die Nettovergütung auf 39.558,14 € zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer, insgesamt 46.757,44 €, herabgesetzt. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Beschwerdeführer seinen Vergütungsfestsetzungsantrag in der diesen Betrag übersteigenden Höhe weiter.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das Rechtsmittel ist begründet; es führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. Auch die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist begründet.
4
Die 1. von der Rechtsbeschwerde erhobenen Rügen sind allerdings weitgehend unbegründet.
5
a) Ohne Erfolg wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, dass das Landgericht den Wert des Immobilienvermögens, an dem Aus- und Absonderungsrechte bestanden, nicht in vollem Umfang in die Berechnungsgrundlage einbezogen hat. Er trägt hierzu vor, er habe auch im Blick auf die vom Landgericht nicht berücksichtigten Grundstücke eine "nicht gänzlich unbedeutende verwaltende Tätigkeit" entfaltet. Darauf kommt es jedoch nicht an: Mit Beschluss vom 14. Dezember 2005 (IX ZB 256/04, z.V.b. in BGHZ) hat der Senat in Abweichung von seinem in BGHZ 146, 265 abgedruckten Beschluss entschieden , dass einer bloß nennenswerten Befassung mit Gegenständen, die nach Insolvenzeröffnung der Aus- und Absonderung unterliegen, noch keine Bedeutung für die Vergütung zukommt. Erforderlich ist vielmehr, dass die Befassung mit Aus- oder Absonderungsrechten den vorläufigen Verwalter in erheblichem Maße in Anspruch genommen hat. Dann kann ein Zuschlag gemäß § 3 Abs. 1 Buchst. a InsVV gewährt werden. Eine Aufnahme des Werts der betroffenen Gegenstände in die Berechnungsgrundlage kommt aber auch in diesem Fall nicht in Betracht.
6
Das b) Landgericht hat rechtsfehlerfrei einen Betrag von 4.617.000,00 DM zum 15. Juni 2001 für die Fahrzeugwerte in die Berechnungsgrundlage eingestellt. Grundlage für die Berechnung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters gemäß § 11 Abs. 1 InsVV a.F. ist der Wert des einem künftigen Insolvenzbeschlag unterliegenden Vermögens des Schuldners bei der Beendigung der vorläufigen Insolvenzverwaltung (BGH, Beschl. v. 8. Juli 2004 - IX ZB 589/02, WM 2004, 1783, 1784). Das gilt auch in dem hier gegebenen Fall, dass es nicht zu einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommt (vgl. BGH, Beschl. v. 9. Juni 2005 - IX ZB 230/03, ZIP 2005, 1324 f). Davon ist selbst dann nicht abzuweichen, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter - wie hier - geltend macht, der Wert der bei Beginn seiner Verwaltung vorhandenen Gegenstände sei in anderer Form - hier als Veräußerungserlös - noch bei Beendigung der vorläufigen Verwaltung im Vermögen des Schuldners vorhanden gewesen. Forderungen des Schuldners sind mit ihrem Verkehrswert im Zeitpunkt der Beendigung der vorläufigen Verwaltung in die Berechnungs- grundlage aufzunehmen (BGH, Beschl. v. 9. Juni 2005, aaO S. 1325). Entsprechendes gilt für einen hinreichend belegten Barbestand.
7
c) Vergeblich wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Entscheidung des Landgerichts, der getroffenen Festsetzung als Ausgangssatz 25 % der Vergütung des endgültigen Verwalters zugrunde zu legen. Dies ist auch nach Ansicht des Senats der angemessene Prozentsatz, von dem je nach Art, Dauer und Umfang der Tätigkeit Zu- oder Abschläge in Betracht kommen (BGH, Beschl. v. 24. Juni 2003 - IX ZB 453/02, WM 2003, 1869, 1870). Das gilt auch dann, wenn das Insolvenzgericht einen allgemeinen Zustimmungsvorbehalt angeordnet hat (BGH, Beschl. v. 17. Juli 2003 - IX ZB 10/03, ZIP 2003, 1612). Es ist im Rahmen der konkret gegebenen rechtserheblichen Umstände grundsätzlich allein Aufgabe des Tatrichters, die Vergütungszuschläge oder -abschläge unter Berücksichtigung von Art, Dauer und Umfang der jeweils entfalteten Tätigkeit zu bemessen (vgl. BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - IX ZB 31/02, ZIP 2002, 1459, 1460; v. 8. Mai 2003 - IX ZB 445/02, ZIP 2003, 1260; v. 8. Juli 2004 - IX ZB 589/02, WM 2004, 1783, 1785). Einer Erhöhung des Ausgangssatzes auf 35 % wegen der Fortführung des aus mehreren Betriebsstätten bestehenden Unternehmens und der Abwendung einer Insolvenzeröffnung steht zudem entgegen, dass der Beschwerdeführer hierfür einen Zuschlag beansprucht und - wenn auch nicht in der von ihm begehrten Höhe - erhalten hat. Dafür, dass der Beschwerdeführer "erfolgreiche Gespräche im Hinblick auf das Grundeigentum durchgeführt hat und die Veräußerungen stark vorangetrieben hat", hat er ebenfalls einen Zuschlag erhalten.
8
Für d) die "Betriebsfortführung mit Sanierungsbemühungen" hat das Landgericht einen Erhöhungssatz von 5 % zugrunde gelegt. Anhaltspunkte dafür , dass das Beschwerdegericht den von der Rechtsbeschwerde in Bezug ge- nommenen Vortrag des Beschwerdeführers unzureichend in seine Würdigung des Leistungsbildes im Einzelfall einbezogen hat, bestehen nicht. Mit dem Einwand , ein Zuschlag in Höhe von 5 % stelle keine angemessene Vergütung dar, vermag der Beschwerdeführer keinen Rechtsfehler aufzuzeigen.
9
e) Der Beschwerdeführer hat ferner einen Zuschlag von 25 % für die Befriedigung von Aus- und Absonderungsrechten über deren Berücksichtigung bei der Berechnungsgrundlage hinaus beantragt. Dies hat das Landgericht abgelehnt ; seine Entscheidung ist auch insoweit rechtsfehlerfrei. Das Landgericht hat entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde keinen entscheidungserheblichen Vortrag übergangen. Nach dem Beschluss des Senats vom 14. Dezember 2005 (IX ZB 256/04, z.V.b. in BGHZ) kommt ein Zuschlag nur bei erheblicher Beschäftigung des vorläufigen Insolvenzverwalters mit Ausoder Absonderungsrechten in Betracht. Aus dem Hinweis der Rechtsbeschwerde auf die Differenz der Fahrzeugwerte zu Beginn der vorläufigen Insolvenzverwaltung und an deren Ende ergibt sich schon nicht, dass diese Erheblichkeitsschwelle überschritten ist. Jedenfalls kann der Beschwerdeführer nicht die im Rahmen der Betriebsfortführung gesondert vergütete Tätigkeit zusätzlich unter dem Gesichtspunkt einer erheblichen Befassung mit Aus- und Absonderungsrechten geltend machen.
10
