Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2002 - IV ZR 191/00

bei uns veröffentlicht am27.02.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 191/00
vom
27. Februar 2002
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting und Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 27. Februar 2002

beschlossen:
Die Erinnerung der Beklagten gegen die Kostenrechnungen vom 18. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.

Gründe:


I. Die Parteien haben über den Bestand und die rechtlichen Folgen eines notariellen Vertrages vom 23. Februar 1995 gestritten, in dem die Klägerin die Beklagten zu ihren vertragsmäßigen Erben eingesetzt hatte. Das Landgericht hat die u.a. auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages gerichtete Klage abgewiesen; die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Nach Einlegung der Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2000 ist die Klägerin am 29. Oktober 2000 verstorben. Auf Antrag ihres Prozeßbevollmächtigten ist das Revisionsverfahren durch Senatsbeschluß vom 6. Dezember 2000 gemäß § 246 Abs. 1 ZPO ausgesetzt worden. Den Beklagten ist am 13. Juni 2000 durch das zuständige Nachlaßgericht ein Erbschein erteilt worden, der sie als Erben der Klägerin zu je 1/2 aus-

weist. Sie sind in dieser Eigenschaft durch Kostenrechnungen vom 18. Oktober 2001 auf Zahlung der durch die Revision entstandenen Gerichtskosten in Höhe von jeweils 4.430 DM in Anspruch genommen worden. Dagegen richtet sich ihre Erinnerung, der die Kostenbeamtin nicht abgeholfen hat.
II. Die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 GKG statthafte Erinnerung ist nicht begründet. Die Kostenbeamtin hat zu Recht eine 20/10 Verfahrensgebühr gemäû §§ 11 Abs. 1, 73 GKG i.V. mit Nr. 1230 (a.F.) des Kostenverzeichnisses angesetzt.
Die Verfahrensgebühr entsteht und wird fällig mit der Einreichung der Revisionsschrift (§ 61 GKG). Kostenschuldner ist derjenige, der das Verfahren der Instanz beantragt hat (§ 49 Satz 1 GKG). Die Beklagten wenden sich nicht gegen ihre Inanspruchnahme als Rechtsnachfolger der Klägerin gemäû § 54 Nr. 3 GKG. Sie machen indes geltend, das Verfahren sei durch Konfusion beendet, nachdem sie die Klägerin - ihre vormalige Prozeûgegnerin - beerbt hätten. Das Kostenverzeichnis zum GKG regele diesen Tatbestand der Beendigung des Rechtsstreits nicht; er sei kostenrechtlich einer Revisionsrücknahme gleichzustellen. Mit dieser Begründung streben sie eine entsprechende Anwendung des Ermäûigungstatbestandes gemäû Nr. 1231 (a.F.) des Kostenverzeichnisses an.
Dem ist nicht zu folgen. Das Kostenverzeichnis enthält unter Nr. 1230 den Gebührentatbestand für das Revisionsverfahren im allgemeinen. Die dort ausgewiesene Verfahrensgebühr von 20/10 ermäûigt

sich nach Nr. 1231 ausschlieûlich dann, wenn das Verfahren durch Zurücknahme der Revision oder der Klage beendet wird, bevor die Revisionsbegründungsschrift bei Gericht eingegangen ist. Alle anderen Beendigungsgründe werden vom Kostenverzeichnis unter Nr. 1231 nicht erfaût , so daû es beim Grundtatbestand der Nr. 1230 und einer Verfahrensgebühr von 20/10 verbleibt.
Eine entsprechende Anwendung des Ermäûigungstatbestandes auf den vorliegenden Fall kommt nicht in Betracht. Es handelt sich bei Nr. 1231 des Kostenverzeichnisses um eine die allgemeine Gebührenpflicht einschränkende Bestimmung. Die in ihr enthaltene Aufzählung der privilegierten Ausnahmen ist - ebenso wie bei den vergleichbaren enumerativen Regelungen für das Prozeûverfahren erster Instanz unter Nr. 1211 (a.F.) und für das Berufungsverfahren unter Nr. 1221 (a.F.) - abschlieûend (vgl. Oestreich/Winter/Hellstab, GKG [Loseblattsammlung] KV Nr. 1211 Rdn. 2; Markl/Meyer, GKG 4. Aufl. KV Nr. 1202 Rdn. 13; Hartmann, Kostengesetze 31. Aufl. KV Nr. 1211 Rdn. 1 f.; OLG Oldenburg NJW-RR 1999, 942). Terno Dr. Schlichting Seiffert Dr. Kessal-Wulf Felsch

