Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2019 - 5 StR 633/18
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. März 2019 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat: Zwar erscheint es rechtlich bedenklich, dass das Landgericht bei der Würdi- gung der Angaben des Angeklagten es als „unplausibel“ bewertet hat, dass dieser „seine bestreitende Einlassung“ erst in der Hauptverhandlung abgegeben hat (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss vom 28. Mai 2014 – 3 StR 196/14, NStZ 2014, 666, 667). Der Senat kann aber ausschließen, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht (§ 337 Abs. 1 StPO). Denn das Landgericht hat diesen Umstand nur als einen von mehreren gegen die Glaubhaftigkeit der Einlassung des Angeklagten sprechenden Gesichtspunkten herangezogen und seine Überzeugung rechtsfehlerfrei aus den Angaben des Geschädigten sowie den diese stützenden Aussagen unbeteiligter Zeugen gewonnen.
Mutzbauer Sander König Mosbacher Köhler
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
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Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg. Das angefochtene Urteil kann keinen Bestand haben, weil sich die Beweiswürdigung als rechtsfehlerhaft erweist.
- 2
- Bei der Würdigung der Einlassung des für die Tatzeit am 1. März 2012 ein Alibi geltend machenden Angeklagten war für die Kammer "von entscheidender Bedeutung", dass er dieses erst zu einem sehr späten Zeitpunkt im Verfahren vorbrachte, was nicht nachvollziehbar sei. Damit hat das Landgericht in unzulässiger Weise aus dem anfänglichen Schweigen des Angeklagten für die- sen nachteilige Schlüsse gezogen. Diesem steht es frei, ob er sich zur Sache einlässt (§ 136 Abs. 1 Satz 2, § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO). Der unbefangene Gebrauch dieses Schweigerechts wäre nicht gewährleistet, wenn der Angeklagte die Prüfung und Bewertung der Gründe für sein Aussageverhalten befürchten müsste. Deshalb dürfen weder aus der durchgehenden noch aus der anfänglichen Aussageverweigerung nachteilige Schlüsse gezogen werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 1965 - 5 StR 515/65, BGHSt 20, 281, 282 ff.; Beschluss vom 7. Dezember 1983 - 3 StR 484/83, StV 1984, 143).
- 3
- Da dem Urteil entnommen werden kann, dass der Angeklagte erstmals in der Hauptverhandlung überhaupt Angaben machte, liegt auch kein Fall eines - der Würdigung grundsätzlich zugänglichen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2005 - 1 StR 478/04, NStZ-RR 2005, 147, 148) - teilweisen Schweigens vor, so dass der dargelegte Rechtsfehler auf die Sachrüge hin zu beachten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 1996 - 3 StR 248/96, NStZ 1997, 147). Auf diesem beruht das Urteil auch. Da die Kammer dem prozessualen Verhaltendes Angeklagten ausdrücklich entscheidende Bedeutung beigemessen hat, kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht zu einer anderen Überzeugung bezüglich der Täterschaft des Angeklagten gelangt wäre, wenn es dessen Einlassung rechtsfehlerfrei gewürdigt hätte.
Mayer Gericke