Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Mai 2019 - AK 23/19

bei uns veröffentlicht am16.05.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AK 23/19
vom
16. Mai 2019
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Kriegsverbrechen u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:160519BAK23.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Angeschuldigten und seiner Verteidiger am 16. Mai 2019 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen :
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern. Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Oberlandesgericht München übertragen.

Gründe:


I.


1
1. Der Angeschuldigte wurde am 25. Oktober 2018 festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft, zunächst aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 26. Oktober 2018 (4 BGs 224/18). Gegenstand dieses Haftbefehls war der Vorwurf, der Angeschuldigte habe gemeinschaftlich mit anderen nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen grausam und unmenschlich behandelt, indem er ihnen zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Ende 2013/Anfang 2014 in A. in Afghanistan erhebliche Schäden oder Leid zufügte.
2
2. Der Generalbundesanwalt hat unter dem 28. März 2019 gegen den Angeschuldigten vor dem Oberlandesgericht München Anklage erhoben. Gegenstand des Anklagevorwurfs ist die dem Angeschuldigten in dem Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs zur Last gelegte Tat und darüber hinaus ein weiterer Vorwurf.
3
3. Das Oberlandesgericht München hat mit Beschluss vom 16. April 2019 - unter gleichzeitiger Aufhebung und Ersetzung des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs - entsprechend dem in der Anklageschrift aufgeführten Tatvorwurf einen neuen, erweiterten Haftbefehl gegen den Angeschuldigten erlassen; diesen hat es mit Beschluss vom 18. April 2019 dem Angeschuldigten verkündet, den Haftbefehl in Vollzug gesetzt, Haftfortdauer und die Vorlage an den Bundesgerichtshof beschlossen.
4
Gegenstand des nunmehrigen Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeschuldigte habe im Zusammenhang mit einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt • durch eine Handlung gemeinschaftlich handelnd drei nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen grausam und unmenschlich behandelt, indem er ihnen erhebliche körperliche oder seelische Schäden zugefügt, insbesondere sie gefoltert habe, sowie • durch eine weitere selbständige Handlung gemeinschaftlich handelnd eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in schwerwiegender Weise entwürdigend oder erniedrigend behandelt , strafbar gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 9 VStGB, § 25 Abs. 2, §§ 52, 53 StGB.
5
Das Oberlandesgericht hält die Fortdauer der Untersuchungshaft ausweislich seines Beschlusses vom 18. April 2019 für erforderlich.

II.


6
Die Voraussetzungen der Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.
7
1. Der Angeschuldigte ist der ihm zur Last gelegten Taten dringend verdächtig.
8
a) Nach dem bisherigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
9
Der Angeschuldigte war etwa ab dem Jahr 2009 Angehöriger der Afghanischen Nationalarmee (ANA) und zuletzt im Rang eines Leutnants tätig. Zum Zeitpunkt der im Folgenden geschilderten Tathandlungen des Angeschuldigten bestand in Afghanistan ein nichtinternationaler bewaffneter Konflikt zwischen den afghanischen Regierungsstreitkräften, unterstützt durch die Truppen der sogenannten International Security Assistance Force (ISAF) auf der einen Seite und den Taliban sowie anderen nichtstaatlichen bewaffneten Gruppierungen auf der anderen Seite.
10
aa) Zu einem nicht genauer zu ermittelnden Zeitpunkt Ende des Jahres 2013/Anfang des Jahres 2014 befand sich der Angeschuldigte in einer Ar- meekaserne in der Ortschaft A. in der Provinz Paktia im Südosten Afghanistans. Der Hauptmann seiner Einheit war nicht anwesend; als dessen Vertreter fungierte ein im gleichen Rang wie der Angeschuldigte tätiger Leutnant.
11
Nachdem drei Gefangene zu dem Stützpunkt und in das Büro dieses Leutnants gebracht worden waren, vernahm der Angeschuldigte Schreie. Er begab sich zu dem Büro und betrat den Vernehmungsraum, in dem sich außer den drei Gefangenen, die mit verbundenen Augen und auf den Rücken gefesselten Händen auf dem Boden saßen, und dem Leutnant ein mit einem Sturmgewehr bewaffneter Soldat befand und mindestens ein weiterer Soldat, der die Vernehmung filmte. Als der Angeschuldigte hinzutrat, schlug der andere Leutnant gerade mit einem etwa 80 cm langen, in der Mitte gefalteten etwa zolldicken Stück Wasserschlauch auf die Gefangenen ein. Er forderte den Angeschuldigten auf, bei der Vernehmung mitzuschreiben, was dieser auch tat.
12
Im weiteren Verlauf der Vernehmung saßen der Angeschuldigte und der andere Leutnant den gefesselten Gefangenen im Abstand von maximal einem Meter gegenüber und fragten wiederholt nach dem Aufenthalt des Mullah der drei als Mitglieder der Taliban verdächtigen Gefangenen, sowie nach Waffenverstecken der Taliban. Sie hatten jedenfalls konkludent den Entschluss gefasst , Aussagen von den drei Gefangenen auch mittels Gewalthandlungen zu erzwingen, und wirkten dabei wie folgt zusammen:
13
Der Angeschuldigte drohte dem ersten vor ihm sitzenden Gefangenen mit dem Einsatz eines Elektroschockers, zu dem es dann allerdings nicht kam; sodann griff er dem Gefangenen in die Haare und zog daran. Der andere Leutnant schlug diesem Gefangenen sodann mit dem gefalteten Wasserschlauch zweimal auf den Kopf. Der Angeschuldigte fasste im Anschluss daran dem zweiten vor ihm sitzenden Gefangenen in die Haare und hielt ihn für etwa 30 Sekunden fest. Kurz darauf schlug er ihn mit der flachen Hand auf den Kopf. Der andere Leutnant wandte sich sodann dem links von dem Angeschuldigten sitzenden dritten Gefangenen zu und schlug diesen mehrfach mit dem Handrücken und der Faust gegen den Kopf und ins Gesicht. Wegen der vorangegangenen Gewalthandlungen teilte der dritte Gefangene letztlich mit, wo sich weitere Taliban, ihre Waffen und ihr Mullah befanden; anschließend wurden die drei Gefangenen abgeführt und in ein Gefängnis verbracht.
14
bb) Im März des Jahres 2014 erhielt der Angeschuldigte von seinem Vorgesetzten den Befehl, einen hochrangigen Taliban-Kommandeur aufzuspüren , und begab sich zu diesem Zweck gegen Abend des nicht mehr genau zu bestimmenden Tages mit 13 Soldaten an eine in der Nähe der OrtschaftS. gelegenen Straße, um dort Personenkontrollen durchzuführen. Nach einigen Stunden wurden der Angeschuldigte und sein Trupp von dem gesuchten Taliban-Kommandeur und dessen Leuten angegriffen. In dem sich anschließenden Feuergefecht wurde der Kommandeur getötet; seine Leiche wurde am frühen Morgen des nächsten Tages auf einem Feld gefunden. Der Angeschuldigte meldete dies seinem Vorgesetzten, der ihm befahl, den TalibanKommandeur in den Ort S. zu einem Metzger mit einem Fleischerhaken zu bringen. Auf Anordnung des Angeschuldigten wurde die Leiche deshalb mit einem Militärfahrzeug, von dem Arme und Beine herunterbaumelten, im Schritttempo in den Ort gefahren; der Angeschuldigte folgte dem Wagen zu Fuß. Ein Polizist, der bereits vorher mit der Faust auf den Leichnam eingeschlagen hatte, traktierte diesen weiter mit Schlägen mit seinem Sturmgewehr und führte tanzende Bewegungen aus. Ein weiterer Soldat, der auf dem Fahrzeug saß, schlug ebenfalls mit seinem Gewehr auf den Getöteten ein.
15
Nachdem der Angeschuldigte bei einem kurzen Stopp - umringt von Zivilisten - einen Fleischerhaken auf den Leichnam gelegt hatte, ließ er ihn zu einem Schutzwall eines Militärstützpunkts fahren, legte ihm eine Seilschlinge um den Hals, zog diese zu und ließ den getöteten Taliban-Kommandeur von seinen Soldaten an einem Seil nach oben ziehen und an dem Schutzwall aufhängen. Dabei unterstützte er die Soldaten; anschließend sagte er zu den Anwesenden , dass er den Taliban-Kommandeur wie einen Esel getötet habe und dass dieser deshalb wie ein Esel aufgehängt werden müsse. Dabei ging es dem Angeschuldigten und den von ihm befehligten Soldaten darum, den Getöteten unter Missachtung seiner Totenehre wie eine Trophäe zu präsentieren und ihn damit herabzuwürdigen.
16
b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus Folgendem:
17
aa) Dass im Tatzeitraum in den Jahren 2013 und 2014 in Afghanistan ein nichtinternationaler bewaffneter Konflikt unter Beteiligung der genannten Konfliktparteien bestand, folgt aus dem im Ermittlungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr. M. vom 19. Januar 2019.
18
bb) Der Angeschuldigte hat seine Tathandlungen in mehreren Vernehmungen , insbesondere auch gegenüber dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs , weitgehend eingeräumt. Sie ergeben sich darüber hinaus aus weiteren Beweismitteln, in erster Linie aus den Videoaufzeichnungen, die von den Vorfällen gemacht worden sind, sowie den Übersetzungen des dabei aufgenommenen Gesprochenen. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die ausführlichen Darlegungen im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen der Anklageschrift vom 28. März 2019.
19
2. In rechtlicher Hinsicht ergibt sich daraus, dass der Angeschuldigte sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 VStGB strafbar gemacht hat, indem er im ersten Fall gemeinsam mit dem befehlshabenden Leutnant die drei gefangenen mutmaßlichen Taliban-Kämpfer folterte; diese waren nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen, weil sie infolge ihrer Gefangennahme als Kämpfer der gegnerischen Partei wehrlos waren (§ 8 Abs. 6 Nr. 3 VStGB).
20
Im zweiten Fall stellt der Umgang mit dem Leichnam des getöteten Taliban -Kommandeurs eine schwerwiegende entwürdigende oder erniedrigende Behandlung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB dar. Die Vorschrift schützt auch bereits Verstorbene (BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - 3 StR 57/17, BGHSt 62, 272, 276 ff.); der Getötete war eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person im Sinne von § 8 Abs. 6 Nr. 3 VStGB.
21
Deutsches Strafrecht ist gemäß § 1 VStGB anwendbar.
22
3. Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr, § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Der Angeschuldigte hat im Fall seiner Verurteilung eine empfindliche Freiheitsstrafe zu erwarten, die einen erheblichen Fluchtanreiz begründet.
23
Er verfügt trotz zwischenzeitlich fortgeschrittenen Spracherwerbs und absolvierten Ausbildungsinhalten in der Bundesrepublik Deutschland nicht über einen hinreichend gesicherten Lebensmittelpunkt: Sein Aufenthaltsstatus ist ungeklärt, er hat nach abgelehntem Asylantrag und nicht anerkanntem Flüchtlings - oder subsidiärem Schutzstatus - vorbehaltlich einer abweichenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidung - derzeit keine legale Aufenthaltsperspektive. Er hat zwar soziale Bindungen zu seiner - deutschen - Lebensgefährtin; andererseits sind aber seine Personalien ungeklärt, nachdem er die Möglichkeit gewählt hat, sich seinen Nachnamen frei auszusuchen. Angesichts dessen und seiner Verbindungen zu seiner nach wie vor in Afghanistan lebenden Großfamilie , die über auskömmliche Einnahmen verfügt, steht deshalb nicht zu erwarten, dass er dem von der Straferwartung ausgehenden Fluchtanreiz widerstehen und sich den deutschen Strafverfolgungsbehörden freiwillig zur Verfügung stellen wird.
24
Der Zweck der Untersuchungshaft kann deshalb auch nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 StPO erreicht werden.
25
4. Die spezifischen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) sind ebenfalls gegeben. Der Umfang der Ermittlungen und ihre Schwierigkeit haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft. Das Verfahren ist auch mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung gefördert worden:
26
Parallel zu der nach der Festnahme des Angeschuldigten durchgeführten Auswertung der bei ihm und seiner Ehefrau nach islamischen Recht sichergestellten elektronischen Geräte und Datenträger wurden zwischen Anfang November und Ende Dezember 2018 zahlreiche Zeugen vernommen sowie mehrere Sachverständigengutachten - unter anderem zu den tatsächlichen Voraussetzungen des nichtinternationalen Konflikts - in Auftrag gegeben und fertiggestellt.
27
Nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen am 15. Februar 2019 hat der Generalbundesanwalt - wie dargelegt - unter dem 28. März 2019 Anklage erhoben, die am Folgetag beim Oberlandesgericht München einging und deren Zustellung am 1. April 2019 verfügt wurde. Zugleich ist die Übersetzung der Anklageschrift in Auftrag gegeben und eine Erklärungsfrist von vier Wochen nach Zustellung der Übersetzung angekündigt worden. Das Oberlandesgericht hat mit mehreren Verfügungen vom 5. und 10. April 2019 ergänzende Ermittlungen und die Beiziehung von weiteren Unterlagen veranlasst. Am 16. April 2019 hat es den verfahrensgegenständlichen neuen Haftbefehl erlassen und diesen dem Angeschuldigten am 18. April 2019 eröffnet.
28
5. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht nach alldem nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafen (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Schäfer Gericke Tiemann

