Bundesgerichtshof Beschluss, 26. März 2015 - III ZR 344/14
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis 2.500 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger macht gegenüber der Beklagten aus einem Betreuungsvertrag Erfüllungsansprüche bezüglich des Betriebs eines Hausnotrufsystems geltend. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen und den Streitwert auf 30.000 € festgesetzt. Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
II.
- 2
- Die Beschwerde ist unzulässig, da die gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht wird.
- 3
- Den Wert der Beschwer und damit die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 26 Nr. 8 EGZPO hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 31. März 2010 - I ZR 27/09, WRP 2010, 902, 903 und vom 13.Juli 2005 - XII ZR 295/02, NJW-RR 2005, 1728). Auf die Frage, ob es dem Beschwerdegegner gestattet ist, sich erstmals im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf eine durch die Vorinstanzen zu hoch erfolgte Streitwertfestsetzung zu berufen, kommt es daher jedenfalls dann nicht an, wenn die Beschwer - wie vorliegend - auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts festgesetzt werden kann. Der Senat ist insofern auch nicht an die - vorliegend nicht weiter begründete - Wertfestsetzung durch die Vorinstanzen gebunden (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2013 - XII ZR 8/13, NJW-RR 2013, 1401 Rn. 8 mwN).
- 4
- Der Wert des Hauptantrags zu II ("Vor Ort" - und "Rund um die Uhr" - Bereitstellung von mit eigenem Personal besetzter Notrufanlage mit Gegensprechverbindung sowie Bereitstellung von eigenem Personal zur schnellen Hilfe und Erreichbarkeit in dringenden Fällen) ist - auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts - nach § 9 Satz 1 ZPO zu bemessen. Nach § 2 Nr. 1 des streitgegenständlichen Betreuungsvertrags vom 30. August 2010 erbringt die Beklagte gegenüber dem Kläger die dort näher aufgeführten - teilweise - streitgegenständlichen Grundleistungen. Sie erhält für die Bereitstellung der Grundleistungen pauschal unabhängig von der Inanspruchnahme nach § 2 Nr. 2 Buchst. a des Vertrags einen monatlichen Betrag von 60 €. Damithandelt es sich bei der vom Kläger vorliegend geltend gemachten Leistung der Beklagten (Bereitstellung von Grundleistungen) um eine wiederkehrende Leistung im Sinne von § 9 Satz 1 ZPO, die mit dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges zu berechnen ist. Angesichts des Umstandes, dass streitgegenständ- lich nur ein Teil der Grundleistungen ist, ergibt sich somit keinesfalls eine den Betrag von 2.500 € übersteigende Beschwer.
- 5
- Der Kläger hat zwar in der Klageschrift (Seite 8) die Auffassung vertreten , es sei bei dem Streitwert nicht nur die monatliche Betreuungspauschale zu bewerten, sondern zusätzlich, dass die eingeklagten Dienstleistungen in besonderer Weise seinen engsten Persönlichkeitsbereich beträfen. Die gegenwärtige Notruferbringung führe zudem zu einem erheblichen Minderwert seiner Wohnung, er habe mit dem Kaufpreis auch die Infrastruktur des alten Notrufsystems mitbezahlt. Eine derartige Berücksichtigung auch der weitergehenden persönlichen und wirtschaftlichen Interessen des Klägers wäre jedoch - wenn überhaupt - nur im Rahmen einer Wertfestsetzung nach freiem Ermessen gemäß § 3 ZPO möglich. Dagegen ist das Interesse des Klägers vom Gesetzgeber in § 9 ZPO für die dort behandelten Ansprüche im Streben nach Rechtssicherheit , Vereinfachung und Vereinheitlichung der Wertfestsetzung normativ vorgegeben worden (MüKoZPO/Wöstmann, 4. Aufl., § 3 Rn. 9 mwN; Musielak/ Heinrich, ZPO, 11. Aufl., § 9 Rn. 1 sowie § 3 Rn. 1). Eine Berücksichtigung des konkreten Interesses des Klägers kommt, soweit - wie vorliegend - eine normative Streitwertregelung wie § 9 Satz 1 ZPO einschlägig ist, nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Januar 2011 - V ZB 255/10, NJW-RR 2011, 588 Rn. 6 und vom 21. Mai 2003 - VIII ZB 10/03, NJOZ 2003, 3008).
