Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2008 - IV ZR 309/07

bei uns veröffentlicht am16.07.2008
vorgehend
Landgericht Aachen, 11 O 252/06, 31.01.2007
Oberlandesgericht Köln, 4 U 5/07, 23.10.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 309/07
vom
16. Juli 2008
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 16. Juli 2008
durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die
Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke

beschlossen:
Auf die Beschwerde des Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 23. Oktober 2007 zugelassen.
Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Wert: 68.000 €

Gründe:


1
Dem Rechtsmittel des Beklagten war nach § 544 Abs. 7 ZPO stattzugeben. Das Berufungsgericht hat - wie eine Gesamtschau seiner Erwägungen deutlich macht - den Vortrag des Beklagten nicht ausreichend zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Dadurch hat es dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Es ist nicht auszuschließen, dass seine Entscheidung darauf beruht. Denn das Verfahren des Berufungsgerichts erweist sich - gerade weil es das Be- klagtenvorbringen nicht ausgeschöpft hat - in mehrfacher Hinsicht als fehlerhaft.
2
1. Das Berufungsgericht hat lediglich im Ausgangspunkt die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast richtig gesehen. Es hat dadurch den Vortrag der Parteien nicht in den richtigen Zusammenhang gestellt, insbesondere das Vorbringen des Beklagten nicht ausreichend gewürdigt und die an seinen Vortrag zu stellenden Anforderungen überspannt.
3
Die Beweislastverteilung ist von der Parteirolle im Prozess unabhängig. Es hat grundsätzlich der Gläubiger die Voraussetzungen seines Rechts darzulegen und zu beweisen. Das gilt auch - wie hier - für eine Vollstreckungsgegenklage, mit der sich die Klägerin gegen die Inanspruchnahme aus einer Grundschuld wendet (BGHZ 147, 203, 208 f.). Sie hat als Gläubigerin die Voraussetzungen - also das Entstehen und die Fälligkeit - des von ihr geltend gemachten schuldrechtlichen Rückgewähranspruches , den sie aus der mit dem Beklagten unstreitig getroffenen Sicherungsabrede ableitet, vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen (BGHZ 109, 197, 204; BGH, Urteile vom 19. Februar 1991 - XI ZR 202/89 - ZIP 1991, 432 unter II 2; vom 18. Februar 1992 - XI ZR 134/91 - ZIP 1992, 389 unter 2 b).
4
Dazu gehört es, die vom Beklagten behaupteten Rechtsgründe für das Behaltendürfen der Grundschuld auszuräumen und die Umstände zu widerlegen, die dafür sprechen, die Grundschuld als Sicherungsmittel zu beanspruchen, mithin den Beweis zu führen, dass keine zu sichernde Forderung besteht (vgl. BGH, Urteile vom 29. September 1989 - V ZR 326/87 - NJW 1990, 392 unter II 3 b; vom 27. September 2002 - V ZR 98/01 - NJW 2003, 1039 unter II 1). Lediglich in dem - hier nicht gegebe- nen - Fall, dass die Höhe der zu sichernden Forderung bei Bestellung der Grundschuld noch nicht feststand, muss der Grundschuldgläubiger den Umfang und die Höhe der gesicherten Forderung darlegen und falls erforderlich beweisen (Urteil vom 18. Februar 1992 aaO).
5
Nach 2. dem zwischen den Parteien insoweit unstreitigen Inhalt der Sicherungsabrede diente die Grundschuld der Besicherung einer Forderung des Beklagten in Höhe von 68.000 €. Nach Darstellung des Beklagten hatte die Klägerin an ihn neben dem beurkundeten Kaufpreis gemäß Vereinbarung vom 27. September 2002 weitere 88.000 € zu leisten , wovon ein Teilbetrag von 68.000 € - weil unbefristet gestundet - eine besondere grundpfandrechtliche Sicherheit erhalten sollte. Das wird durch die von ihm vorgetragenen tatsächlichen Umstände und durch das eigene Vorbringen der Klägerin gestützt, wie das Berufungsgericht lediglich im Ansatz richtig gesehen hat. Auch aus diesem Grunde hat es das Vorbringen des Beklagten nicht ausreichend gewürdigt.
6
a) Bereits die vom Beklagten vorgelegte Urkunde vom 27. September 2002 spricht für seinen Vortrag. Darin heißt es, "unabhängig von der Verpflichtung zur Erfüllung des Kaufvertrages", der einen Kaufpreis von 105.000 € ausweist, sollte die Klägerin (zusätzlich) 20.000 € zahlen, die von ihr auch tatsächlich entrichtet und vom Finanzamt gemäß ergänzendem Grunderwerbsteuerbescheid als Bestandteil des Kaufpreises behandelt worden sind. Die Vereinbarung sieht darüber hinaus die Zahlung weiterer 68.000 € vor, die durch eine entsprechende Grundschuld dinglich gesichert und mit jährlich 5% verzinst werden sollten. Entsprechend ist die Klägerin nachfolgend verfahren, indem sie nicht nur den beurkundeten Kaufpreis von 105.000 € zu dem im notariellen Vertrag verabredeten Termin entrichtet, sondern auch in der Folgezeit Zinsen gezahlt hat, was kaum nachvollziehbar ist, sollte tatsächlich aus den beurkundeten (und gezahlten) 105.000 € ein Betrag von 68.000 € der Stundung unterlegen haben. Die Klägerin hat dafür zunächst auch nur die Erklärung geboten , ihr sei die Zahlung eines Betrages von 105.000 € krankheitsbedingt entfallen und deshalb sei es zu den Zinszahlungen gekommen. Das gleiche gilt für ihre vom Berufungsgericht wiedergegebene spätere Begründung , sie habe mit einer Neuvalutierung der Grundschuld gerechnet. Das berücksichtigt weder, dass die Klägerin widersprüchlich dazu vorgetragen hat, ob die Zinsen auf die Grundschuld selbst oder - wie in der Vereinbarung vom 27. September 2002 vorgesehen - auf den schuldrechtlichen Anspruch in gleicher Höhe gezahlt worden sind, noch bezieht das Berufungsgericht in seine Überlegungen ein, dass die Klägerin überhaupt keine dinglichen Grundschuldzinsen zu zahlen hatte, da diese zwar den Sicherungsumfang der Grundschuld erhöhten, aber erst im tatsächlich eingetretenen Sicherungsfall (Verwertungsreife) vom Sicherungsnehmer zur Befriedigung (aus dem Grundstück) eingesetzt werden konnten.
7
b) Auch die Vorbelastungsvollmacht nebst Rangrücktritt, wie sie sich in der Grundschuldbestellungsurkunde findet, deutet auf die Richtigkeit des Vorbringens des Beklagten hin. Die Klägerin war ermächtigt, noch vor ihrer grundbuchlichen Eintragung als Eigentümerin weitere Grundpfandrechte bis zu 32.000 € zu bestellen, die im Rang der streitbefangenen Grundschuld vorgehen durften. Dies allerdings erst, nachdem dem beurkundenden Notar die Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 105.000 € nachgewiesen worden war. Zu diesem Zeitpunkt stand der Klägerin aber - ihren Vortrag unterstellt - bereits ein umfassender Rückgewähranspruch in Bezug auf die streitbefangene Grundschuld zu. Sie hätte daher , ohne des Rangvorbehalts zu bedürfen, selbst entscheiden können, wie mit der streitbefangenen Grundschuld zu verfahren war, welche Grundpfandrechte sie neu begründen und welcher grundbuchlicher Rang diesen zustehen sollte, ganz abgesehen davon, dass im Falle des Erwerbs einer Eigentümergrundschuld den nachrangigen Grundpfandgläubigern ohnehin die Rechte aus §§ 1179a, 1192 Abs. 1 BGB zugestanden hätten.
8
3. Vor diesen Hintergrund war die Aussage des Zeugen L. zu stellen, was das Berufungsgericht versäumt hat. Es hat erneut den vom Beklagten dazu vorgetragenen Sachverhalt nicht zur Kenntnis genommen und sich mit diesem nicht im einzelnen auseinandergesetzt, sondern sich mit einer pauschalen Bezugnahme auf die landgerichtliche Würdigung begnügt. Das wäre allenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn sich das Berufungsgericht die vom Landgericht gewonnenen Erkenntnisse tatsächlich zu Eigen gemacht hätte. Das hat es, wie aus den Entscheidungsgründen ersichtlich wird, indes nicht getan, sich stattdessen sogar in Widerspruch zu den Ausführungen des Landgerichts gesetzt. Während das Landgericht in den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Urteilspassagen noch davon ausgeht, der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der notariellen Beurkundung, der Grundschuldbestellung und der Vereinbarung vom 27. September 2002 lasse sich durchaus in dem vom Beklagten angegebenen Sinne erklären (endgültige vermögensrechtliche Auseinandersetzung der Parteien), ist das Berufungsgericht zu dem gegenteiligen Schluss gelangt. Denn dem Berufungsgericht zufolge soll der unmittelbare zeitliche Zusammenhang zwischen dem Kauf des Grundstücks und der Bestellung der Grundschuld regelmäßig den "Anschein" dafür begründen, dass die Grundschuld der Sicherung eines Teils des beurkundeten Kaufpreises dienen sollte.

