Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Nov. 2019 - AK 58/19

bei uns veröffentlicht am28.11.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AK 58/19
2 BJs 289/18-3
vom
28. November 2019
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:281119BAK58.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Angeschuldigten und seines Verteidigers am 28. November 2019 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen:
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern. Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Oberlandesgericht Düsseldorf übertragen.

Gründe:


I.


1
Der Angeschuldigte befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. April 2019 (ErmRi Gs 29/19) seit dem 14. Mai 2019 in Untersuchungshaft. Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeschuldigte habe durch neun selbständige Handlungen in der Zeit von Mai 2014 bis zum 8. Oktober 2018 in K. und an anderen Orten in vier Fällen die der Organisation "Ahrar ash-Sham" zugehörige Kampfgruppe "Kataib al-Iman al-Muqatila" und damit eine ausländische terroristische Vereinigung, deren Zwecke oder Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) oder Völkermord (§ 6 VStGB) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 VStGB) zu begehen, unterstützt, und in fünf Fällen für die ausländische terroristische Vereinigung "Islamischer Staat" (IS) um Mitglieder und Unterstützer geworben, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Sätze 1 und 2, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 53 StGB.
2
Eine von dem Angeschuldigten gegen den Haftbefehl eingelegte Beschwerde hat das Oberlandesgericht Düsseldorf durch Beschluss vom 25. Juli 2019 (III-7 Ws 1/19) verworfen. Die dagegen gerichtete weitere Beschwerde des Angeschuldigten hat der Senat mit Beschluss vom 10. September 2019 (StB 23/19) verworfen.
3
Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf hat wegen der dem Haftbefehl zugrundeliegenden Tatvorwürfe unter dem 17. Oktober 2019 Anklage zum Oberlandesgericht Düsseldorf erhoben. Das Oberlandesgericht hält die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich und hat am 5. November 2019 die Vorlage der Akten an den Bundesgerichtshof beschlossen.

II.


4
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.
5
1. Der Angeschuldigte ist der ihm in dem Haftbefehl zur Last gelegten Taten dringend verdächtig.
6
Hinsichtlich der Einzelheiten der Tatvorwürfe, der den dringenden Tatverdacht begründenden Umstände und des Haftgrundes nimmt der Senat Bezug auf seinen Beschluss vom 10. September 2019, dessen Gründe unvermin- dert fortgelten; im Hinblick auf die Beweislage verweist er ergänzend auf die Ausführungen in der Anklageschrift. Die Frage, ob im Fall 2 des Haftbefehls (Teilnahme des Angeschuldigten an einer militärischen Ausbildung in einem Ausbildungslager der Kataib al-Iman al-Muqatila) eine mitgliedschaftliche Beteiligung des Angeschuldigten an der Ahrar ash-Sham in Betracht kommt, ist für die Entscheidung über die Haftfortdauer nicht von Bedeutung.
7
2. Die Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 StPO sind erfüllt. Die besondere Schwierigkeit und der Umfang des Verfahrens haben ein Urteil bislang noch nicht zugelassen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft.
8
Im Ermittlungsverfahren haben die Inhalte zahlreicher Mobiltelefone und Laptops des Angeschuldigten ausgewertet und islamwissenschaftliche Gutachten eingeholt werden müssen. Die Auswertung der technischen Geräte ist teilweise mit erheblichem Übersetzungsaufwand verbunden gewesen. Gleichwohl hat die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf bereits unter dem 17. Oktober 2019 Anklage erhoben. Die Anklageschrift ist am 24. Oktober 2019 beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangen. Am selben Tag hat der Vorsitzende des 7. Strafsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf die Zustellung der Anklageschrift verfügt und dem Angeschuldigten gemäß § 201 Abs. 1 Satz 1 StPO eine dem Umfang der Sache angemessene Erklärungsfrist von vier Wochen eingeräumt.
9
In Anbetracht dessen ist das Verfahren bislang mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden.
10
3. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der im Fall einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Schäfer Tiemann Berg

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Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Strafprozeßordnung - StPO | § 121 Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate


(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden

Strafgesetzbuch - StGB | § 129a Bildung terroristischer Vereinigungen


(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, 1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völ

Strafgesetzbuch - StGB | § 129b Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland; Einziehung


(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausg

Strafprozeßordnung - StPO | § 122 Besondere Haftprüfung durch das Oberlandesgericht


(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es be

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Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 9 Kriegsverbrechen gegen Eigentum und sonstige Rechte


(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt plündert oder, ohne dass dies durch die Erfordernisse des bewaffneten Konflikts geboten ist, sonst in erheblichem Umfang völkerrechtswidrig Sachen der ge

Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 11 Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegsführung


(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt 1. mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen die Zivilbevölkerung als solche oder gegen einzelne Zivilpersonen richtet, die an den Feindseligkeiten n

Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 10 Kriegsverbrechen gegen humanitäre Operationen und Embleme


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Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 12 Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Mittel der Kriegsführung


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Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 6 Völkermord


(1) Wer in der Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören, 1. ein Mitglied der Gruppe tötet,2. einem Mitglied der Gruppe schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der

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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Sept. 2019 - StB 23/19

bei uns veröffentlicht am 10.09.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS StB 23/19 vom 10. September 2019 in dem Ermittlungsverfahren gegen wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung u.a. ECLI:DE:BGH:2019:100919BSTB23.19.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs

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(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es beantragt.

