Bundesgerichtshof Beschluss, 30. März 2011 - IV ZB 31/09
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Beschwerdewert: 20.656,02 € (25.820,02 € abzüglich 20%)
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Deckungsschutz aus einer Berufshaftpflichtversicherung. Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
- 2
- Dagegen richtet sich das Rechtsmittel der Beklagten, das sie als "Rechtsbeschwerde, hilfsweise Nichtzulassungsbeschwerde" bezeichnet hat, und mit dem sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen will.
- 3
- II. Das Rechtsmittel der Beklagten ist sowohl als Rechtsbeschwerde als auch als Nichtzulassungsbeschwerde unstatthaft; gemäß § 522 Abs. 3 ZPO ist ein die Berufung zurückweisender Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht anfechtbar.
- 4
- 1. Die Vorschrift wird in ständiger Rechtsprechung vom Bundesgerichtshof angewandt (z.B. Senatsbeschluss vom 6. Juli 2005 - IV ZB 54/04, FamRZ 2005, 1555; BGH, Beschlüsse vom 6. Juli 2006 - IX ZB 261/04, NJW-RR 2006, 1574 Rn. 6; vom 7. November 2006 - VIII ZB 38/06, NJW-RR 2007, 284 Rn. 3; vom 23. November 2006 - IX ZR 141/04, WM 2007, 570 Rn. 9; vom 8. März 2007 - VII ZB 2/06, BauR 2007, 1090; vom 28. Oktober 2008 - V ZB 109/08, NJW-RR 2009, 209 Rn. 5; vom 8. Oktober 2009 - IX ZB 227/08, juris Rn. 4). Sie ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungsgemäß (vgl. BVerfG NJW 2005, 659; NJW 2005, 1931; NJW 2008, 3419; NJW 2009, 137; NJW 2009, 572). Der Senat sieht daher auch im vorliegenden Verfahren keinen Anlass zu einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG.
- 5
- 2. Das Rechtsmittel ist auch nicht dann ausnahmsweise zulässig, wenn das Berufungsgericht das Gebot effektiven Rechtsschutzes dadurch verletzt hat, dass es die Bestimmung des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise angewendet und damit den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar eingeschränkt hat (vgl. hierzu BVerfG NJW 2009, 572 Rn. 17 ff.), wie es die Beschwerde hier geltend macht.
- 6
- Nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887, 1902 ff.) ist der Zugang zum Bundesgerichtshof ausschließlich in den Fällen des § 574 Abs. 1 ZPO eröffnet. Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist auch dann zu beachten, wenn ein Verfassungsverstoß der Vorinstanz durch Verletzung von Verfahrensgrundrechten im Raum steht. Ein solcher Verfassungsverstoß ist durch das Gericht, das ihn begangen hat, auf eine Anhörungsrüge oder Gegenvorstellung hin zu korrigieren. Geschieht dies nicht, kommt allein die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts im Wege der Verfassungsbeschwerde in Betracht (BGH, Beschlüsse vom 7. März 2002 - IX ZB 11/02, BGHZ 150, 133, 136 f.; vom 21. April 2004 - XII ZB 279/03, BGHZ 159, 14, 18).
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Ingolstadt, Entscheidung vom 29.04.2009 - 41 O 2216/08 -
OLG München, Entscheidung vom 26.08.2009 - 25 U 3207/09 -
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.
Streitwert: 22.151 €
Gründe:
I. Die Klägerin fordert als Mitglied einer Erbenge meinschaft nach ihrer im Jahre 2000 gestorbenen Mutter im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über den Verbleib von näher bezeichneten Aktien und Kontoguthaben der Mutter. Die Beklagte zu 1) ist die Adoptivtochter des 1987 verstorbenen Ehemannes der Mutter. Dieser hatte die Mutter der Klägerin als Vorerbin und die Beklagte als Nacherbin seines Vermögens eingesetzt. Das streitige Aktiendepot sowie das Konto der Mutter be-
standen bei der als Gesamtschuldnerin neben der Beklagten zu 1) in Anspruch genommenen Beklagten zu 2).