9
4. Das Berufungsgericht hat es nicht nur unterlassen, den Inhalt der Aussage des Zeugen L. in dem dargestellten übergreifenden Zusammenhang mit dem übrigen Parteivorbringen zu würdigen, sondern sich überdies in prozessual zu beanstandender Weise aufgrund der Bekundungen des Zeugen die Überzeugung gebildet, die Grundschuld sichere einen Teil des beurkundeten Kaufpreises von lediglich 105.000 € und nicht, wie vom Beklagten bereits erstinstanzlich vorgetragen und von der Klägerin zu widerlegen, einen zusätzlich und neben dem beurkundeten Kaufpreis zu zahlenden Betrag von 68.000 €.
10
Das a) folgt schon daraus, dass das Berufungsgericht aus der Aussage andere Schlüsse gezogen hat als das Landgericht, das den der Klägerin obliegenden Beweis aufgrund der Aussage des Zeugen L. gerade als nicht geführt angesehen hat. Damit waren die Eingangsvoraussetzungen des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gegeben. Bestehen aus Sicht des Berufungsgerichts Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, so ist eine erneute Feststellung geboten (BGHZ 158, 269, 272 f.). Eine eigenständige Würdigung der in erster Instanz erhobenen Beweise durch das Berufungsgericht stellt bereits eine solche erneute Tatsachenfeststellung dar (BGHZ aaO 274; Senatsbeschluss vom 2. November 2005 - IV ZR 57/05 - NJW-RR 2006, 283 Tz. 4). Die Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht im Zuge dieser erneuten Tatsachenfeststellung zu einer Wiederholung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme verpflichtet ist, beantwortet sich nach den von der Rechtsprechung schon zum bisherigen Recht entwickelten Grundsätzen (aaO 275). Danach ist es erforderlich, Zeugen erneut zu vernehmen, wenn das Berufungsgericht protokollierte Aussagen anders als die Vorinstanz verstehen oder werten will (BGH, Urteile vom 22. Mai 2002 - VIII ZR 337/00 - NJW-RR 2002, 1500 unter II 1; vom 17. Dezember 2002 - XI ZR 290/01 - BGH-Report 2003, 453, 454; vom 28. November 1995 - XI ZR 37/95 - WM 1996, 196 unter III 3). Hat also das erstinstanzliche Gericht Zeugen vernommen und ist es aufgrund einer Würdigung der Aussage zu einem bestimmten Ergebnis gekommen, so kann das Berufungsgericht diese Auslegung nicht verwerfen und zum gegenteiligen Ergebnis kommen, ohne zuvor die Zeugen gemäß § 398 Abs. 1 ZPO selbst gehört zu haben (Senatsbeschluss aaO).
11
Das b) Berufungsgericht hat überdies das Erinnerungsvermögen des Zeugen anders als das Landgericht beurteilt. Dabei geht es nicht nur um den - letztlich unstreitigen - Inhalt des ersten Entwurfs des notariellen Kaufvertrages, der noch eine Hypothek in Höhe von 68.000 € vorgesehen hatte, sondern vor allem um die aufgrund der Aussage des Zeugen getroffene Feststellung, die später bestellte Grundschuld sei zu den identischen Bedingungen vereinbart worden, wie sie für die anfangs beabsichtigte Hypothek vorgesehen waren, also auch insoweit es darum ging, ob ein Teilbetrag des beurkundeten Kaufpreises (105.000 €) besichert sein sollte oder eine außerhalb der notariellen Vertragsurkunde vereinbarte zusätzliche Zahlung von 68.000 €. Auch vor diesem Hintergrund wäre eine erneute Vernehmung des Zeugen geboten gewesen.
12
c) Nicht zuletzt ist die Beweiswürdigung unvollständig und damit fehlerhaft, weil das Berufungsgericht auch an dieser Stelle den Vortrag des Beklagten ausblendet und davon ausgeht, es lägen keine besonderen Umstände vor, die die Annahme rechtfertigen könnten, der Grundschuld liege ein anderer Sicherungszweck zugrunde als der anfänglich vorgesehenen Hypothek. Spätestens an dieser Stelle hätte sich das Berufungsgericht mit dem Sachvortrag des Beklagten auseinandersetzen müssen, zumal dieser - wie bereits ausgeführt - im Prozessvorbringen der Klägerin seine Stütze findet. Statt eigene Erwägungen anzustellen, hat das Berufungsgericht bei seiner Tatsachenfeststellung ausdrücklich Schlussfolgerungen des Zeugen L. die , vom Landgericht noch als Mutmaßungen eingeordnet worden sind, sowie "Erfahrungen" dieses Zeugen übernommen, denen das Landgericht ebenfalls jeden Wert abgesprochen hat. Letztere sollen dahin gehen, es sei nicht ungewöhnlich, den eigentlichen Kaufvertrag und eine nahezu zeitgleich gewährte Stundung des in dem notariellen Kaufvertrag vereinbarten Kaufpreises in unterschiedlichen , noch dazu - was die Stundung anbelangt - privatschriftlichen Urkunden zu regeln. Dies hätte eine Auseinandersetzung mit dem Grundsatz verlangt, dass eine für sich allein nicht formbedürftige Vereinbarung auch dann notariell zu beurkunden ist, wenn sie mit einem Grundstücksvertrag rechtlich zusammenhängt (BGHZ 101, 393, 396 m.w.N.). Zumindest hätte sich das Berufungsgericht die diesen Grundsatz einschränkende Rechtsprechung vergegenwärtigen müssen, dass auf den Einzelfall bezogen zu prüfen ist, ob eine also solche nicht beurkundungsbedürftige Vereinbarung dem Normzweck des § 311b BGB im Hinblick auf die damit verbundene Warn- und Schutzfunktion, Beweisfunktion bzw. Gewährsfunktion für eine richtige vollständige und rechtswirksame Wiedergabe des Parteiwillens unterliegt (BGH, Urteil vom 26. November 1999 - V ZR 251/98 - ZIP 2000, 232 unter I 1).
13
5. Schon gar nicht durfte das Berufungsgericht dem Beklagten auferlegen , den aus seiner Sicht durch die Klägerin bereits geführten Beweis wiederum "zu entkräften" und Umstände anzuführen, die geeignet seien, den zugunsten der Klägerin als bewiesen anzusehenden Sachverhalt zu widerlegen. Damit wird dem Beklagten eine prozessuale Last auferlegt, die der Aufgabe der Klägerin widerspricht, den Beweis für die Einwendungen zu führen, die sie aus dem Sicherungsvertrag ableitet. Zudem hat sich das Berufungsgericht dadurch den Blick darauf verstellt, dass bei der für diese Beweisführung erforderlichen Würdigung aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände der Vortrag des Beklagten angemessen zu berücksichtigen ist.
14
Besondere Substantiierungsanforderungen für den Beklagten ergeben sich, anders als vom Berufungsgericht angenommen, jedenfalls nicht, solange er nur - wie geschehen - überhaupt Rechtsgründe darlegt, die von der Klägerin auszuräumen sind. Dabei würde es sogar genügen, diese Rechtsgründe in ein Eventualverhältnis zu stellen (BGH, Urteil vom 29. September 1989 aaO). Ohnehin enthält der Vortrag des Beklagten keine unauflöslichen Widersprüche, wovon das Berufungsgericht indes ausgeht. Denn das Vorbringen läuft darauf hinaus, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, dass angesichts der Veräußerung des Grundstücks an die Klägerin die vermögensrechtlichen Angelegenheiten zwischen den Parteien insgesamt bereinigt und einer abschließenden Regelung zugeführt werden sollten, indem zusätzlich zum beurkundeten Kaufpreis ein weiterer Betrag gezahlt werden sollte, in den sämtliche Ansprüche des Beklagten eingeflossen waren und abgegolten werden sollten.
15
6. Selbst vom Standpunkt des Berufungsgerichts aus durften die Beweisantritte des Beklagten nicht als verspätet zurückgewiesen werden. Das Berufungsgericht verkennt, dass der Beklagte erst durch seinen richterlichen Hinweis veranlasst worden ist, zu den Umständen bei Übergabe des Betrages von 20.000 € am 14. November 2002, gelegentlich derer die noch offene Restforderung von 68.000 € ausdrücklich Erwähnung gefunden haben soll, näher vorzutragen und unter Beweis zu stellen. Zuvor durfte der Beklagte aufgrund seines Obsiegens in erster In- stanz und der vom Landgericht der erstinstanzlichen Entscheidung zutreffend zugrunde gelegten Verteilung der Darlegungs- und Beweislast davon ausgehen, seinen prozessualen Obliegenheiten ausreichend nachgekommen zu sein. Nach Art. 103 Abs. 1 GG darf ein Gericht ohne vorherigen Hinweis nicht auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte. Es hat in einem solchen Fall auf seine (geänderte) Rechtsauffassung hinzuweisen und den Prozessbeteiligten eine Möglichkeit zur Stellungnahme zu eröffnen (BGH, Beschluss vom 1. Februar 2007 - V ZR 200/06 - NJW-RR 2007, 1221 Tz. 5). Den darauf erfolgten, der geänderten Rechtsauffassung Rechnung tragenden Prozessvortrag nebst Beweisantritten darf das Berufungsgericht dann nicht - wie hier geschehen - als verspätet zurückweisen.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke

Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 31.01.2007 - 11 O 252/06 -
OLG Köln, Entscheidung vom 23.10.2007 - 4 U 5/07 -

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Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2008 - IV ZR 309/07 zitiert 7 §§.

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

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(1) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung. Ein ohne Beachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalt nach gülti

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1192 Anwendbare Vorschriften


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 398 Wiederholte und nachträgliche Vernehmung


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1179a Löschungsanspruch bei fremden Rechten


(1) Der Gläubiger einer Hypothek kann von dem Eigentümer verlangen, dass dieser eine vorrangige oder gleichrangige Hypothek löschen lässt, wenn sie im Zeitpunkt der Eintragung der Hypothek des Gläubigers mit dem Eigentum in einer Person vereinigt ist

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bei uns veröffentlicht am 27.09.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 98/01 Verkündet am: 27. September 2002 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ne

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 98/01 Verkündet am:
27. September 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wer einen Anspruch auf Herausgabe einer rechtsgrundlos erbrachten Leistung geltend
macht, genügt seiner Darlegungs- und Beweislast, wenn er die von dem
Schuldner behaupteten und die sonst nach den Umständen in Betracht kommenden
Rechtsgründe ausräumt. Das Risiko, daß abstrakt-theoretisch ein Rechtsgrund gegeben
sein könnte, der zu dem zu beurteilenden Prozeßstoff keinen Bezug aufweist,
trägt er selbst dann nicht, wenn der Schuldner als Gesamtrechtsnachfolger des
Leistungsempfängers über die Umstände der Leistung keine unmittelbaren Kenntnisse
besitzt.
BGH, Urt. v. 27. September 2002 - V ZR 98/01 - OLG Karlsruhe
LG Konstanz
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. September 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 9. Zivilsenat in Freiburg - vom 8. Februar 2001 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 4. Juli 2000 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren tragen die Beklagten.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger war zusammen mit K. B. Gesellschafter einer GmbH. Nach einem Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 7. Dezember 1994 sollten die drei Gesellschafter eine Gewinnausschüttung von je 100.000 DM erhalten. Der über diese Summe ausgestellte Scheck, der für den Kläger be-
stimmt war, wurde indes für eine Zahlung an die Schweizerische Rentenanstalt zugunsten von K. B. verwendet.
Der Kläger behauptet, Grund für diese Verfahrensweise sei es gewesen, daß der Kläger hiermit eine Vorauszahlung auf einen später beabsichtigten Kauf einer Eigentumswohnung habe leisten wollen. Einem sofortigen Erwerb hätten steuerliche Gründe entgegen gestanden. Daher habe K. B. die Wohnung – was insoweit unstreitig ist – zunächst für fünf Jahre und einen monatlichen Mietzins von 1.400 DM an den Kläger vermietet, der sie an E. W. weitervermietet habe. W. habe die Wohnung später von dem Kläger erwerben wollen, dem er auch schon 450.000 DM gezahlt habe.
K. B. starb 1997. Die Beklagten sind seine Erben. Sie verkauften die Wohnung nicht an den Kläger, sondern an E. W. .
Der Kläger verlangt Rückzahlung der 100.000 DM aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht nimmt an, der Kläger habe den ihm obliegenden Beweis dafür, daß die Leistung von 100.000 DM an den Rechtsvorgänger der
Beklagten ohne Rechtsgrund erfolgt sei, nicht geführt. Es sei insbesondere nicht erwiesen, daß die Leistung als Anzahlung für den Kauf der Eigentumswohnung gedacht gewesen sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß es sich um eine Mietvorauszahlung des späteren Käufers W. gehandelt habe , die der Kläger an K. B. weitergeleitet habe. Denkbar sei auch, daß der Kläger Zinsen habe abgelten wollen, die K. B. hinsichtlich der Vorauszahlung von 450.000 DM durch E. W. zugestanden hätten. Die Nichterweislichkeit des fehlenden Rechtsgrundes gehe zu Lasten des Klägers; die Beklagten seien ihrer Verpflichtung, im Rahmen des ihnen Zumutbaren und Möglichen die für einen Rechtsgrund sprechenden Tatsachen darzulegen, nachgekommen.

II.


Dies hält den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Grundsätzlich muß derjenige, der einen Anspruch auf Herausgabe einer rechtsgrundlos erbrachten Leistung geltend macht (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB), die einzelnen Tatbestandsmerkmale, und damit auch das Fehlen eines Rechtsgrundes, darlegen und im Bestreitensfalle beweisen (BGHZ 128, 167, 171; BGH, Urt. v. 9. Juni 1992, VI ZR 215/91, BGHR BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Beweislast 3 m.w.N.). Dem Bereicherungsgläubiger obliegt damit hinsichtlich der Rechtsgrundlosigkeit seiner Leistung der Beweis einer negativen Tatsache. Einen solchen Beweis kann er nicht direkt, sondern nur indirekt führen, indem er nämlich die Umstände widerlegt, die für eine causa sprechen (vgl. Baumgärtel /Strieder, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 812
Rdn. 11). Daher läßt es die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im all- gemeinen genügen, daß der Bereicherungsgläubiger die von dem Leistungsempfänger , auch hilfsweise, behaupteten Rechtsgründe ausräumt. Er muß darüber hinaus nicht alle theoretisch denkbaren Behaltensgründe ausschließen (BGH, Urt. v. 20. Mai 1996, II ZR 301/95, NJW-RR 1996, 1211; Senat, Urt. v. 29. September 1989, V ZR 326/87, NJW 1990, 392, 393; vgl. auch Baumgärtel/ Strieder aaO; Palandt/Thomas, BGB, 61. Aufl., § 812 Rdn. 106).
2. Dem trägt das angefochtene Urteil nicht Rechnung.

