Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Mai 2007 - IV ZR 101/04

bei uns veröffentlicht am16.05.2007
vorgehend
Landgericht Köln, 24 O 149/02, 22.05.2003
Oberlandesgericht Köln, 9 U 110/03, 23.03.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 101/04
vom
16. Mai 2007
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 16. Mai 2007

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 23. März 2004 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Streitwert: Bis 140.000 €

Gründe:


1
Beschwerde Die ist zurückzuweisen, weil ein Zulassungsgrund nicht dargelegt ist (§§ 543 Abs. 2 Satz 1, 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
2
1. Haftpflichtfall Dr. G.
3
Das Berufungsgericht hat - wie schon das Landgericht - im Ergebnis rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Beklagte wegen vorsätzlicher Verletzung der Anzeigeobliegenheit nach §§ 5 Nr. 2 Abs. 4, 6 Nr. 1 Satz 1 AVB von der Leistungspflicht frei ist, weil die Klägerin die gegen sie im Oktober 1998 erhobene Klage der Beklagten unstreitig weder unverzüglich noch überhaupt angezeigt hat.
4
a) Die Beschwerde meint, die Beklagte dürfe sich auf Leistungsfreiheit nicht berufen, weil sie ihre Deckungsablehnung nach Erhalt der Schreiben der Klägerin vom 22. Mai 2000 und vom 29. Januar 2001 nicht unverzüglich erklärt habe. Sie beruft sich hierfür auf das Senatsurteil vom 19. März 2003 (IV ZR 139/01 - NJW 2003, 1936 unter 2) zur Rechtsschutzversicherung. Entsprechendes müsse - insoweit habe die Sache grundsätzliche Bedeutung - auch hier gelten.
5
Dieser Vergleich ist schon wegen der unterschiedlichen Regelung in den Versicherungsbedingungen verfehlt. Die Beschwerde zeigt im Übrigen nicht auf, dass ihre Rechtsansicht auch sonst in der Rechtsprechung oder der Literatur vertreten wird und demzufolge umstritten ist, worauf die Beschwerdeerwiderung mit Recht hinweist. Im Übrigen könnte eine vertragswidrige Verzögerung der Entscheidung des Haftpflichtversicherers über die Deckungspflicht nur Auswirkungen für das künftige Verhalten des Versicherungsnehmers in der Haftpflichtangelegenheit haben (vgl. Senatsurteil vom 7. Februar 2007 - IV ZR 149/03 - unter II 1, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Hier liegt der Verstoß gegen die Anzeigeobliegenheit nach § 5 Nr. 2 Abs. 4 AVB aber vor dem von der Klägerin als Schadensanzeige gewerteten Schreiben vom 22. Mai 2000.
6
b) Weiter meint die Beschwerde, § 5 Nr. 2 Abs. 1 AVB sei nach § 9 AGBG unwirksam, weil die Klausel bei kundenfeindlichster Auslegung so zu verstehen sei, dass der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall zu einem Zeitpunkt schriftlich anzuzeigen habe, zu dem er davon im Regelfall noch keine Kenntnis habe. Dies führe entgegen §§ 153, 33 VVG dazu, dass der Versicherungsnehmer darlegen und beweisen müsse, wann er erstmals vom Eintritt des Versicherungsfalls Kenntnis erlangt habe.
7
Darauf kommt es schon deshalb nicht an, weil die Klägerin jedenfalls die Obliegenheit nach § 5 Nr. 2 Abs. 4 AVB zur unverzüglichen Anzeige der Klageerhebung vom Oktober 1998 verletzt hat. Davon abgesehen setzt die Anzeigeobliegenheit nach § 5 Nr. 2 Abs. 1 AVB nach ständiger Rechtsprechung des Senats die positive Kenntnis des Versicherungsnehmers vom Eintritt des Versicherungsfalls voraus (vgl. Senatsurteil vom 27. November 2002 - IV ZR 159/01 - VersR 2003, 187 unter III 3 b aa).
8
c) Entgegen der Ansicht der Beschwerde betrifft die im Oktober 1998 u.a. gegen die Klägerin erhobene und später insoweit zurückgenommene Klage in Bezug auf die Klägerin denselben Versicherungsfall, der Gegenstand der Klage vom Dezember 2000 und der anschließenden rechtskräftigen Verurteilung der Klägerin ist. Dr. G. hat mit der ersten wie der zweiten Klage von der jetzigen Klägerin mit identischer Begründung Schadensersatz wegen der ihr als Versicherungsmaklerin obliegenden Aufklärungs- und Beratungspflichten geltend gemacht. Die Rücknahme der ersten Klage ändert daran schon deshalb nichts, weil Dr. G. der Klägerin zuvor im Termin vom 4. Februar 1999 den Streit verkündet hatte, wie sich aus den von den Parteien in Bezug genommenen Akten jenes Rechtsstreits ergibt.
9
Auf die im August 1997 erfolgte Zahlung der 100.000 DM durch die Klägerin an Dr. G. kommt es danach nicht an. Die Beschwerde beanstandet allerdings zu Recht, dass das Berufungsgericht den durch Urkunden belegten Vortrag der Klägerin nicht zur Kenntnis genommen hat, die Zahlung sei auf die Kaskoentschädigung und nicht auf eine ihr gegenüber erhobene Haftpflichtforderung geleistet worden. Ebenso ist unerheblich, ob das Schreiben der Klägerin vom 22. Mai 2000 als Anzeige i.S. von § 5 Nr. 2 Abs. 1 AVB zu werten ist sowie ob die Klägerin nach der Zahlungsaufforderung vom 6. September 2000, deren Zugang sie - was das Berufungsgericht übergangen hat - bestritten hat, und der Zustellung der Klage vom Dezember 2000 erneut ihre Anzeigeobliegenheit verletzt hat.
10
d) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe die Vorsatzvermutung (§ 6 Nr. 1 Satz 1 AVB, § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG) nicht ausgeräumt , ist rechtsfehlerfrei, soweit es um die unterbliebene Anzeige der Klageerhebung vom Oktober 1998 geht. Die Beschwerde macht geltend, es sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin in jenem Rechtsstreit stets anwaltlich vertreten gewesen und seitens ihrer Anwälte eine Unterrichtung der Beklagten nicht für erforderlich gehalten worden sei, darauf habe die Klägerin vertrauen dürfen. Dieser Vortrag ist unsubstantiiert und im Übrigen neu und damit in der Revisionsinstanz unbeachtlich. Die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen, hinsichtlich der Klage vom Oktober 1998 von ihren Anwälten entsprechend beraten worden zu sein. Von einem anwaltlichen Rat, eine Anzeige an die Beklagte nicht vorzunehmen, ist unter Bezugnahme auf ein Anwaltsschreiben an die Beklagte vom 10. April 2001 nur die Rede im Fall der Klage des Flugsportvereins R. B. , worauf die Beklagte im Schriftsatz vom 1. Dezember 2003 zutreffend hingewiesen hat. Auf die bereits erwähnten fehlerhaften Ausführungen des Berufungsgerichts zum Zweck der Zahlung der 100.000 DM im August 1997 kommt es auch hier nicht an.
11
2. Haftpflichtfall M.
12
Beschwerde Die zeigt keine zulassungsrelevanten Rechtsfehler auf.
13
Berufungsgericht Das hat die rechtlichen Voraussetzungen der Leistungsfreiheit wegen wissentlicher Pflichtverletzung nach § 4 Nr. 5 AVB unter Hinweis auf die Senatsrechtsprechung zutreffend gesehen. Seine tatrichterliche Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin verkennt, dass es nicht darum geht, ob ein Versicherungsnotstand vorlag, ob die Bußgeldbescheide zu Recht ergangen waren , welche Kenntnisse sie über das Regulierungsverhalten des Kaskoversicherers bei der Vertragsverlängerung im Mai 1998 hatte und ob sie mit einer Schädigung des Kunden M. gerechnet hatte. Die Pflichtverletzung bestand darin, wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, dass sie den Kunden über die Bedenken und das seit April 1997 laufende Ermittlungsverfahren der Aufsichtsbehörde nicht aufgeklärt hatte.
14
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 22.05.2003 - 24 O 149/02 -
OLG Köln, Entscheidung vom 23.03.2004 - 9 U 110/03 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 6 Beratung des Versicherungsnehmers