(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger zu hören. Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.

(3) Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. Für die weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen.

(4) Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten. Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten wiederholt werden.

(5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen.

(6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre.

(7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Wer in der Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören,

1.
ein Mitglied der Gruppe tötet,
2.
einem Mitglied der Gruppe schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art, zufügt,
3.
die Gruppe unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen,
4.
Maßregeln verhängt, die Geburten innerhalb der Gruppe verhindern sollen,
5.
ein Kind der Gruppe gewaltsam in eine andere Gruppe überführt,
wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 bis 5 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren.

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt

1.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person tötet,
2.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Geisel nimmt,
3.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person grausam oder unmenschlich behandelt, indem er ihr erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, insbesondere sie foltert oder verstümmelt,
4.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person sexuell nötigt oder vergewaltigt, sie zur Prostitution nötigt, der Fortpflanzungsfähigkeit beraubt oder in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen, eine unter Anwendung von Zwang geschwängerte Frau gefangen hält,
5.
Kinder unter 15 Jahren für Streitkräfte zwangsverpflichtet oder in Streitkräfte oder bewaffnete Gruppen eingliedert oder sie zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten verwendet,
6.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person, die sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er sie unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt,
7.
gegen eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person eine erhebliche Strafe, insbesondere die Todesstrafe oder eine Freiheitsstrafe verhängt oder vollstreckt, ohne dass diese Person in einem unparteiischen ordentlichen Gerichtsverfahren, das die völkerrechtlich erforderlichen Rechtsgarantien bietet, abgeurteilt worden ist,
8.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt, indem er
a)
an einer solchen Person Versuche vornimmt, in die sie nicht zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat oder die weder medizinisch notwendig sind noch in ihrem Interesse durchgeführt werden,
b)
einer solchen Person Gewebe oder Organe für Übertragungszwecke entnimmt, sofern es sich nicht um die Entnahme von Blut oder Haut zu therapeutischen Zwecken im Einklang mit den allgemein anerkannten medizinischen Grundsätzen handelt und die Person zuvor nicht freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder
c)
bei einer solchen Person medizinisch nicht anerkannte Behandlungsmethoden anwendet, ohne dass dies medizinisch notwendig ist und die Person zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder
9.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in schwerwiegender Weise entwürdigend oder erniedrigend behandelt,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit lebenslanger Freiheitsstrafe, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in den Fällen der Nummern 3 bis 5 mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen der Nummern 6 bis 8 mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren und in den Fällen der Nummer 9 mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt einen Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder einen Kämpfer der gegnerischen Partei verwundet, nachdem dieser sich bedingungslos ergeben hat oder sonst außer Gefecht ist, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.

(3) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt

1.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 rechtswidrig gefangen hält oder ihre Heimschaffung ungerechtfertigt verzögert,
2.
als Angehöriger einer Besatzungsmacht einen Teil der eigenen Zivilbevölkerung in das besetzte Gebiet überführt,
3.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zum Dienst in den Streitkräften einer feindlichen Macht nötigt oder
4.
einen Angehörigen der gegnerischen Partei mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel nötigt, an Kriegshandlungen gegen sein eigenes Land teilzunehmen,
wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

(4) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 den Tod des Opfers, so ist in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 5 Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. Führt eine Handlung nach Absatz 1 Nr. 8 zum Tod oder zu einer schweren Gesundheitsschädigung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4 und des Absatzes 2 Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 und des Absatzes 3 Nr. 1 Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen sind

1.
im internationalen bewaffneten Konflikt: geschützte Personen im Sinne der Genfer Abkommen und des Zusatzprotokolls I (Anlage zu diesem Gesetz), namentlich Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige, Kriegsgefangene und Zivilpersonen;
2.
im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige sowie Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen und sich in der Gewalt der gegnerischen Partei befinden;
3.
im internationalen und im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Angehörige der Streitkräfte und Kämpfer der gegnerischen Partei, welche die Waffen gestreckt haben oder in sonstiger Weise wehrlos sind.

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt plündert oder, ohne dass dies durch die Erfordernisse des bewaffneten Konflikts geboten ist, sonst in erheblichem Umfang völkerrechtswidrig Sachen der gegnerischen Partei, die der Gewalt der eigenen Partei unterliegen, zerstört, sich aneignet oder beschlagnahmt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt völkerrechtswidrig anordnet, dass Rechte und Forderungen aller oder eines wesentlichen Teils der Angehörigen der gegnerischen Partei aufgehoben oder ausgesetzt werden oder vor Gericht nicht einklagbar sind, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt

1.
einen Angriff gegen Personen, Einrichtungen, Material, Einheiten oder Fahrzeuge richtet, die an einer humanitären Hilfsmission oder an einer friedenserhaltenden Mission in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen beteiligt sind, solange sie Anspruch auf den Schutz haben, der Zivilpersonen oder zivilen Objekten nach dem humanitären Völkerrecht gewährt wird, oder
2.
einen Angriff gegen Personen, Gebäude, Material, Sanitätseinheiten oder Sanitätstransportmittel richtet, die in Übereinstimmung mit dem humanitären Völkerrecht mit den Schutzzeichen der Genfer Abkommen gekennzeichnet sind,
wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft. In minder schweren Fällen, insbesondere wenn der Angriff nicht mit militärischen Mitteln erfolgt, ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.