a) Das Berufungsgericht stützt seine Entscheidung zunächst darauf, daß der Kläger den von ihm behaupteten kaufrechtlichen Hintergrund der Zahlung nicht bewiesen habe. Ausgehend davon steht fest, daß die Zahlung des Rechtsgrundes nicht deswegen entbehrt, weil sie als Anzahlung für einen später nicht zustande gekommenen Kaufvertrag gedacht war. Der dem Kläger mißlungene Beweis hat indes nicht – gleichsam als Kehrseite – zur Folge, daß von einem von den Beklagten behaupteten Rechtsgrund, etwa in Form eines zustande gekommenen Kaufvertrages, auszugehen wäre. Die Beklagten haben nämlich in Abrede gestellt, daß dem Kläger die später an W. veräußerte Wohnung habe verkauft werden sollen.

b) Aus dem Vorbringen der Beklagten ergibt sich auch ansonsten kein denkbarer Behaltensgrund für die an ihren Rechtsvorgänger geleistete Zahlung , den der Kläger als grundsätzlich beweisbelastete Partei zu widerlegen hätte.
aa) Soweit das Berufungsgericht eine eventuelle mietvertragliche Ab- sprache als causa für die Zahlung in Erwägung zieht, handelt es sich dabei vor dem Hintergrund des beiderseitigen Parteivortrags nicht um eine ernsthaft in Betracht kommende Möglichkeit. Zum einen ist schon unklar, wieso eine Mietvorauszahlung des späteren Käufers W. , die über den Kläger an den Erblasser habe weitergeleitet werden sollen, auf einen mietvertraglichen Rechtsgrund im Verhältnis zwischen dem Kläger und K. B. hindeuten soll. Denn es geht nicht um den Rechtsgrund für eine Mietvorauszahlung, sondern um den Rechtsgrund für die aus dem Scheck geflossene Zahlung an die Rentenversicherung von K. B. . Außerdem stützt das Berufungsgericht seine Überlegung zu einem mietvertraglichen Behaltensgrund auf ein Schreiben des Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 16. Dezember 1998, in dem dieser zwar geltend gemacht hat, die Zahlung von 100.000 DM sei eine Mietvorauszahlung des späteren Käufers W. gewesen, die vereinbarungsgemäß über den Kläger an K. B. habe weitergeleitet werden sollen. Doch rügt die Revision zu Recht, daß das Berufungsgericht bei seiner Würdigung einen entscheidenden Teil dieses Schreibens außer Betracht gelassen hat. Es heißt dort nämlich, daß die Mietvorauszahlung "auf den Kaufpreis angerechnet werden sollte". Das unterstützt allenfalls den Klägervortrag zur Anzahlung auf einen geplanten Kaufvertrag, ergibt aber keinerlei Hinweise auf eine mietvertragliche Absprache zwischen dem Kläger und K. B. , die Rechtsgrund für die Leistung von 100.000 DM sein könnte. Das ist angesichts des Umstandes, daß für die gesamte Vertragslaufzeit von fünf Jahren nur 84.000 DM an Mietzinsen anfielen, auch ganz fernliegend.
Darauf deuten die Umstände auch nicht deswegen hin, weil der von dem Kläger vorgelegte Mietvertrag zwischen ihm und K. B. die Leistung einer
Mietsicherheit über 2 x 100.000 DM vorsieht. Zum einen ergibt sich auch aus diesem Mietvertrag eine Verrechnungsabrede mit einem Kaufvertrag. Denn es heißt dort, daß ab 300.000 DM die Miete mit dem Restkaufpreis verrechnet werden solle. Zum anderen haben sich die Beklagten auf einen mietvertraglichen Behaltensgrund nie berufen. Als Mietsicherheit – wie in dem Vertrag angegeben – wäre sie als Rechtsgrund auch denkbar ungeeignet, da sie bei Vertragsende an den Mieter, also an den Kläger, zurückzuzahlen wäre. Schließlich haben die Beklagten auch bestritten, daß der von dem Kläger vorgelegte Mietvertrag der Beurteilung überhaupt zugrunde gelegt werden könne. In dem, von ihnen als "Original-Mietvertrag" bezeichneten, Vertragswerk sind Angaben über Zahlungen als Mietsicherheiten demgegenüber nicht enthalten.
Somit bleibt die Erwägung einer mietvertraglichen causa eine Möglichkeit , die weder vom Sachvortrag getragen wird noch im konkreten Fall überhaupt geeignet ist, einen Rechtsgrund für die in der Einlösung des Schecks zugunsten von K. B. liegende Zahlung von 100.000 DM abzugeben.
bb) Nichts anderes gilt für die vom Berufungsgericht neben einer mietvertraglichen Absprache in Betracht gezogene Zinsabgeltung. Sie setzte voraus , daß den Beklagten bzw. ihrem Rechtsvorgänger überhaupt ein Zinsanspruch zugestanden hätte. Das ist zu verneinen.
Schon der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, die von W. an den Kläger gezahlten 450.000 DM hätten wirtschaftlich K. B. als Eigentümer und späterem Verkäufer zugestanden, ist nicht haltbar. Geht man von dem Vortrag des Klägers aus, so gebührten ihm die 450.000 DM, weil E. W. sie ihm als Vorauszahlung auf einen später mit ihm, nicht mit K. B. , abzuschlie-
ßenden Kaufvertrag über die zunächst gemietete Wohnung geleistet hatte. Sie waren dann allerdings an W. zurückzuzahlen, nachdem ein Kaufvertrag mit dem Kläger nicht zustande kam. Die Weiterleitung des Betrages an die Beklagten als Verkäufer diente dann lediglich der Vereinfachung, indem zugleich die Kaufpreisschuld von W. gegenüber den Beklagten in dieser Höhe getilgt werden konnte. Nicht anders sieht es im Ergebnis aus, wenn man den Vortrag der Beklagten zugrunde legt. Danach bestand zwar keine Absprache, daß K. B. die Wohnung an den Kläger verkaufen sollte und E. W. sie von diesem erwerben konnte. Doch kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger die Zahlung von 450.000 DM an K. B. vorbei für sich vereinnahmt hat, obwohl sie K. B. zustand. Denn daß W. an K. B. hätte zahlen sollen oder wollen, im Vorgriff auf einen mit diesem geplanten Kaufvertrag, ist von den Beklagten weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Vielmehr stellt sich aus der Sicht der Beklagten die Verfahrensweise des Klägers als Alleingang dar, getragen von der Hoffnung, die Wohnung später erwerben und an W. weiterveräußern zu können. Das begründet aber keinen Anspruch von K. B. auf die Vorauszahlung, deren Absicherung durch eine Bankbürgschaft ja auch nicht K. B. , sondern der Kläger vorgenommen hatte.