(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 153 Überschussbeteiligung


(1) Dem Versicherungsnehmer steht eine Beteiligung an dem Überschuss und an den Bewertungsreserven (Überschussbeteiligung) zu, es sei denn, die Überschussbeteiligung ist durch ausdrückliche Vereinbarung ausgeschlossen; die Überschussbeteiligung kann

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 33 Fälligkeit


(1) Der Versicherungsnehmer hat eine einmalige Prämie oder, wenn laufende Prämien vereinbart sind, die erste Prämie unverzüglich nach Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins zu zahlen. (2) Ist die Prämie zuletzt vom Versicherer eing

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Nov. 2002 - IV ZR 159/01

bei uns veröffentlicht am 27.11.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 159/01 Verkündet am: 27. November 2002 Heinekamp Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _______________

Bundesgerichtshof Urteil, 19. März 2003 - IV ZR 139/01

bei uns veröffentlicht am 19.03.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 139/01 Verkündet am: 19. März 2003 Fritz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _____________________

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 139/01 Verkündet am:
19. März 2003
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
AVB f. Rechtsschutzvers. (ARB 75) §§ 14 Abs. 1, 17

a) Unter einem den Versicherungsfall nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 auslösenden
Schadenereignis ist nur ein solches zu verstehen, für das derjenige, der auf
Schadensersatz in Anspruch genommen wird, in haftungsrechtlich zurechenbarer
Weise verantwortlich sein soll.

b) Der Versicherer verliert das Recht, die Leistung wegen fehlender Erfolgsaussicht
oder Mutwilligkeit abzulehnen, wenn er dies dem Versicherungsnehmer
entgegen § 17 Abs. 1 Satz 2 ARB 75 nicht unverzüglich schriftlich mitteilt. Er
kann sich dieses Recht auch dann nicht wirksam vorbehalten, wenn er die Leistung
aus anderen Gründen ablehnt (Aufgabe von BGH VersR 1986, 132).
BGH, Urteil vom 19. März 2003 - IV ZR 139/01 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert und Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 19. März 2003

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 29. März 2001 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger unterhält bei der Beklagten seit dem 1. Dezember 1983 eine Rechtsschutzversicherung, die Familien- und Verkehrs-Rechtsschutz umfaßt. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 75) zugrunde.
Der Kläger begehrt Rechtsschutz für eine Klage auf Schadensersatz gegen den Zigarettenhersteller R. . Seit 1964 raucht der Kläger, und zwar ausschließlich Zigaretten der von der Firma R. hergestellten Marke "E. ". Im Jahr 1993 erlitt er einen Herzinfarkt. Danach mußte er mehrere operative Eingriffe vornehmen lassen, unter anderem eine Bypass-Operation im März 1999.

Mit der beabsichtigten Klage gegen die Firma R. sollen An- sprüche aus § 823 BGB und nach dem Produkthaftungsgesetz geltend gemacht werden. Der Kläger lastet der Firma R. an, keine Warnhinweise auf ihren Produkten angebracht zu haben, obwohl ihr aufgrund von Forschungsergebnissen eines amerikanischen Tabakkonzerns aus dem Jahr 1983 seit 1984 bekannt gewesen sei, daß beim Rauchen der suchterregende Wirkstoff Acetaldehyd freigesetzt werde. Außerdem seien dem Zigarettentabak seit 1984 Ammoniak und andere Zusatzstoffe beigemischt worden, um dadurch die Suchterzeugung zu verstärken und eine Suchtverhaftung auszulösen. Ohne diese Beimischung und bei rechtzeitigem Hinweis auf die suchterregende Wirkung von Acetaldehyd wäre es ihm - dem Kläger - gelungen, sich das Rauchen rechtzeitig abzugewöhnen. Dann wäre es nicht zu der erst 1989/1990 aufgetretenen kardiovaskulären Erkrankung und dem späteren Herzinfarkt gekommen.
Die Beklagte hat die erbetene Kostenzusage für die erste Instanz im beabsichtigten Schadensersatzprozeß gegen die Firma R. abgelehnt , weil das den Versicherungsfall im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 darstellende Schadenereignis schon vor Beginn des Rechtsschutzversicherungsvertrages eingetreten sei. Die Beklagte sieht als Schadenereignis die Nikotinsucht des Klägers an, die bereits seit 1975 bestanden habe. Zu den Erfolgsaussichten der Klage gegen die Firma R. hat sie in den vorgerichtlichen Ablehnungsschreiben vom 2. August und 10. September 1999 Bedenken und Zweifel geäußert, die abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten jedoch im zuletzt genannten Schreiben ausdrücklich offengelassen. Im Deckungsprozeß hat sie ihre Ablehnung in der Berufungsinstanz auch auf fehlende Erfolgsaussicht gestützt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht (VersR 2002, 91) hat ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg. Die Beklagte hat dem Kläger im beantragten Umfang Rechtsschutz zu gewähren.
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß der Versicherungsfall erst während der Dauer des Versicherungsschutzes eingetreten ist, der gemäß § 5 ARB 75 hier am 1. Dezember 1983 begonnen hat.