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Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

Strafprozeßordnung - StPO | § 112 Voraussetzungen der Untersuchungshaft; Haftgründe


(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßr

Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

Strafprozeßordnung - StPO | § 121 Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate


(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden

Strafgesetzbuch - StGB | § 25 Täterschaft


(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Strafprozeßordnung - StPO | § 116 Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls


(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werd

Strafprozeßordnung - StPO | § 122 Besondere Haftprüfung durch das Oberlandesgericht


(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es be

Strafprozeßordnung - StPO | § 120 Aufhebung des Haftbefehls


(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sich

Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 8 Kriegsverbrechen gegen Personen


(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt 1. eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person tötet,2. eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Geisel nimmt,3. ein

Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 1 Anwendungsbereich


Dieses Gesetz gilt für alle in ihm bezeichneten Straftaten gegen das Völkerrecht, für Taten nach den §§ 6 bis 12 auch dann, wenn die Tat im Ausland begangen wurde und keinen Bezug zum Inland aufweist. Für Taten nach § 13, die im Ausland begangen wurd

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Juli 2017 - 3 StR 57/17

bei uns veröffentlicht am 27.07.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 57/17 vom 27. Juli 2017 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja VStGB § 8 Abs. 1 Nr. 9 Zur Strafbarkeit von Leichenschändungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB. BGH, Urteil vom 27

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(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es beantragt.

(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger zu hören. Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.

(3) Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. Für die weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen.

(4) Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten. Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten wiederholt werden.

(5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen.

(6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre.

(7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt

1.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person tötet,
2.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Geisel nimmt,
3.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person grausam oder unmenschlich behandelt, indem er ihr erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, insbesondere sie foltert oder verstümmelt,
4.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person sexuell nötigt oder vergewaltigt, sie zur Prostitution nötigt, der Fortpflanzungsfähigkeit beraubt oder in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen, eine unter Anwendung von Zwang geschwängerte Frau gefangen hält,
5.
Kinder unter 15 Jahren für Streitkräfte zwangsverpflichtet oder in Streitkräfte oder bewaffnete Gruppen eingliedert oder sie zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten verwendet,
6.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person, die sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er sie unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt,
7.
gegen eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person eine erhebliche Strafe, insbesondere die Todesstrafe oder eine Freiheitsstrafe verhängt oder vollstreckt, ohne dass diese Person in einem unparteiischen ordentlichen Gerichtsverfahren, das die völkerrechtlich erforderlichen Rechtsgarantien bietet, abgeurteilt worden ist,
8.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt, indem er
a)
an einer solchen Person Versuche vornimmt, in die sie nicht zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat oder die weder medizinisch notwendig sind noch in ihrem Interesse durchgeführt werden,
b)
einer solchen Person Gewebe oder Organe für Übertragungszwecke entnimmt, sofern es sich nicht um die Entnahme von Blut oder Haut zu therapeutischen Zwecken im Einklang mit den allgemein anerkannten medizinischen Grundsätzen handelt und die Person zuvor nicht freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder
c)
bei einer solchen Person medizinisch nicht anerkannte Behandlungsmethoden anwendet, ohne dass dies medizinisch notwendig ist und die Person zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder
9.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in schwerwiegender Weise entwürdigend oder erniedrigend behandelt,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit lebenslanger Freiheitsstrafe, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in den Fällen der Nummern 3 bis 5 mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen der Nummern 6 bis 8 mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren und in den Fällen der Nummer 9 mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt einen Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder einen Kämpfer der gegnerischen Partei verwundet, nachdem dieser sich bedingungslos ergeben hat oder sonst außer Gefecht ist, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.