c) Nach allem kann der Kläger, da der von den Parteien vorgetragene Sachverhalt keine noch so vagen Anhaltspunkte für einen Rechtsgrund der geleisteten Zahlung erkennen läßt, entgegen der Meinung des Berufungsgerichts nicht als beweisfällig angesehen werden. Dagegen stehen auch nicht die Überlegungen, die dem von dem Berufungsgericht zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs zugrunde liegen (BGH, Urt. v. 18. Mai 1999, X ZR 158/97, NJW 1999, 2887).
Das Urteil verhält sich zu der allgemeinen Frage der sekundären Behauptungslast der an sich nicht darlegungs- und beweispflichtigen Partei. Es hebt hervor, daß dieser Partei unter dem Gesichtspunkt der Prozeßförderungspflicht Tatsachenvortrag obliegen kann, wenn es um Umstände geht, die der primär darlegungspflichtigen Partei nur eingeschränkt zugänglich sind, während es ihr zumutbar und aufgrund eigener Kenntnis unschwer möglich ist, dazu vorzutragen. Bezogen auf den auch hier vorliegenden Fall der Rückforderung einer rechtsgrundlos erbrachten Leistung stellt es darauf ab, daß dem Bereicherungsgläubiger die Widerlegung aller auch nur entfernt in Betracht zu ziehenden Behaltensgründe nicht zugemutet werden könne, wenn es andererseits dem Bereicherungsschuldner leicht falle, den Grund seiner Weigerung, das Erlangte zurückzugewähren, näher darzulegen. Diese Wertungen rechtfertigen es im konkreten Fall nicht, zu Lasten des Klägers die Grundsätze eines non liquet anzuwenden.
Allerdings haben die Beklagten als Erben unter Umständen keine eigene Kenntnis von den Vorgängen. Sie treten indes in die Rechtsstellung des Erblassers ein und sind infolgedessen in der Lage, Erkenntnisse aus vorhandenen Unterlagen, zu denen sie Zugriff haben, zu gewinnen. Daher besteht auch für sie eine sekundäre Behauptungslast, wenn auch inhaltlich eingeschränkt und ausgerichtet an den ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Diesen Ansprüchen genügt der Vortrag der Beklagten nicht, der sich zwar durchaus eingehend mit den Darlegungen des Klägers zum Hintergrund der Zahlung auseinandersetzt , ansonsten aber nicht einmal im Sinne einer denkbaren Alternative Ausführungen zu einem Rechtsgrund enthält. Schon deswegen ist die Darlegungs - und Beweislast nicht wieder einseitig auf den Kläger zurückgefallen.
Zum anderen kommt eine Beweislastentscheidung zu Lasten des Klä- gers auch deswegen nicht in Betracht, weil im konkreten Fall die Möglichkeiten eines Rechtsgrundes, die nach der Bewertung des vorgetragenen Sachverhalts noch übrig bleiben, nicht einmal – wovon das zitierte Urteil ausgeht – entfernt in Betracht zu ziehen sind, sondern rein abstrakt-theoretisch bleiben. Das Risiko , daß ein solcher theoretisch denkbarer Rechtsgrund tatsächlich vorliegt, ist außerordentlich gering. Diese Möglichkeit gleichwohl in Betracht zu ziehen und darauf eine Beweislastentscheidung zu Lasten des Klägers zu stützen, ist unangemessen. Eine solche Bewertung bliebe ohne Bezug zu dem zu beurteilenden Prozeßstoff.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Der Gläubiger einer Hypothek kann von dem Eigentümer verlangen, dass dieser eine vorrangige oder gleichrangige Hypothek löschen lässt, wenn sie im Zeitpunkt der Eintragung der Hypothek des Gläubigers mit dem Eigentum in einer Person vereinigt ist oder eine solche Vereinigung später eintritt. Ist das Eigentum nach der Eintragung der nach Satz 1 begünstigten Hypothek durch Sondernachfolge auf einen anderen übergegangen, so ist jeder Eigentümer wegen der zur Zeit seines Eigentums bestehenden Vereinigungen zur Löschung verpflichtet. Der Löschungsanspruch ist in gleicher Weise gesichert, als wenn zu seiner Sicherung gleichzeitig mit der begünstigten Hypothek eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen worden wäre.

(2) Die Löschung einer Hypothek, die nach § 1163 Abs. 1 Satz 1 mit dem Eigentum in einer Person vereinigt ist, kann nach Absatz 1 erst verlangt werden, wenn sich ergibt, dass die zu sichernde Forderung nicht mehr entstehen wird; der Löschungsanspruch besteht von diesem Zeitpunkt ab jedoch auch wegen der vorher bestehenden Vereinigungen. Durch die Vereinigung einer Hypothek mit dem Eigentum nach § 1163 Abs. 2 wird ein Anspruch nach Absatz 1 nicht begründet.

(3) Liegen bei der begünstigten Hypothek die Voraussetzungen des § 1163 vor, ohne dass das Recht für den Eigentümer oder seinen Rechtsnachfolger im Grundbuch eingetragen ist, so besteht der Löschungsanspruch für den eingetragenen Gläubiger oder seinen Rechtsnachfolger.

(4) Tritt eine Hypothek im Range zurück, so sind auf die Löschung der ihr infolge der Rangänderung vorgehenden oder gleichstehenden Hypothek die Absätze 1 bis 3 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Zeitpunkts der Eintragung des zurückgetretenen Rechts der Zeitpunkt der Eintragung der Rangänderung tritt.

(5) Als Inhalt einer Hypothek, deren Gläubiger nach den vorstehenden Vorschriften ein Anspruch auf Löschung zusteht, kann der Ausschluss dieses Anspruchs vereinbart werden; der Ausschluss kann auf einen bestimmten Fall der Vereinigung beschränkt werden. Der Ausschluss ist unter Bezeichnung der Hypotheken, die dem Löschungsanspruch ganz oder teilweise nicht unterliegen, im Grundbuch anzugeben; ist der Ausschluss nicht für alle Fälle der Vereinigung vereinbart, so kann zur näheren Bezeichnung der erfassten Fälle auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. Wird der Ausschluss aufgehoben, so entstehen dadurch nicht Löschungsansprüche für Vereinigungen, die nur vor dieser Aufhebung bestanden haben.

(1) Auf die Grundschuld finden die Vorschriften über die Hypothek entsprechende Anwendung, soweit sich nicht daraus ein anderes ergibt, dass die Grundschuld nicht eine Forderung voraussetzt.

(1a) Ist die Grundschuld zur Sicherung eines Anspruchs verschafft worden (Sicherungsgrundschuld), können Einreden, die dem Eigentümer auf Grund des Sicherungsvertrags mit dem bisherigen Gläubiger gegen die Grundschuld zustehen oder sich aus dem Sicherungsvertrag ergeben, auch jedem Erwerber der Grundschuld entgegengesetzt werden; § 1157 Satz 2 findet insoweit keine Anwendung. Im Übrigen bleibt § 1157 unberührt.

(2) Für Zinsen der Grundschuld gelten die Vorschriften über die Zinsen einer Hypothekenforderung.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 57/05
vom
2. November 2005
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 2. November
2005 durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting,
Seiffert, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke

beschlossen:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2005 wird zugelassen.
Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 127.822,97 €

Gründe:


1
Die Beklagte rügt zu Recht eine Verletzung ihres A nspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG durch rechtsfehlerhafte Anwendung der prozessualen Vorschrift des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Auf dieser Verletzung beruht das angefochtene Urteil.

2
1. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen de s § 117 Abs. 1 BGB verkannt. Nach seinen bisherigen Feststellungen bestand für die Beklagte keine Verpflichtung zur Verzinsung des Darlehens. Dann war insoweit ein Scheingeschäft gegeben. Zwar kann eine bestimmte vertragliche Regelung nicht gleichzeitig als steuerrechtlich gewollt und als zivilrechtlich nicht gewollt angesehen werden. Das aber setzt voraus, dass die steuerlichen Vorteile auf legalem Wege erreicht werden sollen. Ist eine zivilrechtliche Regelung - wie hier vom Berufungsgericht angenommen - von den Parteien nicht ernstlich gewollt, werden aber gegenüber den Finanzbehörden dennoch entsprechende Angaben gemacht, liegt ein Scheingeschäft mit dem Ziel der Steuerhinterziehung vor (vgl. BGHZ 67, 334, 337 f.; Urteile vom 17. Dezember 2002 - XI ZR 290/01 - BGH-Report 2003, 453 unter III; vom 5. Juli 1993 - II ZR 114/92 - ZIP 1993, 1158 unter 1 a).
3
2. Dieser Rechtsfehler hat sich indes nicht ausgew irkt, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts das Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt. Das Berufungsgericht hat sich die Überzeugung verschafft, dass die Parteien ein zinsloses Darlehen vereinbart haben. Dieses Rechtsgeschäft ist wirksam. Es ist nicht bereits deshalb verwerflich, weil es verdeckt gewesen ist oder weil die vorgelagerte Scheinabrede eine Steuerhinterziehung ermöglichen sollte, solange die Erlangung der Steuervorteile - wie hier - weder der alleinige noch der Hauptzweck der vertraglichen Vereinbarung gewesen ist (vgl. BGHZ 14, 25, 30 f.; Senatsurteil vom 23. Februar 1983 - IVa ZR 187/81 - WM 1983, 565 unter II 1 b, 2; Urteile vom 30. April 1986 - VIII ZR 90/85 - NJW-RR 1986, 1110 unter II 2; vom 30. Januar 1985 - VIII ZR 292/83 - WM 1985, 647 unter 2 b dd).

