Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2005 - II ZR 51/04

published on 19.09.2005 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2005 - II ZR 51/04
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 51/04
vom
19. September 2005
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 19. September 2005
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Münke, Dr. Strohn und Dr. Reichart

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 28. Januar 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an den 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg zurückverwiesen.

Gründe:


Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) mehrfach in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung einen vom Parteivortrag abweichenden Sachverhalt zugrunde gelegt. Der Beklagte hat in der Berufungsinstanz die Feststellung des Landgerichts, dass die Klägerin ohne Konkurrenztätigkeit des Beklagten die vom Zeugen F. vergebenen Aufträge in gleicher Weise unmittelbar erhalten hätte, ausdrücklich hingenommen und damit für das weitere Verfahren die Behauptung der Klägerin unstreitig gestellt,
dass das Verhalten des Beklagten ursächlich für den geltend gemachten Schaden war. Danach war im Hinblick auf die im Zivilprozess geltende Parteimaxime kein Raum mehr für das Vorgehen des Berufungsgerichts, die Aussage des Zeugen abweichend vom Landgericht zu würdigen. Darauf, dass das Berufungsgericht dabei - wie die Klägerin mit Recht rügt - obendrein eine Überraschungsentscheidung getroffen hat, weil es ohne den gebotenen Hinweis nach § 139 ZPO und ohne eigene Vernehmung des Zeugen dessen Aussage einen abweichenden Sinn beigelegt hat, kommt es nicht mehr an.
Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs ferner verletzt, indem es sich mit den Angriffen der Klägerin gegen die landgerichtliche Würdigung der Aussage des Zeugen O. in der Sache nicht auseinander gesetzt und den von der Klägerin hervorgehobenen Gesichtspunkt mangelnder Unterrichtung des Zeugen über den Tätigkeitsbereich der Klägerin unberücksichtigt gelassen hat.
Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs außerdem verletzt, weil die gegebene Begründung für die Klageabweisung in Höhe eines der Klägerin vom Landgericht für das Bauvorhaben W. zuerkannten Betrags von 16.700,00 DM in dem Sachvortrag der Parteien keine Stütze findet. Insoweit bestand nämlich ein unmittelbarer Vergütungsanspruch der Klägerin gegen die Auftraggeberin; die Zahlung erfolgte jedoch - offensichtlich aus Versehen - an das Konkurrenzunternehmen und wurde vom Beklagten nicht weitergeleitet (LGU 3 und 12, GA 68 und 77).
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Erwägung des Berufungsgerichts, der mit der Klage geltend gemachte Schaden werde nicht vom Schutzzweck des Wettbewerbsverbots erfasst, durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet. Durch die Zwischenschaltung des Konkur-
renzunternehmens bei der Auftragserteilung hat der Beklagte der Klägerin das bei unmittelbarer Erteilung der Bauaufträge an sie nicht eintretende Risiko auferlegt , dass das von ihm zwischengeschaltete Unternehmen die von den Auftraggebern ordnungsgemäß gezahlte Vergütung nicht weiterleitet, sondern anderweitig verwendet und wegen der eingetretenen Insolvenz die Forderung der Klägerin auch nicht mehr begleichen kann. Das Wettbewerbsverbot soll gerade auch vor solchen Vermögensnachteilen schützen, die durch eine Störung des Geschäftsbetriebs hervorgerufen werden (Ebenroth/Boujong/Joost, HGB § 113 Rdn. 8 m.w.Nachw.).
Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, sich mit den im Berufungsverfahren vorgebrachten Einwendungen beider Parteien gegen die Feststellungen des Landgerichts zur Schadenshöhe zu befassen und erforderliche weitere Feststellungen zu treffen.
Bei der Zurückverweisung hat der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Goette Kurzwelly Münke
Strohn Reichart
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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Verletzt ein Gesellschafter die ihm nach § 112 obliegende Verpflichtung, so kann die Gesellschaft Schadensersatz fordern; sie kann statt dessen von dem Gesellschafter verlangen, daß er die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft eingegangen gelten lasse und die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgebe oder seinen Anspruch auf die Vergütung abtrete.

(2) Über die Geltendmachung dieser Ansprüche beschließen die übrigen Gesellschafter.

(3) Die Ansprüche verjähren in drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem die übrigen Gesellschafter von dem Abschluss des Geschäfts oder von der Teilnahme des Gesellschafters an der anderen Gesellschaft Kenntnis erlangen oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müssten; sie verjähren ohne Rücksicht auf diese Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in fünf Jahren von ihrer Entstehung an.

(4) Das Recht der Gesellschafter, die Auflösung der Gesellschaft zu verlangen, wird durch diese Vorschriften nicht berührt.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.