(3) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt

1.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 rechtswidrig gefangen hält oder ihre Heimschaffung ungerechtfertigt verzögert,
2.
als Angehöriger einer Besatzungsmacht einen Teil der eigenen Zivilbevölkerung in das besetzte Gebiet überführt,
3.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zum Dienst in den Streitkräften einer feindlichen Macht nötigt oder
4.
einen Angehörigen der gegnerischen Partei mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel nötigt, an Kriegshandlungen gegen sein eigenes Land teilzunehmen,
wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

(4) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 den Tod des Opfers, so ist in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 5 Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. Führt eine Handlung nach Absatz 1 Nr. 8 zum Tod oder zu einer schweren Gesundheitsschädigung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4 und des Absatzes 2 Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 und des Absatzes 3 Nr. 1 Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen sind

1.
im internationalen bewaffneten Konflikt: geschützte Personen im Sinne der Genfer Abkommen und des Zusatzprotokolls I (Anlage zu diesem Gesetz), namentlich Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige, Kriegsgefangene und Zivilpersonen;
2.
im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige sowie Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen und sich in der Gewalt der gegnerischen Partei befinden;
3.
im internationalen und im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Angehörige der Streitkräfte und Kämpfer der gegnerischen Partei, welche die Waffen gestreckt haben oder in sonstiger Weise wehrlos sind.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt

1.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person tötet,
2.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Geisel nimmt,
3.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person grausam oder unmenschlich behandelt, indem er ihr erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, insbesondere sie foltert oder verstümmelt,
4.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person sexuell nötigt oder vergewaltigt, sie zur Prostitution nötigt, der Fortpflanzungsfähigkeit beraubt oder in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen, eine unter Anwendung von Zwang geschwängerte Frau gefangen hält,
5.
Kinder unter 15 Jahren für Streitkräfte zwangsverpflichtet oder in Streitkräfte oder bewaffnete Gruppen eingliedert oder sie zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten verwendet,
6.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person, die sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er sie unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt,
7.
gegen eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person eine erhebliche Strafe, insbesondere die Todesstrafe oder eine Freiheitsstrafe verhängt oder vollstreckt, ohne dass diese Person in einem unparteiischen ordentlichen Gerichtsverfahren, das die völkerrechtlich erforderlichen Rechtsgarantien bietet, abgeurteilt worden ist,
8.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt, indem er
a)
an einer solchen Person Versuche vornimmt, in die sie nicht zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat oder die weder medizinisch notwendig sind noch in ihrem Interesse durchgeführt werden,
b)
einer solchen Person Gewebe oder Organe für Übertragungszwecke entnimmt, sofern es sich nicht um die Entnahme von Blut oder Haut zu therapeutischen Zwecken im Einklang mit den allgemein anerkannten medizinischen Grundsätzen handelt und die Person zuvor nicht freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder
c)
bei einer solchen Person medizinisch nicht anerkannte Behandlungsmethoden anwendet, ohne dass dies medizinisch notwendig ist und die Person zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder
9.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in schwerwiegender Weise entwürdigend oder erniedrigend behandelt,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit lebenslanger Freiheitsstrafe, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in den Fällen der Nummern 3 bis 5 mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen der Nummern 6 bis 8 mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren und in den Fällen der Nummer 9 mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt einen Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder einen Kämpfer der gegnerischen Partei verwundet, nachdem dieser sich bedingungslos ergeben hat oder sonst außer Gefecht ist, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.

(3) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt

1.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 rechtswidrig gefangen hält oder ihre Heimschaffung ungerechtfertigt verzögert,
2.
als Angehöriger einer Besatzungsmacht einen Teil der eigenen Zivilbevölkerung in das besetzte Gebiet überführt,
3.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zum Dienst in den Streitkräften einer feindlichen Macht nötigt oder
4.
einen Angehörigen der gegnerischen Partei mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel nötigt, an Kriegshandlungen gegen sein eigenes Land teilzunehmen,
wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

(4) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 den Tod des Opfers, so ist in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 5 Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. Führt eine Handlung nach Absatz 1 Nr. 8 zum Tod oder zu einer schweren Gesundheitsschädigung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4 und des Absatzes 2 Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 und des Absatzes 3 Nr. 1 Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen sind

