Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Nov. 2009 - IX ZB 140/09

bei uns veröffentlicht am12.11.2009
vorgehend
Amtsgericht Aurich, 9 IN 97/09, 07.04.2009
Landgericht Aurich, 4 T 192/09, 11.05.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 140/09
vom
12. November 2009
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Pape und Grupp
am 12. November 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 11. Mai 2009 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 300 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Schuldner beantragte am 17. August 2006 die Eröffnung des (Regel -)Insolvenzverfahrens über sein Vermögen nebst Restschuldbefreiung. Am 21. September 2006 beantragte er hilfsweise die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens. Eine Bescheinigung über den Versuch einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO) fügte er dem Antrag nicht bei. Nach einem entsprechenden Hinweis behandelte das Insolvenzgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als zurückgenommen (§ 305 Abs. 3 Satz 2 InsO). Eine hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners verwarf das Landgericht am 15. Dezember 2006 als unzulässig.

2
Mit Antrag vom 19. März 2009 nahm der Schuldner auf den aus seiner Sicht noch offenen ursprünglichen Hauptantrag Bezug und bat das Insolvenzgericht um Entscheidung. Die Gründe zur Eröffnung des (Regel-) Insolvenzverfahrens hätten sich konkretisiert. Es lägen nunmehr Ansprüche aus Arbeitsverhältnissen vor, und zwar in Form von Ansprüchen der Sozialkassen. Hilfsweise wiederholte der Schuldner den Antrag auf Eröffnung des (Regel )Insolvenzverfahrens.
3
Durch Beschluss vom 7. April 2009 hat das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners in der Form des Regelverfahrens eröffnet. Die hiergegen gerichtete Beschwerde, die der Schuldner darauf gestützt hat, dass die Eröffnung nicht auf seinen ersten Hauptantrag aus dem Jahr 2006 erfolgt sei, hat das Landgericht als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.


4
Die nach §§ 6, 7, 34 Abs. 2 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil es dem Schuldner an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens fehlt.
5
1. Mit der Eröffnung des (Regel-)Insolvenzverfahrens auf den Hilfsantrag des Schuldners vom 19. März 2009 kann über dessen Vermögen kein weiteres Insolvenzverfahren eröffnet werden. Eine ersetzende Sachentscheidung (vgl. § 577 Abs. 5 ZPO) ist dem Senat daher nicht möglich. Die mit dem Hilfsantrag des Schuldners im Rechtsbeschwerdeverfahren erstrebte Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht ist wegen der eingetretenen prozessualen Überholung durch die Verfahrenseröffnung am 7. April 2009 ebenfalls ausgeschlossen.
6
2. Der Schuldner ist auch nicht zu einem Fortsetzungsfeststellungsantrag übergegangen. Ein solcher wäre allerdings ebenfalls unzulässig. Eine solche Rechtsschutzform ist weder in der Zivilprozessordnung noch in der Insolvenzordnung allgemein vorgesehen. Sie findet daher im Insolvenzverfahren nur statt, wenn eine tiefgreifende Grundrechtsverletzung zum Nachteil des Schuldners oder eine fortwirkende Beeinträchtigung, welche eine Sachentscheidung trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels ausnahmsweise erfordert , möglich erscheinen (BGHZ 158, 212, 216 f; BGH, Beschl. v. 12. Oktober 2006 - IX ZB 34/05, WM 2006, 2329, 2330; v. 11. Januar 2007 - IX ZB 271/04, ZIP 2007, 438 f). Solche Rechtsschutzgründe sind nach der Verfahrenseröffnung in dem vom Schuldner gewünschten Regelverfahren nicht ersichtlich. Die Wirksamkeit der Verfahrenseröffnung wird von ihm nicht in Zweifel gezogen.
7
Soweit sich die Rechtsbeschwerde darauf beruft, dass sich durch die Eröffnung auf den späteren Insolvenzantrag des Schuldners der Schutzbereich des § 88 InsO zu dessen Lasten verschoben habe [RBB 7], trifft dies nicht zu. Bei einer einheitlichen Insolvenz ist der von § 88 InsO geschützte Zeitraum nach § 139 Abs. 2 Satz 1 InsO unter Einbeziehung des ersten zulässigen und begründeten Insolvenzantrags zu ermitteln (vgl. HK-InsO/Kayser, 5. Aufl. § 88 Rn. 29).
8
Die von der Rechtsbeschwerde aufgezeigten Rechtsfragen zum Verhältnis von (Regel-)Insolvenzverfahren und Verbraucherinsolvenzverfahren stellen sich sonach nicht.
Ganter Raebel Kayser
Pape Grupp
Vorinstanzen:
AG Aurich, Entscheidung vom 07.04.2009 - 9 IN 97/09 -
LG Aurich, Entscheidung vom 11.05.2009 - 4 T 192/09 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Insolvenzordnung - InsO | § 6 Sofortige Beschwerde


