Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Feb. 2005 - III ZR 341/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 61.529,88 €.
Gründe:
I.
Die Kläger waren als Erben des am 25. Dezember 1987 ve rstorbenen W. W. sen. Inhaber eines in das Wasserbuch eingetragenen alten Rechts, das Wasser der H. zum Betrieb einer Mühle anzustauen. Der Erblasser hatte das Staurecht seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr ausgenutzt , sondern es mit Vertrag vom 5. Dezember 1958 langfristig gegen Gewährung eines zinslosen Darlehens von 120.000 DM an den beklagten Wasserund Bodenverband "verpachtet". Der Beklagte bezweckte mit diesem Vertrag
- erklärtermaßen -, die Ausübung des Staurechts über einen längeren Zeitraum zu verhindern, um in seinem Gebiet Entwässerungsmaßnahmen mit dem Ziel der besseren landwirtschaftlichen Nutzung der Grundstücke seiner Mitglieder durchführen zu können. Durch bestandskräftigen Bescheid vom 22. November 1990 widerrief der Landkreis S. das alte Recht gemäß § 33 Abs. 1 des Niedersächsischen Wassergesetzes (NWG) gegen Entschädigung, deren Höhe in einem gesonderten Verfahren ermittelt werden sollte.
Mit Bescheid vom 7. September 2000 hat der Landkreis di e - u.a. von dem Beklagten als dem durch den Widerruf unmittelbar Begünstigten zu zahlende - Entschädigung auf 45.000 DM nebst Zinsen seit dem 23. November 1990 festgesetzt. Im vorliegenden Prozeß haben - soweit hier von Interesse - die Kläger eine höhere Entschädigung (als Teilbetrag geltend gemachte 150.000 DM) verlangt, wogegen der Beklagte mit der Widerklage die Verurteilung der Kläger zur Zahlung von Darlehensraten aus dem 1958 gewährten Darlehen beantragt hat. Das Landgericht hat den Entschädigungsbetrag um 12.666,44 € (= 24.773,40 DM) angehoben, das Oberlandesgericht hat ihn nochmals - um insgesamt 39.705,92 € (= 77.658,03 DM) - erhöht. Der Widerklage des Beklagten haben das Landgericht in Höhe von 6.135 € (= 12.000 DM) und das Oberlandesgericht in Höhe von 12.271,01 € (= 24.000 DM) nebst Zinsen stattgegeben, unter Zurückweisung einer hilfsweise geltend gemachten Aufrechungsforderung der Kläger wegen Unterlassung vertraglich übernommener Unterhaltungsarbeiten.
II.
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der R evision durch das Berufungsgericht ist unbegründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
1. In bezug auf die Klageforderung (Entschädigungsanspruch) ist auszuführen :
a) Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 NWG kann die Wasserbehörde alte Rechte und alte Befugnisse gegen Entschädigung widerrufen, soweit von der Fortsetzung der Benutzung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist. Daß den Klägern eine solche Entschädigung - dem Grunde nach - zu gewähren ist, ergibt sich aus dem bestandskräftigen Bescheid des Landkreises vom 23. November 1990. Bei diesem Akt handelt es sich um eine Enteignung (vgl. BVerfGE 101, 239, 259; 102, 1, 15 f), nämlich die Entziehung einer konkreten subjektiven, durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Rechtsposition zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben (vgl. auch Czychowski/Reinhardt WHG 8. Aufl. § 15 Rn. 13; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht 3. Aufl. Rn. 339; Dahme, in Zeitler WHG § 15 Rn. 26). Jedenfalls ist der Entschädigungsanspruch im Gesetz (§ 55 Abs. 1 Satz 1 NWG) wie eine Enteignungsentschädigung konzipiert; die Entschädigung hat "den eintretenden Vermögensschaden angemessen auszugleichen". Bei Anlegung enteignungsrechtlicher Grundsätze heißt dies, daß beim Entzug einer wasserrechtlichen Befugnis zum Wohl der Allgemeinheit die Entschädigung sich nach der "Substanz" des Genommenen zu richten hat, also nach dem Verkehrswert dieses Rechts (vgl. § 95 Abs. 1, § 194 BauGB). Der Ver-
kehrswert wird durch den Preis bestimmt, der zum Stichtag im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften , der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Gegenstandes, jedoch ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse, zu erzielen wäre.
b) Im Streitfall war danach der Verkehrswert des Rechts, das Wasser der H. zum Betrieb einer Mühle anzustauen, zu ermitteln, mithin derjenige Wert, der sich aus der Nutzung bzw. aus den naheliegenden - sich nicht nur als Chancen darstellenden - Nutzungsmöglichkeiten ergab. Zur "Nutzung" des Anstaurechts gehörte aber (nur) der Gebrauch dieses Rechts, die Abflußverhältnisse zum Betrieb einer Mühle zu regulieren. Nicht gehörten dazu Einkünfte oder Einkunftsmöglichkeiten, die sich für den Inhaber des Rechts nur daraus ergaben, daß er die Ausübung des Staurechts - gegen Entgelt - unterließ. Derartige Geldzahlungen, die zum Hintergrund hatten, daß die Landwirte in der Umgebung die Beeinträchtigung der Abflußverhältnisse ihrer Ländereien durch das Anstauen der H. vermeiden wollten, gehörten nicht zur "Substanz" des Staurechts. Es handelte sich um Gegenleistungen aus ganz besonderen persönlichen Interessen der Betroffenen, also gerade nicht um solche Gegenleistungen, die "jedermann" für das Staurecht als Vermögenswert zu zahlen bereit war.