a) Der Familien- und Verkehrs-Rechtsschutz umfaßt nach § 26 Abs. 3 a ARB 75 die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen im Rahmen des § 14 Abs. 1 ARB 75. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 gilt bei Schadensersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen als Versicherungsfall der Eintritt des dem Anspruch zugrunde liegenden Schadenereignisses. Als ein dem Anspruch zugrunde liegendes Schadenereignis kann bei der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach dem Wortlaut und dem Sinn der Bestimmung von vornherein nur ein Ereignis in Betracht kommen, das geeignet ist, den Anspruch rechtlich zu begründen. Auf eigenes Verhalten des Versicherungsnehmers und in seiner Person liegende Umstände, die für den Schaden mitur-

sächlich waren, kann der Anspruch gegen den Schädiger nicht gestützt werden. Sie sind kein dem geltend gemachten Anspruch zugrunde liegendes Schadenereignis und damit kein Versicherungsfall im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75. Der verständige Versicherungsnehmer wird deshalb unter dem Schadenereignis nur ein solches verstehen, für das der Schadensersatzpflichtige, gegen den er Ansprüche erhebt, in haftungsrechtlich zurechenbarer Weise verantwortlich ist (vgl. zu § 4 (1) a ARB 94 Senatsurteil vom 25. September 2002 - IV ZR 248/01 - VersR 2002, 1503 unter 2 b bb).
Demgemäß kommt es für den Eintritt des Versicherungsfalls darauf an, mit welchem Tatsachenvortrag der Versicherungsnehmer den Schadensersatzanspruch begründet. Als frühest möglicher Zeitpunkt kommt das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht , aus dem der Anspruch hergeleitet wird. Ob der Tatsachenvortrag des Versicherungsnehmers schlüssig und beweisbar ist, ist für den Eintritt des Versicherungsfalls nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 unerheblich. Diese Frage ist nur für die Erfolgsaussicht im Sinne von §§ 1 Abs. 1 Satz 2, 17 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 von Bedeutung.

b) Der Versicherungsfall ist hier nicht vor dem 1. Dezember 1983 und damit in versicherter Zeit eingetreten. Der Kläger lastet der Firma R. als schadenursächliches Verhalten an, sie habe ab 1984 Warnhinweise auf die ihr bekannte suchterregende Wirkung von Acetaldehyd pflichtwidrig unterlassen und dem Zigarettentabak bewußt suchtsteigernde Stoffe beigemischt. Mit einem früheren pflichtwidrigen Verhalten der Firma R. begründet er die beabsichtigte Klage nicht. Deshalb kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten nicht darauf an, ob der Kläger

schon seit 1975 nikotinsüchtig war. Dies ist gegebenenfalls im Schadensersatzprozeß gegen die Firma R. zu klären und rechtlich zu würdigen. Ebenso bedarf es keiner Stellungnahme dazu, ob bei § 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 das Kausalereignis oder das Folgeereignis maßgebend und welcher sinnfällige objektive Vorgang hier als Folgeereignis anzusehen ist. Es wäre jedenfalls nach Vertragsbeginn eingetreten.
2. Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß die Beklagte sich nicht mehr darauf berufen kann, die beabsichtigte Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das ist ihr verwehrt, weil sie dem Kläger diesen Ablehnungsgrund entgegen § 17 Abs. 1 Satz 2 ARB 75 nicht unverzüglich schriftlich mitgeteilt hat.

a) Die Auslegung dieser Bestimmung ergibt nach den Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Versicherungsnehmers (vgl. dazu BGHZ 123, 83, 85), daß sich der Versicherer bei Verletzung der Mitteilungspflicht im Deckungsprozeß nicht mehr auf die fehlende Erfolgsaussicht berufen kann. Dies entspricht auch der ganz überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (OLG Düsseldorf VersR 2001, 233 unter II 2, OLG Hamm VersR 1999, 1362 unter II 2, OLG Köln r+s 1991, 419, 420 f., jeweils mit Hinweisen auf frühere Rechtsprechung; OLG Frankfurt VersR 1984, 857 unter II; a.A. OLG Karlsruhe VersR 1999, 613 unter I 1 b).
aa) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 kann der Versicherer seine Leistungspflicht verneinen, wenn er der Auffassung ist, die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg oder erscheine mutwillig. Macht er von

seinem Ablehnungsrecht Gebrauch, hat der dies nach Satz 2 der Be- stimmung dem Versicherungsnehmer unter Angabe der Gründe unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Schon dieser Zusammenhang zwischen Satz 1 und Satz 2 legt es nahe, daß die Ablehnung innerhalb des Zeitraums erfolgen muß und auch nur erfolgen kann, den der Versicherer bei sachgerechter, nicht schuldhaft verzögerter Prüfung für seine Entschließung benötigt. Die Prüfungspflicht des Versicherers beginnt, sobald der Versicherungsnehmer seine Obliegenheit nach § 15 Abs. 1 a ARB 75 erfüllt hat, den Versicherer unverzüglich vollständig und wahrheitsgemäß über sämtliche Umstände des Versicherungsfalles zu unterrichten sowie Beweismittel und Unterlagen anzugeben und auf Verlangen zur Verfügung zu stellen (Prölss in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 17 ARB 75 Rdn. 5). Bei Verletzung dieser Obliegenheit hat sich der Versicherer Leistungsfreiheit nach Maßgabe von § 15 Abs. 2 ARB 75 ausbedungen (vgl. dazu Harbauer, Rechtsschutzversicherung 6. Aufl. § 15 ARB 75 Rdn. 79 ). Beim Blick auf den Anspruchsverlust bei Verletzung der Obliegenheit zur unverzüglichen vollständigen und wahrheitsgemäßen Unterrichtung des Versicherers drängt es sich auf, daß der Versicherer seinerseits nicht nur gehalten ist, die Leistungsablehnung wegen fehlender Erfolgsaussicht oder Mutwilligkeit dem Versicherungsnehmer unverzüglich mitzuteilen, sondern auch die Prüfung der Erfolgsaussicht unverzüglich vorzunehmen, und daß ein Verstoß dagegen auf seiten des Versicherers den Verlust dieses Ablehnungsrechts zur Folge hat. Denn der verständige Versicherungsnehmer kann nicht davon ausgehen, daß ihm selbst mit der Sanktion des Leistungsverlustes verknüpfte unverzüglich zu erfüllende Aufklärungsobliegenheiten aufgegeben werden, der Versicherer aber seine Entschließung über das Vorliegen von Ablehnungsgründen beliebig - und ohne gleichzeitigen Verlust des Ablehnungsrechts - hinausschie-