f) Das Landgericht hat es abgelehnt, dem Beschwerdeführer den begehrten Zuschlag von 25 % für die Vorfinanzierung von Insolvenzgeld zu bewilligen, weil er insoweit nicht substantiiert vorgetragen habe, über den Rahmen der vorläufigen Insolvenzverwaltung hinaus tätig geworden zu sein. Damit hat es nicht in Abrede genommen, dass ein solcher Zuschlag gewährt werden kann (vgl. § 3 Abs. 1 Buchst. d InsVV). Es ist daher nicht rechtsfehlerhaft, wenn das Landgericht im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens geprüft hat, ob nach den Darlegungen des Beschwerdeführers eine mit dem Ausgangssatz von 25 % auf die Regelvergütung noch nicht abgegoltene Tätigkeit vorliegt. Das Insolvenzgericht braucht nicht für jeden in Frage kommenden Zuschlags- oder Abschlagstatbestand zunächst isoliert zu entscheiden, ob er eine Erhöhung oder eine Ermäßigung des Regelsatzes rechtfertigt; es darf den Zuschlag für einen an sich erfüllten Erhöhungstatbestand auch dann versagen, wenn die für ein Zurückbleiben hinter dem Regelsatz sprechenden Gründe bei einer Gesamtbetrachtung gleichwertig erscheinen (BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003 - IX ZB 607/02, ZIP 2003, 1757, 1758 f). Vom Beschwerdegericht übergangenen konkreten Vortrag zur Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf. Der von ihr angemahnte Schluss, wenn der weitere Beteiligte eine Vergütung begehrt habe, so werde er auch eine entsprechende Tätigkeit entfaltet haben, genügt nicht.
11
g) Auch soweit der Beschwerdeführer sich gegen die Auffassung des Landgerichts wendet, der Erhalt von Arbeitsplätzen sei bereits mit den vergüteten Sanierungsbemühungen des Beschwerdeführers abgegolten, vermag er keinen Rechtsfehler aufzuzeigen.
12
2. Im Übrigen beruht der angefochtene Beschluss jedoch auf durchgreifenden Rechtsfehlern.
13
a) Im Ergebnis zu Recht beanstandet die Rechtsbeschwerde, dass das Landgericht dem Beschwerdeführer einen Zuschlag wegen der Unternehmensübertragung mit der Begründung versagt hat, hierzu sei er nicht befugt gewesen. Hierbei kommt es nicht auf die Frage an, ob ein vorläufiger "starker" Insolvenzverwalter das Unternehmen des Schuldners veräußern darf (zum Diskussionsstand vgl. die Nachw. bei HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 22 Rn. 13 ff). Der vorläufige Insolvenzverwalter mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt könnte eine solche Befugnis allenfalls durch eine besondere Bestimmung des Insolvenzgerichts erhalten (BGHZ 151, 353, 366 f; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 22 Rn. 45, 47). Der Beschluss vom 21. März 2001, mit dem der weitere Beteiligte zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt worden war, ermächtigte ihn zu einer solchen Tätigkeit nicht. Das Rechtsbeschwerdegericht kann diesen Beschluss als Hoheitsakt selbst auslegen (vgl. MünchKomm -ZPO/Wenzel, 2. Aufl. Aktualisierungsband § 546 Rn. 6 m.w.N.). Die Anordnung , das Unternehmen der Schuldnerin "bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Antragsteller" fortzuführen, sollte ersichtlich das Vermögen der Schuldnerin und die Entscheidungskompetenz der Gläubigerversammlung sichern (§ 157 Satz 1 InsO), nicht aber den weiteren Beteiligten zur Mitwirkung an einer Unternehmensübertragung ermächtigen. Dementsprechend verblieb die Verfügungsbefugnis über die bestehenden Arbeitsverhältnisse bei der Schuldnerin. In dem ebenfalls die Vergütung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt betreffenden Beschluss vom 8. Juli 2004 (IX ZB 589/02, WM 2004, 1783, 1785) hat der Senat daher betont, dass die übertragende Sanierung selbst "naturgemäß" erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattgefunden hat.
14
Anders verhielte es sich jedoch, wenn das Insolvenzgericht der Unternehmensübertragung zum Zwecke der Sanierung im weiteren Verlauf des Eröffnungsverfahrens zugestimmt hätte. Mit Blick auf den vorbeschriebenen Zweck, die Gläubigerautonomie zu wahren, muss das Gleiche gelten, wenn die Gläubiger der Übertragung des Unternehmens der Schuldnerin bereits im Eröffnungsverfahren zugestimmt hätten. Eine daraus folgende formelle Legitimation des Beschwerdeführers zur Übertragung des Unternehmens der Schuldnerin wäre jedenfalls vergütungsrechtlich ausreichend (vgl. BGHZ 146, 165, 178 f; BGH, Beschl. v. 16. Juni 2005 - IX ZB 264/03, ZIP 2005, 1372 f). In diesem Rahmen entfaltete Tätigkeiten des vorläufigen Verwalters können im Einzelfall einen gesonderten Zuschlag rechtfertigen. Dies wird das Insolvenzgericht zu überprüfen haben.
15
b) Damit kann auch die Entscheidung der Vorinstanzen, dem Beschwerdeführer für Verwertungsmaßnahmen lediglich einen Zuschlag von 10 % anstelle der begehrten 25 %igen Erhöhung zu gewähren, nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass es dem vorläufigen Insolvenzverwalter regelmäßig nicht obliegt, Schuldnervermögen im Sinne der §§ 159, 165 ff InsO zu verwerten (BGHZ 146, 165, 172 f). Ein Zuschlag kommt nur in Betracht, wenn die Verwertung schon im Insolvenzeröffnungsverfahren notwendig war. Keinesfalls darf dies allgemein zur Masseanreicherung geschehen (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003 - IX ZB 28/03, NZI 2004, 381, 382). Soweit der Beschwerdeführer sich darauf beruft, die vom Insolvenzgericht angeordnete Betriebsfortführung habe "zwangsläufig" auch Verwertungshandlungen erfordert, handelt es sich um den von der Vorinstanz gewürdigten Zuschlagstatbestand der Betriebsfortführung.
16
Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn im Zusammenhang mit einer dem vorläufigen Verwalter vom Insolvenzgericht oder von den Gläubigern gestatteten übertragenden Sanierung weitere Verwertungshandlungen notwendig werden, um den Vorgang zum Abschluss zu bringen. In diesem Fall ist die Verwertung schon im Insolvenzeröffnungsverfahren erforderlich; diese kann dann - je nach Lage des Einzelfalls - gesondert zu vergüten sein. Da dies auch in dem hier zu entscheidenden Fall in Betracht kommt, wird das Insolvenzgericht hierüber erneut zu befinden haben. Hierbei steht es dem Amtsgericht frei, sanierungsbedingte Verwertungshandlungen im Zusammenhang mit dem zuvor unter a) erörterten Gesichtspunkt zu würdigen (vgl. BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003, aaO).
17
c) Das Landgericht hat die Vergütung des Beschwerdeführers gemäß § 11 Abs. 1 InsVV a.F. nicht nach der gesetzmäßigen Berechnungsmethode bestimmt. Es hat nämlich die von ihm zuerkannten Zuschläge von insgesamt 25% auf den Regelbruchteil der fiktiven Vergütung des (endgültigen) Verwalters bezogen. Der Senat hat jedoch entschieden, dass der für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters maßgebliche Prozentsatz (Ausgangssatz; hier: 25%) entsprechend den Verhältnissen des konkreten Einzelfalls verändert wird (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003 - IX ZB 50/03, WM 2004, 585, 586).
18
d) Der angefochtene Beschluss leidet an einem weiteren Rechtsfehler zu Lasten des Beschwerdeführers: Nach der Sachdarstellung des Landgerichts hat die Schuldnerin mit ihrer Erstbeschwerde lediglich eine Herabsetzung auf 94.089,92 DM (= 48.107,41 €) begehrt; an diesen Beschwerdeantrag war das Landgericht gebunden (vgl. BGHZ 159, 122, 124; Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 572 Rn. 15) und durfte den zuerkannten Betrag nicht noch geringer festsetzen.
19
3. Der Senat hält es für sachgerecht, das Verfahren an das Insolvenzgericht zurückzuverweisen (BGHZ 160, 176, 185 f).