Die Klägerin hatte gegen die Beklagte zu 1) bereit s eine Stufenklage erhoben, in der es um Auskunft über den Stand des Nachlasses sowohl ihrer Mutter als auch des Ehemannes der Mutter ging. Diese Klage wurde rechtskräftig abgewiesen, u.a. weil die Klägerin nicht bewiesen habe, daß die Beklagte zu 1) im Besitz von Nachlaßwerten der Mutter sei; bei den auf den Namen der Mutter lautenden Konten und Depots habe es sich um Vermögenswerte gehandelt, die in den Nachlaß nach dem Ehemann der Mutter, also in die Vorerbschaft, fielen, die die Mutter nicht von ihrem eigenen Vermögen getrennt verwaltet habe. Im Hinblick auf diese Entscheidung im Vorprozeß hat das Landgericht die Klage im vorliegenden Verfahren gegen die Beklagte zu 1) als unzulässig abgewiesen ; bezüglich der Beklagten zu 2) fehle es an einem Anspruchsgrund. Das Oberlandesgericht hat seine Rechtsauffassung in einem Hinweis erläutert und die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit einer Nichtzulassungsbeschwerde entsprechend §§ 543 ff. ZPO; sie hält aber auch eine Rechtsbeschwerde entsprechend § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO für zulässig. In bezug auf die Beklagte zu 2) hat sie das Rechtsmittel zurückgenommen. Die Vorschrift des § 522 Abs. 3 ZPO, wonach ein Beschluß wie der hier vom Berufungsgericht erlassene unanfechtbar ist, verstößt nach Auffassung der Klägerin gegen die Verfassung. In der Sache sieht sie ihre Verfahrensgrundrechte, insbesondere Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil die Vorinstanzen nicht berücksichtigt hätten, daß es im Vorprozeß um den Stand des Nachlasses u.a. der Mutter der Klägerin gegangen sei. Im vorliegenden Verfahren gehe die Klägerin dagegen von
der Zugehörigkeit der streitigen Aktien und Kontenguthaben zum Nachlaß ihrer Mutter aus; Streitgegenstand sei nunmehr der Verbleib dieser Vermögensgegenstände.
II. Das Rechtsmittel war als unstatthaft zu verwer fen. Wie das Bundesverfassungsgericht inzwischen geklärt hat (NJW 2005, 659 f.), verstößt es nicht gegen das Recht auf gleichen Rechtsschutz aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, daß nur Beschlüsse, die eine Berufung als unzulässig verwerfen, anfechtbar sind, nicht aber Beschlüsse , die eine Berufung als unbegründet zurückweisen (§ 522 Abs. 3 ZPO). Vielmehr kann der Gesetzgeber aus Gründen der Rechtssicherheit eine einheitliche Rechtsprechung zur Auslegung und Anwendung von Zulässigkeitsvoraussetzungen eher für notwendig erachten als bei materiellen , oft auf den Einzelfall oder die Tatsachenfeststellung bezogenen Fragen. Davon ist im Ergebnis auch der Senat in seinem Beschluß vom
10. Dezember 2003 ausgegangen (IV ZB 35/03 - FamRZ 2004, 437 unter II 1 und 2; ebenso BGH, Beschluß vom 6. Oktober 2004 - XII ZB 137/03 - NJW 2005, 73 unter II).
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Dr. Kessal-Wulf
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um Abänderung eines Titels über Kindesunterhalt. Mit gerichtlichem Vergleich vom 1. Dezember 1998 verpflichtete sich der Kläger , an den Beklagten, seinen Sohn aus geschiedener Ehe, Unterhalt in Höhe von 170 % des Regelbetrages abzüglich des hälftigen Kindergeldes zu zahlen. Mit der vorliegenden Klage begehrt er Herabsetzung des Kindesunterhalts auf 114 % des Regelbetrages abzüglich des hälftigen Kindergeldes. Auf den Antrag des Klägers hat das Amtsgericht die Zwangsvollstrekkung aus dem Vergleich einstweilen gegen Sicherheitsleistung in Höhe des sonst vollstreckbaren Betrages eingestellt, soweit der Titel 150 % des Regelbe-trages abzüglich des hälftigen Kindergeldes übersteigt. Das Oberlandesgericht hat die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen und wegen der Frage "der Anfechtungsmöglichkeiten gegen einen Beschluß nach § 769 ZPO" die Rechtsbeschwerde zugelassen.