ben kann. Was insoweit für den Versicherungsnehmer gilt, muß in entsprechender Weise für den Versicherer gelten.
bb) Die Regelungen in § 17 Abs. 2 und 3 ARB 75 bestätigen dieses Auslegungsergebnis.
Gegen diese Ablehnung kann der Versicherungsnehmer, anders als bei sonstigen Ablehnungsgründen, nicht nur mit der Deckungsklage vorgehen. Er hat vielmehr nach § 17 Abs. 2 ARB 75 - allerdings erst nach einer Leistungsablehnung gemäß Abs. 1 - das Recht, auf Kosten des Versicherers einen sogenannten Stichentscheid des für ihn tätigen oder noch zu beauftragenden Rechtsanwalts herbeizuführen. Dessen Entscheidung ist für beide Teile bindend, sofern sie nicht offenbar von der wirklichen Sach- oder Rechtslage erheblich abweicht. Damit wird dem Versicherungsnehmer ein schnelles, einfaches und für ihn nicht mit Kosten verbundenes Verfahren an die Hand gegeben, die Notwendigkeit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen (vgl. § 1 Abs. 1 ARB 75) verbindlich klären zu lassen. Eine solche rasche Klärung ist insbesondere dann geboten, wenn bei einer Verzögerung der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Nachteile drohen. Diesem Zweck des Verfahrens nach § 17 Abs. 1 ARB 75 widerspräche es, wenn der Versicherer sich trotz schuldhaft verzögerter Prüfung der Erfolgsaussicht und der Mitteilung der Leistungsablehnung noch auf diesen Ablehnungsgrund berufen könnte.
Mit § 17 Abs. 3 ARB 75 hat sich der Versicherer schließlich ausbedungen , dem Versicherungsnehmer zur Beschleunigung des Verfahrens nach Absatz 2 eine Frist dafür zu setzen, den mit dem Stichent-

scheid beauftragten Rechtsanwalt vollständig zu unterrichten. Die Versäumung der Frist führt nach Absatz 3 Satz 2 zum Entfallen des Versicherungsschutzes. Wiederum wird also mit der Androhung des Leistungsverlustes darauf hingewirkt, eine schnelle abschließende Entscheidung herbeizuführen. Das muß nach dem Gesamtzusammenhang dann aber auch für die vom Versicherer zu treffende Entscheidung nach Absatz 1 gelten. Trifft sie der Versicherer nicht ohne schuldhaftes Zögern , verliert er das Ablehnungsrecht.
cc) Der bei nicht unverzüglicher Prüfung und schriftlicher Ablehnung eintretende Verlust des Ablehnungsrechts wegen fehlender Erfolgsaussicht oder Mutwilligkeit hat zur Folge, daß der Versicherer sich die spätere Berufung auf diese Ablehnungsgründe auch dann nicht wirksam vorbehalten kann, wenn er die Leistung aus anderen Gründen ablehnt. An der im Senatsurteil vom 16. Oktober 1985 (IVa ZR 49/84 - VersR 1986, 132 unter 1) vertretenen gegenteiligen Ansicht wird nicht festgehalten.

b) Die Beklagte hat die Leistung wegen fehlender Erfolgsaussicht erst im hier zu entscheidenden Deckungsprozeß und damit nicht unverzüglich abgelehnt. Die Auslegung des Berufungsgerichts, die Schreiben der Beklagten vom 2. August und 10. September 1999 enthielten keine Ablehnung wegen fehlender Erfolgsaussicht, ist richtig. Die Prüfungspflicht der Beklagten begann mit Zugang des Schreibens des für den Kläger tätigen Rechtsanwalts Dr. O. vom 19. Juli 1999. Dem Schreiben waren der Entwurf der Klageschrift und Kopien sämtlicher darin erwähnter Unterlagen beigefügt. Die Beklagte hat mit Recht nicht geltend

gemacht, der Kläger habe damit seine Obliegenheit nach § 15 Abs. 1 a ARB 75 nicht erfüllt gehabt.

Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

(1) Dem Versicherungsnehmer steht eine Beteiligung an dem Überschuss und an den Bewertungsreserven (Überschussbeteiligung) zu, es sei denn, die Überschussbeteiligung ist durch ausdrückliche Vereinbarung ausgeschlossen; die Überschussbeteiligung kann nur insgesamt ausgeschlossen werden.

(2) Der Versicherer hat die Beteiligung an dem Überschuss nach einem verursachungsorientierten Verfahren durchzuführen; andere vergleichbare angemessene Verteilungsgrundsätze können vereinbart werden. Die Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 des Handelsgesetzbuchs bleiben unberücksichtigt.

(3) Der Versicherer hat die Bewertungsreserven jährlich neu zu ermitteln und nach einem verursachungsorientierten Verfahren rechnerisch zuzuordnen. Bei der Beendigung des Vertrags wird der für diesen Zeitpunkt zu ermittelnde Betrag zur Hälfte zugeteilt und an den Versicherungsnehmer ausgezahlt; eine frühere Zuteilung kann vereinbart werden. Aufsichtsrechtliche Regelungen zur Sicherstellung der dauernden Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungen, insbesondere die §§ 89, 124 Absatz 1, § 139 Absatz 3 und 4 und die §§ 140 sowie 214 des Versicherungsaufsichtsgesetzes bleiben unberührt.

(4) Bei Rentenversicherungen ist die Beendigung der Ansparphase der nach Absatz 3 Satz 2 maßgebliche Zeitpunkt.

(1) Der Versicherungsnehmer hat eine einmalige Prämie oder, wenn laufende Prämien vereinbart sind, die erste Prämie unverzüglich nach Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins zu zahlen.

(2) Ist die Prämie zuletzt vom Versicherer eingezogen worden, ist der Versicherungsnehmer zur Übermittlung der Prämie erst verpflichtet, wenn er vom Versicherer hierzu in Textform aufgefordert worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 159/01 Verkündet am:
27. November 2002
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
AHB § 3 II Nr. 2 Abs. 1 Satz 3
Zur Ursachenidentität im Sinne der sogenannten Serienschadenklausel bei wiederkehrenden
schadenstiftenden betrieblichen Produktionsvorgängen.
BGH, Urteil vom 27. November 2002 - IV ZR 159/01 - OLG München
LG München I
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Seiffert, die Richterin Ambrosius, den
Richter Wendt und die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Ver-
handlung vom 27. November 2002

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerinnen werden das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. April 2001 aufgehoben und das Teilurteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 14. Dezember 1999 geändert.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte den Klägerinnen aus der Gewässerschadenhaftpflichtversicherung HE 704918 für die Jahre 1980 bis 1984 jeweils Deckung bis zu der vereinbarten Jahreshöchstsumme von 1.022.583,70 Mio. DM), insgesamt also bis zu 5.112.918,80 Mio. DM), zu gewähren hat für sämtliche Kontaminationen von Grundwasser und Boden des Betriebsgeländes der Klägerin zu 2) infolge des Austritts von Lösungsmitteln aus dem Betrieb der Flüssiggasextraktionsanlage.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerinnen begehren Deckungsschutz aus einer bei der Beklagten genommenen Haftpflichtversicherung mit einbezogenem Gewässerschadenrisiko in Form des Anlagenrisikos sowie des Abwässeranlagen - und Einwirkungsrisikos. Der Versicherung liegen u.a. die Allgemeinen Haftpflichtversicherungsbedingungen des B. V. (AHB/BVV) und die Zusatzbedingungen zur Betriebsund Berufshaftpflichtversicherung für die Versicherung der Haftpflicht aus Gewässerschäden (ZB) zugrunde. Danach ist folgender Deckungsumfang vereinbart:
Gemäß II des Nachtrages Nr. 1 zum Versicherungsschein vom 5. Mai 1980 und I 8.1 des Versicherungsscheins vom 18. Januar 1982 i.V. mit § 3 II Nr. 2 Satz 1 AHB/BVV und § 2 Abs. 2a ZB haftet die Beklagte beim Gewässerschaden-Anlagenrisiko bis zu einer Einheitsdekkungssumme von 1 Mio. DM für Personen-, Sach- und Vermögensschäden je Schadenereignis.
Die Gesamtleistung für alle Versicherungsfälle pro Versicherungsjahr ist auf das Doppelte der Einheitsdeckungssumme begrenzt, § 2 Abs. 1 ZB.
Aufgrund der sogenannten Serienschadenklausel des § 3 II Nr. 2 Satz 3 AHB/BVV gelten mehrere zeitlich zusammenhängende Schäden aus derselben Ursache als ein Schadenereignis.