1.
im internationalen bewaffneten Konflikt: geschützte Personen im Sinne der Genfer Abkommen und des Zusatzprotokolls I (Anlage zu diesem Gesetz), namentlich Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige, Kriegsgefangene und Zivilpersonen;
2.
im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige sowie Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen und sich in der Gewalt der gegnerischen Partei befinden;
3.
im internationalen und im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Angehörige der Streitkräfte und Kämpfer der gegnerischen Partei, welche die Waffen gestreckt haben oder in sonstiger Weise wehrlos sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 57/17
vom
27. Juli 2017
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
Zur Strafbarkeit von Leichenschändungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB.
BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - 3 StR 57/17 - OLG Frankfurt am Main
in der Strafsache
gegen
wegen Kriegsverbrechens gegen Personen
ECLI:DE:BGH:2017:270717U3STR57.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. Juli 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof Gericke, Dr. Tiemann, Dr. Berg, Hoch als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. Juli 2016 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten wegen eines Kriegsverbrechens gegen Personen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
I. Das Oberlandesgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
3
Ende des Jahres 2013 fasste der Angeklagte den Entschluss, sich "dem bewaffneten Jihad" in Syrien anzuschließen, um dort "den islamischen Brüdern" im Kampf gegen das Assad-Regime zu helfen und zum Aufbau eines islamischen Gottesstaates beizutragen. Er gelangte spätestens am 8. März 2014 nach Syrien und lebte in der Folgezeit in der Wohnung seinesBekannten V. in der Stadt Binnish in der Provinz Idlib. Der aus Offenbach stammende V. hielt sich zu dieser Zeit bereits seit anderthalb Jahren als Jihadist in Syrien auf, hatte dort eine Waffenausbildung absolviert und war entsprechend kampferfahren. Er gab dem Angeklagten ein Sturmgewehr des Typs AK 47 und unterwies ihn im Umgang mit Schusswaffen sowie in Kampftechniken.
4
In der Provinz Idlib sowie in vielen weiteren Teilen Syriens herrschte seinerzeit ein bis heute andauernder Bürgerkrieg, in dem die syrischen Regierungstruppen einer Vielzahl von kämpfenden Gruppierungen gegenüberstanden , die zumeist islamistisch motiviert waren. Einige der oppositionellen Gruppen , insbesondere die "Freie Syrische Armee", die "Jabhat al-Nusra" und der damals noch so genannte Islamische Staat im Irak und in Syrien, die hierarchisch -militärisch strukturiert waren und über eine hohe Anzahl von Kämpfern verfügten, hatten bedeutende Landesteile unter ihre Kontrolle gebracht, insbesondere im Norden des Landes.
5
In der Zeit zwischen dem 8. März 2014 und dem 16. April 2014 griff eine Gruppe von bewaffneten jihadistischen Kämpfern, zu der auch V. gehörte , einen sog. Checkpoint in der Nähe von Binnish an, der von Streitkräften der syrischen Regierungstruppen gehalten wurde. Im Zuge der anschließenden Auseinandersetzung nahm die Gruppe um V. mindestens zwei gegnerische Soldaten gefangen und tötete sie. Während des Tötens oder danach enthaupteten Kämpfer der Gruppe die beiden Soldaten, spießten die abgetrennten Köpfe auf Metallstangen, an deren unteren Enden Beschwerungen angebracht waren, und stellten sie vor einer Schule in Binnish nebeneinander auf.
6
Der Angeklagte sah sich als Teil der Gruppe um V. ; die Getöteten , von denen er wusste, dass es sich um Angehörige der syrischen Regierungstruppen handelte, betrachtete er als "ungläubige" Alawiten. Er fasste den Entschluss, die beiden Opfer zu verhöhnen, sie in ihrer Totenehre herabzusetzen und sich dabei mit den trophäenartig zur Schau gestellten Köpfen fotografieren zu lassen.
7
Zu diesem Zweck posierte er - mit einem grünen tarnfleckgemusterten Oberteil und einer grünen Hose bekleidet - mit den Köpfen, indem er sich in unmittelbarer Nähe zu einem der aufgespießten Köpfe zwischen die beiden Metallstangen auf den Boden hockte und eine entspannte Haltung einnahm. Sodann ließ er sich in dieser Pose von vorn aus der Nähe fotografieren, so dass der abgetrennte Kopf eines der Opfer und dessen durch schwere Verletzungen entstelltes Gesicht gleichsam in Großaufnahme deutlich zu sehen waren. Außerdem gruppierte sich der Angeklagte gemeinsam mit V. , der eine AK 47 mit sich führte, und einer unbekannt gebliebenen Person, die ebenfalls eine militärische Tarnfleckkleidung trug, zwischen den aufgespießten Köpfen. Dabei hockte er sich wiederum auf den Boden, während V. und die weitere Person sich unmittelbar hinter den Angeklagten stellten. Die unbekannte Person legte ihren rechten Arm auf die Schulter von V. und dieser berührte mit seinem linken Arm den Angeklagten, um auf diese Weise Zusammengehörigkeit zu demonstrieren. In dieser Überlegenheit und Gnadenlosigkeit vermittelnden Pose ließen sich der Angeklagte und seine Mitstreiter zweimal ablichten. Auf einem der beiden Fotos ist der abgetrennte Kopf des anderen Opfers zu sehen, der in einer Weise, die eine Identifizierung ohne Weiteres zulässt, aufgenommen wurde. Auf dem anderen Foto sind beide aufgespießten Köpfe deutlich zu sehen.
8
Am 16. April 2014 veröffentlichte V. das Bild, auf dem der Angeklagte gemeinsam mit ihm und der unbekannten Person abgebildet und auf dem eines der Opfer zu sehen ist, zusammen mit einem weiteren Bild, das nur V. , eine AK 47 im Arm haltend, neben einem der aufgespießten Köpfe zeigt, im Internet. Der Angeklagte war bereits bei der Herstellung der Fotos von deren etwaiger Veröffentlichung im Internet durch einen der Beteiligten ausgegangen und damit einverstanden.
9
II. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
10
Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen eines Kriegsverbrechens gegen Personen. Das Oberlandesgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte durch sein Verhalten im Zusammenhang mit einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in schwerwiegender Weise entwürdigend und erniedrigend behandelt hat (§ 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB).
11
1. Bei den im Tatzeitraum in Syrien, insbesondere in der Provinz Idlib, stattfindenden Kämpfen zwischen der staatlichen syrischen Armee und oppositionellen Gruppierungen handelte es sich um einen nichtinternationalen bewaffneten Konflikt im Sinne des § 8 Abs. 1 VStGB. Maßgebend für das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts ist der Einsatz von Waffengewalt, die einer der beteiligten Konfliktparteien zuzurechnen ist (BGH, Beschlüsse vom 17. Juni 2010 - AK 3/10, BGHSt 55, 157, 166; vom 17. November 2016 - AK 54/16, juris Rn. 23). Während ein internationaler bewaffneter Konflikt die Anwendung von Waffengewalt zwischen Staaten voraussetzt, sind unter einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt solche Auseinandersetzungen zu verstehen, bei denen Streitkräfte innerhalb eines Staates gegen organisierte bewaffnete Gruppen oder solche Gruppen untereinander kämpfen, sofern die Kampfhandlungen von einer gewissen Dauer und Intensität sind. Die Erfordernisse einer gewissen Organisationsstruktur der betreffenden Gruppen sowie der Intensität und Dauer der bewaffneten Auseinandersetzungen stellen sicher, dass bloße innere Unruhen, Spannungen, Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und andere ähnliche Handlungen nicht als bewaffnete Konflikte eingestuft werden (BGH, Beschluss vom 17. November 2016 - AK 54/16, juris Rn. 23 mwN).
12
Die in Syrien, insbesondere in der Provinz Idlib, zwischen den syrischen Streitkräften und oppositionellen bewaffneten Gruppen stattfindenden Kämpfe gingen zur Tatzeit über bloße innere Unruhen und Spannungen wie Tumulte oder vereinzelt auftretende Gewalttaten weit hinaus. Sie dauerten im Frühjahr 2014 bereits längere Zeit an und hatten nahezu das ganze Land erfasst. Zumindest solche Konfliktparteien wie die "Freie Syrische Armee", die "Jabhat alNusra" und der "Islamische Staat im Irak und in Syrien" waren zudem in hohem Maße organisiert: Sie waren hierarchisch strukturiert, verfügten über ein großes Ausmaß an militärischer Ausrüstung, kontrollierten weite Landesteile und waren in der Lage, ihre Kämpfer militärisch auszubilden sowie koordinierte Angriffe durchzuführen. Dementsprechend handelte es sich um einen bewaffneten Konflikt , der jedenfalls zur Tatzeit noch als nichtinternationaler anzusehen war. Ungeachtet dessen, ob der Bürgerkrieg durch das Eingreifen ausländischer Kräfte inzwischen soweit "internationalisiert" ist, dass mittlerweile von einem internationalen bewaffneten Konflikt auszugehen wäre (vgl. zur Internationalisierung nichtinternationaler bewaffneter Konflikte MüKoStGB/ Zimmermann/Geiß, 2. Aufl., § 8 VStGB Rn. 96, 101), war dies zumindest im Frühjahr 2014 noch nicht der Fall.
13