4
3. Das Berufungsgericht ist allerdings verfahrensf ehlerhaft der Behauptung der Beklagten nicht nachgegangen, der streitbefangene Betrag sei ihr nicht im Wege eines Darlehens, sondern schenkweise zugeflossen. Die Beklagte hat dabei den Beweis gegen die Urkunden vom 10. August 1995 und vom 1. September 1997 zu führen, die im Verhältnis der Parteien materiell die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich haben (BGH, Urteil vom 4. Mai 1987 - II ZR 227/86 - WM 1987, 938 unter 2). Mit seiner Auffassung, der - vom Landgericht noch für ausreichend erachtete - Vortrag der Beklagten sei unsubstantiiert, hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die Darlegungslast überspannt. Es hat zudem aus dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme andere Schlüsse gezogen als das Landgericht. Damit waren die Eingangsvoraussetzungen des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gegeben. Bestehen aus Sicht des Berufungsgerichts Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, so ist eine erneute Feststellung geboten (BGHZ 158, 269, 272 f.). Eine eigenständige Würdigung der in erster Instanz erhobenen Beweise durch das Berufungsgericht stellt bereits eine solche erneute Tatsachenfeststellung dar (aaO 274). Die Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht im Zuge dieser erneuten Tatsachenfeststellung zu einer Wiederholung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme verpflichtet ist, beantwortet sich nach den von der Rechtsprechung schon zum bisherigen Recht entwickelten Grundsätzen (aaO 275). Nach alter Rechtslage war es erforderlich , Zeugen erneut zu vernehmen, wenn das Berufungsgericht protokollierte Aussagen anders als die Vorinstanz verstehen oder werten wollte (BGH, Urteile vom 22. Mai 2002 - VIII ZR 337/00 - NJW-RR 2002, 1500 unter II 1; vom 17. Dezember 2002 aaO unter II 1 a und b; vom 28. November 1995 - XI ZR 37/95 - WM 1996, 196 unter III 3). Hat also das erstinstanzliche Gericht über streitige Äußerun gen und die Umstände , unter denen sie gemacht worden sind, Zeugen vernommen und ist es aufgrund einer Würdigung der Aussage zu einem bestimmten Ergebnis gekommen, so kann das Berufungsgericht diese Auslegung nicht verwerfen und zum gegenteiligen Ergebnis kommen, ohne zuvor die Zeugen gemäß § 398 Abs. 1 ZPO selbst vernommen zu haben.
Vorsitzender Richter Dr. Schlichting Seiffert am Bundesgerichtshof Terno kann wegen Erkrankung nicht unterschreiben. Dr. Schlichting Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Duisburg, Entscheidung vom 23.03.2004 - 4 O 61/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 14.01.2005 - I-7 U 81/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 290/01 Verkündet am:
17. Dezember 2002
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 17. Dezember 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, die Richter Dr. Bungeroth und Dr. Joeres, die Richterin Mayen
und den Richter Dr. Appl

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Juni 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an den 2. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin verlangt von dem Beklagten aus abgetretenem Recht Rückzahlung eines Darlehens. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde :
Die Ehefrau des Geschäftsführers der Klägerin gewährte dem Beklagten am 23. Dezember 1993 ein zinsloses Darlehen in Höhe von
250.000 DM. Den Betrag zahlte der Beklagte am 27. Dezember 1993 auf sein Konto ein. Über die genannte Summe hatte er bereits zuvor seiner Ehefrau einen Scheck ausgestellt, den diese ebenfalls am 27. Dezember 1993 bei ihrer Sparkasse einreichte. Am Tag darauf veranlaßte sie zwei Überweisungen über insgesamt 250.000 DM an zwei Firmen des Geschäftsführers der Klägerin. Dessen Ehefrau kündigte das Darlehen am 1. August 1995 und trat ihren Rückzahlungsanspruch in Höhe von 148.000 DM an die Klägerin ab, die jetzt vom Beklagten Zahlung eines Teilbetrags in Höhe von 130.000 DM fordert.
Die Parteien streiten darüber, ob mit den beiden von der Ehefrau des Beklagten veranlaßten Überweisungen die Darlehensschuld vereinbarungsgemäß getilgt sein sollte. Der Beklagte macht geltend, er habe damals für ein gemeinsam mit den Eheleuten W. betriebenes Bauprojekt in G. noch für das Jahr 1993 zum Zwecke der Steuerersparnis Sonderabschreibungen für Bauleistungen geltend machen wollen. Hierzu sei es erforderlich gewesen, das Geld zunächst auf sein Konto einzuzahlen und seiner Ehefrau den entsprechenden Betrag zur Verfügung zu stellen, damit diese das Geld noch vor dem 31. Dezember 1993 an Firmen des Geschäftsführers der Klägerin für angebliche Bauleistungen habe überweisen können. Die Überweisungen an die beiden Firmen seien somit lediglich für das Finanzamt als Zahlungen für erbrachte Bauleistungen deklariert worden; in Wahrheit habe es sich um die Rückführung des Darlehens gehandelt.
Das Landgericht hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen. Aufgrund der Aussage des Zeugen C. F. ist es zu der Überzeugung gelangt, durch die beiden Überweisungen der Ehefrau
des Beklagten im Dezember 1993 an die Firmen des Geschäftsführers der Klägerin sei das Darlehen vereinbarungsgemäß zurückgeführt worden. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht - ohne erneute Beweisaufnahme - der Klage bis auf einen Teil des Zinsanspruchs stattgegeben. Mit der Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat die Rückzahlung des Darlehens nicht für bewiesen erachtet. Die Aussagen der vom Landgericht vernommenen Zeuginnen W., L. und H. seien unergiebig. Auf die Aussage des Zeugen F. vermöge das Gericht keine hinreichend sichere Überzeugung zu gründen. Der Inhalt der Aussage sei nicht ausreichend, um die vom Beklagten behauptete Erfüllungsvereinbarung und die Rückführung des Darlehens durch die beiden Überweisungen der Ehefrau des Beklagten mit der erforderlichen Gewißheit zu belegen.

II.


Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Rückzahlung des Darlehens sei nicht bewiesen, beruht, wie die Revision mit Recht geltend macht, auf Verfahrensfehlern.
1. Das Berufungsgericht hat gegen §§ 398 Abs. 1, 523 ZPO a.F. verstoßen, da es die Aussage des Zeugen F. anders als das Landgericht gewürdigt hat, ohne die Vernehmung des Zeugen zu wiederholen.

a) Zwar steht es grundsätzlich im Ermessen des Berufungsgerichts , ob es einen in erster Instanz vernommenen Zeugen ein zweites Mal vernehmen will. Das pflichtgebundene Ermessen unterliegt aber Einschränkungen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Senatsurteile vom 29. Januar 1991 - XI ZR 76/90, WM 1991, 963, 964; vom 24. November 1992 - XI ZR 86/92, WM 1993, 99, 101 und vom 3. April 2001 - XI ZR 223/00, NJW-RR 2001, 1430 f., jeweils m.w. Nachw.) ist die erneute Vernehmung eines Zeugen erforderlich, wenn das Berufungsgericht dessen protokollierte Aussage anders verstehen oder werten will als die Vorinstanz.