(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt die Schutzzeichen der Genfer Abkommen, die Parlamentärflagge oder die Flagge, die militärischen Abzeichen oder die Uniform des Feindes oder der Vereinten Nationen missbraucht und dadurch den Tod oder die schwere Verletzung eines Menschen (§ 226 des Strafgesetzbuches) verursacht, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt

1.
mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen die Zivilbevölkerung als solche oder gegen einzelne Zivilpersonen richtet, die an den Feindseligkeiten nicht unmittelbar teilnehmen,
2.
mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen zivile Objekte richtet, solange sie durch das humanitäre Völkerrecht als solche geschützt sind, namentlich Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit gewidmet sind, geschichtliche Denkmäler, Krankenhäuser und Sammelplätze für Kranke und Verwundete, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude oder entmilitarisierte Zonen sowie Anlagen und Einrichtungen, die gefährliche Kräfte enthalten,
3.
mit militärischen Mitteln einen Angriff durchführt und dabei als sicher erwartet, dass der Angriff die Tötung oder Verletzung von Zivilpersonen oder die Beschädigung ziviler Objekte in einem Ausmaß verursachen wird, das außer Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil steht,
4.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Schutzschild einsetzt, um den Gegner von Kriegshandlungen gegen bestimmte Ziele abzuhalten,
5.
das Aushungern von Zivilpersonen als Methode der Kriegsführung einsetzt, indem er ihnen die für sie lebensnotwendigen Gegenstände vorenthält oder Hilfslieferungen unter Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht behindert,
6.
als Befehlshaber anordnet oder androht, dass kein Pardon gegeben wird, oder
7.
einen Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder einen Kämpfer der gegnerischen Partei meuchlerisch tötet oder verwundet,
wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft. In minder schweren Fällen der Nummer 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.

(2) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 1 bis 6 den Tod oder die schwere Verletzung einer Zivilperson (§ 226 des Strafgesetzbuches) oder einer nach dem humanitären Völkerrecht zu schützenden Person, wird er mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. Führt der Täter den Tod vorsätzlich herbei, ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(3) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt mit militärischen Mitteln einen Angriff durchführt und dabei als sicher erwartet, dass der Angriff weit reichende, langfristige und schwere Schäden an der natürlichen Umwelt verursachen wird, die außer Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt

1.
Gift oder vergiftete Waffen verwendet,
2.
biologische oder chemische Waffen verwendet oder
3.
Geschosse verwendet, die sich leicht im Körper des Menschen ausdehnen oder flachdrücken, insbesondere Geschosse mit einem harten Mantel, der den Kern nicht ganz umschließt oder mit Einschnitten versehen ist,
wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 den Tod oder die schwere Verletzung einer Zivilperson (§ 226 des Strafgesetzbuches) oder einer nach dem humanitären Völkerrecht zu schützenden Person, wird er mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. Führt der Täter den Tod vorsätzlich herbei, ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 23/19
vom
10. September 2019
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:100919BSTB23.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschuldigten und seines Verteidigers am 10. September 2019 gemäß § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO beschlossen:
Die weitere Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Juli 2019 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


I.


1
Der Beschuldigte befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. April 2019 (ErmRi Gs 29/19) seit dem 14. Mai 2019 in Untersuchungshaft. Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte habe durch neun selbständige Handlungen in der Zeit von Mai 2014 bis zum 8. Oktober 2018 in Kö. und an anderen Orten in vier Fällen die der Organisation "Ahrar ash-Sham" zugehörige Kampfgruppe "Kataib al-Iman al-Muqatila" und damit eine ausländische terroristische Vereinigung, deren Zwecke oder Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) oder Völkermord (§ 6 VStGB) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 VStGB) zu begehen, unterstützt, und in fünf Fällen für die ausländische terroristische Vereinigung "Islamischer Staat" (IS) um Mitglieder und Unterstützer geworben, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Sätze 1 und 2, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 53 StGB.
2
Der Beschuldigte hat mit eigenem Schreiben vom 26. Juni 2019 und durch Schriftsatz seines Verteidigers vom 9. Juli 2019 Beschwerde gegen den Haftbefehl eingelegt. Er wendet ein, dass kein dringender Tatverdacht gegeben sei; außerdem ist er der Ansicht, dass der dem Erlass des Haftbefehls zugrundeliegende Haftgrund der Fluchtgefahr nicht bestehe. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Beschwerde mit Beschluss vom 25. Juli 2019 (III-7 Ws 1/19) verworfen. Dagegen hat der Beschuldigte durch Schriftsatz seines Verteidigers vom 13. August 2019 weitere Beschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht hat dem Rechtsmittel mit Beschluss vom 19. August 2019 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die weitere Beschwerde zu verwerfen.

II.


