Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Apr. 2002 - 5 StR 57/02


Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin K B insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Beschwerdeführer in den Fällen 1 bis 301 wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen in 301 Fällen, davon 97 mal in Tateinheit mit Beischlaf zwischen Verwandten, in den Fällen 302 bis 643 wegen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit Beischlaf zwischen Ver- wandten in 342 Fällen sowie im Fall 644 wegen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die Revision des Beschwerdeführers hat lediglich den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im übrigen erweist sie sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die tateinheitliche Verurteilung wegen sexuellen Miûbrauchs von Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB) in den Fällen 1 bis 150 der Urteilsgründe konnte keinen Bestand haben, weil insoweit zugunsten des Angeklagten von dem Eintritt der Verfolgungsverjährung auszugehen ist. Die erste die Verjährung unterbrechende Verfahrenshandlung war die verantwortliche Vernehmung des Angeklagten am 13. Oktober 2000 (Bl. 43 d.A.). Da die Verjährungsprüfung bei tateinheitlichem Zusammentreffen mehrerer Tatbestände für jeden Tatbestand gesondert vorzunehmen ist (Tröndle /Fischer, StGB 50. Aufl. § 78a Rdn. 10 m. w. N.) und bei dem Tatbestand des § 174 Abs. 1 StGB die Verjährungsfrist gemäû § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB fünf Jahre beträgt, ist hinsichtlich aller vor dem 13. Oktober 1995 begangener Taten insoweit Verjährung eingetreten. Im Hinblick auf den vom Landgericht festgestellten sexuellen Miûbrauch (bis zum 16. Februar 1996 wöchentlich mindestens dreimal, danach bis zum 16. Februar 1997 wöchentlich mindestens zweimal) verbleiben in diesem Zeitraum 151 Fälle des tateinheitlich begangenen sexuellen Miûbrauchs von Schutzbefohlenen.
Die von der Schuldspruchänderung betroffenen Einzelstrafen sowie die Gesamtstrafe können jedoch bestehen bleiben. Der Senat schlieût unter den hier gegebenen Umständen aus, daû der Angeklagte milder bestraft worden wäre, wenn der Tatrichter den Verjährungsbeginn erkannt und die Verurteilung in den bezeichneten Fällen jeweils rechtlich zutreffend ausschlieûlich auf den Straftatbestand des § 176 StGB gestützt hätte, zumal verjährte Taten, wenn auch nicht mit demselben Gewicht wie nicht verjährte Taten, bei der Strafzumessung strafschärfend berücksichtigt werden können (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 24; BGH, Beschl. vom 12. Oktober 2000 – 5 StR 397/00). Das Landgericht hat in den betreffenden Fällen – mit Ausnahme von Fall 42, der Besonderheiten aufweist – die sich aus § 176 Abs. 1 und 3 StGB aF ergebende Mindeststrafe verhängt.
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Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer sexuelle Handlungen
- 1.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist, - 2.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm im Rahmen eines Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, unter Missbrauch einer mit dem Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit oder - 3.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die sein leiblicher oder rechtlicher Abkömmling ist oder der seines Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, mit der er in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebt,
(2) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird eine Person bestraft, der in einer dazu bestimmten Einrichtung die Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung von Personen unter achtzehn Jahren anvertraut ist, und die sexuelle Handlungen
- 1.
an einer Person unter sechzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder - 2.
unter Ausnutzung ihrer Stellung an einer Person unter achtzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt.
(3) Wer unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2
- 1.
sexuelle Handlungen vor dem Schutzbefohlenen vornimmt, um sich oder den Schutzbefohlenen hierdurch sexuell zu erregen, oder - 2.
den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, daß er sexuelle Handlungen vor ihm vornimmt,
(4) Der Versuch ist strafbar.
(5) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder mit Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn das Unrecht der Tat gering ist.
(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.
(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.
(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist
- 1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, - 2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind, - 3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind, - 4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind, - 5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.
(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.