Bundesgerichtshof Beschluss, 06. März 2018 - 5 StR 585/17

bei uns veröffentlicht am06.03.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 585/17
vom
6. März 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Einschleusens von Ausländern u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:060318B5STR585.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 6. März 2018 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 8. Juli 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einschleusens von Ausländern in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Rüge der Verletzung des § 257c Abs. 5 StPO Erfolg.
2
1. Dieser liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
3
In der zunächst gegen fünf Angeklagte geführten Hauptverhandlung teilte der Vorsitzende am 30. Juni 2014 mit, dass an dem zuvor mit den Verfahrensbeteiligten erörterten, letztlich modifizierten Verständigungsvorschlag fest- gehalten werde und nunmehr „entsprechend § 257c StPO im Sinne des modifi- zierten Vorschlags vorgegangen werden solle“. Alle Beteiligten erklärten sich damit einverstanden. Eine Belehrung gemäß § 275c Abs. 5 StPO fand nicht statt. Am nächsten Hauptverhandlungstag gab der Angeklagte ein Geständnis ab, „ohne dass er auch an diesem Tag belehrt worden wäre“ (RB S. 15). Auf Bitten des Angeklagten wurde das gegen ihn gerichtete Verfahren zur Beschleunigung abgetrennt und nur gegen ihn weiter verhandelt, während die Verhandlung gegen die übrigen Angeklagten unterbrochen und an einem anderen Tag fortgesetzt wurde. Das Urteil gegen den Angeklagten wurde noch am selben Tag verkündet.
4
2. Die Rüge ist zulässig erhoben.
5
Der Angeklagte hat einen Sachverhalt vorgetragen, der es dem Revisionsgericht ohne weiteres ermöglicht, allein aufgrund seines Vortrags zu überprüfen , ob der gerügte Rechtsfehler vorläge, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (vgl. nur BGH, Beschluss vom 12. März 2013 – 2 StR 34/13, NStZ-RR 2013, 222). Dem Vortrag des Beschwerdeführers (RB S. 13) ist zu entnehmen, dass jedenfalls vor Zustandekommen der Verständigung nach § 257c Abs. 3 Satz 4 StPO und damit vor dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. März 2015 – 5 StR 82/15, NStZ-RR 2015, 225 mwN) keine Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO vorgenommen wurde. Die Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO sind damit erfüllt.
6
Soweit der Generalbundesanwalt unter dem Gesichtspunkt des ausnahmsweise erforderlichen Vortrags sogenannter Negativtatsachen Angaben dazu vermisst, dass dem Angeklagten der Inhalt der vom Gesetz vorgeschriebenen Belehrung gemäß § 257c Abs. 5 StPO auch nicht aus möglicherweise vor Abtrennung der Verfahren erfolgten Belehrungen der Mitangeklagten bekannt gewesen sei, vermag der Senat eine entsprechende Unvollständigkeit nicht zu erkennen. Tatsächlich erfolgten die Belehrungen der (früheren) Mitan- geklagten erst nach Abtrennung des gegen den Beschwerdeführer gerichteten Verfahrens.
7
3. Die Rüge ist auch begründet. Denn der Vorsitzende der Strafkammer hätte den Angeklagten bereits bei Unterbreitung des Verständigungsvorschlags über die in § 257c Abs. 4 StPO geregelte Möglichkeit eines Entfallens der Bindung des Gerichts an die Verständigung belehren müssen (BGH, Beschluss vom 25. März 2015, aaO; BVerfGE 133, 168, 237; BVerfG [Kammer], NStZ 2014, 721).
8
Das Urteil beruht auf dem Verstoß gegen die Belehrungspflicht (§ 337 Abs. 1 StPO). Der Senat kann die Ursächlichkeit des Belehrungsfehlers für das Geständnis nicht ausschließen. Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten auf der Grundlage der Verständigung eingeräumt. Neben anderen Beweismitteln hat die Strafkammer vor allem hierauf die Verurteilung gestützt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dem Angeklagten die Voraussetzungen für den Wegfall der Bindungswirkung im Zeitpunkt seines Geständnisses bekannt waren, bestehen nicht (vgl. oben 2.).
9
4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
10
Für die Verfahrensverzögerung zwischen dem Eingang der Revisionsbegründungsschrift beim Landgericht und der Weiterleitung der Ermittlungsakten zum Generalbundesanwalt wird eine Kompensation zu prüfen sein. Ergänzend verweist der Senat zudem auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts.
Mutzbauer Sander Schneider
Berger Mosbacher

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Bundesgerichtshof Beschluss, 06. März 2018 - 5 StR 585/17 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 257c Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten


(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Gegenstand dieser Verstä

Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2013 - 2 StR 34/13

bei uns veröffentlicht am 12.03.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 34/13 vom 12. März 2013 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. März 2015 - 5 StR 82/15

bei uns veröffentlicht am 25.03.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 82/15 vom 25. März 2015 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. März 2015 beschlossen: Auf