III.


20
Für die erneute Sachbehandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
21
1. Das Insolvenzgericht wird den Wert der beiden von ihm berücksichtigten Grundstücke nach der Entscheidung des Senats vom 14. Dezember 2005 (aaO) nur insoweit in die Berechnungsgrundlage einstellen können, als diese im Zeitpunkt der Beendigung der vorläufigen Insolvenzverwaltung weder mit Ausnoch wertausschöpfend mit Absonderungsrechten belastet waren. Andernfalls kommt lediglich ein Zuschlag in Betracht, und auch ein solcher nur, wenn der Beschwerdeführer insoweit in erheblichem Maße tätig geworden ist.
22
2. Das Verschlechterungsverbot hindert das Amtsgericht nicht, bei der Feststellung der angemessenen Vergütung Zu- und Abschläge zum Nachteil des Beschwerdeführers anders zu bemessen als dies bisher geschehen ist, soweit es den Vergütungssatz insgesamt - gemessen an der Entscheidung des Landgerichts - nicht zu seinem Nachteil ändert (vgl. BGH, Beschl. v. 16. Juni 2005 - IX ZB 285/03, ZIP 2005, 1371).
Fischer Raebel Vill Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Celle, Entscheidung vom 08.08.2001 - 29 IN 52/01 -
LG Lüneburg, Entscheidung vom 10.05.2004 - 3 T 77/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 50/03
vom
18. Dezember 2003
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wird eine Insolvenzrechtsbeschwerde mit einheitlichem Verfahrensgegenstand auf
mehrere Gesichtspunkte gestützt, so ist sie, falls auch nur einer der Gesichtspunkte
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung berührt, insgesamt zulässig.

