Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2008 - II ZR 314/06

bei uns veröffentlicht am11.02.2008
vorgehend
Landgericht München I, 15 O 178/05, 18.11.2005
Oberlandesgericht München, 15 U 1715/06, 11.10.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 314/06
vom
11. Februar 2008
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 11. Februar 2008
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher

beschlossen:
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird als unzulässig verworfen. Die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens werden den Beklagten auferlegt mit Ausnahme der durch die Nebenintervention verursachten Kosten, die von den Streithelferinnen der Beklagten zu tragen sind. Streitwert: 15.000,00 €

Gründe:

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist als unzulässig zu verwerfen , da der Wert der Beschwer nicht, wie nach § 26 Nr. 8 EGZPO erforderlich , 20.000,00 €, übersteigt, sondern lediglich 15.000,00 € beträgt.
2
1. Im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft ist für die Bemessung der Beschwer nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erfüllen des titulierten Anspruchs erfordert, sowie auf etwaige - hier nicht gegebene - Geheimhaltungsinteressen (s. nur BGHZ 128, 85). Dies gilt, wovon abzuweichen keine Veranlassung besteht, auch in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem das Berufungsgericht das die Stufenklage insgesamt abweisende erstinstanzliche Urteil aufhebt, den Auskunftsanspruch zuspricht und im Übrigen den Rechtsstreit hinsichtlich der weiteren Stufen an die erste Instanz zurückverweist (BGHZ 128, 85, 89; BGH, Beschl. v. 3. Juli 2002 - IV ZR 191/01, NJW 2002, 3477 f. m.w.Nachw.).
3
2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze bemisst der Senat vorliegend den Aufwand an Kosten und Zeit auf 15.000,00 €.
4
a) Zu Gunsten der Beklagten geht der Senat davon aus, dass für das Durchsehen der 115 Aktenordner ein Zeitaufwand von 100 Stunden erforderlich ist. Nicht zur Überzeugung des Senats glaubhaft gemacht haben die Beklagten jedoch, dass diese 100 Stunden in vollem Umfang von einem der Rechtsanwälte persönlich aufgewandt werden müssen, so dass allein deshalb ein Stundensatz von 350,00 € für alle anfallenden Stunden nicht gerechtfertigt ist. Vielmehr spricht nichts dagegen, dass zunächst eine nichtanwaltliche Hilfskraft die Ordner durchsehen und die eine einzelne Angelegenheit betreffenden Vorgänge kennzeichnen kann, so dass im Anschluss hieran der Anwalt seinerseits nur noch, soweit noch nicht geschehen, die ausgeführten anwaltlichen Tätigkeiten kurz in Form von Tätigkeitsnachweisen zusammenfassen muss.
5
b) Aber selbst für die von dem Rechtsanwalt persönlich auszuführende Tätigkeit im Zusammenhang mit der Auskunftserteilung ist ein Aufwand von 350,00 € pro Stunde unter keinen Umständen gerechtfertigt. Die Beklagten verkennen , dass sie im Rahmen der Beschwer nur den eigenen Aufwand geltend machen können. Bei dem von ihnen geltend gemachten Stundensatz handelt es sich jedoch um den Satz, den sie als Rechtsanwälte ihrem Auftraggeber in Rechnung stellen. Dieser Stundensatz enthält damit nicht nur den eigenen Aufwand des Rechtsanwalts, sondern umfasst zusätzlich auch den Kostenaufwand des Anwaltsbüros, der betriebswirtschaftlich in die Höhe des Stundensatzes einkalkuliert ist. Dieser nicht auf die anwaltliche Tätigkeit entfallende Kostenanteil muss daher zur Ermittlung des eigenen Aufwands des Anwalts von dem Stundensatz in Höhe von 350,00 € abgezogen werden.
6
Selbst bei Anlegung eines großzügigen Maßstabes ist dieser Aufwand nicht mit mehr als 150,00 € pro Stunde zu bewerten, was zu einer Beschwer von 100 Stunden á 150,00 € = 15.000,00 € führt.
Goette Kurzwelly Kraemer
Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 18.11.2005 - 15 O 178/05 -
OLG München, Entscheidung vom 11.10.2006 - 15 U 1715/06 -

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 191/01
vom
3. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Verurteilt das Berufungsgericht den Beklagten auf eine Stufenklage zur Auskunft
und verweist es die Sache wegen der weiteren Stufen an das Landgericht
zurück, richtet sich der Streitwert einer gegen dieses Berufungsurteil gerichteten
Revision lediglich nach der Beschwer des Beklagten durch die Verurteilung
zur Auskunft, auch wenn das Landgericht ursprünglich die Stufenklage
insgesamt abgewiesen hatte (Bestätigung von BGH, Beschluß vom
23. März 1970 - VII ZR 137/68 - NJW 1970, 1083).
BGH, Beschluß vom 3. Juli 2002 - IV ZR 191/01 - OLG Nürnberg
LG Regensburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting und Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 3. Juli 2002

beschlossen:
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 255,65 DM) festgesetzt.