(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

Insolvenzordnung - InsO | § 34 Rechtsmittel


(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldne

Insolvenzordnung - InsO | § 305 Eröffnungsantrag des Schuldners


(1) Mit dem schriftlich einzureichenden Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder unverzüglich nach diesem Antrag hat der Schuldner vorzulegen: 1. eine Bescheinigung, die von einer geeigneten Person oder Stelle auf der Grundlage persönlicher

Insolvenzordnung - InsO | § 139 Berechnung der Fristen vor dem Eröffnungsantrag


(1) Die in den §§ 88, 130 bis 136 bestimmten Fristen beginnen mit dem Anfang des Tages, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht eingegangen ist. Fehlt ein solcher Tag, so

Insolvenzordnung - InsO | § 88 Vollstreckung vor Verfahrenseröffnung


(1) Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt, so wird diese

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Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2007 - IX ZB 271/04

bei uns veröffentlicht am 11.01.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 271/04 vom 11. Januar 2007 in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO §§ 6, 21, 22 a) Das Insolvenzgericht kann den vorläufigen Insolvenzverw

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(1) Mit dem schriftlich einzureichenden Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder unverzüglich nach diesem Antrag hat der Schuldner vorzulegen:

1.
eine Bescheinigung, die von einer geeigneten Person oder Stelle auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners ausgestellt ist und aus der sich ergibt, daß eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos versucht worden ist; der Plan ist beizufügen und die wesentlichen Gründe für sein Scheitern sind darzulegen; die Länder können bestimmen, welche Personen oder Stellen als geeignet anzusehen sind;
2.
den Antrag auf Erteilung von Restschuldbefreiung (§ 287) oder die Erklärung, daß Restschuldbefreiung nicht beantragt werden soll;
3.
ein Verzeichnis des vorhandenen Vermögens und des Einkommens (Vermögensverzeichnis), eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts dieses Verzeichnisses (Vermögensübersicht), ein Verzeichnis der Gläubiger und ein Verzeichnis der gegen ihn gerichteten Forderungen; den Verzeichnissen und der Vermögensübersicht ist die Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind;
4.
einen Schuldenbereinigungsplan; dieser kann alle Regelungen enthalten, die unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen sowie der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Schuldners geeignet sind, zu einer angemessenen Schuldenbereinigung zu führen; in den Plan ist aufzunehmen, ob und inwieweit Bürgschaften, Pfandrechte und andere Sicherheiten der Gläubiger vom Plan berührt werden sollen.

(2) In dem Verzeichnis der Forderungen nach Absatz 1 Nr. 3 kann auch auf beigefügte Forderungsaufstellungen der Gläubiger Bezug genommen werden. Auf Aufforderung des Schuldners sind die Gläubiger verpflichtet, auf ihre Kosten dem Schuldner zur Vorbereitung des Forderungsverzeichnisses eine schriftliche Aufstellung ihrer gegen diesen gerichteten Forderungen zu erteilen; insbesondere haben sie ihm die Höhe ihrer Forderungen und deren Aufgliederung in Hauptforderung, Zinsen und Kosten anzugeben. Die Aufforderung des Schuldners muß einen Hinweis auf einen bereits bei Gericht eingereichten oder in naher Zukunft beabsichtigten Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens enthalten.