b) Die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ist grundsätzlich in der Weise zu
berechnen, daß besondere Umstände, welche die Tätigkeit erleichtern oder erschweren
, unmittelbar den für den vorläufigen Insolvenzverwalter maßgeblichen
Bruchteil verringern oder erhöhen.

c) Hat der vorläufige Insolvenzverwalter durch seine Tätigkeit die Voraussetzungen für
eine Erhöhung der Vergütung erfüllt, kann die entsprechende Festsetzung nicht mit
der Begründung abgelehnt werden, die Erhöhung der Vergütung sei im Hinblick auf
eine nach Insolvenzeröffnung angezeigte Masseunzulänglichkeit den Gläubigern
nicht zumutbar.
BGH, Beschluß vom 18. Dezember 2003 - IX ZB 50/03 - LG Oldenburg
AG Oldenburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Cierniak
am 18. Dezember 2003

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluß der 6. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 19. Februar 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 64.441,25

Gründe:


I.


Der Antragsteller wurde durch Beschluß des Insolvenzgerichts vom 9. August 2002 zum vorläufigen Insolvenzverwalter in dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der J. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) bestellt. Gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2, § 22 Abs. 2 InsO wurde angeordnet , daß Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des Antragstel-
lers wirksam sind und daß der Antragsteller das Unternehmen der Schuldnerin vorläufig fortzusetzen habe. Das vorläufige Insolvenzverfahren endete am 1. Oktober 2002 mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Antragsteller wurde zum Insolvenzverwalter ernannt.
Für seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter berechnete der Antragsteller eine Vergütung (incl. Auslagenersatz) von 119.287,57 n- ! " solvenzgericht hat sie auf lediglich 54.846,32 vom Antragsteller ermittelte Bemessungsgrundlage, nämlich die fiktive Vergütung des (endgültigen) Insolvenzverwalters, wegen der erheblichen Zahl von Arbeitnehmern der Schuldnerin um 10 % erhöht. Den auf den vorläufigen Insolvenzverwalter entfallenden Bruchteil - dem Regelfall entsprechend 25 % - hat es wegen des Vorhandenseins einer zweiten Betriebsstätte um 5 % und wegen der vom Antragsteller unternommenen Sanierungsbemühungen um weitere 10 % auf insgesamt 40 % erhöht. Weitere Zuschläge hat es abgelehnt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt dieser sein Begehren weiter.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist nach § 7 InsO, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist nach § 574 Abs. 2 ZPO insgesamt zulässig und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Soweit die Rechtsbeschwerde beanstandet, der angefochtene Beschluß beruhe auf einer unzutreffenden Methode, die Vergütung des vorläufi-
gen Insolvenzverwalters zu berechnen, wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Beanstandung ist auch in der Sache gerechtfertigt.