b) So ist es hier. Der Zeuge F. hat vor dem Landgericht unter Bezugnahme auf seine eidesstattliche Versicherung vom 23. Juli 1996 bekundet , er sei Zeuge eines Gesprächs zwischen dem Beklagten und den Eheleuten W. kurz vor Weihnachten 1993 gewesen. Dabei sei man nach
seinem Eindruck abschließend zu dem Ergebnis gelangt, daß die Eheleute W. dem Beklagten kurzfristig Geld überlassen sollten, das "im Kreis geschickt" werden und noch im selben Jahr an die Eheleute W. zurückfließen sollte. Auch die Variante der Zahlung an die beiden Firmen des Geschäftsführers der Klägerin sei Gegenstand des Gesprächs gewesen.
Das Landgericht hat aufgrund dieser Aussage als erwiesen angesehen , daß mit den von der Ehefrau des Beklagten Ende Dezember 1993 veranlaßten Überweisungen an die beiden Firmen des Geschäftsführers der Klägerin die Darlehensschuld einvernehmlich getilgt sein sollte. Hingegen ist nach Auffassung des Berufungsgerichts durch die Zeugenaussage nicht erwiesen, daß die beiden Zahlungen vereinbarungsgemäß zugleich der Tilgung des Darlehens dienten. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Bekundungen des Zeugen ließen lediglich den Schluß zu, daß Gelder aus steuerlichen Gründen wieder an die Eheleute W. zurückfließen sollten, sie rechtfertigten aber nicht die Annahme einer konkreten Erfüllungsvereinbarung zwischen der Darlehensgeberin und dem Beklagten. Aufgrund der Angabe des Zeugen, bei anderen Gesprächen sei es um andere Varianten gegangen, sei nicht auszuschließen, daß sich dieser Geldkreislauf oder die abgesprochene Rückführung auf andere Leistungen der Firmen des Geschäftsführers der Klägerin habe beziehen sollen. Damit hat das Berufungsgericht die protokollierte Aussage des Zeugen anders gewürdigt als das Landgericht.
2. Verfahrensfehlerhaft ist - wie die Revision zu Recht rügt - ferner die vom Landgericht abweichende Würdigung der Aussage der Zeugin L. durch das Berufungsgericht ohne deren erneute Vernehmung. Das Landgericht hat ihre Aussage als nicht glaubhaft bzw. die Zeugin als nicht
glaubwürdig erachtet. Demgegenüber hat das Berufungsgericht ihre Aussage als unergiebig bezeichnet. Dies ist in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft.
Zum einen hat das Berufungsgericht entscheidungserheblichen Sachverhalt außer acht gelassen und damit gegen das Gebot der §§ 286 Abs. 1, 523 ZPO a.F. verstoßen, sich mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen umfassend auseinanderzusetzen und die Beweise vollständig zu würdigen (Senatsurteil vom 3. April 2001 aaO m.w.Nachw.). Ausweislich der protokollierten Aussage hat die Zeugin L. Angaben zur Frage der Tilgungsvereinbarung gemacht. Zum anderen hätte das Berufungsgericht die von der Beweiswürdigung des Landgerichts abweichende Wertung der protokollierten Aussage der Zeugin L. als unergiebig jedenfalls nicht ohne deren erneute Vernehmung vornehmen dürfen (Senatsurteil vom 24. November 1992 - XI ZR 86/92, WM 1993, 99, 101).
3. Zu Recht rügt die Revision auch, daß das Berufungsgericht entgegen §§ 286, 523 ZPO a.F. nicht alle Beweismöglichkeiten ausgeschöpft hat. Wenn das Berufungsgericht meinte, das bisherige Beweisergebnis genüge nicht zum Beweis der Tilgungsvereinbarung, hätte es der streitigen und unter Beweis gestellten Behauptung des Beklagen nachgehen müssen, daß die Firmen des Geschäftsführers der Klägerin keine Bauarbeiten an den Gebäuden ausgeführt hatten, die im Dezember 1993 Zahlungen gerechtfertigt hätten. Diesen Vortrag des Beklagten, dem immerhin Indizwirkung zukäme, hat das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen.

III.


Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.).
Es steht nicht bereits aus Rechtsgründen fest, daß in den Zahlungen der Ehefrau des Beklagten keine Darlehenstilgung zu sehen sein kann. Soweit der 11. Zivilsenat des Berufungsgerichts in einer Parallelsache (11 U ...) ohne Beweisaufnahme zu diesem Ergebnis gelangt ist, läßt sich dies mangels entsprechender Feststellungen nicht auf den Streitfall übertragen. Der 11. Zivilsenat des Berufungsgerichts hat seine Auffassung in dem nicht revisiblen Urteil damit begründet, daß der Darlehensvertrag insgesamt wirksam und kein unwirksames Scheingeschäft im Sinne des § 117 BGB sei, weil die Vertragsparteien die Steuerersparnis gewünscht hätten und diese die Hingabe eines Darlehens vorausgesetzt habe. In den Überweisungen der Ehefrau des Beklagten seien keine Rückzahlungen auf das Darlehen zu sehen, weil in diesem Fall die Steuersparmöglichkeit nicht bestanden hätte.
Die Frage, ob ein Scheingeschäft oder ein ernst gemeintes Geschäft vorliegt, ist Tatfrage (Senatsurteil vom 29. Oktober 1996 - XI ZR 319/95, WM 1996, 2272). Daß eine vertragliche Regelung im Normalfall nicht gleichzeitig als steuerrechtlich gewollt und zivilrechtlich nicht gewollt angesehen werden kann, spricht nicht gegen ein Scheingeschäft, wenn die Parteien eine Steuerhinterziehung begehen wollen (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 114/92, WM 1993, 1683, 1685 m.w.Nachw.). Auch hierzu fehlen bislang Feststellungen des Berufungsgerichts.

IV.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.) und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.). Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. Gebrauch gemacht.
Nobbe Bungeroth Joeres
Mayen Appl

(1) Das Prozessgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen.

(2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das Prozessgericht die nachträgliche Vernehmung des Zeugen über diese Frage anordnen.

(3) Bei der wiederholten oder der nachträglichen Vernehmung kann der Richter statt der nochmaligen Beeidigung den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern lassen.

(1) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung. Ein ohne Beachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen.

(2) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, sein künftiges Vermögen oder einen Bruchteil seines künftigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauch zu belasten, ist nichtig.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, sein gegenwärtiges Vermögen oder einen Bruchteil seines gegenwärtigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauch zu belasten, bedarf der notariellen Beurkundung.

(4) Ein Vertrag über den Nachlass eines noch lebenden Dritten ist nichtig. Das Gleiche gilt von einem Vertrag über den Pflichtteil oder ein Vermächtnis aus dem Nachlass eines noch lebenden Dritten.

(5) Absatz 4 gilt nicht für einen Vertrag, der unter künftigen gesetzlichen Erben über den gesetzlichen Erbteil oder den Pflichtteil eines von ihnen geschlossen wird. Ein solcher Vertrag bedarf der notariellen Beurkundung.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 200/06
vom
1. Februar 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei einer Zurückverweisung im Beschlusswege nach § 544 Abs. 7 ZPO kommt in
entsprechender Anwendung von § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO auch die Zurückverweisung
an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts in Betracht.
BGH, Beschl. v. 1. Februar 2007 - V ZR 200/06 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 1. Februar 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gewährt.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 8. März 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung weiterer 2.337.000 € nebst Zinsen aberkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens , an den 14. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Gründe

I.


1
Der Kläger erwarb 1994 von der später in die Beklagte eingemeindeten Gemeinde L. ein Grundstück, um darauf eine Freizeiteinrichtung und Saunaanlage zu betreiben. Das Vorhaben scheiterte daran, dass die Beklagte die Erteilung der notwendigen kommunalaufsichtlichen Genehmigung erfolgreich hintertrieb. Der Kläger verlangt nunmehr von der Beklagten Ersatz des ihm entgangenen Gewinns, hilfsweise Ersatz seines Vertrauensschadens.
2
Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Revision hat der Senat nicht zur Entscheidung angenommen (V ZR 472/99). In dem anschließenden Betragsverfahren, um das es hier geht, hat der Kläger Zahlung von zuletzt 15.102.582,30 € nebst Zinsen verlangt. Das Landgericht hat ihm 163.000 € zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, mit welcher dieser die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 2.337.000 € nebst Zinsen erreichen will. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

II.