(3) Hat der Schuldner die amtlichen Formulare nach Absatz 5 nicht vollständig ausgefüllt abgegeben, fordert ihn das Insolvenzgericht auf, das Fehlende unverzüglich zu ergänzen. Kommt der Schuldner dieser Aufforderung nicht binnen eines Monats nach, so gilt sein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als zurückgenommen. Im Falle des § 306 Abs. 3 Satz 3 beträgt die Frist drei Monate.

(4) Der Schuldner kann sich vor dem Insolvenzgericht von einer geeigneten Person oder einem Angehörigen einer als geeignet anerkannten Stelle im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 vertreten lassen. Für die Vertretung des Gläubigers gilt § 174 Abs. 1 Satz 3 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Verbraucherinsolvenzverfahrens für die Beteiligten Formulare für die nach Absatz 1 Nummer 1 bis 4 vorzulegenden Bescheinigungen, Anträge und Verzeichnisse einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muß sich der Schuldner ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren maschinell bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht maschinell bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 271/04
vom
11. Januar 2007
in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das Insolvenzgericht kann den vorläufigen Insolvenzverwalter ermächtigen,
in Bezug auf Betriebsgrundstücke des Schuldners Betretungsverbote auszusprechen.

b) Ist eine Gesellschaft Schuldnerin, kann das Insolvenzgericht den vorläufigen
Insolvenzverwalter nicht ermächtigen, in die organschaftliche Stellung der
Vertreter einzugreifen.

c) Zur Zulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags gegen Sicherungsmaßnahmen
nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
BGH, Beschluss vom 11. Januar 2007 - IX ZB 271/04 - LG Würzburg
AG Würzburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und die Richterin
Lohmann
am 11. Januar 2007

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Würzburg vom 22. Oktober 2004 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 4.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Am 3. August 2004 beantragte die Schuldnerin, eine GmbH & Co. KG, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen unter Anordnung der Eigenverwaltung. Sie erklärte, zur Vorbereitung der Eigenverwaltung zwei langjährig als Insolvenzverwalter tätige und auf dem Gebiet der Finanzierung von Unternehmen in der Krise erfahrene Personen in die Geschäftsführung berufen zu haben. Das Insolvenzgericht beauftragte den weiteren Beteiligten zunächst mit der Erstattung eines Gutachtens. Auf eigene Anregung hin wurde der weite- re Beteiligte am 6. August 2004 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Im Beschluss heißt es wörtlich: "6. Im Hinblick auf die beantragte Eigenverwaltung wird dem vorläufigen Verwalter das Recht eingeräumt, Mitglieder der Geschäftsführung , leitende Angestellte oder Prokuristen von ihren Aufgaben zu entbinden und freizustellen. Bis zur Freistellung getroffene Verfügungen des Freigestellten bleiben wirksam."
2
Am 11. August 2004 erließ das Insolvenzgericht auf Anregung des weiteren Beteiligten folgenden ergänzenden Beschluss: "Es wird angeordnet,
a) dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind;
b) dass dem vorläufigen Insolvenzverwalter die Ermächtigung erteilt wird, Forderungen der Schuldnerin gegen Dritte sowie Bankguthaben einzuziehen. Der vorläufige Insolvenzverwalter wird ermächtigt, hinsichtlich sämtlicher Betriebsgelände der Schuldnerin Betretungsverbote auszusprechen."
3
Am selben Tage teilte der weitere Beteiligte den beiden neu bestellten Geschäftsführern der Komplementär-GmbH mit, er entbinde sie von ihren Aufgaben als Geschäftsführer; sie dürften das Betriebsgelände der Schuldnerin nur noch in Absprache mit ihm betreten.
4
Am 19. August 2004 hat die Schuldnerin sofortige Beschwerde gegen beide Beschlüsse eingelegt. Am 1. Oktober 2004 ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der weitere Beteiligte zum Insolvenzverwalter ernannt worden. Die Schuldnerin hat die sofortige Beschwerde aufrechterhalten mit dem Ziel der Feststellung, dass die Anordnung unter Ziffer 6 des Beschlusses vom 6. August 2004 sowie der Beschluss vom 11. August 2004 rechtswidrig seien. Die sofortige Beschwerde ist als unzulässig verworfen worden. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin die in der Beschwerdeinstanz zuletzt gestellten Feststellungsanträge weiter.