3
Die weitere Beschwerde ist unbegründet.
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1. Der Beschuldigte ist der ihm zur Last gelegten Taten dringend verdächtig.
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a) Nach dem bisherigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
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aa) Die Vereinigungen Ahrar ash-Sham und IS
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(1) Die Ahrar ash-Sham (auch "Ahrar al-Sham") ist aus den im Jahr 2011 gegründeten "Kata’ib Ahrar ash-Sham"("Brigaden der Freien von Großsyrien") hervorgegangen. Ende Januar 2013 schloss sich die Kata’ib Ahrar ash-Sham mit drei anderen Gruppierungen zur Ahrar ash-Sham zusammen. In dem dazu veröffentlichten Video mit dem Titel "Gründungserklärung der Harakat Ahrar ash-Sham al-Islamiya" wurde eine streng islamische Ausrichtung der Organisation betont.
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Ziel der Ahrar ash-Sham ist in erster Linie der Sturz des Assad-Regimes. Im Gegensatz zu früheren Verlautbarungen, in welchen von Toleranz gegenüber Andersdenkenden und -gläubigen die Rede war, wird nunmehr eine salafistische Ausrichtung der Organisation betont, die den Schutz des Islam und die Errichtung einer Gesellschaftsordnung unter dem Gesetz der Sharia als weitere Zwecke definiert. Die Ahrar ash-Sham akzeptiert die derzeitigen Grenzen des syrischen Staates nicht und beabsichtigt dementsprechend, den islamischen Staat, dessen Errichtung sie anstrebt, über die Grenzen des heutigen Syriens hinaus auszudehnen. Eine politische Lösung des Konflikts lehnt die Organisation ab; der bewaffnete Kampf wird als einzige Möglichkeit angesehen. Das politische System des zu schaffenden Staates soll auf der Basis der Sharia autoritär geprägt sein; Säkularismus und Demokratie sieht die Ahrar ash-Sham als Übel an, die in ihrem Staat keinen Platz hätten.
9
Im Laufe des Jahres 2013 wurde die Ahrar ash-Sham mit 10.000 bis 20.000 Kämpfern zur stärksten Gruppierung innerhalb des syrischen Aufstands. Sie setzte im Kampf gegen das Assad-Regime in erster Linie militärische Mittel und Einsatztaktiken ein. Selbstmordattentate lehnte sie zwar ab, arbeitete aber bei Operationen mit der Jabhat al-Nusra zusammen, deren Kämpfer dabei Selbstmordanschläge begingen. Bereits seit dem Jahr 2012 war sie bzw. ihre Vorgängerorganisation - häufig in enger Zusammenarbeit mit Gruppierungen der späteren Islamischen Front - an fast allen wichtigen Operationen der syrischen Aufständischen beteiligt, insbesondere an der Offensive in der Stadt Aleppo im Juli 2012, der Einnahme der Provinzhauptstadt Raqqa im März 2013, in Zusammenarbeit mit der Jabhat al-Nusra, dem "Islamischen Staat im Irak und Syrien", der Vorgängerorganisation des IS, und anderen jihadistischen Gruppierungen ab dem 4. August 2013 an der Offensive gegen alawitische Dörfer im Gebirge in der Provinz Latakia, bei der zahlreiche Zivilisten ermordet wurden, sowie im Februar 2014 an dem Angriff auf das Zentralgefängnis von Aleppo, an dem wiederum auch die Jabhat al-Nusra und weitere jihadistische Vereinigungen teilnahmen. Ab März 2015 bestand ein dauerhaftes militärisches Zweckbündnis mit der Jabhat al-Nusra.
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Seit September 2015 führt Abu Yahia al-Hamawi (alias Mohannad al-Masri) die Ahrar ash-Sham. Die zentrale Führung der Ahrar ash-Sham besteht aus einem Shura-Rat sowie Büros für Militär, Religion, Finanzen, humanitäre Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit. Die Organisation verfügt nach eigenen Angaben über ein eigenes Medienbüro, das die verschiedenen Videos veröffentlicht ; Verlautbarungen sowie Bekenner- und Propagandavideos werden sowohl über soziale Netzwerke als auch über die eigene Internetpräsenz verbreitet. Als weitere Führungsebene fungieren die Anführer in den einzelnen syrischen Provinzen. Die Kampfeinheiten sind überwiegend mit erbeuteten ehemaligen Beständen der syrischen Armee bewaffnet. Die Organisation verfügt über Befehlsstrukturen: Die Anweisungen und Planungen der höheren Ebene werden durch die nachgeordneten Abteilungen umgesetzt.
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(2) Der IS ist eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich ursprünglich zum Ziel gesetzt hatte, einen das Gebiet des heutigen Irak und die historische Region "ash-Sham" - die heutigen Staaten Syrien, Libanon und Jordanien sowie Palästina - umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden "Gottesstaat" unter Geltung der Sharia zu errichten und dazu die schiitisch dominierte Regierung im Irak und das Regime des syrischen Präsidenten Assad zu stürzen. Zivile Opfer nahm und nimmt sie bei ihrem fortgesetzten Kampf in Kauf, weil sie jeden, der sich ihren Ansprüchen entgegenstellt, als "Feind des Islam" begreift; die Tötung solcher "Feinde" oder ihre Einschüchterung durch Gewaltakte sieht der IS als legitimes Mittel des Kampfes an.