2. Bei den Geschädigten handelte es sich auch um nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen. Das ergibt sich aus § 8 Abs. 6 Nr. 2 VStGB, wonach in einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt insbesondere solche Personen als nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende anzusehen sind, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen und sich in der Gewalt der gegnerischen Partei befinden. Dazu gehören u.a. feind- liche Kämpfer, die "hors de combat", das heißt außer Gefecht gesetzt, sind (vgl. BT-Drucks. 14/8524, S. 30; MüKoStGB/Zimmermann/Geiß, aaO Rn. 90; vgl. ferner - zu der § 8 Abs. 6 Nr. 2 VStGB entsprechenden Regelung in Art. 8 Abs. 2 Buchst. c des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs [IStGH-Statut] - Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, 4. Aufl., Rn. 1189).
14
So verhielt es sich bei den beiden getöteten Soldaten. Es handelte sich um Angehörige der syrischen Regierungstruppen, die von der Gruppe bewaffneter jihadistischer Kämpfer, welcher auch V. angehörte, gefangen genommen worden waren. Sie waren mithin außer Gefecht gesetzt worden und befanden sich in der Gewalt einer gegnerischen Partei.
15
3. Die beiden Soldaten unterfielen auch nach ihrer Tötung dem Schutzbereich des § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB.
16
a) Die danach strafbewehrte schwerwiegende entwürdigende oder erniedrigende Behandlung einer nach dem humanitären Völkerrecht zu schützenden Person erfasst auch Verstorbene; die Vorschrift dient insoweit dem Schutz der Totenehre bzw. der über den Tod hinaus fortwirkenden Würde des Menschen (BGH, Beschluss vom 8. September 2016 - StB 27/16, NJW 2016, 3604, 3606; MüKoStGB/Zimmermann/Geiß, aaO Rn. 204; vgl. auch Werle/Jeßberger, aaO Rn. 1238).
17
Demgegenüber wird im Schrifttum vereinzelt die Auffassung vertreten, dass § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB Leichenschändungen nicht erfasse (Berster, ZIS 2017, 264). Diese Ansicht wird im Wesentlichen damit begründet, dass der Gesetzgeber nur den gesicherten Bestand des Völkergewohnheitsrechts habe kodifizieren wollen, dem "die Strafbewehrtheit" von Leichenschändungen in bewaffneten Konflikten jedoch nicht zugerechnet werden könne. Deren völker- gewohnheitsrechtliche Verfestigung ergebe sich weder aus dem kodifizierten Konfliktvölkerrecht von Genf noch aus späterer Völkerrechtspraxis, insbesondere nicht aus den sog. Verbrechenselementen oder aus der internationalen Völkerrechtsprechung. Überdies verstoße die Subsumtion Verstorbener unter den Begriff der "Person" gegen das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG. Schließlich sei die für Verstöße gegen § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB i.V.m. § 38 Abs. 2 StGB angedrohte Freiheitsstrafe von einem bis zu 15 Jahren im Hinblick auf Leichenschändungen schuldunangemessen hoch.
18
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
19
aa) Sie entspricht nicht der Intention des Gesetzgebers. Mit dem VStGB sollten die Strafvorschriften des IStGH-Statuts umgesetzt und es sollte sichergestellt werden, dass Deutschland stets in der Lage ist, die in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fallenden Verbrechen selbst zu verfolgen. In der Orientierung an den Strafvorschriften des IStGH-Statuts sowie den dazu formulierten sog. Verbrechenselementen sah der Gesetzgeber einen wesentlichen Schritt zur Umsetzung gesicherten Völkergewohnheitsrechts in nationales Recht, denn er betrachtete das gesicherte Völkergewohnheitsrecht im Wesentlichen als im IStGH-Statut festgeschrieben (vgl. BT-Drucks. 14/8524, S. 12 f.; so auch Berster aaO, S. 265).
20
§ 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB orientiert sich an Art. 8 Abs. 2 Buchst. b (xxi) und Buchst. c (ii) IStGH-Statut (BT-Drucks. 14/8524, S. 28), wonach die entwürdigende und erniedrigende Behandlung geschützter Personen in internationalen und nichtinternationalen bewaffneten Konflikten als Kriegsverbrechen erfasst wird. Zur Auslegung der in Art. 8 IStGH-Statut enthaltenen Bestimmungen dienen nach Art. 9 IStGH-Statut die "Verbrechenselemente". Darin ist im Hinblick auf die Elemente, die Art. 8 Abs. 2 Buchst. b (xxi) und Buchst. c (ii) IStGH- Statut betreffen, jeweils in einer Fußnote ausgeführt, dass sich die Bestimmungen auch auf Tote erstrecken (Verbrechenselemente zu Art. 8 Abs. 2 Buchst. b (xxi), Ziffer 1 Fn. 49; zu Art. 8 Abs. 2 Buchst. c (ii), Ziffer 1 Fn. 57). Gleichermaßen ist dementsprechend auch § 8 Abs. 1 Nr. 9 StGB zu verstehen (vgl. Werle /Jeßberger, aaO Rn. 1236, 1238; MüKoStGB/Zimmermann/Geiß, aaO Rn. 204).
21
bb) Daraus, dass Art. 8 Abs. 2 Buchst. b (xxi) und Buchst. c (ii) IStGHStatut auch die entwürdigende und erniedrigende Behandlung Verstorbener als Kriegsverbrechen erfassen, folgt zugleich, dass der Einwand fehl geht, wonach die Strafbewehrtheit von Leichenschändungen in bewaffneten Konflikten nicht dem gesicherten Bestand des Völkergewohnheitsrechts zugerechnet werden könne. Denn das IStGH-Statut ist selbst eine zentrale Rechtsquelle des Völkerstrafrechts , die das nach Völkergewohnheitsrecht geltende Strafrecht weithin bestätigt und präzisiert (Werle/Jeßberger, aaO Rn. 189 f.; so auch Berster aaO, S. 265). Bei den Regelungen des Statuts handelt es sich teilweise um originär vertraglich begründetes Völkerrecht und teilweise um eine bloße deklaratorische Feststellung von bereits bestehendem Völkergewohnheitsrecht. Letzteres gilt insbesondere für die - u.a. in Art 8 IStGH-Statut - normierten Verbrechenstatbestände (vgl. zu allem Werle/Jeßberger, aaO Rn. 192).
22
(1) Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass es sich bei den Verbrechenselementen lediglich um "unverbindliche Interpretationshilfen" handele und sich die Erstreckung von Art. 8 Abs. 2 Buchst. b (xxi) sowie Buchst. c (ii) IStGH-Statut auf tote Personen lediglich aus Fußnoten zu den betreffenden Verbrechenselementen ergebe (so aber Berster aaO, S. 266).
23
Unabhängig von der Frage der rechtlichen Verbindlichkeit der Verbrechenselemente ist festzuhalten, dass diese durch eine Arbeitsgruppe (sog.
PrepCom) formuliert wurden, die neben Vorschlägen verschiedener Mitgliedstaaten ihrer Ausarbeitung auch eine Studie des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) zugrunde legte. Diese Studie repräsentierte alle relevanten Quellen des Völkerrechts und basierte ihrerseits auf umfassenden Forschungen und Analysen, nicht zuletzt der maßgeblichen Entscheidungen internationaler und nationaler Kriegsverbrecherprozesse (Dörmann, in: Fischer/Kreß/Lüder [Hrsg.], International and National Prosecution of Crimes, Under International Law 2001, S. 95, 96). In der Studie sind zu Art. 8 Abs. 2 Buchst. b (xxi) IStGH-Statut u.a. Verfahren aufgeführt, die sich mit der Verstümmelung toter Kriegsgefangener befassten (vgl. UN Doc. PCNICC/1999/WGEC/INF.2, S. 49; vgl. auch Dörmann, Elements of War Crimes, 2003, S. 314). Dies erhellt, dass das Verbot von Leichenschändungen aus Sicht des IKRK und der PrepCom zum Bestand des humanitären Völkergewohnheitsrechts zählte und dementsprechend in das IStGH-Statut aufgenommen werden sollte. Die Auffassung, dies könne die PrepCom "nicht ernsthaft" angenommen haben (Berster aaO, S. 267) bleibt demgegenüber ebenso spekulativ wie die Ansicht, die Erwähnung von "toten Personen" lediglich in Fußnoten der Verbrechenselemente lasse "vermuten", dass insoweit kein voller Konsens erzielt worden sei (Berster aaO, S. 266).
24
Schließlich besteht auch keine Veranlassung, das Kriegsverbrechen der schwerwiegenden entwürdigenden oder erniedrigenden Behandlung im internationalen bewaffneten Konflikt anders zu behandeln als im nichtinternationalen (so aber Berster aaO, S. 265 f.). Vielmehr sprachen sich sowohl das IKRK als auch die PrepCom für eine Gleichbehandlung aus (UN Doc. PCNICC/1999/WGEC/INF.2, S. 48; Dörmann, Elements of War Crimes, 2003, S. 404).
25
(2) Die völkergewohnheitsrechtliche Ächtung von Leichenschändungen in bewaffneten Konflikten ergibt sich überdies aus den vom IKRK veröffentlichten Regeln des humanitären Völkerrechts in internationalen und nichtinternationalen bewaffneten Konflikten (Customary International Humanitarian Law). Die völkergewohnheitsrechtliche Verankerung der vom IKRK zusammengefassten Regeln beruht auf einer entsprechenden weltweiten Staatenpraxis. Danach ist gemäß Regel Nr. 113 zum einen anerkannt, dass jede Konfliktpartei alle möglichen Maßnahmen treffen muss, um zu verhindern, dass die Toten ausgeplündert werden; zum anderen ist die Verstümmelung von Leichen verboten.
26
Die vom IKRK veröffentlichte Regel Nr. 113 des humanitären Völkergewohnheitsrechts steht in Einklang mit Art. 8 des II. Zusatzprotokolls vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nichtinternationaler bewaffneter Konflikte. Danach sind, "sobald die Umstände es zulassen, insbesondere aber nach einem Gefecht", unverzüglich alle durchführbaren Maßnahmen zu treffen, um unter anderem "die Toten zu suchen , ihre Beraubung zu verhindern und sie würdig zu bestatten".
27