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Referenzen - Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 246 Aussetzung bei Vertretung durch Prozessbevollmächtigten


(1) Fand in den Fällen des Todes, des Verlustes der Prozessfähigkeit, des Wegfalls des gesetzlichen Vertreters, der Anordnung einer Nachlassverwaltung oder des Eintritts der Nacherbfolge (§§ 239, 241, 242) eine Vertretung durch einen Prozessbevollmäc

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 5 Verjährung, Verzinsung


(1) Ansprüche auf Zahlung von Kosten verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Verfahren durch rechtskräftige Entscheidung über die Kosten, durch Vergleich oder in sonstiger Weise beendet ist. Für die Ansprüche auf Zahlung vo

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 54 Zwangsversteigerung


(1) Bei der Zwangsversteigerung von Grundstücken sind die Gebühren für das Verfahren im Allgemeinen und für die Abhaltung des Versteigerungstermins nach dem gemäß § 74a Absatz 5 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung festg

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 61 Angabe des Werts


Bei jedem Antrag ist der Streitwert, sofern dieser nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht, kein fester Wert bestimmt ist oder sich nicht aus früheren Anträgen ergibt, und nach Aufforderung auch der Wert eines Teils des Streitgegenstands schriftl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 49 Beschlussklagen nach dem Wohnungseigentumsgesetz


Der Streitwert in Verfahren nach § 44 Absatz 1 des Wohnungseigentumsgesetzes ist auf das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung festzusetzen. Er darf den siebeneinhalbfachen Wert des Interesses des Klägers und der auf seiner Seite Bei

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 11 Verfahren nach dem Arbeitsgerichtsgesetz


In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen sind die Vorschriften dieses Abschnitts nicht anzuwenden; dies gilt für die Zwangsvollstreckung in Arbeitssachen auch dann, wenn das Amtsgericht Vollstreckungsgericht ist. Satz 1 gilt nicht in Verfahre

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 73 Übergangsvorschrift für die Erhebung von Haftkosten


Bis zum Erlass landesrechtlicher Vorschriften über die Höhe des Haftkostenbeitrags, der von einem Gefangenen zu erheben ist, sind die Nummern 9010 und 9011 des Kostenverzeichnisses in der bis zum 27. Dezember 2010 geltenden Fassung anzuwenden.

Referenzen

(1) Fand in den Fällen des Todes, des Verlustes der Prozessfähigkeit, des Wegfalls des gesetzlichen Vertreters, der Anordnung einer Nachlassverwaltung oder des Eintritts der Nacherbfolge (§§ 239, 241, 242) eine Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten statt, so tritt eine Unterbrechung des Verfahrens nicht ein; das Prozessgericht hat jedoch auf Antrag des Bevollmächtigten, in den Fällen des Todes und der Nacherbfolge auch auf Antrag des Gegners die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen.

(2) Die Dauer der Aussetzung und die Aufnahme des Verfahrens richten sich nach den Vorschriften der §§ 239, 241 bis 243; in den Fällen des Todes und der Nacherbfolge ist die Ladung mit dem Schriftsatz, in dem sie beantragt ist, auch dem Bevollmächtigten zuzustellen.

(1) Ansprüche auf Zahlung von Kosten verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Verfahren durch rechtskräftige Entscheidung über die Kosten, durch Vergleich oder in sonstiger Weise beendet ist. Für die Ansprüche auf Zahlung von Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz beginnt die Frist frühestens mit dem rechtskräftigen Abschluss des Musterverfahrens.

(2) Ansprüche auf Rückerstattung von Kosten verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlung erfolgt ist. Die Verjährung beginnt jedoch nicht vor dem in Absatz 1 bezeichneten Zeitpunkt. Durch Einlegung eines Rechtsbehelfs mit dem Ziel der Rückerstattung wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt.