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Die Führung der Vereinigung, die sich mit der Ausrufung des "Kalifats" am 29. Juni 2014 aus "Islamischer Staat im Irak und in Großsyrien" (ISIG) in "Islamischer Staat" (IS) umbenannte, wodurch sie von der territorialen Selbstbeschränkung Abstand nahm, hat seit 2010 Abu Bakr al-Baghdadi inne. Bei der Ausrufung des Kalifats erklärte der Sprecher des IS al-Baghdadi zum "Kalifen", dem die Muslime weltweit Gehorsam zu leisten hätten. Ihm unterstehen ein Stellvertreter sowie "Minister" als Verantwortliche für einzelne Bereiche, so ein "Kriegsminister" und ein "Propagandaminister". Zur Führungsebene gehören außerdem beratende "Shura-Räte". Veröffentlichungen werden in der Medienabteilung "Al-Furqan" produziert und über die Medienstelle "al-l’tisam" verbreitet , die dazu einen eigenen Twitter-Kanal und ein Internetforum nutzt. Das auch von den Kampfeinheiten verwendete Symbol der Vereinigung besteht aus dem "Prophetensiegel", einem weißen Oval mit der Inschrift: "Allah - Rasul - Muhammad", auf schwarzem Grund, überschrieben mit dem islamischen Glaubensbekenntnis. Die zeitweilig über mehrere Tausend Kämpfer sind dem "Kriegsminister" unterstellt und in lokale Kampfeinheiten mit jeweils einem Kommandeur gegliedert.
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Die Vereinigung teilte von ihr besetzte Gebiete in Gouvernements ein und richtete einen Geheimdienstapparat ein; diese Maßnahmen zielten auf die Schaffung totalitärer staatlicher Strukturen. Angehörige der irakischen und syrischen Armee, aber auch von in Gegnerschaft zum IS stehenden Oppositionsgruppen , ausländische Journalisten und Mitarbeiter von Nichtregierungsorgani- sationen sowie Zivilisten, die den Herrschaftsbereich des IS in Frage stellen, sehen sich der Verhaftung, Folter und der Hinrichtung ausgesetzt. Filmaufnahmen von besonders grausamen Tötungen wurden mehrfach vom IS zu Zwecken der Einschüchterung veröffentlicht. Darüber hinaus begeht die Organisation immer wieder Massaker an Teilen der Zivilbevölkerung und außerhalb seines Machtbereichs Terroranschläge. So hat sie für Anschläge in Europa, etwa in Paris, Brüssel und Berlin, die Verantwortung übernommen.
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Im Irak gelang es dem IS im Jahr 2014, etwa ein Drittel des Staatsterritoriums zu besetzen. Am 10. Juni 2014 erlangte er die Kontrolle über die Millionenstadt Mossul, die bis zu der Offensive der von den USA unterstützten irakischen Armee Ende 2016 der zentrale Ort seiner Herrschaft im Irak war. Seit Januar 2015 wurde die Vereinigung schrittweise erfolgreich zurückgeschlagen. So begann am 16. Oktober 2016 die Rückeroberung von Mossul, die Anfang Juni 2017 abgeschlossen war. Am 27. August 2017 wurde der IS aus seiner letzten nordirakischen Hochburg in Tal Afar verdrängt.
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bb) Die Tathandlungen des Beschuldigten
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(1) Der Beschuldigte erwarb ab Mitte März 2014 militärische Ausrüstungsgegenstände , insbesondere Nachtsichtgeräte, Minensuchgeräte, Kampfschwerter und Kampfmesser. Mitte Mai 2014 verbrachte er die von ihm erworbenen Ausrüstungsgegenstände und weitere militärische Ausstattung im Wert von ca. 80.000 € gemeinsam mit dem gesondert verfolgten K. nach Syrien. Dort übergab er das Material einem bislang nicht identifizierten Syrer mit dem Kampfnamen "Abu Ali", der - wie der Beschuldigte wusste - Mitglied der der Ahrar ash-Sham zugehörigen Kampfgruppe Kataib al-Iman al-Muqatila war.
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(2) Während einer seiner mehrmaligen Reisen nach Syrien nahm der Beschuldigte von Mitte Mai 2014 bis Mitte August 2014 in einem Ausbildungslager der Kataib al-Iman al-Muqatila an einer militärischen Ausbildung teil. Er stand der Organisation in diesem Zeitraum als Rekrut zur Verfügung. Danach kehrte er am 20. August 2014 nach Deutschland zurück.
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(3) Anfang September 2014 beschaffte sich der Beschuldigte gemeinsam mit den gesondert verfolgten B. und O. zwei Krankentransporter mit Hilfsgütern wie Babynahrung und Kleiderspenden sowie 3.000 € Geldspenden und überführte diese über Ungarn, Rumänien und Bulgarien nach Syrien, um sie der Kataib al-Iman al-Muqatila zukommen zu lassen. In Syrien übergab er die Krankentransporter ebenfalls an Abu Ali.
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(4) Im Juli 2014 leitete der Beschuldigte auf Geheiß von B. Spendengelder in Höhe von 1.000 € an die Kataib al-Iman al-Muqatila weiter, indem er jeweils 500 € an Abu Ali und an eine Person mit dem Namen "Abu Mohammad" übergab. Die Gelder waren jeweils für die Organisation bestimmt.