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1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, in dem Grundurteil sei lediglich die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des aus der Vertragsvereitelung entstandenen Schadens festgestellt worden, aber offen geblieben, ob es sich um den Vertrauens- oder den Erfüllungsschaden handele. In der Sache stehe dem Beklagten jedoch ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens zu. Dieser sei nur mit 163.000 € zu bemessen. Der Kläger habe zwar "ein durchdachtes Konzept und eine gute Planung" gehabt. Dass sein entgangener Gewinn den (ihm als Vertrauensschaden) zugesprochenen Betrag übersteige, davon habe es sich nicht überzeugen können.
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2. Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, indem es ihm keine Gelegenheit gegeben hat, zu den Gründen Stellung zu nehmen, aus denen es einen über 163.000 € hinausgehenden ent gangenen Gewinn des Klägers verneint hat.
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a) Nach Art. 103 Abs. 1 GG darf ein Gericht ohne vorherigen Hinweis nicht auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte (BVerfGE 84, 188, 190; 86, 133, 144 f.; 96, 189, 204; 108, 341, 345 f.). Es hat in einem solchen Fall auf seine (geänderte) Rechtsauffassung hinzuweisen und den Prozessbeteiligten eine Möglichkeit zur Stellungnahme zu eröffnen (BVerfGE 84, 188, 191; 86, 133, 144; 98, 218, 263; BVerfG NVwZ 2006, 586, 587).
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b) Das hat das Berufungsgericht hier versäumt.
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aa) Sein Versäumnis ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass das Berufungsgericht den Kläger mit seiner Annahme überrascht hätte, ein entgangener Gewinn lasse sich jenseits der ersten fünf Betriebsjahre nicht seriös beurteilen. Diese Auffassung hat nämlich schon der in erster Instanz tätig gewordene Sachverständige M. vertreten. Er ist davon bei seiner Befragung durch das Berufungsgericht nicht abgerückt. Auch der von dem Berufungsgericht hinzugezogene Sachverständige Dr. V. hat diese Annahme nicht in Zweifel gezogen. Das Berufungsgericht war an seiner Einschätzung entgegen der Meinung des Klägers nicht aus Rechtsgründen gehindert. Zwar stellte sein Grundurteil die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des Erfüllungsschadens ohne zeitliche Begrenzung fest. Das Berufungsgericht sieht sich aber nicht aus Rechtsgründen, sondern deshalb daran gehindert, dem Kläger einen entgangenen Gewinn jenseits von fünf Jahren nach der Betriebsaufnahme zuzusprechen , weil er sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit abschätzen lasse. Dem steht das Grundurteil nicht entgegen.
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bb) Das Berufungsgericht war auch nicht gehindert, bei der Ermittlung des dem Kläger entgangenen Gewinns die von dem in erster Instanz mit der Sache befassten Sachverständigen M. seiner Berechnung zugrunde gelegten Ansätze unter Berücksichtigung der Ausführungen des von ihm selbst hinzugezogenen Sachverständigen Dr. V. kritisch zu hinterfagen und eine abweichende Berechnungsmethode anzuwenden. Es durfte dabei das geschäftliche Risiko berücksichtigen und die Frage aufwerfen, ob der Kläger angesichts seiner bisherigen geschäftlichen Erfahrungen zu der Führung eines Sauna- und Badebetriebs in der Lage war, den er sich hier vorgenommen hatte.
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cc) Das Berufungsgericht hat aber nicht beachtet, dass der Kläger auch bei gewissenhafter Prozessführung und insbesondere bei gewissenhafter Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht mit dieser Wendung des Rechtsstreits nicht rechnen konnte.
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(1) Der Sachverständige Dr. V. stimmte zwar nicht mit allen von dem Sachverständigen M. angesetzten Einzelpositionen überein, folgte aber dessen Berechnung. Einen Ansatz für die von dem Berufungsgericht angestellten Überlegungen hatte weder die schriftsätzliche Vorbereitung der mündlichen Verhandlung durch die Parteien noch die Anhörung der beiden Sachverständigen durch das Berufungsgericht ergeben. Sie war auch deswegen nicht zu er- warten, weil der Sachverständige M. selbst Leiter eines großen Badebetriebs ist und über große Erfahrung bei der betriebswirtschaftlichen Bewältigung eines solchen Unternehmens hat. Wenn das Berufungsgericht bei dieser Sachlage zu anderen Erkenntnissen kam, musste es die Parteien vor seiner Entscheidung darauf hinweisen und ihnen Gelegenheit geben, dazu Stellung zu nehmen.
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(2) Nach der Überzeugung des Berufungsgerichts scheitert der Kläger vor allem an dem geschäftlichen Risiko und seiner fehlenden beruflichen Erfahrung bei der Führung eines anspruchsvolleren Bäderbetriebs. Der erste Gesichtspunkt ist in dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen M. gestreift, der zweite in der Beweisaufnahme vor dem Berufungsgericht kurz angesprochen worden. Keiner der beiden Sachverständigen ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger bei der Umsetzung seines Konzepts auf Schwierigkeiten gestoßen wäre, die er nicht oder nur mit geschäftlichen Nachteilen hätte meistern können. Welche Risiken dies konkret hätten sein sollen, war nicht vorgetragen und wird von dem Berufungsgericht auch in seinem Urteil nicht näher erläutert. Die geschäftliche Eignung des Klägers ist von dem Gericht in der mündlichen Verhandlung hinterfragt worden. Ob dazu die aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung zu entnehmende Frage ausreichte, ob der Kläger in der Lage sei, sich mit seinem Konzept am Markt zu behaupten, ist zweifelhaft , kann aber offen bleiben. Denn es haben sich keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Kläger zur Führung eines solchen Betriebs und auch nicht in der Lage gewesen wäre, sich den bei ihm nicht vorhandenen, aber erforderlichen Sachverstand etwa durch Anstellung eines Betriebsleiters zu beschaffen. Worauf das Berufungsgericht seine gegenteilige Annahme konkret stützt, lässt das Berufungsurteil nicht erkennen. Es bescheinigt dem Kläger vielmehr ausdrücklich ein durchdachtes Konzept und eine gute Planung. Dass seine Klage im Kern an diesen beiden Umständen, denen das Berufungsgericht nicht weiter nachgegangen ist, scheitern könnte, damit konnte der Kläger bei dieser Sachlage nicht rechnen. Zu diesem Ergebnis konnte das Berufungsgericht nur nach näherer Sachaufklärung und auch nur gelangen, wenn diese hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür erbrachte, dass und in welchem Umfang der Kläger bei der Umsetzung seines Plans an diesen Umständen gescheitert wäre. Nähere Sachaufklärung konnte das Berufungsgericht sachgerecht zudem nur erreichen, wenn es die Parteien auf die Notwendigkeit dazu hinwies und ihnen Gelegenheit gab, dazu näher vorzutragen. Beides ist unterblieben und macht die Entscheidung des Berufungsgerichts zu einer mit Art. 103 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Überraschungsentscheidung.
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3. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um die erforderliche Sachaufklärung nachzuholen. Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch. Diese Möglichkeit ist zwar in § 544 Abs. 7 ZPO nicht ausdrücklich vorgesehen. Auf diesen Fall ist § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO aber entsprechend anzuwenden. Die Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör würde nämlich ohne die Regelung des § 544 Abs. 7 ZPO regelmäßig nicht nur zur Zulassung der Revision, sondern auch dazu führen, dass die Sache nach eingelegter Revision an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist, um das rechtliche Gehör nachträglich zu gewähren. Diesen Vorgang soll das Revisionsgericht im Interesse einer Verfahrensbeschleunigung durch die Zurückverweisung im Beschlusswege nach § 544 Abs. 7 ZPO abkürzen können. Ersetzt die Zurückverweisung durch Beschluss aber ohne inhaltliche Einbußen die Zurückverweisung durch Revisionsurteil, dann bietet sie auch die gleichen Gestaltungsmöglichkeiten (BGH, Beschl. v. 18. Januar 2005, XI ZR 340/03, BGHReport 2005, 939, 940).

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4. Für die neue Verhandlung vor dem Berufungsgericht weist der Senat auf folgendes hin:
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a) Dem Kläger ist mit dem rechtskräftigen Grundurteil ein Anspruch auf Ersatz seines Erfüllungsschadens dem Grunde nach zugesprochen worden. In diesem Sinne hat der Senat das Grundurteil auch bestätigt. Ersatz seines Vertrauensschadens kann dem Kläger deshalb nur hilfsweise für den Fall zugesprochen werden, dass sich ein Erfüllungsschaden nicht oder nicht in einem den zuerkannten Betrag übersteigendem Umfang sollte nachweisen lassen.
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b) Bei der Feststellung des entgangenen Gewinns wird den in dem Berufungsurteil aufgeführten Gesichtspunkten mit sachverständiger Unterstützung nach zugehen sein. Dabei wird auch zu prüfen sein, ob sich angesichts der nur geringen Erfahrungen des bislang von dem Berufungsgericht herangezogenen Sachverständigen Dr. V. bei der Begutachtung des wirtschaftlichen Betriebs von Bädern eine erneute Heranziehung dieses Sachverständigen empfiehlt.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 13.11.2003 - 3 O 10774/97 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 08.03.2006 - 11 U 59/04 -