Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Apr. 2015 - III ZA 16/14

bei uns veröffentlicht am02.04.2015
vorgehend
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 16 EntV 3/12, 09.07.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZA 16/14
vom
2. April 2015
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. April 2015 durch den Vizepräsidenten
Schlick und die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters und
Reiter

beschlossen:
Die Ablehnungsgesuche des Klägers vom 2. März 2015 und 20. März 2015 werden als unzulässig verworfen.
Die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung des Klägers gegen den Senatsbeschluss vom 22. Januar 2015 sowie der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens zu tragen.
Der Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts wird abgelehnt.

Gründe


I.


1
Mit Beschluss vom 22. Januar 2015 hat der Senat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberlandesgerichts F. vom 9. Juli 2014 - 16 EntV 3/13 - mangels hinreichender Erfolgsaussicht zurückgewiesen, da die nach § 201 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 GVG, § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO auch in Verfahren über Entschädigungsklagen nach § 198 GVG erforderliche Mindestbeschwer nicht erreicht ist. Dagegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 2. März 2015 Gehörsrüge sowie Gegenvorstellung erhoben und hierfür zugleich Prozesskostenhilfe beantragt. Darüber hinaus hat er mit Schriftsätzen vom 2. März 2015 und 20. März 2015 die an dem Beschluss des Senats vom 22. Januar 2015 beteiligten Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt sowie die Bestellung eines Notanwalts nach § 78b ZPO beantragt.

II.


2
Das Ablehnungsgesuch ist unzulässig. Die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung sind unbegründet. Dementsprechend kann dem Kläger hierfür auch keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden. Da die Rechtsverfolgung aussichtslos ist, kommt die Bestellung eines Notanwalts nicht in Betracht.
3
1. Das Ablehnungsgesuch (§ 42 Abs. 1 ZPO) ist unzulässig. Bei der Ablehnung eines oder mehrerer Richter müssen ernsthafte Umstände aufgeführt werden, die die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter aus Gründen rechtfertigen, die in persönlichen Beziehungen der abgelehnten Richter zu den Parteien oder zur Streitsache liegen; der Ablehnungsgrund muss durch nachvollziehbaren Bezug zum konkreten Rechtsstreit wenigstens ansatzweise substantiiert sein (st. Rspr., vgl. nur Senatsbeschluss vom 26. August 2014 - III ZR(Ü) 1/14, BeckRS 2014, 17823 Rn. 2; BGH, Beschluss vom 10. April 2008 - AnwZ (B) 102/05, BeckRS 2008, 07419 Rn. 4 mwN). Dies ist bei den Ablehnungsgesuchen des Klägers offensichtlich nicht der Fall. Sie erschöpfen sich im Wesentlichen in allgemeinen rechtlichen und pseudo-psychologischen Betrachtungen. Soweit der Kläger geltend macht, an dem Beschluss vom 22. Januar 2015 hätten nur zwei Richter, nämlich der Vorsitzende und ein Beisitzer, mitgewirkt, übersieht er, dass der Beschluss durch sämtliche darin genannten Senatsmitglieder gefasst wurde, wobei es allerdings genügte, dass er nur vom Senatsvorsitzenden und dem Berichterstatter unterzeichnet wurde. Der Vorwurf des Klägers, der Senatsvorsitzende und Vizepräsident des Bundesgerichtshofs "kultiviere tiefe Abneigungs- und Abwehrhaltungen" gegenüber dem Klageverfahren nach §§ 198 ff GVG, ist substanzlos. Aus der zitierten Fundstelle (Festschrift Tolksdorf, S. 549, 552) ergibt sich nichts, was auch nur ansatzweise die Besorgnis der Befangenheit begründen könnte.
4
Da die Ablehnungsgesuche unzulässig sind, kann der Senat hierüber in der Besetzung mit den abgelehnten Richtern entscheiden (Senatsbeschluss aaO; BGH, Beschluss vom 10. April 2008 aaO).
5
2. Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 22. Januar 2015 ist unbegründet. Der Senat hat in der der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegenden Beratung das Vorbringen des Klägers vollständig berücksichtigt, jedoch nicht für durchgreifend erachtet.
6
Auf die Gegenvorstellung hat der Senat die Sach- und Rechtslage erneut überprüft. Er sieht keinen Anlass, seine Entscheidung abzuändern. Das Oberlandesgericht hat den Streitwert zutreffend auf 17.932,74 € festgesetzt, so dass die Mindestbeschwer gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO nicht erreicht ist.
7
3. Da die Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet, liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und die Bestellung eines Notanwalts (§ 78b Abs. 1 ZPO) nicht vor. Der wiederholt gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde geht aus den Gründen des Beschlusses vom 22. Januar 2015 ins Leere.
8
Der Kläger kann mit der Bescheidung weiterer Eingaben in dieser Sache nicht mehr rechnen.
Schlick Herrmann Wöstmann
Seiters Reiter

Vorinstanz:
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.07.2014 - 16 EntV 3/12 -

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Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Apr. 2015 - III ZA 16/14 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 198


(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach d

Zivilprozessordnung - ZPO | § 42 Ablehnung eines Richters


(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 78b Notanwalt


(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Re

Referenzen

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.