II.
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten ist unzulässig. 1. Nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das Zivilprozeßreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887, 1902) kann der Bundesgerichtshof gegen Beschlüsse des Beschwerdegerichts, des Berufungsgerichts oder des Oberlandesgerichts im ersten Rechtszug ausschließlich in den Fällen des § 574 Abs. 1 ZPO angerufen werden. Danach ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder das Berufungsgericht sie in dem angefochtenen Beschluß zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Gegen Beschlüsse, mit denen eine Beschwerde als unzulässig verworfen wurde, ist die Rechtsbeschwerde nicht generell statthaft. Insoweit unterscheidet sich das Beschwerderecht (§ 572 Abs. 2 ZPO) von der ausdrücklichen Regelung im Berufungsrecht (§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Der Senat ist auch nicht an die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht gebunden. Durch die Zulassung wird dem Beschwerdeführer die Rechtsbeschwerde zugänglich gemacht, wenn sie nach dem Gesetz grundsätzlich statthaft ist. Sie wird aber nicht in den Fällen eröffnet, in denendie Anfechtbarkeit gesetzlich ausgeschlossen ist (BGH Beschlüsse vom 12. September 2002 - III ZB 43/02 - NJW 2002, 3554 zur Prozeßkostenhilfe; vom 8. Oktober 2002 - VI ZB 27/02 - NJW 2003, 211 zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und vom 10. Dezember 2003 - IV ZB 35/03 - FamRZ 2004, 437 zur Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung des Beschwerdegerichts kann nicht durch dessen Ausspruch der Anfechtung unterworfen werden. Das gilt erst recht, wenn schon das Rechtsmittel zum Beschwerdegericht nicht zulässig war (vgl. BGH Beschluß vom 23. Oktober 2003 - IX ZB 369/02 - NJW 2004, 1112 m.w.N.). 2. Wie das Beschwerdegericht zutreffend erkannt hat, ist gegen einstweilige Anordnungen nach § 769 Abs. 1 ZPO kein Rechtsmittel gegeben.
a) Gegen Entscheidungen des Prozeßgerichts nach § 769 Abs. 1 ZPO, in denen die Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise eingestellt wird, ist eine sofortige Beschwerde nicht statthaft. Das folgt aus einer Auslegung des § 769 Abs. 1 ZPO im Kontext der allgemeinen Vorschriften zur Zwangsvollstreckung, insbesondere der §§ 707 Abs. 2 Satz 2, 793 ZPO. Während eine Anfechtungsmöglichkeit in § 769 Abs. 1 ZPO nicht ausdrücklich geregelt ist, schließt § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Anfechtung einer Entscheidung über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung bei Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder Wiederaufnahme des Verfahrens ausdrücklich aus; § 719 Abs. 1 Satz 1 ZPO verweist für die Fälle des Einspruchs oder der Berufung gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil auf diese Regelung. Im übrigen folgt aus § 793 ZPO, daß gegen Entscheidungen , die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, die sofortige Beschwerde stattfindet. Ob gegen eine Ent-