a) In Rechtsprechung und Schrifttum ist umstritten, wie die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 11 Abs. 1 InsVV zu berechnen ist. Hauptsächlich werden drei Meinungen vertreten. Die erste steht grundsätzlich auf dem Standpunkt, Besonderheiten bezüglich des Umfangs oder der Schwierigkeit der Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters seien bereits bei der Festlegung der fiktiven Vergütung des Insolvenzverwalters zu berücksichtigen, an der die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters sich prozentual auszurichten habe (OLG Celle ZInsO 2001, 1003, 1005; LG Göttingen ZInsO 2001, 794, 795; Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV 3. Aufl. § 11 Rn. 36). Nach anderer Ansicht beeinflussen diese Besonderheiten lediglich die Höhe des für den vorläufigen Insolvenzverwalter maßgeblichen Prozentsatzes (vgl. OLG Stuttgart ZInsO 2001, 897, 899; LG Berlin ZInsO 2001, 608, 611; LG Mönchengladbach ZInsO 2001, 750, 751; LG Bonn ZInsO 2002, 1030; LG Neubrandenburg ZInsO 2003, 26, 27; Graeber, Die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters gemäß § 11 InsVV 2003 S. 60; Lorenz, in: FK-InsO, 3. Aufl. § 11 InsVV Rn. 8; wohl auch Eickmann, InsVV 2. Aufl. § 11 Rn. 25). Nach einer dritten, differenzierenden Meinung kommt es darauf an, ob die Besonderheiten dem Verfahren als Ganzem - also sowohl vor als auch nach Insolvenzeröffnung - anhaften (LG Braunschweig ZInsO 2001, 552, 553; Blersch, in: Breutigam /Blersch/Goetsch, InsO § 11 InsVV Rn. 27 f; im Ansatz auch OLG Frankfurt ZInsO 2001, 606, 607; ebenso für die Sequestervergütung bereits LG BadenBaden NZI 1999, 159, 160). Danach wirken sich solche Umstände, die das gesamte Verfahren prägen, bereits auf die fiktive Regelvergütung des Insolvenz-
verwalters aus; solche, die nur das Insolvenzeröffnungsverfahren betreffen, sind ausschließlich bei der Bruchteilsbestimmung zu berücksichtigen. Dieser Meinung sind im vorliegenden Fall Amts- und Landgericht gefolgt.
Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat diese Frage bislang noch nicht zu entscheiden gehabt (in dem Senatsbeschl. v. 14. Dezember 2000 - IX ZB 105/00, BGHZ 146, 165 = ZIP 2001, 165 wurde sie - entgegen Lorenz, aaO - nicht behandelt; Entsprechendes gilt für die Beschl. v. 24. Juni 2003 - IX ZB 453/02, NZI 2003, 547, 548 und v. 17. Juli 2003 - IX ZB 10/03, NZI 2003, 549). Sie wird im vorliegenden Fall erheblich. Zwar können alle drei Berechnungsmethoden idealtypisch zum gleichen Ergebnis führen. In der Praxis können sich jedoch Unterschiede ergeben. Im vorliegenden Fall hat die Rechtsbeschwerde dargetan, daß - unter Zugrundelegung des bisher diskutierten Faktors für die überdurchschnittlich hohe Zahl der Arbeitnehmer - die Nettovergütung des Antragstellers höher wäre, wenn kein Zuschlag auf die fiktive Vergütung des Insolvenzverwalters gewährt, sondern - wie der Antragsteller dies anstrebt - der für den vorläufigen Insolvenzverwalter zu ermittelnde Bruchteil erhöht würde.
Der Bundesgerichtshof schließt sich nunmehr der zweiten Meinung an. Diese hat er bereits in seinen bisherigen Entscheidungen zugrundegelegt, ohne die Frage zu problematisieren. Zwar ist die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters , wie sich aus § 11 Abs. 1 Satz 2 InsVV ergibt, als Bruchteil einer fiktiven Insolvenzverwaltervergütung zu bemessen (ständige Rechtsprechung seit BGHZ 146, 165, 171). Besonderheiten, welche, verglichen mit dem Normalfall, die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters als mehr oder weniger schwierig oder aufwendig erscheinen lassen, sind deswegen aber nicht
bereits bei der fiktiven Insolvenzverwaltervergütung, die für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters die Bemessungsgrundlage darstellt, zu berücksichtigen. Dies gilt selbst dann, wenn diese Besonderheiten auch das Verfahren nach Insolvenzeröffnung geprägt haben und somit für die Vergütung des endgültigen Verwalters wesentlich sind. Für die Bemessung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters kann es nicht auf Umstände ankommen, die sich nach Beendigung des Eröffnungsverfahrens ergeben haben; es ist deshalb hinzunehmen, daß die fiktive Verwaltervergütung als Bemessungsgrundlage für den vorläufigen Verwalter und die wirkliche Verwaltervergütung, wie sie später festgesetzt wird, nicht notwendig übereinstimmen. Die Schwierigkeit und die Bedeutung der vorläufigen Insolvenzverwaltung ist aus sich heraus zu bewerten. Dies kann durchweg dadurch geschehen, daß der für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters maßgebliche Prozentsatz entsprechend den Verhältnissen des konkreten Einzelfalls verändert wird.
Diese Verfahrensweise gewährleistet eine angemessene Vergütung der von dem vorläufigen Insolvenzverwalter zu erbringenden Leistungen. Würden Erschwernisse und Erleichterungen stets in die fiktive Vergütung des endgültigen Insolvenzverwalters einfließen, von welcher der vorläufige Insolvenzverwalter einen Prozentsatz erhält, würde der vorläufige Insolvenzverwalter unangemessen benachteiligt oder bevorzugt, wenn sich jene Erschwernisse und Erleichterungen tatsächlich nur in dem Insolvenzeröffnungsverfahren bemerkbar gemacht haben. Wenn umgekehrt die Erschwernisse und Erleichterungen ausschließlich das Verfahrensstadium nach Insolvenzeröffnung betroffen haben , sind sie für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters unbeachtlich. Haben die Erschwernisse oder Erleichterungen das Verfahren als Ganzes geprägt, muß zwar sichergestellt sein, daß sie nicht doppelt Berücksichtigung
finden (einmal bei der als Bemessungsgrundlage dienenden fiktiven Insolvenz- verwaltervergütung und ein zweites Mal durch Zu- oder Abschläge bei dem auf den vorläufigen Insolvenzverwalter entfallenden Prozentsatz). Eine solche Gefahr besteht jedoch nicht, wenn die fraglichen Umstände ausschließlich auf die Bemessung dieses Prozentsatzes Einfluß haben. Diese Berechnungsmethode ist zudem praktikabel und vermeidet Mißverständnisse sowie Überschneidungen (zutreffend Lorenz, aaO).

