Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2016 - II ZR 317/15

bei uns veröffentlicht am13.12.2016
vorgehend
Landgericht Hildesheim, 10 O 30/15, 14.07.2015
Oberlandesgericht Celle, 9 U 100/15, 13.10.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 317/15
vom
13. Dezember 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:131216BIIZR317.15.0

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2016 durch den Richter Prof. Dr. Strohn, die Richterin Caliebe sowie die Richter Prof. Dr. Drescher, Born und Sunder
beschlossen:
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 13. Oktober 2015 wird zurückgewiesen, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Das Berufungsurteil ist auch im Ergebnis richtig. Der Beklagte hat durch Rückzahlung von 24.350 € von Anfang März bis Anfang Mai 2005 auf das ihm von der Vor-GmbH gewährte Darlehen seine Einlageverbindlichkeit in dieser Höhe erfüllt und muss daher nicht nochmals zahlen. Der vom Beklagten am 7. Februar 2005 geleistete Einlagebetrag in Höhe von 25.000 € ist am 11. Februar 2005 als Darlehen an den Beklagten zurückgeflossen. Eine Befreiung des Beklagten von seiner Einlageverpflichtung nach § 19 Abs. 5 Satz 1 GmbHG scheitert bereits an der fehlenden Offenlegung dieses Vorgangs gegenüber dem Handelsregister (§ 19 Abs. 5 Satz 2 GmbHG). Nach der Rechtsprechung des Senats ist aber die nachträgliche Er- füllung der Einlageverbindlichkeit durch eine spätere Leistung auch in den Fällen des Hin- und Herzahlens möglich (BGH, Urteil vom 21. November 2005 - II ZR 140/04, BGHZ 165, 113, 117; Urteil vom 12. Juni 2006 - II ZR 334/04, ZIP 2006, 1633 Rn. 13). Das setzt voraus, dass spätere Zuflüsse sich objektiv eindeutig, mithin zweifelsfrei der fortbestehenden Einlageverpflichtung zuordnen lassen (BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 12/08, BGHZ 185, 44 Rn. 16 - ADCOCOM mwN). Eine objektiv eindeutige Zuordnung zu der offenen Einlageverpflichtung war nach dem Rechtszustand vor dem MoMiG regelmäßig auch bei Zahlung auf die vermeintliche, wegen Verstoßes gegen die Kapitalaufbringungsvorschriften nicht wirksam begründete („Darlehens“)-Schuld gegeben. Der Inferent schuldete danach nicht nochmalige Zahlung der Bareinlage (BGH, Urteil vom 21. November 2005 - II ZR 140/04, BGHZ 165, 113, 117; Urteil vom 12. Juni 2006 - II ZR 334/04, ZIP 2006, 1633 Rn. 13). Auch nach der Reform der Kapitalaufbringungsvorschriften durch das Mo- MiG kann in den Fällen, in denen mit dem „her“ gezahlten Geld eine „Darlehensschuld“ des Inferenten gegen die Gesellschaft begründet wurde, in der späteren Rückzah- lung des „Darlehens“ eine Tilgung der Einlageschuld lie- gen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2009 - II ZR 273/07, BGHZ 182, 103 Rn. 22 - Cash-Pool II). Der Senat hat die Verfahrensrügen geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.
Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO abgesehen. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 ZPO). Streitwert: 24.350 € Strohn Caliebe Drescher Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Hildesheim, Entscheidung vom 14.07.2015 - 10 O 30/15 -
OLG Celle, Entscheidung vom 13.10.2015 - 9 U 100/15 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 19 Leistung der Einlagen


(1) Die Einzahlungen auf die Geschäftsanteile sind nach dem Verhältnis der Geldeinlagen zu leisten. (2) Von der Verpflichtung zur Leistung der Einlagen können die Gesellschafter nicht befreit werden. Gegen den Anspruch der Gesellschaft ist die Aufre

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die Einzahlungen auf die Geschäftsanteile sind nach dem Verhältnis der Geldeinlagen zu leisten.

(2) Von der Verpflichtung zur Leistung der Einlagen können die Gesellschafter nicht befreit werden. Gegen den Anspruch der Gesellschaft ist die Aufrechnung nur zulässig mit einer Forderung aus der Überlassung von Vermögensgegenständen, deren Anrechnung auf die Einlageverpflichtung nach § 5 Abs. 4 Satz 1 vereinbart worden ist. An dem Gegenstand einer Sacheinlage kann wegen Forderungen, welche sich nicht auf den Gegenstand beziehen, kein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden.

(3) Durch eine Kapitalherabsetzung können die Gesellschafter von der Verpflichtung zur Leistung von Einlagen höchstens in Höhe des Betrags befreit werden, um den das Stammkapital herabgesetzt worden ist.

(4) Ist eine Geldeinlage eines Gesellschafters bei wirtschaftlicher Betrachtung und aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Geldeinlage getroffenen Abrede vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu bewerten (verdeckte Sacheinlage), so befreit dies den Gesellschafter nicht von seiner Einlageverpflichtung. Jedoch sind die Verträge über die Sacheinlage und die Rechtshandlungen zu ihrer Ausführung nicht unwirksam. Auf die fortbestehende Geldeinlagepflicht des Gesellschafters wird der Wert des Vermögensgegenstandes im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister oder im Zeitpunkt seiner Überlassung an die Gesellschaft, falls diese später erfolgt, angerechnet. Die Anrechnung erfolgt nicht vor Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister. Die Beweislast für die Werthaltigkeit des Vermögensgegenstandes trägt der Gesellschafter.