(3) Die völkergewohnheitsrechtliche Strafbewehrtheit von Leichenschändungen in bewaffneten Konflikten hat zudem in Entscheidungen internationaler Gerichte ihren Niederschlag gefunden. So hat der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien die würdelose Behandlung, Verstümmelung, Bestattung in Massengräbern sowie "Wiederbestattung" von Getöteten als erniedrigend angesehen (vgl. JStGH, Urteil vom 1. September 2004 - Brđanin, IT99 -36-T, Nr. 1014 ff., 1019). Entsprechend beurteilt hat der Internationale Strafgerichtshof für Ruanda das Einführen einer Flasche in die Vagina eines weiblichen Leichnams (vgl. RStGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - Bagosora u.a., ICTR-98-41-T, Nr. 2219, 2222; vgl. ferner Urteil vom 14. Dezember 2011 - Bagosora u.a., ICTR-98-41-A, Nr. 729).
28
cc) Es stellt auch keinen Verstoß gegen das Analogieverbot dar, Verstorbene als nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB anzusehen. Der Begriff "Person" ist nach allgemeinem Sprachgebrauch im Wesentlichen gleichbedeutend mit "Mensch" (vgl. www.duden.de/rechtschreibung/Person; www.woerterbuchnetz.de/dwb, "Person"). Er erfasst gleichermaßen lebende und tote Menschen; ob der betreffende Mensch lebendig oder tot ist, wird durch Beifügung des entsprechenden Adjektivs deutlich gemacht. Dem entspricht auch der Sprachgebrauch des Strafgesetzbuchs. Das zeigt sich am Beispiel des § 168 Abs. 1 StGB, in dem von einem "verstorbenen Menschen" die Rede ist. Gleichermaßen verhält es sich letztlich im internationalen Strafrecht, wie der Blick auf die bereits erörterten Verbrechenselemente zu Art. 8 Abs. 2 Buchst. b (xxi) und Buchst. c (ii) IStGH-Statut verdeutlicht. In der englischsprachigen Originalfassung heißt es dazu jeweils: "For this crime, 'persons' can include dead persons." Es wird mithin gleichermaßen durch Hinzufügung des entsprechenden Adjektivs klargestellt , dass eine verstorbene Person gemeint ist.
29
dd) In Anbetracht der Tatsache, dass das IStGH-Statut zum Schutz der Totenehre bzw. der über den Tod hinaus fortwirkenden Würde des Menschen auch die entwürdigende und erniedrigende Behandlung von verstorbenen, nach dem humanitären Völkerrecht zu schützenden Personen in bewaffneten Konflikten als Kriegsverbrechen qualifiziert, kann es schließlich nicht zweifelhaft sein, dass es dem deutschen Gesetzgeber freisteht, in Umsetzung des IStGHStatuts einen entsprechenden Verbrechenstatbestand zu normieren.
30
Es ist dem Gesetzgeber grundsätzlich unbenommen, Art und Mindestmaß der Strafe zu bestimmen, die er für die Begehung einer Straftat androht. Die Festlegung eines Strafrahmens beruht auf einem nur in Grenzen rational begründbaren Akt gesetzgeberischer Wertung. Welche Sanktion für eine Straftat - abstrakt oder konkret - angemessen ist und wo die Grenzen einer an der Verfassung orientierten Strafdrohung zu ziehen sind, hängt von einer Fülle von Wertentscheidungen ab. Das Grundgesetz gesteht dem Gesetzgeber bei der Normierung von Strafdrohungen einen weiten Gestaltungsspielraum zu. Ein Verstoß gesetzlicher Strafdrohungen gegen den Schuldgrundsatz und das Übermaßverbot kommt deshalb nur in Betracht, wenn die gesetzliche Regelung - gemessen an der Idee der Gerechtigkeit - zu schlechthin untragbaren Ergebnissen führt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 13. Februar 1973 - 2 BvL 8/71, BVerfGE 34, 261, 267; vom 16. Januar 1979 - 2 BvL 4/77, BVerfGE 50, 125, 133 f., 138, 140).
31
Es ist nicht ersichtlich, dass die gesetzliche Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB als solche die Grenzen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums - auch soweit sie die entwürdigende oder erniedrigende Behandlung Verstorbener umfasst - überschreiten könnte. Dem im Vergleich mit anderen Kriegsverbrechen gegen Personen in der Regel geringeren Unrechts - und Schuldgehalt einer Leichenschändung kann im Einzelfall innerhalb des Strafrahmens hinreichend Rechnung getragen werden.
32
b) Der Anwendbarkeit des § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB steht auch nicht entgegen , dass sich die Handlung des Angeklagten lediglich auf die abgetrennten Köpfe der Soldaten bezog. Denn eine danach strafbewehrte entwürdigende oder erniedrigende Behandlung eines Verstorbenen kommt auch dann in Be- tracht, wenn sich die Tathandlung nur gegen Leichenteile richtet. Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich dabei um den Kopf des Toten handelt.
33
Es ist insoweit ohne Bedeutung, dass § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB Leichenteile im Gegensatz zu § 168 Abs. 1 StGB nicht ausdrücklich als mögliche Tatobjekte benennt. Dass auch sie erfasst werden, ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Sie dient ebenso wie Art. 8 Abs. 2 Buchst. b (xxi) und Buchst. c (ii) IStGH-Statut dem Schutz der persönlichen Würde; die Bestimmungen des IStGH-Statuts bringen dies in besonderem Maße dadurch zum Ausdruck, dass sie "die Beeinträchtigung der persönlichen Würde" in den Vordergrund stellen und eine entwürdigende und erniedrigende Behandlung lediglich beispielhaft anführen.
34
Die persönliche Würde eines Verstorbenen kann auch durch Verhaltensweisen beeinträchtigt werden, die lediglich seinen abgetrennten Kopf betreffen. Denn der Kopf ist das herausragende Identifikationsmerkmal eines Menschen und bestimmt die Außenwahrnehmung einer Person am meisten.
35
4. Das Verhalten des Angeklagten stellt sich auch als schwerwiegende entwürdigende und erniedrigende Behandlung der beiden getöteten Soldaten dar.
36
a) Der Angeklagte hat die Getöteten, indem er sich mit ihren abgetrennten und auf Stangen aufgespießten Köpfen fotografieren ließ, behandelt.
37
aa) Als "Behandeln" im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB kommt jedes unmittelbar auf das Opfer bezogene Verhalten in Betracht. Insoweit gilt:
38
(1) Es ist nicht erforderlich, dass der Täter physisch auf den Betroffenen einwirkt; vielmehr können selbst Beschimpfungen ausreichend sein (MüKoStGB/Zimmermann/Geiß, aaO Rn. 201).
39
Das folgt schon aus dem allgemeinen Sprachgebrauch. Danach wird unter "Behandeln" verstanden, dass mit jemandem bzw. etwas in bestimmter Weise umgegangen wird. Eine körperliche Einwirkung muss damit nicht verbunden sein (vgl. www.duden.de/rechtschreibung/Behandlung; vgl. auch www.woerterbuchnetz.de/dwb, "Behandeln").
40
Dem entspricht auch der juristische Sprachgebrauch (vgl. MüKoStGB/Hardtung, 2. Aufl., § 224 Rn. 36). So setzt eine gefährliche Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden "Behandlung" im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB nicht notwendig eine physische Einwirkung voraus. Sie kann auch durch Unterlassen begangen werden (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 224 Rn. 12a) oder unter Umständen durch bloße Bedrohung (BGH, Urteil vom 26. November 1985 - 1 StR 393/85, NStZ 1986, 166).
41
Gleiches gilt für die entwürdigende Behandlung eines Untergebenen gemäß § 31 Abs. 1 WStG. Darunter wird jedes Verhalten eines Vorgesetzten verstanden, mit dem er den Untergebenen zu einem austauschbaren Objekt erniedrigt, ihn der Lächerlichkeit und Verachtung preisgibt und damit den sozialen Wert- und Achtungsanspruch missachtet, den der Untergebene allgemein als Mensch in der sozialen Gemeinschaft und im Besonderen als Soldat in der soldatischen Gemeinschaft besitzt (MüKoStGB/Dau, 2. Aufl., § 31 WStG Rn. 3; Erbs/Kohlhaas/Dau, Strafrechtliche Nebengesetze, 208. EL, WStG § 31 Rn. 3 mwN). Dementsprechend liegt eine entwürdigende Behandlung im Sinne von § 31 Abs. 1 WStG beispielsweise vor bei bloßen Äußerungen mit sexuellem Bezug gegenüber untergebenen weiblichen Sanitätsoffizieren oder bei Beleidi- gungen bloßstellenden, erniedrigenden oder sexuellen Charakters (Erbs/Kohlhaas/Dau, aaO Rn. 4).
42
Schließlich entspricht es auch internationalem Verständnis, dass eine entwürdigende und erniedrigende Behandlung keine körperliche Einwirkung auf das Opfer voraussetzt. So hat der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien insoweit bereits bloße Äußerungen für ausreichend erachtet (JStGH, Urteil vom 2. November 2001 - Kvočka u.a., IT-98-30/1-T, Nr. 172). Eine - nicht mit körperlicher Einwirkung verbundene - entwürdigende Behandlung hat er zudem in der permanenten Beleidigung von gefangenen bosnischen Muslimen gesehen, die gezwungen wurden, serbische Lieder zu singen, den "serbischen Gruß" zu entrichten und sich serbisch-nationalistischen Symbolen zu unterwerfen (JStGH, Urteil vom 1. September 2004 - Brđanin, IT-99-36-T, Nr. 1015); gleichermaßen bewertet hat er, dass Gefangene gezwungen wurden , sich in die eigene Kleidung zu erleichtern (JStGH, Urteil vom 2. November 2001 - Kvočka u.a., IT-98-30/1-T, Nr. 173) oder nackt auf dem Tisch zu tanzen (JStGH, Urteil vom 22. Februar 2001 - Kunarac u.a., IT-96-23-T & IT-96-23/1-T, Nr. 772 f., 781 f.). Auch der Internationale Strafgerichtshof für Ruanda hat darin , dass ein - zuvor gewaltsam entkleidetes - weibliches Opfer ohne erneute körperliche Einwirkung gezwungen wurde, vor einer Gruppe von Tätern gymnastische Übungen auszuführen, eine entwürdigende Behandlung gesehen (RStGH, Urteil vom 2. September 1998 - Akayesu, ICTR-96-4-T, Nr. 688, 694,