b) Die Berechnungsweisen des Insolvenz- wie auch des Beschwerdegerichts stimmen mit diesen Grundsätzen nicht überein. Die "erhebliche Zahl der Mitarbeiter" wurde bei der Ermittlung der fiktiven Verwaltervergütung berücksichtigt. Dadurch ist der Antragsteller beschwert.
2. Die weiteren Beanstandungen der Rechtsbeschwerde berühren zwar keine Grundsatzfragen; insoweit würde auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern. Ist eine Rechtsbeschwerde auf mehrere Gesichtspunkte gestützt, von denen nur einzelne rechtsgrundsätzliche Bedeutung haben, so ist jedoch die Rechtsbeschwerde regelmäßig insgesamt zulässig nach § 574 Abs. 2 ZPO. Das Rechtsbeschwerdegericht hat dann auch auf die anderen, nicht für rechtsgrundsätzlich erachteten Rügen einzugehen. Der Bundesgerichtshof hat dies bereits für die Zulassung einer Revision aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 6 ZPO entschieden (BGH, Beschl. v. 18. Juli 2003 - V ZR 187/02, NJW 2003, 3205, 3206). Für die Zulässigkeit einer kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO kann nichts anderes gelten (vgl. Ganter, in: MünchKomm-InsO, § 7 n.F. Rn. 87 ff). Auch das Rechtsbeschwerdegericht hat nicht lediglich die Rechts-
fragen, derentwegen die Rechtsbeschwerde zulässig ist, sondern darüber zu entscheiden, ob die Ausgangsentscheidung zutreffend ist. Dabei ist es an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden (§ 577 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Allerdings hat die Prüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht zur Voraussetzung, daß der Rechtsbeschwerdeführer sachliche oder verfahrensrechtliche Rügen erhoben hat.
Daß eine einzelne, rechtsgrundsätzliche Fragen berührende Rüge auch für die anderen Rügen die Rechtsbeschwerdeinstanz eröffnet, gilt jedenfalls dann, wenn die mehreren Rügen rechtlich unselbständige Teile der angefochtenen Entscheidung betreffen. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die verschiedenen Angriffe der Rechtsbeschwerde richten sich dagegen, daß Erschwernisse der Tätigkeit entweder überhaupt nicht oder in zu geringem Maße oder methodisch an der falschen Stelle berücksichtigt worden seien. Der Verfahrensgegenstand ist dabei durchweg derselbe, nämlich der Vergütungsanspruch des Antragstellers als vorläufiger Insolvenzverwalter.
Insoweit sind die Angriffe der Rechtsbeschwerde teilweise gerechtfertigt.

a) Die Frage, ob die Anordnung eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO bereits für sich allein, ohne Rücksicht auf die tatsächlich daraus sich ergebenden Erschwernisse, eine erhöhte Vergütung rechtfertigt, hat der Senat bereits - im für den Antragsteller nachteiligen Sinne - entschieden (vgl. Beschl. v. 24. Juni 2003 - IX ZB 453/02, NZI 2003, 547, 548).