II.


5
Die Rechtsbeschwerde ist nicht, wie der weitere Beteiligte meint, wegen Fehlens einer Prozessvollmacht des jetzigen Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin unzulässig. Das gilt auch dann, wenn die Vollmacht nicht von dem Geschäftsführer Dr. A. F. , sondern von den Geschäftsführern Dr. F. N. und A. H. erteilt worden sein sollte. Deren Amt ist durch die Schreiben des weiteren Beteiligten vom 11. August 2004 nicht beendet worden. Die Schuldnerin ist eine GmbH & Co. KG. Der weitere Beteiligte ist nicht ermächtigt worden, Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Schuldnerin abzuberufen. Der Beschluss des Insolvenzgerichts vom 6. August 2004 konnte sich nur auf Mitglieder der Geschäftsleitung der Schuldnerin beziehen.

III.


6
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 7, 21 Abs. 2 Satz 2 InsO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.
7
1. Das Beschwerdegericht hat gemeint, die zunächst zulässige sofortige Beschwerde sei mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen prozessualer Überholung unzulässig geworden. Das gelte auch, soweit der Beschluss vom 11. August 2004 den weiteren Beteiligten ermächtigt habe, Betretungsverbote auszusprechen; denn Art. 13 GG enthalte nur ein Abwehrrecht, und der unantastbare Kernbereich privater Lebensgestaltung werde nicht berührt. Greifbar gesetzwidrig seien die angefochtenen Beschlüsse nicht.
8
2. Diese Ausführungen halten im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung stand.
9
a) Die sofortige Beschwerde setzt wie jedes andere Rechtsmittel auch eine Beschwer des Rechtsmittelführers voraus, die im Zeitpunkt der Entscheidung noch gegeben sein muss. Ihr Wegfall macht das Rechtsmittel unzulässig (BGH, Beschl. v. 12. Oktober 2006 - IX ZB 34/05, WM 2006, 2329, 2330). Die angefochtenen Beschlüsse betreffen nach § 21 InsO angeordnete Sicherungsmaßnahmen. Diese haben sich mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erledigt (vgl. HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 21 Rn. 56); eine Sachentscheidung ist nicht mehr möglich (vgl. BGH, Beschl. v. 15. Januar 2004 - IX ZB 197/03, ZIP 2004, 425, 426).
10
b) Ein besonderes Verfahren, in dem die Rechtswidrigkeit einer bereits erledigten Sicherungsmaßnahme im Sinne von § 21 InsO festgestellt werden kann, sehen weder die Zivilprozessordnung noch die Insolvenzordnung vor. Auch verfassungsrechtlich ist die Zulassung eines Fortsetzungsfeststellungsantrags im vorliegenden Fall nicht geboten.
11
Nach aa) ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (z.B. BVerfGE 104, 220, 221 f; 110, 77, 85) widerspricht es nicht dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG), die Rechtsschutzgewährung von einem vorhandenen und fortbestehenden Rechtsschutzinteresse abhängig zu machen. Ein Rechtsschutzinteresse ist zu bejahen, so lange der Rechtsschutzsuchende gegenwärtig betroffen ist und mit seinem Rechtsmittel eine materielle Beschwer beseitigen kann. Dass die Gerichte über diesen Zeitpunkt hinaus für Stellungnahmen zur Rechtslage in Anspruch genommen werden können, gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dagegen nicht.
12