(3) Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden; die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt. Die Verjährung der Ansprüche auf Zahlung von Kosten beginnt auch durch die Aufforderung zur Zahlung oder durch eine dem Schuldner mitgeteilte Stundung erneut. Ist der Aufenthalt des Kostenschuldners unbekannt, genügt die Zustellung durch Aufgabe zur Post unter seiner letzten bekannten Anschrift. Bei Kostenbeträgen unter 25 Euro beginnt die Verjährung weder erneut noch wird sie gehemmt.

(4) Ansprüche auf Zahlung und Rückerstattung von Kosten werden vorbehaltlich der nach Nummer 9018 des Kostenverzeichnisses für das erstinstanzliche Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz geltenden Regelung nicht verzinst.

In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen sind die Vorschriften dieses Abschnitts nicht anzuwenden; dies gilt für die Zwangsvollstreckung in Arbeitssachen auch dann, wenn das Amtsgericht Vollstreckungsgericht ist. Satz 1 gilt nicht in Verfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren (§ 9 Absatz 2 Satz 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes).

Bis zum Erlass landesrechtlicher Vorschriften über die Höhe des Haftkostenbeitrags, der von einem Gefangenen zu erheben ist, sind die Nummern 9010 und 9011 des Kostenverzeichnisses in der bis zum 27. Dezember 2010 geltenden Fassung anzuwenden.

Bei jedem Antrag ist der Streitwert, sofern dieser nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht, kein fester Wert bestimmt ist oder sich nicht aus früheren Anträgen ergibt, und nach Aufforderung auch der Wert eines Teils des Streitgegenstands schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle anzugeben. Die Angabe kann jederzeit berichtigt werden.

Der Streitwert in Verfahren nach § 44 Absatz 1 des Wohnungseigentumsgesetzes ist auf das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung festzusetzen. Er darf den siebeneinhalbfachen Wert des Interesses des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen sowie den Verkehrswert ihres Wohnungseigentums nicht übersteigen.

(1) Bei der Zwangsversteigerung von Grundstücken sind die Gebühren für das Verfahren im Allgemeinen und für die Abhaltung des Versteigerungstermins nach dem gemäß § 74a Absatz 5 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung festgesetzten Wert zu berechnen. Ist ein solcher Wert nicht festgesetzt, ist der Einheitswert maßgebend. Weicht der Gegenstand des Verfahrens vom Gegenstand der Einheitsbewertung wesentlich ab oder hat sich der Wert infolge bestimmter Umstände, die nach dem Feststellungszeitpunkt des Einheitswerts eingetreten sind, wesentlich verändert oder ist ein Einheitswert noch nicht festgestellt, ist der nach den Grundsätzen der Einheitsbewertung geschätzte Wert maßgebend. Wird der Einheitswert nicht nachgewiesen, ist das Finanzamt um Auskunft über die Höhe des Einheitswerts zu ersuchen; § 30 der Abgabenordnung steht der Auskunft nicht entgegen.

(2) Die Gebühr für die Erteilung des Zuschlags bestimmt sich nach dem Gebot ohne Zinsen, für das der Zuschlag erteilt ist, einschließlich des Werts der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte zuzüglich des Betrags, in dessen Höhe der Ersteher nach § 114a des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung als aus dem Grundstück befriedigt gilt. Im Fall der Zwangsversteigerung zur Aufhebung einer Gemeinschaft vermindert sich der Wert nach Satz 1 um den Anteil des Erstehers an dem Gegenstand des Verfahrens; bei Gesamthandeigentum ist jeder Mitberechtigte wie ein Eigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils anzusehen.

(3) Die Gebühr für das Verteilungsverfahren bestimmt sich nach dem Gebot ohne Zinsen, für das der Zuschlag erteilt ist, einschließlich des Werts der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte. Der Erlös aus einer gesonderten Versteigerung oder sonstigen Verwertung (§ 65 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung) wird hinzugerechnet.

(4) Sind mehrere Gegenstände betroffen, ist der Gesamtwert maßgebend.

(5) Bei Zuschlägen an verschiedene Ersteher wird die Gebühr für die Erteilung des Zuschlags von jedem Ersteher nach dem Wert der auf ihn entfallenden Gegenstände erhoben. Eine Bietergemeinschaft gilt als ein Ersteher.