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 34/13
vom
12. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12. März 2013 gemäß
§ 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 13. August 2012 wird als unzulässig verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels, die insoweit durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die der Neben- und Adhäsionsklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 93 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete und auf zwei Beweisantragsrügen sowie eine Aufklärungsrüge gestützte Revision des Angeklagten ist unzulässig.
2
Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt: „Die erhobenen Verfahrensrügen genügen nicht den Darlegungserfor- dernissen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Hiernach ist eine Verfahrensrüge nur dann in zulässiger Weise erhoben, wenn der Beschwerdeführer die den Mangel enthaltenden Tatsachen angibt (BGHR StPO, § 344 Abs. 2 Satz 2 Formerfordernis 1; BGH NJW 2006, 1220). Das Revisionsgericht muss allein aufgrund der Begründungsschrift - ohne Bezugnahmen und Verweisungen - prüfen können, ob ein Verfahrensmangel vorliegt , wenn das tatsächliche Vorbringen der Revision zutrifft (BGH NJW 1995, 2047; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 344 Rn. 21 mwN). Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sowie die darin in Bezug genommenen Unterlagen sind durch wörtliche Zitate oder inhaltliche Wiedergabe, eingefügte Abschriften oder Ablichtungen zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen und, soweit erforderlich , im Einzelnen zu bezeichnen (BGH StV 2008, 174 f.; KK-Kuckein StPO, 6. Aufl., § 344 Rn. 39 mwN). Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Revision nicht gerecht. 1. In der Revisionsbegründungsschrift (Bl. 739-741) sind die vom Revisionsführer gestellten Beweisanträge auf Vernehmung der Zeugen G. , E. und T. (vgl. Bl. 527-529) sowie die entsprechenden Ablehnungsbeschlüsse der Strafkammer (vgl. Bl. 638-640) nicht vollständig wiedergegeben. Der Revisionsführer hat diese weder durch wörtliche oder inhaltliche Wiedergabe noch durch die Einfügung von Abschriften oder Ablichtungen zum Gegenstand seiner Revisionsbegründung gemacht. Das Revisionsgericht kann daher nicht allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen, ob die Antragsablehnung durch die Strafkammer - sollte das tatsächliche Vorbringen zutreffen - rechtsfehlerfrei erfolgte. 2. Eine zulässig erhobene Aufklärungsrüge setzt voraus, dass der Revisionsführer eine bestimmte Beweistatsache, ein bestimmtes Beweismittel und die Umstände angibt, aufgrund derer sich der Tatrichter zu der vermissten Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen (BGHR StPO, § 344 Abs. 2 Satz 2 Aufklärungsrüge 7 mwN). Der Revisionsbegründung ist keine dieser Voraussetzungen zu entnehmen: Der Beschwerdeführer bezeichnet weder eine bestimmte Tatsache ("zu ermitteln, ob…") noch gibt er ein Beweismittel oder die Umstände an, warum sich die Strafkammer zu der vermissten Beweiserhebung über die etwaige Betreuung der Kinder durch Wo. hätte gedrängt sehen müssen.“
3
Dem schließt sich der Senat an.
4
Die Unzulässigkeit der Verfahrensrügen führt, da die Sachrüge nicht erhoben ist, zur Unzulässigkeit der Revision insgesamt (vgl. mwN Senat, Beschluss vom 16. September 2009 - 2 StR 299/09, NStZ 2010, 97).
Becker Fischer Appl Berger Krehl

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 82/15
vom
25. März 2015
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. März 2015 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 21. Oktober 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen diverser Betäubungsmitteldelikte verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Rüge der Verletzung des § 257c Abs. 5 StPO Erfolg.
2
1. Dieser liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
3
Am dritten Hauptverhandlungstag teilte der Vorsitzende mit, „dass in der Sitzungspause ein Rechtsgespräch zwischen dem Verteidiger, dem Vertreter der Staatsanwaltschaft und den Mitgliedern des erkennenden Gerichts stattge- funden hat … und unter Berücksichtigung … insbesondere des angekündigten Geständnisses die Verfahrensbeteiligten Übereinstimmung dahingehend“ erzielt haben, „dass eine Gesamtfreiheitsstrafe im Mindestmaß von vier Jahren drei Monaten und im Obermaß von fünf Jahren schuldangemessen ist.“
4
Der Verteidiger und der Staatsanwalt bestätigten, „dass dies so richtig sei, und erklärten sich damit einverstanden, an diese Strafen gebunden zu sein.“
5
Erst nach nunmehr von der Strafkammer angenommener Verständigung belehrte der Vorsitzende den Angeklagten über den Inhalt des § 257c Abs. 4 StPO. Der Verteidiger gab eine Erklärung zur Sache ab, die vom Angeklagten als richtig bestätigt wurde.
6
2. Danach rügt die Revision die Verletzung des § 257c Abs. 5 StPO zu Recht. Denn der Vorsitzende der Strafkammer hätte den Angeklagten bereits bei Unterbreitung des Verständigungsvorschlags über die in § 257c Abs. 4 StPO geregelte Möglichkeit eines Entfallens der Bindung des Gerichts an die Verständigung belehren müssen. Eine Verständigung ist regelmäßig nur dann mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens zu vereinbaren, wenn der Angeklagte vor ihrem Zustandekommen nach § 257c Abs. 5 StPO über deren nur einge- schränkte Bindungswirkung für das Gericht belehrt worden ist (vgl. hierzu BVerfGE 133, 168, 237; BVerfG [Kammer], NStZ 2014, 721; BGH, Beschluss vom 10. Februar 2015 – 4 StR 595/14 mwN).
7
Das Geständnis des Angeklagten und damit auch das Urteil beruhen auf dem Verstoß gegen die Belehrungspflicht (§ 337 Abs. 1 StPO). Der Senat kann die Ursächlichkeit des Belehrungsfehlers für das Geständnis nicht ausnahmsweise ausschließen. Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten auf der Grundlage der Verständigung eingeräumt. Neben anderen Beweismitteln hat die Strafkammer vor allem hierauf die Verurteilung gestützt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dem Angeklagten die Voraussetzungen für den Wegfall der Bindungswirkung bekannt waren, bestehen nicht.
Sander Ri’inBGH Dr. Schneider König ist urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. Sander
Berger Bellay

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.