- 6
- Der Hilfsantrag zu II erhöht den Wert des Hauptantrags zu II nicht, da er wirtschaftlich auf dasselbe Ziel wie der Hauptantrag gerichtet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 1976 - VI ZR 154/75, AnwBl. 1976, 339; MüKoZPO/Wöstmann aaO § 5 Rn. 13; Musielak/Heinrich aaO § 5 Rn. 12).
- 7
- Die (Haupt- und Hilfs-)Anträge zu III ("Vor Ort"- und "Rund um die Uhr"Bereitstellung einer Notrufanlage mit Gegensprechverbindung für die Räume des Gemeinschaftseigentums) erhöhen die Beschwer des Klägers im Verhältnis zum Antrag zu II nicht, da auch sie aus § 2 des Betreuungsvertrags hergeleitet und durch den nach § 9 Satz 1 ZPO maßgebenden dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges nach § 2 Nr. 2 Buchst. a des Betreuungsvertrags begrenzt werden.
- 8
- Der Antrag zu IV (vorgerichtliche Anwaltskosten) bleibt für den Streitwert und den Wert der Beschwer außer Betracht.
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 22.11.2013 - 19 O 9955/12 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 04.11.2014 - 3 U 2473/13 -
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Tenor
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die gegen ihn gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
I.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000,00 € festgesetzt.
Gründe
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Die Beschwerde der Beklagten ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
- 2
- Den Wert der Beschwer und damit die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 26 Nr. 8 EGZPO hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen. Der Wert des Beschwerdegegenstands für das beabsichtigte Revisionsverfahren bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung des Urteils. Der Kläger will mit der Revision seinen vom Berufungsgericht abgewiesenen Besichtigungsantrag weiterverfolgen.
- 3
- Der Streitwert eines Besichtigungsanspruchs nach § 101a Abs. 1 Satz 1 UrhG richtet sich nach dem Streitwert der Ansprüche, deren Vorbereitung er dient (vgl. Fromm/Nordemann/Czychowski, Urheberrecht, 10. Aufl., § 101a UrhG Rdn. 32). Im Streitfall dient er der Vorbereitung sämtlicher weiterer Ansprüche. Den gesamten Wert seiner Ansprüche hat der Kläger in der Klageschrift mit 100.000 € beziffert, ohne anzugeben, welcher Wert auf die einzelnen Ansprüche entfällt.
- 4
- Für die Bemessung des Streitwerts eines Besichtigungsanspruchs kann, wie die Beschwerde zutreffend geltend macht, auf die Grundsätze zur Bemessung des Streitwerts eines Auskunftsanspruchs zurückgegriffen werden, der gleichfalls der Vorbereitung eines Hauptanspruchs dient. Der Auskunftsanspruch ist in der Regel mit einem Zehntel bis einem Viertel des Werts des Hauptanspruchs zu bewerten; dabei ist der Wert des Auskunftsanspruchs umso höher zu bemessen, je mehr der Kläger zur Begründung seines Hauptanspruchs auf die Auskunftserteilung angewiesen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 25.1.2006 - IV ZR 195/04, FamRZ 2006, 119 Tz. 4 m.w.N.).
- 5
- Nach diesen Grundsätzen ist der Wert des Besichtigungsanspruchs im Streitfall bei einem Gesamtwert der vom Kläger verfolgten Ansprüche von 100.000 € mit 9.090,91 € (1/10 von 90.909,09 €) bis 20.000 € (1/4 von 80.000 €) zu bemessen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es dem Kläger - wie die Beschwerde zutreffend geltend macht - ohne Kenntnis des Quellcodes, dessen Offenlegung er mit seinem Besichtigungsantrag begehrt, nur schwer möglich sein dürfte, eine - unterstellte - Urheberrechtsverletzung des Beklagten nachzuweisen. Die Festsetzung des Streitwerts des Besichtigungsanspruchs durch das Berufungsgericht auf 15.000 € hält sich in diesem Rahmen und erscheint auch unter Berücksichtigung der Bedeutung des Anspruchs für den Kläger als zutreffend. http://www.juris.de/jportal/portal/t/1w1t/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE155601160&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 4 -
- 6
- II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 08.03.2006 - 3 O 4874/03 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 20.01.2009 - 3 U 942/06 -
Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.