697).


43
Dementsprechend soll auch nach der Intention des Gesetzgebers grundsätzlich "jede Art" von entwürdigender oder erniedrigender Behandlung zur Tatbestandserfüllung ausreichen, neben körperlichen Züchtigungen insbe- sondere auch "die Zurschaustellung von Gefangenen oder deren Beleidigung" (BT-Drucks. 14/8524, S. 28).
44
(2) Ein "Behandeln" im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB setzt auch keine psychische Einwirkung auf den Betroffenen voraus; die Behandlung muss vielmehr nicht einmal von ihm wahrgenommen werden. Dies folgt ebenfalls bereits aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, wonach es lediglich darauf ankommt , dass mit jemandem bzw. etwas in bestimmter Weise umgegangen wird. So kann eine Person beispielsweise "wie Luft behandelt" werden, ohne dies überhaupt zu bemerken.
45
(3) Erforderlich ist danach nur, dass sich das Verhalten unmittelbar auf die Person bezieht, weil anderenfalls nicht die Rede davon sein kann, dass mit ihr umgegangen wird. Dem entspricht, dass nach dem oben gefundenen Ergebnis Verstorbene, auf die psychisch nicht eingewirkt werden kann, in den Schutzbereich der Norm einbezogen sind.
46
bb) Hier bezog sich das Verhalten des Angeklagten unmittelbar auf die getöteten Soldaten, soweit er mit deren abgetrennten Köpfen posierte und sich mit ihnen fotografieren ließ. Demgegenüber bezog sich die spätere Veröffentlichung der Fotos im Internet nicht unmittelbar auf die getöteten Soldaten. Darin ist kein Umgang mit den Soldaten, sondern mit den Fotos zu sehen.
47
b) Die entwürdigende und erniedrigende Behandlung der getöteten Soldaten durch den Angeklagten war auch schwerwiegend im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB.
48
aa) Nach der Intention des Gesetzgebers sollen durch die Formulierung "in schwerwiegender Weise" insbesondere "Beleidigungen von nur geringer Schwere" vom Anwendungsbereich des Tatbestands ausgenommen werden (BT-Drucks. 14/8524, S. 28). Dieses Merkmal bedarf indes im Hinblick auf den Verbrechenscharakter des § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB und die damit verbundene Mindeststrafandrohung von einem Jahr Freiheitsstrafe vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Gebots schuldangemessenen Strafens einer einschränkenden Auslegung.
49
Der Ansatzpunkt dafür ergibt sich aus der englischsprachigen Originalfassung der Art. 8 Abs. 2 Buchst. b (xxi) und Buchst. c (ii) IStGH-Statut, an der sich § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB nach dem Willen des Gesetzgebers orientiert. Dort wird im Zusammenhang mit der als Kriegsverbrechen erfassten entwürdigenden und erniedrigenden Behandlung jeweils der Begriff "outrage" verwendet. Dieser Begriff lässt sich als "Frevel(tat)", "Gräuel(tat)" bzw. "Ungeheuerlichkeit" übersetzen (vgl. https://de.langenscheidt.com/englisch-deutsch/outrage). Als Kriegsverbrechen erfasst das IStGH-Statut mithin nur solche entwürdigenden oder erniedrigenden Behandlungen, welche die Würde des Betroffenen in solchem Ausmaß verletzen, dass die betreffende Tat als Gräueltat anzusehen ist (so auch Werle/Jeßberger, aaO Rn. 1238). Ausschlaggebend ist insoweit ein objektiver Maßstab (Werle/Jeßberger, aaO mwN), bei dem - wie sich aus den Verbrechenselementen ergibt (vgl. Verbrechenselemente zu Art. 8 Abs. 2 Buchst. b (xxi), Ziffer 1 Fn. 49; zu Art. 8 Abs. 2 Buchst. c (ii), Ziffer 1 Fn. 57) - der kulturelle Hintergrund des jeweiligen Opfers zu berücksichtigen ist (MüKoStGB/Zimmermann/Geiß, aaO Rn. 202).
50
Dementsprechend ist auch der Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB auf solche Taten zu beschränken, durch welche die Würde des Be- troffenen in einem Ausmaß verletzt wird, dass sich die Tat aus der Sicht eines objektiven Beobachters unter Berücksichtigung des kulturellen Hintergrundes des Opfers als Gräueltat darstellt. Dem Wortsinn entsprechend (vgl. dazu https://de.wikipedia.org/wiki/Gräuel) ist das der Fall, wenn das Verhalten des Täters grauenhaft bzw. grauenerregend erscheint.
51
Dies kommt im Zusammenhang mit der entwürdigenden oder erniedrigenden Behandlung Verstorbener vor allem bei Verstümmelungen oder anderen körperlichen Einwirkungen in Betracht (vgl. RStGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - Bagosora u.a., ICTR-98-41-T, Nr. 2219, 2222; vgl. ferner Urteil vom 14. Dezember 2011 - Bagosora u.a., ICTR-98-41-A, Nr. 729). Bloße Beschimpfungen , Beleidigungen oder sonstige nicht mit physischer Einwirkung verbundene entwürdigende oder erniedrigende Behandlungen Verstorbener sind demgegenüber grundsätzlich nicht geeignet, als Gräueltat angesehen zu werden. Etwas anderes kann nur gelten, wenn ein derartiges Verhalten ausnahmsweise gleichermaßen grauenhaft bzw. grauenerregend erscheint wie eine durch körperliche Einwirkung begangene Gräueltat.
52
bb) So verhält es sich indes hier.
53
Das Verhalten des Angeklagten, sich mehrfach in einer Pose, die Überlegenheit und Gnadenlosigkeit vermittelte, in unmittelbarer Nähe zu den abgetrennten , auf die Metallstangen gespießten und quasi als Trophäen zur Schau gestellten Köpfen der Soldaten fotografieren zu lassen, knüpfte an deren vorangegangene entwürdigende und erniedrigende Behandlung an, die in dem Aufspießen ihrer Köpfe und deren Zurschaustellung vor der Schule bestand. Die Leichname nicht beizusetzen oder an den Gegner zu überstellen, sondern stattdessen deren Köpfe auf Metallstangen aufzuspießen und öffentlich als Trophäen zu präsentieren, stellte fraglos eine schwerwiegende entwürdigende und erniedrigende Behandlung der Getöteten dar.
54
Gleiches gilt auch für das an die Zurschaustellung der aufgespießten Köpfe anschließende, selbst nicht mit körperlicher Einwirkung verbundene Verhalten des Angeklagten. Er hat die durch die vorangegangene Behandlung der Opfer geschaffene, diese außerordentlich entwürdigende Situation genutzt, um deren erniedrigende Behandlung weiter zu vertiefen. Sich in unmittelbarer Nähe zu den aufgespießten und zur Schau gestellten Köpfen in einer Pose fotografieren zu lassen, die Überlegenheit und Gnadenlosigkeit vermittelte, erscheint aus der Sicht eines objektiven Betrachters unter Berücksichtigung des kulturellen Hintergrundes der Opfer nicht minder grauenerregend als das Aufspießen und die Zurschaustellung der Köpfe. Denn der Angeklagte demonstrierte damit, dass ihn der entwürdigende Zustand der Opfer nicht zu Anteilnahme oder Scham veranlasste. Indem er sich alleine sowie gemeinsam mit V. und der unbekannten Person mit den abgetrennten und aufgespießten Köpfen in Szene setzte, brachten er und seine Mittäter vielmehr zum Ausdruck, dass ihnen die Köpfe als bloße Trophäen dienten, mit denen sie sich schmückten. Es ist insoweit bei objektiver Betrachtung ohne Bedeutung, dass der Angeklagte nicht zugleich körperlich auf die Opfer eingewirkt hat.
55
5. Schließlich hat der Angeklagte die Tat auch im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt begangen. Der insoweit erforderliche funktionale Zusammenhang ist gegeben, wenn das Vorliegen des bewaffneten Konflikts für die Fähigkeit des Täters, das Verbrechen zu begehen, für seine Entscheidung zur Tatbegehung, für die Art und Weise der Begehung oder für den Zweck der Tat von wesentlicher Bedeutung war; die Tat darf nicht lediglich "bei Gelegenheit" des bewaffneten Konflikts begangen werden. Eine Tatausführung wäh- rend laufender Kampfhandlungen oder eine besondere räumliche Nähe dazu sind hingegen nicht erforderlich (vgl. zu allem BGH, Beschluss vom 17. November 2016 - AK 54/16, juris Rn. 29; Werle/Jeßberger, aaO Rn.1163 ff.; BT-Drucks. 14/8524, S. 25).
56
Hier wäre die Tat des Angeklagten ohne den bewaffneten Konflikt praktisch nicht denkbar gewesen. Er hatte sich nach Syrien begeben, um sich einer Gruppe von jihadistischen Kämpfern anzuschließen und durch den bewaffneten Kampf gegen die syrischen Regierungstruppen zum Aufbau eines islamischen Gottesstaates beizutragen. Bei den Getöteten handelte es sich um Regierungssoldaten , die bei der Erstürmung des von ihnen gehaltenen Checkpoints gefangen genommen und getötet worden waren, und die anschließende Zurschaustellung ihrer abgetrennten Köpfe sowie das Posieren des Angeklagten mit den Köpfen diente gerade zu dem Zweck, die eigene Überlegenheit und Gnadenlosigkeit zu demonstrieren.
Becker Gericke Tiemann Berg Hoch