(5) Ist vor der Einlage eine Leistung an den Gesellschafter vereinbart worden, die wirtschaftlich einer Rückzahlung der Einlage entspricht und die nicht als verdeckte Sacheinlage im Sinne von Absatz 4 zu beurteilen ist, so befreit dies den Gesellschafter von seiner Einlageverpflichtung nur dann, wenn die Leistung durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist, der jederzeit fällig ist oder durch fristlose Kündigung durch die Gesellschaft fällig werden kann. Eine solche Leistung oder die Vereinbarung einer solchen Leistung ist in der Anmeldung nach § 8 anzugeben.

(6) Der Anspruch der Gesellschaft auf Leistung der Einlagen verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an. Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet, so tritt die Verjährung nicht vor Ablauf von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Eröffnung ein.

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Darauf, dass selbst unter Zugrundelegung des von der Klägerin als übergangen gerügten Vorbringens die dann seitens der Gesellschaft im Einvernehmen mit der Beklagten zu 1 als Inferentin durchgeführte Verrechnung des bestehen gebliebenen Bareinlageanspruchs mit "Neuforderungen" aus dem Ergebnisabführungsvertrag in Höhe von ca. 750.000,00 DM gemäß der insoweit einschlägigen Vorschrift des § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG nach ständiger Senatsrechtsprechung (vgl. BGHZ 153, 107, 112; BGHZ 152, 37, 43 m.w.Nachw.) zulässig gewesen wäre, weil - mangels gegenteiligen Sachvortrags - diese fällig , liquide und vollwertig waren und eine solche spätere Verrechnung nicht bereits im Zeitpunkt der Begründung der ursprünglichen Einlageschuld abgesprochen war, kommt es danach nicht mehr an.
16
Nach der Rechtsprechung des Senats ist zwar die nachträgliche Erfüllung der Einlageverbindlichkeit durch eine spätere Leistung möglich (Senat, BGHZ 165, 113, 117; BGHZ 165, 352, 356 ff.; Sen.Urt. v. 12. Juni 2006 - II ZR 334/04, ZIP 2006, 1633 Tz. 13). Das setzt jedoch voraus, dass spätere Zuflüsse sich objektiv eindeutig, mithin zweifelsfrei der fortbestehenden Einlageverpflichtung zuordnen lassen (Senat, BGHZ 166, 8 Tz. 24 - CASH POOL I; Sen.Beschl. v. 15. Oktober 2007 - II ZR 263/06, ZIP 2008, 1281 Tz. 6; BGHZ 165, 113, 117). Das Gegenteil ist hier der Fall. Die späteren Zahlungen der Be- klagten dienten aufgrund der mit ihnen verbundenen, vom Berufungsgericht selbst festgestellten Tilgungsbestimmungen vielmehr eindeutig und zweifelsfrei anderen Zwecken als der nachträglichen Erfüllung der Bareinlagepflicht.
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bb) Auch beim bloßen Hin- und Herzahlen wird die fortbestehende Einlageschuld nicht durch spätere Leistungen über den Cash-Pool an Gläubiger der Gesellschaft getilgt. Zwar kann in den Fällen, in denen mit dem "her" gezahlten Geld eine Darlehensschuld des Inferenten gegen die Gesellschaft begründet wurde, in der späteren Rückzahlung des "Darlehens" eine Tilgung der Einlageschuld liegen (vgl. BGHZ 165, 113, 117). Einer solchen erneuten Leistung der Bareinlage zur freien Verfügung der Geschäftsführer stehen Zahlungen des Cash-Pool-Managers an Gläubiger für Rechnung der Gesellschaft aber nicht gleich. Im Rahmen des Zero-Balancing lassen sich die einzelnen Leistungen nicht wie im Falle der vermeintlichen Darlehensrückzahlung zweifelsfrei der noch offenen Einlage zuordnen (vgl. BGHZ 166, 8 Tz. 25 "Cash-Pool I"). Dass das Konto der Schuldnerin übersichtlich war, genügt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zu einer eindeutigen Zuordnung der Zahlungen nicht. In den Cash-Pool sind weitere Leistungen an die Schuldnerin geflossen und zur Rechnungsregulierung verwendet worden, die es ausschließen, Zahlungen an Gläubiger der Gesellschaft gerade der Einlageforderung bzw. der Rückzahlung des der Cash-Pool-Managerin gewährten Darlehens zuzuweisen. Neben den Einlagen der anderen Gesellschafter sind Lohnkostenzuschüsse und ein Darlehen der DGZ über das Konto der Schuldnerin auf das Zentralkonto gelangt. Auch dass auf den Kontoauszügen des Unterkontos der Schuldnerin jeweils zunächst eine Gutschrift vom Zentralkonto auf das Unterkonto in Höhe eines dann an Dritte überwiesenen Betrages ausgewiesen ist und so der Eindruck erweckt wird, es sei zunächst Geld vom Cash-Pool auf das Unterkonto überwiesen worden, führt entgegen der Revisionserwiderung nicht dazu, dass in Höhe der Gutschrift auf dem Unterkonto jeweils eine Tilgung der Einlageschuld anzunehmen ist. Dabei handelt es sich nur um eine technische Darstellung des Zero-Balancing, der keine gezielte Überweisung von Geld durch die Cash-PoolManagerin zugrunde liegt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)