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(5) Der Beschuldigte veröffentlichte auf einem von ihm unter dem Namen " " betriebenen Facebook-Account, einem damit verbundenen Telegram-Kanal, einem Twitter-Account und der Internetdomain www. .de sowie auf einem weiteren von ihm betriebenen Telegram-Kanal namens " " radikal-islamische, den "Jihad" verherrlichende Propaganda des IS und stellte diese einem großen Adressatenkreis zur Verfügung. Durch die Veröffentlichung der von ihm bearbeiteten und kommentierten IS-Propagandavideos rief er die Abonnenten seiner Kanäle und Besucher seiner Homepage auf, sich entweder in das Gebiet des IS in Syrien und im Irak zu begeben und sich dort dem IS als Mitglied anzuschließen oder den IS von Deutschland aus zu unterstützen. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Fälle:
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(a) und (b) Der Beschuldigte veröffentlichte am 20. April 2017 auf seinem Facebook-Profil " " und am 26. Januar 2018 auf seiner Webseite www. .de eine Hymne eines von einer Medienstelle des IS produzierten Videos. Dieses beinhaltete einen türkischsprachigen Nashid, in dem es unter anderem hieß: "Der islamische Staat wurde errichtet … Machst Du Dich nicht auf den Weg? Aus den Ländern des Unglaubens … Vollziehst Du nicht Deine Hijra? In die Gebiete des Kalifats … Das Kalifat ist die Gnade Gottes … Bleib nicht im Land des Unglaubens … Wertschätzung, Jihad und das Paradiesgibt es hier in den Gebieten des Kalifats".
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(c) Am 8. Oktober 2018 veröffentlichte der Beschuldigte auf dem Telegram -Kanal " " ein neun Sekunden dauerndes Video mit dem Dateinamen " ". Darin wird zunächst auf einem Monitor in grünen Buchstaben der Name "Cyber Caliphate" eingeblendet. Nach Einblendung des Schriftzugs "Dawa Pictures" in roten Buchstaben fügt sich aus grünen Zeichenketten , die Programmiercodes darstellen, das Prophetensiegel des IS zusammen. Am Ende des Videos ist das Prophetensiegel des IS in weißer Farbe auf schwarzem Hintergrund zu sehen; dazu wird die Aufforderung "Radikalisiere (Hacke) dich zum Guten" eingeblendet.
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(d) und (e) Am 9. September 2018 und am 21. September 2018 stellte der Beschuldigte auf der von ihm betriebenen Facebook-Seite " " jeweils ein türkischsprachiges, knapp vier Minuten dauerndes Nashid mit dem Titel "Come o Mujahid" (übersetzt: "Los, mein Mujahid") ein und verlinkte das Video auf seinem Telegram-Kanal " ". In dem Nashid wird dazu aufgerufen, nach Syrien auszureisen und sich dort dem IS anzuschließen. Es handelte sich - wie dem Beschuldigten bekannt war - um eine Veröffentlichung einer IS-Medienstelle aus dem Jahr 2016.
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Wegen der weiteren Einzelheiten der Tatvorwürfe wird auf den Haftbefehl Bezug genommen.
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b) Der dringende Tatverdacht folgt, soweit er die Vereinigungen Ahrar ash-Sham und IS betrifft, aus öffentlich zugänglichen Quellen und den Strukturerkenntnissen zu diesen Organisationen, insbesondere aus entsprechenden Gutachten des Sachverständigen Dr. S. , die dem Senat aus einer Vielzahl anderer Verfahren bekannt sind. Danach ist davon auszugehen, dass es sich bei der Kataib al-Iman al-Muqatila ("Kämpfende Bataillone des Glaubens") um eine derjenigen - kleineren - Gruppierungen handelte, die sich im Januar 2013 mit der "Kataʼib Ahrar ash-Sham" zusammenschlossen und dadurch die Ahrar ash-Sham bildeten. Sie trat trotz ihrer Eingliederung in die Ahrar ashSham und ihrer Unterordnung unter die zentrale Befehlsgewalt innerhalb der Organisation als Kampfeinheit unter ihrem früheren Namen in Erscheinung.
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Im Hinblick auf die dem Beschuldigten zur Last gelegten Tathandlungen gilt:
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aa) In Bezug auf die Unterstützungshandlungen zugunsten der Ahrar ash-Sham ergibt sich der dringende Tatverdacht aus einer Gesamtschau von Erkenntnissen, die im Wesentlichen aufgrund von Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen gewonnen wurden. Danach führte der gesondert verfolgte und rechtskräftig verurteilte B. im jeweiligen Tatzeitraum eine Vielzahl überwachter Gespräche mit verschiedenen Personen, deren Gegenstand die dem Beschuldigten vorgeworfenen Unterstützungshandlungen waren. Daraus ergibt sich insbesondere, dass der Beschuldigte Mitte Mai 2014 gemeinsam mit K. militärische Ausrüstungsgegenstände im Gesamtwert von ca. 80.000 €, namentlich Nachtsichtgeräte, Minensuchgeräte und Kampfschwerter, nach Syrien verbrachte und sie dort einer Person mit dem Kampfnamen "Abu Ali" übergab, welcher der Kampfgruppe Kataib al-Iman al-Muqatila angehörte. Im Rahmen von Finanzermittlungen und darauf beruhender weiterer Ermittlungen wurde bekannt, dass der Beschuldigte zumindest einen Teil der Ausrüstungsgegenstände - unter anderem im Internet - selbst gekauft hatte und an seine Wohnanschrift in Kö. hatte liefern lassen. Der Transport der militärischen Ausrüstung nach Syrien wird überdies durch nachrichtendienstliche Erkenntnisse belegt. Aus den im Rahmen der Telekommunikation gewonnenen Erkenntnissen ergibt sich ferner, dass der Beschuldigte im Sommer 2014 in einem Ausbildungslager der Kataib al-Iman al-Muqatila an einer militärischen Ausbildung teilnahm, Anfang September 2014 zwei Krankenfahrzeuge nach Syrien überführte, um sie dort der Gruppierung zu überlassen, und im Juli 2014 Spendengelder an die Kampfgruppe weiterleitete. Insoweit wird der dringende Tatverdacht auch durch Videos und Fotos gestützt, auf denen der Beschuldigte zu sehen ist, wie er mit Kalaschnikow-Gewehren bzw. einem Bündel von Geldscheinen posierte, und die den Transport der Krankenfahrzeuge dokumentieren.