(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt

1.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person tötet,
2.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Geisel nimmt,
3.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person grausam oder unmenschlich behandelt, indem er ihr erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, insbesondere sie foltert oder verstümmelt,
4.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person sexuell nötigt oder vergewaltigt, sie zur Prostitution nötigt, der Fortpflanzungsfähigkeit beraubt oder in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen, eine unter Anwendung von Zwang geschwängerte Frau gefangen hält,
5.
Kinder unter 15 Jahren für Streitkräfte zwangsverpflichtet oder in Streitkräfte oder bewaffnete Gruppen eingliedert oder sie zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten verwendet,
6.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person, die sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er sie unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt,
7.
gegen eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person eine erhebliche Strafe, insbesondere die Todesstrafe oder eine Freiheitsstrafe verhängt oder vollstreckt, ohne dass diese Person in einem unparteiischen ordentlichen Gerichtsverfahren, das die völkerrechtlich erforderlichen Rechtsgarantien bietet, abgeurteilt worden ist,
8.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt, indem er
a)
an einer solchen Person Versuche vornimmt, in die sie nicht zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat oder die weder medizinisch notwendig sind noch in ihrem Interesse durchgeführt werden,
b)
einer solchen Person Gewebe oder Organe für Übertragungszwecke entnimmt, sofern es sich nicht um die Entnahme von Blut oder Haut zu therapeutischen Zwecken im Einklang mit den allgemein anerkannten medizinischen Grundsätzen handelt und die Person zuvor nicht freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder
c)
bei einer solchen Person medizinisch nicht anerkannte Behandlungsmethoden anwendet, ohne dass dies medizinisch notwendig ist und die Person zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder
9.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in schwerwiegender Weise entwürdigend oder erniedrigend behandelt,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit lebenslanger Freiheitsstrafe, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in den Fällen der Nummern 3 bis 5 mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen der Nummern 6 bis 8 mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren und in den Fällen der Nummer 9 mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt einen Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder einen Kämpfer der gegnerischen Partei verwundet, nachdem dieser sich bedingungslos ergeben hat oder sonst außer Gefecht ist, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.

(3) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt

1.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 rechtswidrig gefangen hält oder ihre Heimschaffung ungerechtfertigt verzögert,
2.
als Angehöriger einer Besatzungsmacht einen Teil der eigenen Zivilbevölkerung in das besetzte Gebiet überführt,
3.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zum Dienst in den Streitkräften einer feindlichen Macht nötigt oder
4.
einen Angehörigen der gegnerischen Partei mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel nötigt, an Kriegshandlungen gegen sein eigenes Land teilzunehmen,
wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

(4) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 den Tod des Opfers, so ist in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 5 Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. Führt eine Handlung nach Absatz 1 Nr. 8 zum Tod oder zu einer schweren Gesundheitsschädigung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4 und des Absatzes 2 Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 und des Absatzes 3 Nr. 1 Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen sind

1.
im internationalen bewaffneten Konflikt: geschützte Personen im Sinne der Genfer Abkommen und des Zusatzprotokolls I (Anlage zu diesem Gesetz), namentlich Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige, Kriegsgefangene und Zivilpersonen;
2.
im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige sowie Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen und sich in der Gewalt der gegnerischen Partei befinden;
3.
im internationalen und im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Angehörige der Streitkräfte und Kämpfer der gegnerischen Partei, welche die Waffen gestreckt haben oder in sonstiger Weise wehrlos sind.

Dieses Gesetz gilt für alle in ihm bezeichneten Straftaten gegen das Völkerrecht, für Taten nach den §§ 6 bis 12 auch dann, wenn die Tat im Ausland begangen wurde und keinen Bezug zum Inland aufweist. Für Taten nach § 13, die im Ausland begangen wurden, gilt dieses Gesetz unabhängig vom Recht des Tatorts, wenn der Täter Deutscher ist oder die Tat sich gegen die Bundesrepublik Deutschland richtet.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. Er ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird.

(2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.

(3) Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des Beschuldigten anordnen.