scheidung über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 Abs. 1 ZPO die allgemeine Beschwerdemöglichkeit nach § 793 ZPO eröffnet oder ob wegen der Vergleichbarkeit zu den abweichend geregelten Einzelfällen und einer planwidrigen Regelungslücke eine Analogie zu § 707 Abs. 2 ZPO geboten ist, muss deswegen eine Auslegung des § 769 Abs. 1 ZPO ergeben. Gegen die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde nach § 793 ZPO spricht schon der Anwendungsbereich dieser Vorschrift. Sie ermöglicht ein Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts, während im 1. Abschnitt des 8. Buches der Zivilprozeßordnung (§§ 704 ff. ZPO) nicht nur die Tätigkeit des Vollstreckungsgerichts, sondern auch das Verfahren des Prozeßgerichts geregelt ist. Gerade § 769 Abs. 1 ZPO ermöglicht es dem mit Einwendungen gegen das Urteil befaßten Prozeßgericht, die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einzustellen (vgl. Künkel MDR 1989, 309, 310). Insoweit ist das Verfahren mit den Verfahren nach § 707 ZPO vergleichbar , in denen ebenfalls ein schon vollstreckbarer Titel abgeändert werden soll. Wie in jenen Verfahren ist es auch hier geboten, die Entscheidung in der Hauptsache nicht durch Rechtsmittel gegen die Nebenentscheidung über die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung zu verzögern. Entsprechend sind auch sonst die in einem Hauptsacheverfahren ergangenen einstweiligen Anordnungen regelmäßig nicht anfechtbar, wie sich aus § 620 c ZPO ergibt. Auch wegen der gleichen Interessenlage bei der Einstellungsmöglichkeit nach § 769 Abs. 1 ZPO zu jener nach § 707 ZPO ist es geboten, die Vorschrift des § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO analog anzuwenden. Nach der gesetzgeberischen Wertung kann das mit der Hauptsache befasste erstinstanzliche Gericht am besten beurteilen, ob und gegebenenfalls welche einstweilige Regelung erforderlich ist (vgl. BT-Drucks. 10/3054 S. 14). Seine Entscheidung in der
Hauptsache soll nicht durch eine vorläufige Entscheidung des Beschwerdegerichts beeinflußt werden (Stein/Jonas/Münzberg ZPO 22. Aufl. § 769 Rdn. 18). Dadurch wird der Rechtsschutz nicht entscheidend beeinträchtigt, denn die Anordnungen sind in jeder Instanz frei abänderbar, um der jeweiligen Prozeßlage gerecht zu werden (Stein/Jonas/Münzberg aaO.; Zöller/Herget ZPO 24. Aufl. § 707 Rdn. 18, 22). Zudem endet die einstweilige Maßnahme mit der Entscheidung in der Hauptsache. Deswegen spricht sich auch der überwiegende Teil der Rechtsprechung für eine analoge Anwendung des § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf § 769 Abs. 1 ZPO aus (aus der neueren Rechtsprechung vgl. z.B. neben dem hier angefochtenen Beschluß des OLG Stuttgart noch OLG Frankfurt NJW-RR 2003, 140; OLG Karlsruhe, FamRZ 2003, 1676; OLG Koblenz OLGR 2003, 332; LG Magdeburg Beschluß vom 6. Oktober 2003 - 3 T 714/03 - veröffentlicht bei JURIS). Einer entsprechenden Anwendung des § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO steht nicht entgegen, daß der Gesetzgeber die Frage trotz der in Rechtsprechung (vgl. insoweit die Aufstellung von Lemke, MDR 2000, 13, 18) und Literatur umstrittenen Rechtsfrage ungeregelt gelassen hat. Denn entgegen der Auffassung des LArbG Frankfurt (Beschluß vom 8. Mai 2003 - 16 Ta 172/03 - veröffentlicht bei JURIS) folgt daraus nicht, daß die Rechtsfrage im Sinne einer Anwendbarkeit der sofortigen Beschwerde nach § 793 ZPO geregelt sein sollte. Der Gesetzgeber hat die zunächst aufgetretene unbewußte Regelungslücke vielmehr in Kenntnis der überwiegenden Auffassung zur Unanfechtbarkeit des Beschlusses nach § 769 Abs. 1 ZPO unverändert gelassen. Schon im Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Zivilprozeßordnung vom 18. März 19 85 war eine Änderung des § 769 Abs. 3 ZPO vorgesehen, wonach auch gegen solche Beschlüsse keine Rechtsmittel zulässig sein sollten, um nicht das Verfahren der Hauptsache entgegen dem rechtsstaatlichen Gebot zur Gewährung eines wirksamen Rechtsschutzes unangemessen zu verzögern (BT-Drucks. 10/3054