b) Soweit gerügt wird, das Insolvenzgericht habe eine weitere Erhöhung der Vergütung deshalb abgelehnt, weil diese im Hinblick auf die inzwischen
angezeigte Masseunzulänglichkeit den Gläubigern nicht zumutbar sei, ist der Rechtsbeschwerde zuzugeben, daß eine derartige Betrachtungsweise mit dem Gesetz nicht vereinbar ist. Wenn die Masse nicht einmal zur Deckung der Massekosten nach § 54 InsO ausreicht, ist das Verfahren unverzüglich einzustellen (§ 207 InsO). Ein derartiger Fall liegt nach den Feststellungen nicht vor. Die Masseunzulänglichkeit ist auch erst nach Insolvenzeröffnung angezeigt worden. Reicht die Masse aus, um die Kosten des Verfahrens zu decken, nicht jedoch alle anderen Masseverbindlichkeiten, ist nach den §§ 208 bis 211 InsO zu verfahren. Die Verwaltervergütung nebst Auslagen ist erstrangig zu decken (§ 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Die Massearmut wirkt sich über die Berechnungsgrundlage nach § 1 InsVV auf die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters aus. Von der Festsetzung einer Vergütung, die der vorläufige Insolvenzverwalter danach verdient hat, kann indes nicht deshalb abgesehen werden, weil dann für die anderen Massegläubiger weniger übrig bleibt (vgl. Eickmann, aaO vor § 1 InsVV Rn. 41 f; Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO § 1 InsVV Rn. 91 ff).
Das Beschwerdegericht hat sich die beanstandete Erwägung des Insolvenzgerichts jedoch weder ausdrücklich noch - soweit erkennbar - in der Sache zu eigen gemacht.