bb) Trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels kann ein Bedürfnis nach gerichtlicher Entscheidung allerdings fortbestehen, wenn das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage in besonderer Weise schutzwürdig ist, etwa dann, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dient, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen (BVerfGE 96, 27, 40). Darüber hinaus kommt ein trotz Erledigung fortbestehendes Rechtsschutzinteresse in Fällen tief greifender Grundrechtseingriffe in Betracht. Hierunter fallen insbesondere solche Eingriffe, die unter Richtervorbehalt stehen und nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt sind, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung vorgegebenen Instanz kaum erlangen kann (BVerfGE 104, 220, 232 ff). Ein Rechtsschutzinteresse trotz prozessualer Überholung hat das Bundesverfassungsgericht für Durchsuchungen von Wohn- und Geschäftsräumen, bei erledigtem polizeirechtlichem Unterbringungsgewahrsam, bei vorläufig gerichtlich angeordneten Unterbringungen psychisch auffälliger Personen, in Fällen von Abschiebehaft, bei der Anordnung der Auskunft über die Telekommunikation und bei Eingriffen in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit angenommen (BverfGE 107, 299, 337 f; 110, 77, 89 ff). Auch der Bundesgerichtshof hat in Bezug auf eine dem Gesetz fremde, in das Grundrecht des Betroffenen auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) eingreifende Maßnahme, gegen die eine gerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig zu erlangen war, einen Fortsetzungsfeststellungsantrag zugelassen (BGHZ 158, 212 ff).
13
cc) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt.
14
(1) Hinsichtlich des Beschlusses vom 11. August 2004 beanstandet die Rechtsbeschwerde (nur), dass der weitere Beteiligte ermächtigt worden ist, hinsichtlich aller Betriebsgrundstücke Betretungsverbote auszusprechen. Sie meint, das Insolvenzgericht müsse die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen selbst treffen. Die Entscheidung darüber, welche Maßnahmen erforderlich seien , dürfe nicht dem vorläufigen Verwalter übertragen werden.
15
(a) Grundrechte der Schuldnerin aus Art. 13 Abs. 2 GG und aus Art. 104 Abs. 2 und 3 GG, bei deren Verletzung das Bundesverfassungsgericht ein nach Erledigung des Eingriffs fortbestehendes Feststellungsinteresse angenommen hat, sind durch die beanstandete Maßnahme nicht verletzt worden. Betretungsverbote fallen auch nicht in den Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG. Diese Bestimmung verbietet, gegen den Willen des Wohnungsinhabers in dessen Wohnung einzudringen oder darin zu verweilen (BVerfGE 109, 279, 309). Es geht also um die räumliche Privat- und Lebenssphäre. Betretungsverbote schränken demgegenüber das Besitzrecht des Berechtigten ein, der nicht mehr allein bestimmen kann, wer Zutritt zu seinen Räumen erhält und wer nicht, und dem der Zutritt möglicherweise auch selbst verweigert wird. Art. 13 Abs. 1 GG schützt jedoch nicht das Besitzrecht an einer Wohnung, sondern deren Privatheit (BVerfGE 89, 1, 12). Betretungsverbote stellen deshalb keinen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG dar (v. Mangoldt/Klein/Gornig, GG 5. Aufl. Art. 13 Abs. 1 Rn. 43; vgl. auch Maunz/Dürig/Herzog/Papier, GG Art. 13 Rn. 150). Beeinträchtigt worden sind allenfalls Grundrechte der Schuldnerin aus Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG. Um tief greifende Eingriffe im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts handelt es sich insoweit jedoch nicht.
16
(b) Die beanstandete Maßnahme ist der Insolvenzordnung auch nicht fremd. Der vorläufige Insolvenzverwalter kann gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 InsO ermächtigt werden, Betretungsverbote hinsichtlich der Betriebsgrundstücke des Schuldners auszusprechen (vgl. zur KO bereits LG Duisburg NZI 1999, 328, 329).
17
Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, so geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über (§ 22 Abs. 1 Satz 1 InsO). Seine rechtlichen Befugnisse entsprechen denjenigen eines Insolvenzverwalters, der ebenfalls berechtigt ist, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des Schuldners zu verwalten und über es zu verfügen (§ 80 Abs. 1 InsO). Nur seine Aufgaben (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 2 InsO) unterscheiden sich von denjenigen des endgültigen Verwalters. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis umfasst auch das Hausrecht über Betriebsgrundstücke des Schuldners.