S. 14). Zwar ist diese Regelung letztlich nicht in das Gesetz übernommen worden. Das war bei gleich gebliebener gesetzgeberischer Intention, nämlich das Verfahren der Hauptsache nicht durch Rechtsmittel gegen Zwischen- und Nebenentscheidungen unvertretbar zu verzögern, allein auf die Auffassung zurückzuführen , die grundsätzliche Unanfechtbarkeit dieser Anordnungen und Maßnahmen sei "in der Rechtsprechung hinreichend anerkannt" (BTDrucks. 11/3621 S. 25, 26). Letztlich wollte der Gesetzgeber die Rechtsfrage also im Sinne einer Unanfechtbarkeit dieser Entscheidungen beantwortet lassen. Daran hat sich auch durch die späteren Reformen nichts geändert, weil diese Frage bei gleich gebliebener Motivation des Gesetzgebers ungeregelt geblieben ist (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 68, 122; so auch Musielak/Lackmann ZPO 3. Aufl. § 707 Rdn. 12; MünchKomm/Schmidt ZPO 2. Aufl. § 769 Rdn. 33; OLG Frankfurt NJW-RR 2003, 140).
b) Zu Recht hat das Beschwerdegericht auch eine außerordentliche Beschwerde nicht für zulässig erachtet. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das Zivilprozeßreformgesetz Beschlüsse der Beschwerdegerichte ausschließlich in den Fällen des § 574 Abs. 1 ZPO angefochten werden können. Ein außerordentliches Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof ist auch dann nicht statthaft, wenn die Entscheidung ein Verfahrensgrundrecht des Beschwerdeführers verletzt oder aus sonstigen Gründen greifbar gesetzwidrig ist. In einem solchen Fall ist die angefochtene Entscheidung durch das Gericht, das sie erlassen hat, auf (fristgebundene ) Gegenvorstellung zu korrigieren. Wird ein Verfassungsverstoß nicht beseitigt, kommt allein eine Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht in Betracht (BGHZ 150, 133). Entsprechend ist durch das Zivilprozeßreformgesetz die Vorschrift des § 321 a ZPO eingeführt worden, die es dem Gericht erster Instanz ermöglicht, auf fristgebundene Rüge sein noch nicht rechtskräftiges Urteil abzuändern. So hat auch das Bundesverfassungsgericht
durch Plenarbeschluß vom 30. April 2003 (FamRZ 2003, 995) dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31. Dezember 2004 eine fachgerichtliche Abhilfemöglichkeit für den Fall zu schaffen, daß ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Für den Fall, daß der Gesetzgeber keine rechtzeitige Neuregelung trifft, hat es angeordnet, daß das Verfahren auf Antrag einer beschwerten Partei von dem Gericht fortzusetzen ist, dessen Entscheidung wegen der behaupteten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör angegriffen wird. Auch das spricht dafür, selbst in Fällen fehlerhafter Ermessensausübung (vgl. insoweit noch OLG Celle WM 2002, 2453; OLG Schleswig Beschluß vom 18. August 2003 - 16 W 110/03 - veröffentlicht bei Juris; OLG Köln FF 2002, 175; OLG Frankfurt InVo 2003, 479) eine außerordentliche Beschwerde nicht mehr zuzulassen, zumal dem Ausgangsgericht die Möglichkeit eröffnet wird, greifbaren Verfahrensverstößen selbst abzuhelfen. Im übrigen darf das Gericht den Beschluß nach § 769 Abs. 1 ZPO schon nach der gegenwärtigen Rechtslage jederzeit ändern und die Zwangsvollstreckung
gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstellen oder aufheben und die Einstellung rückgängig machen (vgl. Zöller/Herget ZPO 24. Aufl. § 769 Rdn. 10).
Hahne Sprick Weber-Monecke Bundesrichter Prof. Dr. Wagenitz Dose kann urlaubsbedingt nicht unterzeichnen. Hahne