c) Teilweise begründet ist die Rüge, das Beschwerdegericht habe nicht alle vom Antragsteller dargelegten Erhöhungstatbestände berücksichtigt. Teilweise waren diese bereits dem Vergütungsantrag zugrunde gelegt worden (nachfolgend aa); andere waren in der Beschwerdeinstanz nachgeschoben worden (nachfolgend bb bis ee).
aa) Der Antragsteller hat bereits in seinem Vergütungsantrag geltend gemacht, die von ihm durchgeführten Sozialplanverhandlungen für mehr als 130 Arbeitnehmer rechtfertigten eine Erhöhung der Vergütung. Das Insolvenzgericht hat diese Erhöhung abgelehnt, weil die geltend gemachten Bemühungen des Antragstellers dem Ziel der vorläufigen Betriebsfortführung gedient hätten. Da dieses Ziel erreicht und dadurch eine erhebliche Massemehrung bewirkt worden sei, von der - wegen der höheren Berechnungsgrundlage für die Vergütung - der Antragsteller bereits profitiert habe, komme eine weitere Erhöhung nicht in Betracht. Dem hat sich das Beschwerdegericht angeschlossen.
Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern. Sozialplanverhandlungen mit mehr als 20 Betroffenen werden bei einem Insolvenzverwalter - auch bei dem nur vorläufigen - als "zuschlagswürdig" nach § 3 Abs. 1 Buchst. d, § 10 InsVV angesehen (AG Bielefeld ZInsO 2000, 350; Graeber, aaO S. 143 ff; Eickmann, aaO § 3 Rn. 14, § 11 Rn. 20; Haarmeyer/Wutzke/ Förster, aaO § 3 Rn. 32, § 11 Rn. 76; Nowak, in: MünchKomm-InsO, § 11 InsVV Rn. 15; Lorenz, aaO § 11 InsVV Rn. 23), weil sie besonders arbeits- und kostenintensiv sind. Sie können zwar mittelbar - wie im vorliegenden Fall - zu einer Masseerhöhung führen. Dennoch ist es nicht gerechtfertigt, deswegen von einer besonderen Vergütung abzusehen. Selbst in den Fällen des § 3 Abs. 1 Buchst. a und b InsVV kann die Festsetzung eines Zuschlags nur unterbleiben , wenn die fragliche Tätigkeit zu einem "entsprechenden" Mehrbetrag nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV geführt hat. Daß im vorliegenden Fall der aus der Massemehrung fließende vergütungsmäßige Vorteil des Antragstellers seinem zusätzlichen Aufwand "entsprochen" habe, ist nicht dargelegt. Außerdem fehlt
in § 3 Abs. 1 Buchst. d InsVV der Vorbehalt, daß ein Zuschlag im Hinblick auf eine Massemehrung entfallen könne.
Jedenfalls die Belastung, die aus der Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes resultiert und auf die der Antragsteller außerdem abgehoben hat (zur Erheblichkeit dieses Gesichtspunkts vgl. AG Chemnitz DZWIR 2002, 391, 392; Eickmann, aaO § 11 Rn. 20; Graeber, aaO S. 143; Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO § 11 Rn. 76; Nowak, aaO § 3 InsVV Rn. 10, 23), wird nicht durch den von Insolvenz- und Beschwerdegericht herausgestellten Vorteil kompensiert.
bb) Begründet ist ferner die Rüge, das Landgericht habe den Vortrag unberücksichtigt gelassen, daß im vorliegenden Fall die Schuldnerin einen ungewöhnlich hohen Jahresumsatz gehabt habe. Ein Jahresumsatz des Schuld- %$ '& () ) +*, $- ." 0/21 $3*, . .4. ner-Unternehmens von über 1.500.000 # etrachtet , rechtfertigt mithin einen Zuschlag (vgl. OLG Celle ZInsO 2001, 948, 951; LG Mönchengladbach ZInsO 2001, 750, 751, Haarmeyer ZInsO 2001, 215, 217; Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO § 11 Rn. 30; Lorenz, aaO § 11 InsVV Rn. 19). Der Antragsteller hat vorgetragen, im Jahr 2001 habe die Schuldnerin etwa 11.000.000 DM umgesetzt, allein in dem Zeitraum der vorläufigen Insolvenzverwaltung, die etwa sieben Wochen gedauert hat, habe er 5 67 98 $: " $ ; $ 8 < " = >&? &A@B1 $: >& Rechnungen im Wert von 881.343,05 nzen nicht eingegangen worden.
cc) In der Beschwerdebegründung hat der Antragsteller ferner auf die von ihm vorgenommenen Massenentlassungen hingewiesen. Dieser Umstand kann nach § 3 Abs. 1 Buchst. d, § 10 InsVV Anlaß für eine erhöhte Vergütung sein (Graeber, aaO S. 143; Eickmann, aaO § 3 Rn. 14; Nowak, aaO § 3 InsVV
Rn. 10; vgl. auch Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 4 InsVV Rn. 41). Auch dazu ist - wie die Rechtsbeschwerde mit Recht rügt - in der Beschwerdeentscheidung nicht Stellung genommen worden.
dd) Unberechtigt erscheint die Rüge, das Beschwerdegericht habe sich nicht mit dem Vorbringen des Antragstellers auseinandergesetzt, er habe das Unternehmen der Schuldnerin über zwei Monate mit 130 Arbeitnehmern fortgesetzt. Das Beschwerdegericht hat darauf hingewiesen, insofern habe das Insolvenzgericht den eigenen Wertungsspielraum "insbesondere durch den zusätzlichen Wertansatz hinreichend ausgeschöpft". Das erscheint rechtsfehlerfrei.
Die Betriebsfortführung kann gemäß § 3 Abs. 1 Buchst. b Alt. 1, § 10 InsVV einen Vergütungszuschlag begründen, wenn sie die Arbeitskraft des vorläufigen Insolvenzverwalters in erheblichem Umfang gebunden hat (LG Traunstein ZInsO 2000, 510, 515; LG Bonn ZInsO 2002, 1030 f; Eickmann, aaO § 11 Rn. 20, 22; Graeber, aaO S. 72 ff; Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO § 11 Rn. 76; Nowak, aaO § 11 InsVV Rn. 15; Lorenz, aaO § 3 InsVV Rn. 15; Hess, in: Hess/Weis/Wienberg, § 3 InsVV Rn. 44 ff). Weitere Voraussetzung ist, daß durch die Betriebsfortführung keine oder nur eine solche Massemehrung stattgefunden hat, die dem Tätigkeitsaufwand des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht entspricht (Graeber, aaO S. 73). Nach den Angaben des Antragstellers erhöhte sich der Wert der Masse durch die Betriebsfortführung

8

über einen Zeitraum von ca. sieben Wochen um 881.343,05 D E 8 *F( ;GEH 3.928.558,01 C %. Unter diesen Umständen hält sich die Annahme , der Antragsteller sei insoweit durch die Zugrundelegung des höheren Werts genügend honoriert, im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens.

ee) Gleichfalls ohne Erfolg beanstandet die Rechtsbeschwerde die fehlende Auseinandersetzung mit dem Vorbringen, der Antragsteller habe Zustel- lungen an 80 Drittschuldner und 252 Gläubiger vornehmen müssen. Das Zustellungswesen war dem Antragsteller erst in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter nach § 8 Abs. 3 InsO übertragen worden; eine entsprechende Anordnung für das Insolvenzeröffnungsverfahren, die nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO möglich gewesen wäre, ist ausweislich der Akten nicht erfolgt.

III.


Obwohl die Rügen der Rechtsbeschwerde nur teilweise berechtigt sind, ist der angefochtene Beschluß insgesamt aufzuheben. Die Festsetzung der Vergütung kann nur einheitlich erfolgen. Die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit eine methodisch richtige Berechnung erfolgt, die bislang fehlenden Feststellungen zu II 2 c aa bis cc nachgeholt werden und das Beschwerdegericht auf dieser Grundlage von seinem tatrichterlichen Ermessen Gebrauch macht.
Kreft Ganter Raebel
Kayser Cierniak