Ausgehend hiervon erweist sich der Standpunkt der Tatsache ninstanzen , als "Nutzung" des alten Staurechts sei der Vermögensvorteil zu bewerten, den der Rechtsvorgänger der Kläger dadurch erlangt hat, daß ihm für die Nichtausübung ein Darlehen in Höhe von 120.000 DM zinslos zur Verfügung gestellt wurde, als nicht richtig. Da andererseits die Kläger sich eine Entschädigung im Sinne eines Ausgleichs für entgangene (positive) Nutzung des Stau-
gung im Sinne eines Ausgleichs für entgangene (positive) Nutzung des Staurechts selbst nicht ausrechnen (wie sich insbesondere aus dem von ihnen vorgelegten Gutachten ergibt), haben sie jedenfalls keine höhere Entschädigung zu beanspruchen als den Betrag, der ihnen bereits zugesprochen worden ist.
2. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO).
Schlick Wurm Streck
Dörr Herrmann
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(1) Die Erlaubnis kann als gehobene Erlaubnis erteilt werden, wenn hierfür ein öffentliches Interesse oder ein berechtigtes Interesse des Gewässerbenutzers besteht. Eine gehobene Erlaubnis darf für Gewässerbenutzungen nach § 9 Absatz 2 Nummer 3 und 4 nicht erteilt werden.
(2) Für die gehobene Erlaubnis gelten § 11 Absatz 2 und § 14 Absatz 3 bis 5 entsprechend.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Die Erlaubnis kann als gehobene Erlaubnis erteilt werden, wenn hierfür ein öffentliches Interesse oder ein berechtigtes Interesse des Gewässerbenutzers besteht. Eine gehobene Erlaubnis darf für Gewässerbenutzungen nach § 9 Absatz 2 Nummer 3 und 4 nicht erteilt werden.
(2) Für die gehobene Erlaubnis gelten § 11 Absatz 2 und § 14 Absatz 3 bis 5 entsprechend.
(1) Die Entschädigung für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust bemisst sich nach dem Verkehrswert (§ 194) des zu enteignenden Grundstücks oder sonstigen Gegenstands der Enteignung. Maßgebend ist der Verkehrswert in dem Zeitpunkt, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet.
(2) Bei der Festsetzung der Entschädigung bleiben unberücksichtigt
- 1.
Wertsteigerungen eines Grundstücks, die in der Aussicht auf eine Änderung der zulässigen Nutzung eingetreten sind, wenn die Änderung nicht in absehbarer Zeit zu erwarten ist; - 2.
Wertänderungen, die infolge der bevorstehenden Enteignung eingetreten sind; - 3.
Werterhöhungen, die nach dem Zeitpunkt eingetreten sind, in dem der Eigentümer zur Vermeidung der Enteignung ein Kauf- oder Tauschangebot des Antragstellers mit angemessenen Bedingungen (§ 87 Absatz 2 Satz 1 und § 88) hätte annehmen können, es sei denn, dass der Eigentümer Kapital oder Arbeit für sie aufgewendet hat; - 4.
wertsteigernde Veränderungen, die während einer Veränderungssperre ohne Genehmigung der Baugenehmigungsbehörde vorgenommen worden sind; - 5.
wertsteigernde Veränderungen, die nach Einleitung des Enteignungsverfahrens ohne behördliche Anordnung oder Zustimmung der Enteignungsbehörde vorgenommen worden sind; - 6.
Vereinbarungen, soweit sie von üblichen Vereinbarungen auffällig abweichen und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie getroffen worden sind, um eine höhere Entschädigungsleistung zu erlangen; - 7.
Bodenwerte, die nicht zu berücksichtigen wären, wenn der Eigentümer eine Entschädigung in den Fällen der §§ 40 bis 42 geltend machen würde.
(3) Für bauliche Anlagen, deren Rückbau jederzeit auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften entschädigungslos gefordert werden kann, ist eine Entschädigung nur zu gewähren, wenn es aus Gründen der Billigkeit geboten ist. Kann der Rückbau entschädigungslos erst nach Ablauf einer Frist gefordert werden, so ist die Entschädigung nach dem Verhältnis der restlichen zu der gesamten Frist zu bemessen.
(4) Wird der Wert des Eigentums an dem Grundstück durch Rechte Dritter gemindert, die an dem Grundstück aufrechterhalten, an einem anderen Grundstück neu begründet oder gesondert entschädigt werden, so ist dies bei der Festsetzung der Entschädigung für den Rechtsverlust zu berücksichtigen.
Der Verkehrswert (Marktwert) wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.