Gründe:


1. Der Kläger hat einen Anspruch auf ein Vermächtnis in Höhe seines Pflichtteils im Wege der Stufenklage geltend gemacht. Das Landgericht hat die Stufenklage wegen Verjährung des Leistungsanspruchs insgesamt abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht , weil es den Anspruch nicht für verjährt hält, das Urteil des Landgerichts aufgehoben, den Beklagten zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses verurteilt und die Sache wegen der Anträge auf eidesstattliche Versicherung und Zahlung an das Landgericht zurückverwiesen. Die Beschwer des Beklagten hat das Oberlandesgericht auf 63.750 DM festgesetzt , d.h. den Betrag, den der Kläger als Ergebnis seiner in letzter

Stufe angekündigten Zahlungsklage erwartet. Der Beklagte hat Revision eingelegt und beantragt, das Berufungsurteil aufzuheben und nach seinen Schlußanträgen zweiter Instanz zu entscheiden, d.h. die Berufung des Klägers gegen das landgerichtliche Urteil zurückzuweisen. In der Sache verteidigt der Beklagte das Urteil des Landgerichts. Der Senat hat die Revision nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine grundsätzliche Bedeutung und im Endergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg hat.
2. Nach Ansicht der Prozeßbevollmächtigten beider Parteien kommt es für den gemäß §§ 14, 18 GKG zu bestimmenden Streitwert des Revisionsverfahrens nicht nur darauf an, daß der Beklagte vom Oberlandesgericht zur Auskunft verurteilt worden ist. Vielmehr trete hier die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht wegen der beiden weiteren, vom Landgericht zunächst abgewiesenen Stufen hinzu. Auch insoweit sei der Beklagte durch das in vollem Umfang angegriffene Berufungsurteil beschwert. Der in letzter Stufe angekündigte Zahlungsanspruch sei hier auch in zweiter und dritter Instanz Prozeßgegenstand gewesen.
3. Dem ist nicht zu folgen. Zwar enthält die Zurückverweisung in die untere Instanz im allgemeinen eine Beschwer für eine Partei, die ein endgültiges, ihr günstiges Sachurteil erstrebt hatte. Bei der Stufenklage ist aber eine besondere Rechtslage gegeben: Wenn das Verfahren ohne Grundurteil wegen der weiteren Stufen lediglich zurückverwiesen wird, hat das Berufungsgericht eine sachliche Entscheidung über die weiteren Stufen und insbesondere über den Zahlungsanspruch nicht getroffen. Es liegt nicht anders, als wenn das Berufungsgericht von einer Zurückver-

weisung abgesehen (§ 540 ZPO a.F.) und durch Teilurteil über den in erster Linie gestellten Auskunftsanspruch entschieden hätte (BGH, Beschluß vom 23. März 1970 - VII ZR 137/68 - NJW 1970, 1083; Schneider /Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl. 1996, Rdn. 4289).
Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof der Sache nach in einer weiteren Entscheidung bestätigt (Beschluß vom 15. Februar 2000 - X ZR 127/99 - NJW 2000, 1724 unter II 2 b). In jenem Fall war die Stufenklage erst in zweiter Instanz erhoben worden; das Berufungsgericht hatte nur zur Auskunft verurteilt und den Rechtsstreit wegen des Zahlungsanspruchs zurückverwiesen. Die Beschwer des Beklagten richtet sich allein nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen , also seinem mit der Auskunft verbundenen Aufwand. Seine Verurteilung zur Auskunft ist nicht präjudiziell für den Zahlungsanspruch. Insbesondere können auch nach dieser Entscheidung die im allgemeinen für die Beschwer durch Zurückverweisung geltenden Regeln nicht auf die Stufenklage übertragen werden, für die besondere Gesichtspunkte gelten.
Es wäre nicht gerechtfertigt, den hier zu beurteilenden Fall, in dem das Berufungsgericht ebenfalls nur zur Auskunft verurteilt und im übrigen zurückverwiesen hat, deshalb anders zu behandeln, weil das Landgericht die Stufenklage zuvor insgesamt abgewiesen hatte. Dadurch war der Kläger zwar in Höhe ihres vollen Streitwerts beschwert worden (vgl. BGH, Beschluß vom 12. März 1992 - I ZR 296/91 - NJW-RR 1992, 1021; Beschluß vom 1. Oktober 2001 - II ZR 217/01 - NJW 2002, 71). Für den Streitwert des Revisionsverfahrens kommt es indessen auf die Beschwer des Beklagten durch das Berufungsurteil an (BGH, Beschluß vom

23. März 1970 aaO). Das Interesse des Beklagten, mit Hilfe der Revision die Durchsetzung des Hauptanspruchs zu verhindern, geht über den unmittelbaren Gegenstand der angegriffenen Entscheidung hinaus und muß daher hier außer Betracht bleiben. Dem Beklagten stehen nach einer Verurteilung zur Zahlung die dann eröffneten Rechtsmittel zu (BGHZ 128, 85, 89 ff.).
4. Der Senat hat die Parteien bereits darauf hingewiesen, daß er den Aufwand des Beklagten für die Erteilung der Auskunft durch Vorlage eines von ihm anzufertigenden Nachlaßverzeichnisses auf 500 DM, also 255,65 ! " #$ % & ' ( ' ) ) *+ ' #, - # . ) ) &
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch