Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2007 - IV ZR 291/06

bei uns veröffentlicht am23.05.2007
vorgehend
Landgericht Berlin, 4 O 27/03, 26.08.2003
Kammergericht, 25 U 173/03, 29.09.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 291/06
vom
23. Mai 2007
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. Mai 2007
durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting,
Seiffert, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 25. Zivilsenats des Kammergerichts Berlin vom 29. September 2006 wird zurückgewiesen , weil sie nicht aufzeigt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat zwar die prozessuale Vorschrift des § 384 ZPO verkannt; der Zeuge durfte das Zeugnis nicht pauschal verweigern und deshalb auch nicht unvernommen entlassen werden (BGH, Urteil vom 18. Oktober 1993 - II ZR 255/92 - NJW 1994, 197 unter I 2 a). Darauf kann die Beklagte jedoch keinen Zulassungsgrund stützen. Denn sie hat im Anschluss an den Termin zur Beweisaufnahme rügelos verhandelt (§ 295 ZPO) und damit die Berechtigung des Zeugen zur Aussageverweigerung nicht in Zweifel gezogen (Senatsurteil vom 18. November 1986 - IVa ZR 99/85 - VersR 1987, 149); darin liegt ein - zumindest konkludenter - Verzicht auf den Zeugen als Beweismittel (Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl. § 387 Rdn. 2; MünchKomm-ZPO/Damrau, 2. Aufl. § 387 Rdn. 4; Wieczorek , ZPO 2. Aufl. § 387 Anm. A II a 1; Stein/Jonas/Berger, ZPO 22. Aufl. § 387 Rdn. 5; Musielak/Huber, ZPO 5. Aufl.
§ 387 Rdn. 1). Eine wiederholte Ladung und Einvernahme des Zeugen kam deshalb nicht in Betracht. Das Protokoll der vorangegangenen Beweisaufnahme durfte das Berufungsgericht - trotz Richterwechsels - im Wege des Urkundsbeweises verwerten (BGHZ 53, 245, 257). Soweit es im Rahmen der Beweiswürdigung seine Überlegungen, den Angaben des Zeugen nicht folgen zu können, nicht ohnehin lediglich auf die fehlende Plausibilität seiner Aussage, sondern auf dessen Glaubwürdigkeit stützt, beruht dies auf persönlichen Eindrücken, die in der abschließenden mündlichen Verhandlung gewonnen worden sind, an der alle mit der Urteilsfindung befassten Richter teilgenommen haben.
Den von der Beklagten gerügten Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Terno Dr. Schlichting Seiffert Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 26.08.2003 - 4 O 27/03 -
KG Berlin, Entscheidung vom 29.09.2006 - 25 U 173/03 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 295 Verfahrensrügen


(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 384 Zeugnisverweigerung aus sachlichen Gründen


Das Zeugnis kann verweigert werden:1.über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einer Person, zu der er in einem der im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Verhältnisse steht, einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde;2.über

Referenzen

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Das Zeugnis kann verweigert werden:

1.
über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einer Person, zu der er in einem der im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Verhältnisse steht, einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde;
2.
über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einem seiner im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Angehörigen zur Unehre gereichen oder die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden;
3.
über Fragen, die der Zeuge nicht würde beantworten können, ohne ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis zu offenbaren.

(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste.

(2) Die vorstehende Bestimmung ist nicht anzuwenden, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung eine Partei wirksam nicht verzichten kann.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)