18
Wird - wie hier - ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, ohne dass dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird, so bestimmt das Gericht die Pflichten, damit auch die Befugnisse des vorläufigen Insolvenzverwalters (§ 22 Abs. 2 Satz 1 InsO; vgl. HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 21 Rn. 7). So lange sich die übertragenen Befugnisse im Rahmen des § 22 Abs. 1 InsO halten und im Einzelfall verhältnismäßig sind, bestehen keine rechtlichen Bedenken. Die Befugnis, Betretungsverbote in Bezug auf die Betriebsgrundstücke auszusprechen, ist ein Ausschnitt aus dem Hausrecht, das dem vorläufigen Insolvenzverwalter dann, wenn ein allgemeines Verfügungsverbot angeordnet worden ist, schon nach § 22 Abs. 1 InsO zusteht.
19
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist es nicht erforderlich, dass das Insolvenzgericht im Voraus entscheidet, welchen Personen der Zutritt verwehrt werden darf. Grundsätzlich bestimmt zwar das Insolvenzgericht den Ablauf des Eröffnungsverfahrens. Nach § 21 Abs. 1 InsO hat es diejenigen Maßnahmen zu treffen, die zur Erhaltung des Schuldnervermögens erforderlich erscheinen. Diese Verantwortung kann das Gericht nicht auf einen nach § 22 Abs. 2 InsO bestellten vorläufigen Verwalter übertragen, indem es diesen umfassend zu allen Maßnahmen ermächtigt, die er seinerseits nach seinem eigenen Ermessen für nötig und zweckmäßig halten mag. Das Gericht muss vielmehr im Einzelnen die Rechte festlegen, die dem vorläufigen Verwalter eingeräumt werden, damit er seine Pflichten zu erfüllen vermag (BGHZ 151, 353, 366 f). Das ist im vorliegenden Fall jedoch geschehen. Die Maßnahme "Erteilung von Betretungsverboten hinsichtlich der Betriebsgrundstücke" ist exakt bezeichnet. In welcher Weise er von den übertragenen Befugnissen Gebrauch macht, hat der vorläufige Verwalter selbst zu entscheiden.
20
(2) Der Beschluss vom 6. August 2004 war insoweit rechtswidrig, als er den weiteren Beteiligten ermächtigte, "Mitglieder der Geschäftsführung" der Schuldnerin "von ihren Aufgaben zu entbinden".
21
(a) Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat auf die Struktur der betroffenen Gesellschaft keinen Einfluss. Das gilt unabhängig von der Rechtsform der Gesellschaft. Ist die Schuldnerin eine Personengesellschaft, richten sich Geschäftsführung und Vertretung - begrenzt durch die Befugnisse des Insolvenzverwalters - weiterhin nach §§ 114 ff, 125 ff HGB (MünchKommHGB /K. Schmidt, 2. Aufl. Anh. § 158 Rn. 46). Die bis zur Eröffnung geschäftsführungs - und vertretungsbefugten Gesellschafter nehmen die Rechte der Schuldnerin im Insolvenzverfahren wahr (MünchKomm-HGB/K. Schmidt, aaO Rn. 44). Gleiches gilt für Organe einer juristischen Person, die ihre Stellung auch nach der Eröffnung behalten, aber nur noch solche Aufgaben wahrnehmen , die nicht die Insolvenzmasse betreffen (BGH, Urt. v. 26. Januar 2006 - IX ZR 282/03, ZInsO 2006, 260). Ist die Schuldnerin eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bleiben die Geschäftsführer im Amt (Baumbach/ Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG 18. Aufl. § 64 Rn. 58). Ihnen obliegen die Aufgaben der Schuldnerin im Insolvenzverfahren (§ 35 GmbHG). Es bleibt auch bei der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für die Bestellung und die Abberufung der Geschäftsführer (§ 46 Nr. 5 GmbHG), soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht. Der