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Im Hinblick auf die subjektive Tatseite lässt die Gesamtschau der objektiven Umstände den Schluss zu, dass der Beschuldigte um die Mitgliedschaft des Abu Ali in der - der Ahrar ash-Sham zugehörigen - Kataib al-Iman al-Muqatila wusste und die Organisation durch seine Handlungen unterstützen wollte bzw. insoweit zumindest mit bedingtem Vorsatz handelte. Der Beschuldigte stand während seines Aufenthalts in Syrien in engem Kontakt mit Abu Ali, der der Kampfeinheit Kataib al-Iman al-Muqatila angehörte und als Kontaktperson für die in dem Ausbildungslager befindlichen "Brüder" fungierte. In Anbetracht dessen liegt es nahe, dass dem Beschuldigten die Bezüge der Kataib al-Iman al-Muqatila zur Ahrar ash-Sham bekannt waren und er es jedenfalls billigend in Kauf nahm, durch seine Zuwendungen an die Kataib al-Iman al-Muqatila zugleich die Zwecke und Tätigkeit der Ahrar ash-Sham zu fördern.
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Bezüglich der dem Beschuldigten zur Last gelegten Handlungen des Werbens um Mitglieder und Unterstützer des IS beruht der dringende Tatverdacht im Wesentlichen darauf, dass die betreffenden Internetplattformen, auf denen die Veröffentlichungen vorgenommen wurden, den Ermittlungsergebnissen zufolge dem Beschuldigten zuzurechnen sind.
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Wegen der weiteren Einzelheiten der den dringenden Tatverdacht begründenden Umstände nimmt der Senat ebenfalls auf den Haftbefehl sowie den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 25. Juli 2019 Bezug.
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bb) Die Annahme des dringenden Tatverdachts wird durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet. Der Beschwerdeführer wendet im Wesentlichen ein, dass der gesondert verfolgte B. nicht glaubwürdig sei, so dass der dringende Tatverdacht hinsichtlich der ihm zur Last gelegten Unterstützung der Ahrar ash-Sham nicht "allein" auf dessen Äußerungen im Rahmen der abgehörten Gespräche gestützt werden könne; überdies sei vorsätzliches Handeln insoweit nicht nachweisbar. Im Hinblick auf den Tatvorwurf des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer des IS stellt der Beschwerdeführer in Abrede, das Propagandamaterial veröffentlicht zu haben. Zudem sei nicht erkennbar, dass dadurch "irgendjemand aufgerufen worden sein" solle, "sich ins IS-Gebiet zu begeben oder gar dort Mitglied zu werden"; schließlich sei auch insoweit Vorsatz zu verneinen.
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Diese Einwände stehen der Annahme dringenden Tatverdachts nicht entgegen. Anhaltspunkte dafür, dass die Äußerungen des gesondert verfolgten B. im Rahmen seiner überwachten Gespräche mit anderen unzutreffend sein könnten, haben sich bislang nicht ergeben. Die Richtigkeit dieser Äußerungen wird nicht ohne Weiteres dadurch in Frage gestellt, dass Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit von B. im Allgemeinen bestehen mögen, zumal er die hier in Rede stehenden Angaben nicht in einer Vernehmungssituation machte, sondern im Rahmen zwangloser Gespräche, deren Überwachung ihm nicht bewusst war. Der dringende Tatverdacht hinsichtlich der Unterstützungshandlungen zugunsten der Ahrar ash-Sham gründet zudem nicht "allein" auf den Äußerungen von B. , sondern auf einer Gesamtschau aller Indizien. Die objektiven Umstände tragen - wie bereits dargetan - die Annahme zumindest bedingten Vorsatzes. Hinsichtlich des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer des IS greift das pauschale Bestreiten der Täterschaft und des vorsätzlichen Handelns ebenfalls nicht durch. Insoweit bedarf es entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung überdies keines Nachweises eines Anwerbeerfolgs.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auch insoweit auf den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 25. Juli 2019 verwiesen.
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c) Danach hat der Beschuldigte mit hoher Wahrscheinlichkeit in vier Fällen eine Vereinigung im Ausland (Ahrar ash-Sham) unterstützt, deren Zwecke und deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) oder Völkermord (§ 6 VStGB) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 VStGB) zu begehen, sowie in fünf Fällen für eine terroristische Vereinigung im Ausland (IS) um Mitglieder und Unterstützer geworben, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Sätze 1 und 2, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 53 StGB. Wegen der Einzelheiten der rechtlichen Würdigung verweist der Senat auf die diesbezüglichen, zutreffenden Ausführungen im Haftbefehl.