Von 1980 bis 1984 verarbeitete die Klägerin zu 1) als Betriebsgesellschaft auf dem Betriebsgelände der Klägerin zu 2) im Wege eines Flüssiggasextraktionsverfahrens anstelle der zuvor betriebenen Gasextraktion Tierknochenreste zu Knochenmehl. Dabei wurde das Rohmaterial in mobilen Behältnissen (Extraktoren) aus oberirdischen Tanks über einen am Ende aus beweglichen Edelstahlwellschläuchen bestehenden Lösungsmittelvorlauf mit aufgeheizten chlorkohlenwasserstoffhaltigen Lösungsmitteln (Perchlorethylen, Trichlorethylen, Dichlormethan) bedeckt. Während des durchschnittlich 8 Stunden dauernden Lösungsvorganges in der geschlossenen Produktionsanlage befanden sich die Extraktoren in einer Halle, in deren Betonbodenplatte Gullies eingebaut waren , durch die austretende Lösungsmittel zu einer Sicherheitswanne geleitet wurden. Durch die hohe Betriebstemperatur bildeten sich Chlorwasserstoff (Salzsäure) und weitere chlorierte Verbindungen mit korrosiven Eigenschaften in beträchtlicher Menge, die zu Undichtigkeiten im Ventil- und Dichtungssystem und zum Platzen von Wellschläuchen führten. Dadurch kam es im Bereich der Extraktionshalle mit den Extraktoren und den Umwälzpumpen, der Sicherheitsauffangwanne, des Kesselhauses , der Kondensatoren und des Biofilters für die Hallenabluftreinigung immer wieder zu Austritten von Lösungsmitteln, die in Boden und Grundwasser gelangten; zusätzlich geschah dies beim Befüllen der Lösungsmitteltanks.
Mit Bescheid vom 28. Januar 1986 teilte das zuständige Landratsamt den Klägerinnen eine massive Verunreinigung des Grundwassers durch Chlorkohlenwasserstoffe mit. Für die ihnen aufgegebenen Sanierungsmaßnahmen (Bodensanierung durch Boden-Luft-Absaugung; Grundwassersanierung durch sog. Stripp-Anlage) wandten die Klägerin-

nen bislang Kosten in Höhe von mehreren Millionen DM auf. Das Gesamtvolumen der andauernden Sanierung ist noch nicht zuverlässig abzuschätzen. Auf die Schadenmeldung vom 31. Januar 1986 erbrachte die Beklagte bisher Versicherungsleistungen in Höhe von 1.496.672,18 DM.
Mit ihrer Klage verlangen die Klägerinnen für weitere aufgewandte Sanierungskosten Zahlung von 771.214,74 DM nebst Zinsen und die Feststellung, daß die Beklagte aus der Haftpflichtversicherung Deckung bis zur vereinbarten Jahreshöchstsumme von 2 Mio. DM, für fünf Jahre also insgesamt 10 Mio. DM, zu gewähren hat.
Das Landgericht hat durch Teilurteil den Feststellungsantrag abgewiesen , weil es die Deckungssumme vertragsgemäß als insgesamt auf 2 Mio. DM begrenzt angesehen hat.
Mit der Berufungsbegründung haben die Klägerinnen erstmalig ein Schreiben des Landratsamts vom 2. März 1984 vorgelegt, um den Betrieb der Flüssiggasanlage als alleinige Ursache der Boden- und Grundwasserverunreinigung zu belegen. Darin werden sie über einen vom Wasserwirtschaftsamt am 24. Januar 1984 ermittelten erhöhten Dichlormethanwert am Ablauf eines Oxydationsteiches ihrer Kläranlage in den Fluß H. unterrichtet. Daraufhin hat sich die Beklagte wegen vorsätzlicher Verletzung der Obliegenheit zur unverzüglichen Schadenanzeige auf völlige Leistungsfreiheit gemäß §§ 6 Satz 1, 5 Nr. 2 AHB/BVV berufen; die Klägerinnen hätten seit diesem Schreiben von den Kontaminationsschäden und damit von dem Versicherungsfall gewußt und sie nicht darüber informiert. Die Berufung ist aus diesem Grund erfolglos geblieben.

Mit ihrer Revision verfolgen die Klägerinnen ihr Feststellungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat insgesamt Erfolg. Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet.
I. Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Im Feststellungsantrag zu 2) komme zwar nicht mit einer für die Zwangsvollstreckung notwendigen Bestimmtheit zum Ausdruck, für welche Schäden die Beklagte eintrittspflichtig sein solle. Gleichwohl sei die Klage zulässig, weil das Rechtsschutzziel klar erkennbar sei. Für die weitergehenden Anträge zu 3) und 4), mit denen die Feststellung mehrfacher jährlicher Lösungsmittelaustritte mit Verunreinigungen von Boden und Grundwasser und eines Kontaminierungsschadens mit einem Beseitigungsaufwand von mindestens 2 Mio. DM pro Jahr begehrt werde, fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Beklagte sich zu Recht auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Anzeigeobliegenheit berufe.
Es lägen mehrere Schadenereignisse vor, weil es durch die Entstehung von Salzsäure im Bereich des Hauptklärteichs, der Extraktionshalle und der Sicherheitsauffangwanne pro Versicherungsjahr zu mehreren Kontaminierungen des Grundwassers, mithin zu mehreren Schaden-

ereignissen gekommen sei. Dadurch verdopple sich die Einheitsdekkungssumme auf 2 Mio. DM pro Jahr. Diese Deckungssumme stehe je- doch gemäß der Serienschadenklausel nur einmal zur Verfügung, weil der Austritt der Lösungsmittel dieselbe Ursache - die Bildung von Salzsäure - habe.
Hinsichtlich der außerdem behaupteten Kontaminierungen bei der Anlieferung von Lösungsmitteln greife die Serienschadenklausel nicht ein. Diese Kontaminierungen seien jedoch nicht substantiiert vorgetragen , so daß es bei der Jahreshöchstdeckungssumme von 2 Mio. DM verbleibe.
Leistungsfrei sei die Beklagte jedoch, weil die Klägerinnen ihre Anzeigeobliegenheit verletzt hätten, indem sie die Beklagte nicht über das Schreiben des Landratsamtes vom 2. März 1984 unterrichteten, das ihnen die Kenntnis von dem Schadenereignis vermittelt habe. Die sich daraus ergebende Vorsatzvermutung hätten die Klägerinnen nicht widerlegt. Ebensowenig hätten sie den Kausalitätsgegenbeweis geführt. Die Anzeigeobliegenheit hätten sie auch im Zusammenhang mit der Anlieferung von Lösungsmitteln verletzt, weil nach ihrem eigenen Vortrag dabei Lösungsmittel über die Auffangwanne der Tankanlage hinausgespritzt und so über den ungesicherten Boden in den Untergrund eingedrungen sei.
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