Insolvenzverwalter ist nicht berechtigt , einen Geschäftsführer abzuberufen; er kann allenfalls dessen Anstellungsvertrag kündigen (Henssler, Kölner Schrift zur Insolvenzordnung 2. Aufl. S. 1287 Rn. 10 f; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG 16. Aufl. § 64 Rn. 36). Ist eine Aktiengesellschaft bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne gesetzlichen Vertreter, muss das Gericht einen Notvorstand (§ 85 AktG) bestellen, damit die Schuldnerin im Verfahren handlungsfähig bleibt (BayObLG ZIP 1988, 1119, 1120 f). Der Verwalter kann über die Organstellung nicht verfügen (vgl. BGH, Urt. v. 18. Dezember 1980 - II ZR 140/79, ZIP 1981, 178, 179).
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(b) Dem vorläufigen Insolvenzverwalter können keine weitergehenden Befugnisse übertragen werden, als der endgültige Verwalter mit der Eröffnung kraft Gesetzes erhält. Wird dem Schuldner kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, dürfen dem vorläufigen Verwalter keine Pflichten übertragen werden, die über diejenigen eines starken vorläufigen Verwalter hinausgehen (§ 22 Abs. 2 Satz 2 InsO). Dessen Pflichten (wenn auch nicht dessen Aufgaben) entsprechen denjenigen eines endgültigen Verwalters. Für die Befugnisse, die nötig sind, um diese Pflichten zu erfüllen, kann nichts anderes gelten (BGHZ 151, 353, 366). Ist der endgültige Verwalter also nicht berechtigt, dem geschäftsführenden Gesellschafter einer Personengesellschaft die Geschäftsführungsbefugnis zu entziehen (vgl. §§ 117, 127 HGB) oder den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung abzuberufen (vgl. § 46 Nr. 5 GmbHG), gilt gleiches auch für den vorläufigen Verwalter.
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(c) Der angegriffene Beschluss stellt damit eine Maßnahme dar, die dem Gesetz fremd ist. Es fehlt jedoch an einer fortwirkenden Grundrechtsverletzung , welche die Zulassung eines Fortsetzungsfeststellungsantrags erfordern könnte. Der weitere Beteiligte hat von der ihm rechtswidrig erteilten Ermächtigung nicht wirksam Gebrauch gemacht. Seine Schreiben vom 11. August 2004 waren an Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Schuldnerin gerichtet. Hinsichtlich dieser Gesellschaft waren ihm keinerlei Befugnisse übertragen worden. Sein Versuch, die Abberufung der beiden neu bestellten Geschäftsführer im Handelsregister eintragen zu lassen, ist folgerichtig gescheitert. Dass der Rechtspfleger des Insolvenzgerichts bei der Gläubigerversammlung am 22. November 2004 in Verkennung der Rechtslage einen dieser Geschäftsführer nicht als Vertreter der Schuldnerin angesehen hat, erfordert nicht die Zulassung eines im Gesetz nicht vorgesehenen Rechtsbehelfs.
Fischer Raebel Kayser Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Würzburg, Entscheidung vom 06.08.2004 - 1 IN 377/04 -
LG Würzburg, Entscheidung vom 22.10.2004 - 3 T 1973/04 -

(1) Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt, so wird diese Sicherung mit der Eröffnung des Verfahrens unwirksam.

(2) Die in Absatz 1 genannte Frist beträgt drei Monate, wenn ein Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 eröffnet wird.

(1) Die in den §§ 88, 130 bis 136 bestimmten Fristen beginnen mit dem Anfang des Tages, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht eingegangen ist. Fehlt ein solcher Tag, so beginnt die Frist mit dem Anfang des folgenden Tages.

(2) Sind mehrere Eröffnungsanträge gestellt worden, so ist der erste zulässige und begründete Antrag maßgeblich, auch wenn das Verfahren auf Grund eines späteren Antrags eröffnet worden ist. Ein rechtskräftig abgewiesener Antrag wird nur berücksichtigt, wenn er mangels Masse abgewiesen worden ist.