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Die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts folgt jedenfalls aus § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB, weil der Beschuldigte Deutscher ist und sich im Inland be- findet; überdies hat er die ihm zur Last gelegten Taten zumindest teilweise im Inland begangen (zum Strafanwendungsrecht im Falle einer Straftat nach § 129b StGB s. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2016 - AK 52/16, juris Rn. 33 ff.).
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Die nach § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von Mitgliedern oder Unterstützern der Ahrar al-Sham, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz am 25. Juli 2014 erteilt. Betreffend den IS hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz die gemäß § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB für die Strafverfolgung erforderliche Ermächtigung unter dem 13. Oktober 2015 in allgemeiner Form neu gefasst und erteilt.
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2. Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Es ist wahrscheinlicher, dass sich der Beschuldigte - sollte er auf freien Fuß gelangen - dem Strafverfahren entziehen, als dass er sich ihm stellen wird.
38
Der Beschuldigte hat im Falle seiner Verurteilung mit einer erheblichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Dem davon ausgehenden Fluchtanreiz stehen keine hinreichenden fluchthemmenden Umstände entgegen. Der Beschuldigte lebt zwar mit seiner Familie in Deutschland. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die daraus resultierenden sozialen Bindungen ihn von einer Flucht abhalten werden. Insoweit kommt entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers dem Umstand Bedeutung zu, dass der Beschuldigte in einem Schreiben an den Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15. Januar 2015 zum Ausdruck brachte, "nach reiflicher Überlegung zum Entschluss gekommen" zu sein, Deutschland mit seiner Familie in Richtung Türkei verlassen zu wollen, weil er dort seine Religion "wieder besser praktizieren" könne. Die Ausreise sei ihm leider finanziell noch nicht möglich gewesen, er wolle aber klarstellen, dass er die "Verfassung und Werteordnung Europas und speziell Deutschlands niemals" akzeptieren werde.
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Wenngleich diese Bekundung der Ausreisewilligkeit des Beschuldigten bereits mehr als vier Jahre zurückliegt, lässt sie - insbesondere in Anbetracht der besonderen Nachdrücklichkeit der Erklärung und der dem Beschuldigten nunmehr zur Last gelegten, in den Jahren 2017 und 2018 begangenen Taten - darauf schließen, dass der Beschuldigte nach wie vor gewillt ist, seinen bisherigen Lebensmittelpunkt in Deutschland aufzugeben. Im Zusammenhang mit dem aus der Straferwartung resultierenden Fluchtanreiz liegt es deshalb nahe, dass der Beschuldigte Deutschland gegebenenfalls auch schon vor der Erlangung der ihm für eine Auswanderung wünschenswert erscheinenden finanziellen Mittel verlassen wird.
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Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers führt es zu keiner abweichenden Beurteilung, dass der Beschuldigte die ihm bekannten bisherigen Ermittlungsmaßnahmen nicht zum Anlass für eine Flucht genommen hat. Denn die Annahme des dringenden Tatverdachts durch die Ermittlungsbehörden und der Erlass des Haftbefehls haben dem Beschuldigten nunmehr in besonderem Maße vor Augen geführt, dass ihm eine Verurteilung zu einer erheblichen Freiheitsstrafe droht.
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Unter den gegebenen Umständen kann der Zweck der Untersuchungshaft nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen als deren Vollzug erreicht werden (§ 116 StPO).
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3. Schließlich steht der weitere Vollzug der Untersuchungshaft auch nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der im Fall einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Gericke Tiemann Berg

(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) Der Vorsitzende des Gerichts teilt die Anklageschrift dem Angeschuldigten mit und fordert ihn zugleich auf, innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu erklären, ob er die Vornahme einzelner Beweiserhebungen vor der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens beantragen oder Einwendungen gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens vorbringen wolle. Die Anklageschrift ist auch dem Nebenkläger und dem Nebenklagebefugten, der dies beantragt hat, zu übersenden; § 145a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(2) Über Anträge und Einwendungen beschließt das Gericht. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. Er ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird.

(2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.

(3) Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des Beschuldigten anordnen.