II. 1. In verfahrensrechtlicher Hinsicht rügt die Revision zunächst, daß über den Feststellungsanspruch nicht durch Teilurteil hätte entschieden werden dürfen. Sie sieht die Gefahr eines dem Teilurteil widersprechenden Schlußurteils in der Möglichkeit, daß das Gericht oder auch das Rechtsmittelgericht den in erster Instanz verbliebenen Zahlungsantrag in Höhe von 771.214,74 DM zuspricht, weil es den Anspruch weder für auf 2 Mio. DM begrenzt noch für gänzlich ausgeschlossen erachtet.
Es kann dahinstehen, ob wegen dieser von der Revision aufgezeigten Gefahr ein Teilurteil nicht hätte ergehen dürfen. Denn der von ihr gesehene Verfahrensfehler wird jedenfalls durch die rechtskräftige Feststellung der Deckungspflicht im Revisionsurteil geheilt. Damit sind widersprüchliche Entscheidungen nunmehr ausgeschlossen (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Oktober 2001 - IV ZR 240/00 - BGHR ZPO § 301 Heilung 2 und BGH, Urteil vom 10. Juli 1991 - XII ZR 109/90 - NJW 1991, 3036 unter 1).
2. Die Bedenken des Berufungsgerichts gegen die Zulässigkeit der Feststellungsanträge greifen nicht durch.

a) Das Berufungsgericht hat die drei Feststellungsanträge getrennt betrachtet und damit aus dem Blick verloren, daß diese gerade auf seine Anregung neu formuliert und gestellt worden sind. In der Zusammenschau geht es den Klägerinnen, worauf die Revision zutreffend hinweist, um die Einstandspflicht der Beklagten für sämtliche Schadensfolgen aus den Verunreinigungen von Boden und Grundwasser durch im Produktionsverlauf der Jahre 1980 bis 1984 ausgetretene Lösungsmittel. Bei der gebotenen interessengerechten Auslegung des Rechtsschutzbegehrens

ist zugunsten der Prozeßpartei stets davon auszugehen, daß sie im Zweifel mit ihrer Prozeßhandlung das bezweckt, was nach Maßgabe der Rechtsordnung vernünftig ist und was ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. nur Beschluß vom 22. Mai 1995 - II ZB 2/95 - NJW-RR 1995, 1183 unter 2 m.w.N.). Gegen diesen Grundsatz hat das Berufungsgericht verstoßen , indem es der bloßen Wortwahl und getrennten Formulierung folgend die Anträge als jeweils eigenständige Feststellungsbegehren behandelt hat. Bei einer interessengerechten Auslegung, die der Senat selbst vornehmen kann, sind die Anträge zu 2) bis 4) jedoch als Teile ein und desselben Feststellungsbegehrens aufzufassen. Würde man sie demgegenüber mit dem Berufungsgericht isoliert betrachten, wären die Anträge zu 3) und 4) bereits nicht zulässig, weil sie sich auf tatsächliche Fragen beziehen, die einer gesonderten Feststellung nicht zugänglich sind (vgl. Zöller/Greger, ZPO 23. Aufl. § 256 Rdn. 5).

b) Das Feststellungsbegehren ist auch hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Es läßt mit der notwendigen Klarheit erkennen, wofür die Beklagte Deckung gewähren soll. Auf die Vollstreckungsfähigkeit des Antrages kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bei einem Feststellungsantrag nicht an (vgl. Zöller/Stöber, aaO § 704 Rdn. 2). Im Gegensatz zu einer Freistellungsklage bedarf es bei begehrter Feststellung der Deckungspflicht, die gerade mit Rücksicht auf die noch nicht abschließende Bezifferung des genauen Schadensumfanges erfolgt (Wussow, WJ 1981, 26 f.), auch nicht der genauen Bezeichnung der Forderungen, von denen der Versicherer freistellen soll (vgl. BGHZ 79, 76, 78).


c) Dem Feststellungsbegehren fehlt schließlich nicht das Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf die vom Berufungsgericht angenommene Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Anzeigeobliegenheit. Ob Leistungsfreiheit vorliegt, ist allein eine Frage der Begründetheit des Anspruchs.
III. 1. Die Ansprüche, deren Deckung die Klägerinnen von der Beklagten verlangen, sind nach § 1 Nr. 1 AHB/BVV i.V. mit § 1 Abs. 1 ZB Gegenstand der abgeschlossenen, das Gewässerschadenrisiko einschließenden Haftpflichtversicherung.
Die Beklagte bestreitet auch nicht mehr, aus dieser Versicherung für die Aufwendungen der Boden- und Grundwassersanierung nach den Versicherungsbedingungen grundsätzlich eintrittspflichtig zu sein. Zuletzt ebenfalls unstreitig und vom Berufungsgericht - in der Revisionsinstanz unangegriffen - festgestellt sind sämtliche streitgegenständlichen Schadstoffaustritte und Kontaminierungsschäden in versicherter Zeit eingetreten. Daher kommt es auf die Frage, was nach den AHB im allgemeinen und speziell beim Gewässerschadenrisiko unter dem Schadenereignis zu verstehen ist, nicht an (vgl. dazu nur BGHZ 43, 88, 92 Folgeereignis; BGHZ 79, 76 ff. Kausalereignis).
2. Die Ersatzpflicht der Beklagten ist nicht durch § 3 II Nr. 2 Abs. 1 Satz 3 AHB/BVV auf 1 Mio. DM (und nicht etwa, wie das Berufungsgericht irrtümlich meint, auf 2 Mio. DM) begrenzt. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht an, es liege lediglich ein einziges Schadenereignis im Sinne dieser sogenannten Serienschadenklausel vor, weil von mehre-

ren zeitlich zusammenhängenden Schadenereignissen aus derselben Ursache auszugehen sei.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß verschiedenartige Lösungsmittel an den genannten verschiedenen Stellen der Produktionsanlage wiederholt zu unterschiedlichen Zeiten in jedem Versicherungsjahr ausgetreten und anschließend in Boden und Grundwasser eingedrungen sind. Das steht im Einklang mit dem Parteivorbringen in der Berufungsinstanz und wird auch in der Revisionsinstanz nicht angegriffen. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht daher im Ausgangspunkt mehrere Schadenereignisse pro Versicherungsjahr zugrunde gelegt.
Es kann dahinstehen, ob bei solchen wiederholten Austritten von Lösungsmitteln über einen Zeitraum von fast fünf Jahren der für eine Verklammerung zu einem einzigen Schadenereignis erforderliche zeitliche Zusammenhang überhaupt noch angenommen werden kann (vgl. BGHZ 43, 88, 92, 94; Späte, AHB § 3 Rdn. 56; Littbarski, AHB § 3 Rdn. 170 f.). Jedenfalls vermag die vom Berufungsgericht herangezogene Entstehung von "Salzsäure sowie weiterer chlorierter Verbindungen", die durch ihre korrosiven Eigenschaften im Verlauf der Extraktion schadenverursachend gewirkt haben, die für die Klammerwirkung vorausgesetzte Ursachenidentität nicht zu begründen.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats, die in der Literatur weitgehend Zustimmung gefunden hat, ist "dieselbe Ursache" im Sinne dieser § 3 II Nr. 2 Satz 3 AHB entsprechenden Klausel von nur "gleicher" oder "gleichartiger Ursache" zu unterscheiden (BGH, Urteile vom 28. November 1990 - IV ZR 184/89 - VersR 1991, 175 unter 1 a und 2;

28. Mai 1969 - IV ZR 617/68 - VersR 1969, 723 unter V; Prölss/Martin/Voit, VVG 26. Aufl. § 3 AHB Rdn. 8; Späte, aaO Rdn. 55; Littbarski, aaO Rdn. 168 f.; Wussow, AHB 8. Aufl. § 3 Rdn. 15; jeweils m.w.N.). Daran ist festzuhalten. Lediglich gleiche bzw. gleichartige Ursachen genügen danach nicht. Risikobegrenzungsklauseln sind grundsätzlich eng auszulegen, nämlich nicht weiter, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Mai 2000 - IV ZR 113/99 - VersR 2000, 1090 unter 2 b). Die Begrenzung auf wirkliche Ursachenidentität entspricht dem Wortlaut und erhält ihren Sinn für die Fälle, in denen aufgrund einer einzigen Schadenursache zeitnah mehrere Schadenereignisse entstehen. Das erschließt sich auch einem verständigen Versicherungsnehmer. Ein ausdehnendes Verständnis dieser Klausel auf nur gleiche bzw. gleichartige Ursachen liefe zudem Gefahr, zum Nachteil des Versicherungsnehmers von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung der privaten Haftpflichtversicherung abzuweichen. Diese sieht in § 149 VVG die finanzielle Abdeckung der aus dem einzelnen Haftpflichtfall erwachsenen Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers einem Dritten gegenüber als Gegenstand des Leistungsversprechens des Versicherers vor (vgl. BGH, aaO VersR 1991, 175 unter 3 a).

b) Daß die Entstehung der schadenstiftenden verschiedenartigen Lösungsmittelverbindungen in den Produktionsbereichen Extraktoren, Sicherheitsauffangwanne, Kondensatoren, Umwälzpumpen, Kesselhaus und Biofilter immer wieder zum Austreten und Versickern der Lösungsmittel geführt hat, macht sie entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts noch nicht zu derselben Ursache der jeweiligen Schadenereignisse. Ursachenidentität würde voraussetzen, daß ein einziger chemischer

Prozeß mehrere Lösungsmittelkontaminationen nach sich gezogen hat. Das war hier jedoch nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um eine Vielzahl immer wieder neu eingeleiteter chemischer Prozesse. Dabei kann noch nicht einmal angenommen werden, daß diese jeweils identisch abliefen. So war bereits die Zusammensetzung des Füllguts in den Extraktoren unterschiedlich. Die Lösungsmittel wechselten. Die Rohprodukte waren naturgemäß verschieden. Danach verlief auch der bereits bei der Extraktion einsetzende mikrobiologische Abbauprozeß mit der einhergehenden Entstehung neuer chlorierter Verbindungen unterschiedlich. Eine bedingungsgemäße Verklammerung zu einem Schadenereignis über die einzelnen betrieblichen Produktionsvorgänge scheidet damit aus.
Für die Austritte beim Befüllen der Lösungsmitteltanks fehlt es auch dem Berufungsgericht zufolge ohnehin an einer gemeinsamen Ursache.
Die Beklagte hat daher für die wiederholten Schadenereignisse in Höhe der vereinbarten Höchstdeckungssumme von 2 Mio. DM pro Versicherungsjahr einzustehen.
3. Nicht haltbar ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei gemäß § 6 Satz 1 AHB/BVV insgesamt leistungsfrei, weil die Klägerinnen nach Erhalt des Schreibens des Landratsamtes vom 2. März 1984 gegen die Obliegenheit aus § 5 Nr. 2 AHB/BVV verstoßen hätten, den Versicherungsfall unverzüglich anzuzeigen.


a) Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, der Versicherungsfall sei unter anderem dadurch eingetreten, daß lösungsmittelhaltiges Wasser aus den Kondensatoren in den Hauptklärsammelteich geflossen sei. Davon hätten die Klägerinnen aufgrund dieses Schreibens Kenntnis erhalten, in dem sie darüber unterrichtet worden sind, daß am Ablauf des Klärteichs in das öffentliche Gewässer der H. mit einem Dichlormethanwert von 15 mg/l eine um das 15fache überhöhte Konzentration festgestellt worden sei. Da die Klägerinnen einen Versicherungsfall nicht hätten ausschließen können, seien sie zur schriftlichen Schadenanzeige innerhalb von einer Woche verpflichtet gewesen; die Schadenanzeige vom 31. Januar 1986 sei mithin verspätet erfolgt.

b) Es begegnet bereits durchgreifenden Bedenken, ob insoweit die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Anzeigeobliegenheit dargetan sind. Jedenfalls ist nicht festzustellen, daß die Klägerinnen einer solchen Obliegenheit grob fahrlässig oder gar vorsätzlich nicht nachgekommen sind.
aa) Die für die Anzeigeobliegenheit vorausgesetzte positive Kenntnis des Versicherungsnehmers vom Eintritt des Versicherungsfalles (§ 33 Abs. 1 VVG) bezieht sich auf das Schadenereignis und zusätzlich darauf, daß er weiß oder zumindest damit rechnet, daß dieses Schadenereignis Haftpflichtansprüche Dritter gegen ihn zur Folge haben könnte. Ein bloßes Kennenkönnen oder Kennenmüssen des Schadenereignisses bzw. der haftpflichtbegründenden Tatsachen genügt nicht (BGH, aaO sowie Urteile vom 4. Dezember 1980 - IVa ZR 32/80 - VersR 1981, 173 unter III 3, insoweit nicht in BGHZ 79, 76 ff. abgedruckt; 20. November 1970 - IV ZR 55/69 - VersR 1971, 213 unter II 1; 10. Juli 1970 - IV ZR

