Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Jan. 2011 - IX ZA 40/10

published on 20/01/2011 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Jan. 2011 - IX ZA 40/10
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Amtsgericht Halle (Saale), 59 IN 483/09, 04/11/2009
Landgericht Halle, 2 T 386/09, 19/08/2010

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZA 40/10
vom
20. Januar 2011
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Raebel, Dr. Pape, Grupp und die Richterin
Möhring
am 20. Januar 2011

beschlossen:
Der Antrag der Schuldnerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 19. August 2010 wird abgelehnt.

Gründe:


I.


1
In dem am 29. Juni 2009 eröffneten Insolvenzverfahren hat das Insolvenzgericht die der Schuldnerin bewilligte Stundung der Verfahrenskosten am 4. November 2009 wegen fehlender Angabe des Rückkaufswerts einer Lebensversicherung und mehrerer verschwiegener Schenkungen an ihren Ehemann im letzten Jahr vor Antragstellung sowie fehlender Angabe des Verzichts auf ein Recht an einem Grundstück aufgehoben. Die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg gehabt. Die Schuldnerin beabsichtigt, sich gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts vom 19. August 2010 mit der Rechtsbeschwerde zu wenden. Zu deren Durchführung sucht sie um Prozesskostenhilfe nach.

II.


2
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hätte (§ 114 ZPO).
3
Eine gemäß §§ 7, 6 Abs. 1, § 4d Abs. 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde wäre unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 2 ZPO).
4
Gemäß § 4c Nr. 1 erster Halbsatz InsO kann das Insolvenzgericht die Stundung aufheben, wenn der Schuldner vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Angaben über Umstände gemacht hat, die für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Stundung maßgebend sind. Unrichtige Angaben im Sinne der Vorschrift liegen auch dann vor, wenn der Schuldner unvollständige Angaben macht und für die Verfahrenskostenstundung erhebliche Umstände verschweigt (BGH, Beschluss vom 8. Januar 2009 - IX ZB 167/08, ZInsO 2009, 297 Rn. 6). Entsprechende Unrichtigkeiten in dem Antrag der Schuldnerin sind gegeben. Falschangaben hat das Beschwerdegericht festgestellt. Danach hat die Schuldnerin für das Verfahren relevante Vermögensgegenstände verschwiegen und trotz Nachfrage in den von ihr ausgefüllten Verzeichnissen für das Verfahren erhebliche unentgeltliche Übertragungen von Vermögensgegenständen auf Dritte nicht mitgeteilt. Soweit das Beschwerdegericht Vorsatz angenommen hat, sind zulassungsrelevante Rechtsfehler nicht erkennbar. Der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Verschweigen der Vermögensgegenstände und der Antragstellung spricht für eine bewusste Täuschung des Insolvenzgerichts.
5
Diese unvollständigen Angaben sind für die Entscheidung über die Verfahrenskostenstundung ursächlich geworden (vgl. BGH, aaO Rn. 9), denn hätte die Schuldnerin die von ihr verschwiegenen Gegenstände in ihren Verzeichnissen aufgeführt, wären Vermögensgegenstände vorhanden gewesen, die zur Deckung der Verfahrenskosten hätten eingesetzt werden können und die damit einer Kostenstundung entgegengestanden hätten.
Kayser Raebel Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG Halle (Saale), Entscheidung vom 04.11.2009 - 59 IN 483/09 -
LG Halle, Entscheidung vom 19.08.2010 - 2 T 386/09 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn
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published on 08/01/2009 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 167/08 vom 8. Januar 2009 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 4c Nr. 1 a) Auch unvollständige Angaben des Schuldners,die ein falsches Gesamtbild vermitteln , könn
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Annotations

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Gegen die Ablehnung der Stundung oder deren Aufhebung sowie gegen die Ablehnung der Beiordnung eines Rechtsanwalts steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Wird die Stundung bewilligt, so steht der Staatskasse die sofortige Beschwerde zu. Diese kann nur darauf gestützt werden, dass nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners die Stundung hätte abgelehnt werden müssen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.