1086/68 - VersR 1970, 1045 unter 3; Römer/Langheid, VVG § 153 Rdn. 6; Littbarski, aaO § 5 Rdn. 10; BK/Baumann, § 153 VVG Rdn. 13; Prölss/Martin/Voit, aaO § 153 VVG Rdn. 2).
bb) Fraglich ist bereits, ob es sich bei der bloßen Verunreinigung des Klärteichs um ein Schadenereignis im Sinne von § 5 Nr. 1 AHB/BVV handelt. Bei einem Klärteich fehlt es normalerweise an der Einbindung in den unmittelbaren Zusammenhang des natürlichen Wasserhaushaltes, so daß es sich auch um eine Anlage und nicht um ein Gewässer handeln kann (vgl. BGHZ 62, 351, 356; Czychowski, WHG 7. Aufl. § 1 Rdn. 4, 5, 26). Den Feststellungen des Berufungsgerichts läßt sich auch nicht entnehmen , daß und gegebenenfalls wie die erhöhte Dichlormethanbelastung des Klärteichs zu einer Verunreinigung des Grundwassers oder des fließenden Gewässers der H. und dann auch noch in einer haftpflichtrelevanten drittgefährdenden Intensität geführt haben könnte.
Die erforderliche positive Kenntnis anzeigepflichtiger Tatsachen wurde den Klägerinnen durch das Schreiben des Landratsamtes jedenfalls nicht vermittelt. Der von ihnen nachgesuchte Deckungsschutz betrifft die erst 1986 festgestellte Schädigung von Boden und Grundwasser durch die in ihrem Betrieb eingesetzten Lösungsmittel. Diese streitbefangenen Umweltschäden sind nicht Gegenstand der Mitteilung des Landratsamtes. Angesprochen wird darin vielmehr nur ein über sechs Wochen zurückliegender einmalig erhöhter Dichlormethanwert in einem Klärteich und das auch lediglich am Abfluß in ein fließendes Gewässer. Von den 1986 entdeckten Umweltschäden hatte zuvor niemand Kenntnis. Auch das Versagen der seinerzeit als voll funktionsfähig eingestuften Sicherheitsvorkehrungen , wie z.B. des Betonbodens und der Sicherheits-

auffangwanne für die Extraktionshalle war nicht bekannt. Der Anlagebetrieb erfolgte in der genehmigten Weise. Es fehlte bis dahin ferner an Untersuchungen von Boden und Grundwasser. Für die Umweltsicherheitsbehörden ergaben sich aus dieser Situation ebenfalls keine weiteren Folgerungen. Vor diesem Hintergrund ergibt sich auch keinerlei Anhalt dafür, daß die Klägerinnen zumindest hätten damit rechnen müssen, wegen des im Schreiben des Landratsamts ausgeführten Sachverhalts von einem Dritten auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden.
Insoweit vermochte das Schreiben des Landratsamtes nicht einmal objektiv eine Pflicht zur Anzeige gemäß § 5 Nr. 2 AHB/BVV auszulösen.
cc) Der Vorwurf, grob fahrlässig oder gar vorsätzlich den Inhalt dieser Mitteilung der Beklagten verschwiegen zu haben, ist danach keinesfalls aufrecht zu erhalten. Wenn nicht einmal die zuständigen Behörden nach den gegebenen Umständen Anlaß für weitere Maßnahmen gesehen haben, kann den Klägerinnen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht vorgehalten werden, sie hätten sich 1984 um weitere Klarstellungen bemühen müssen. Abgesehen davon, daß sich ein vernünftiger Versicherungsnehmer nicht durch vorsätzliche Nichterfüllung einer Anzeigenobliegenheit Rechtsnachteile im Deckungsverhältnis zum Versicherer zuziehen will (vgl. Urteile vom 8. Januar 1981 - IVa ZR 60/80 - VersR 1981, 321 unter II und vom 3. Oktober 1979 aaO unter II 5), können die Klägerinnen bereits nach den festgestellten Gesamtumständen damals nicht das Bewußtsein gehabt haben, aufgrund der ihnen bekannten Tatsachen zu irgendeiner Anzeige an die Beklagte verpflichtet gewesen zu sein.

4. Auf die weiteren ebenfalls nicht bedenkenfreien Erwägungen des Berufungsgerichts zur fehlenden Entkräftung der Kausalitätsvermutung und zur Relevanz der Obliegenheitsverletzung kommt es nach alledem nicht mehr an. Gleiches gilt für die von der Revision zur Überprüfung gestellte Frage, ob angesichts der Serienschadenklausel bei Vorliegen mehrerer Schadenereignisse die Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers für jedes einzelne Schadenereignis maßgeblich bleibt und ob die Serienschadenklausel überhaupt, wovon das Berufungsgericht unausgesprochen auszugehen scheint, die Leistungsfreiheit insgesamt nach sich ziehen kann, auch wenn nur ein einzelnes Schadenereignis nicht angezeigt worden ist. Die Beklagte ist nicht aus dem Gesichtspunkt verletzter Anzeigeobliegenheit leistungsfrei geworden.
Das trifft auch für die Verunreinigungen beim Befüllen der Tankanlage zu. Die Klägerinnen haben unstreitig nicht bemerkt, daß Lösungsmittel über die Auffangwanne hinausgespritzt sind. Die später von ihnen dazu vorgetragenen Feststellungen auf der Grundlage der erst 1986 gewonnenen Erkenntnisse sind nicht, wie das Berufungsgericht offenbar meint, mit einer damaligen Kenntnis von den Füllvorgängen gleichzusetzen oder dahingehend zu verstehen.
IV. Der Senat kann gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F. in der Sache selbst entscheiden. Das Feststellungsbegehren ist auf der Grundlage des festgestellten Sachverhältnisses entscheidungsreif.
Die von der Revisionserwiderung erhobene Gegenrüge, für eine volle Inanspruchnahme der Deckung für fünf Jahre sei nicht hinreichend

dargetan und bewiesen, in welchem Jahr welche Schäden eingetreten seien, betrifft die haftungsausfüllende Kausalität und den Schadenumfang. Im Feststellungsverfahren braucht dem noch nicht weiter nachgegangen zu werden. Dies kann erst im Leistungsverfahren nach einem entsprechenden Bestreiten der Beklagten Bedeutung erlangen. In diesem Fall werden den Klägerinnen die Darlegungs- und Beweiserleichterungen gemäß § 287 ZPO zugute kommen (vgl. zur Schätzung von Schäden bei Bodenkontaminierungen gemäß § 287 ZPO jüngst BGH, Urteil vom 10. Juli 2002 - XII ZR 107/99 - NJW 2002, 3234 unter 4).
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Terno Seiffert Ambrosius
Wendt Dr. Kessal-Wulf

(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.

(2) Für die Übermittlung des erteilten Rats und der Gründe hierfür gilt § 6a.

(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.

(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird.