Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2011 - 5 StR 568/10

bei uns veröffentlicht am03.05.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 568/10

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 3. Mai 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Mai 2011

beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 4. August 2010 nach § 349 Abs. 4 StPO
a) hinsichtlich des Angeklagten S. im Schuldspruch dahin geändert, dass dieser Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
b) hinsichtlich aller Angeklagten im Strafausspruch aufgehoben.
Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Frei- heitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Außerdem hat es gegen ihn die Unterbringung in der Entziehungsanstalt angeordnet. Die Angeklagten Sc. und S. hat es des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen und gegen den Angeklagten Sc. eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten , gegen den Angeklagten S. eine solche von drei Jahren verhängt. Die gegen dieses Urteil gerichteten, mit der Sachrüge, durch den Angeklagten B. auch mit einer Verfahrensrüge geführten Revisionen der Angeklagten erzielen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der gegen den Angeklagten B. gerichtete Schuldspruch wird von den Feststellungen getragen. Der Senat schließt dabei aus, dass die Strafkammer durch ihren missverständlichen Hinweis auf die Gefährlichkeit von „Krisensituationen“ bei durch „Rauschgifthändler“ „vergessenen“ Waffen (UA S. 11) nicht das von ihr zuvor festgestellte bewusste Mitsichführen eines Schlagrings durch den Angeklagten in Frage stellen wollte.
3
In Bezug auf die erhobene Verfahrensrüge ist ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts darauf hinzuweisen, dass das Landgericht dem Angeklagten lediglich den Handel mit 840 g Kokain zur Last legt (UA S. 11), den dieser gestanden hat. Dass es die durch die Verfahrensrüge allein betroffenen Vorgänge im Zusammenhang mit dem Kokaingemisch von knapp 100 g Gewicht keiner eigenständigen rechtlichen Würdigung zugeführt hat, beschwert den Angeklagten nicht.
4
2. Wie durch den Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt worden ist, hat der Angeklagte S. bei dem Handelsgeschäft in Bezug auf Marihuana nur als Gehilfe (§ 27 StGB) gehandelt. Allerdings erfüllt sein festgestelltes Verhalten tateinheitlich insoweit die Strafvorschrift des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in der Tatbestandsvariante des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (vgl. etwa BGH, Urteil vom 25. Okto- ber 1995 – 3 StR 225/95, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Besitz 1). In entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO ändert der Senat den Schuldspruch in diesem Sinne ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
5
3. Auch eingedenk des beschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabes hält die Bewertung der Strafkammer, allen Angeklagten den Strafrahmen des minder schweren Falls – beim Angeklagten B. § 30a Abs. 3 BtMG, bei den Angeklagten S. und Sc. § 29a Abs. 2 BtMG – zu versagen, rechtlicher Überprüfung nicht stand. Namentlich hat das Landgericht nicht erkennbar bedacht, dass die polizeiliche Überwachung der Tat sowie die Sicherstellung aller gehandelten Betäubungsmittel angesichts damit verbundenen Wegfalls jeglicher Gefahr für die Allgemeinheit als bestimmender Strafzumessungsgrund bereits bei der Strafrahmenwahl zu würdigen sind (vgl. Weber, BtMG, 3. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 678 mwN). Hinzu kommt eine Reihe gewichtiger für die Angeklagten sprechender Strafmilderungsgründe , so etwa die Geständnisse aller Angeklagten, die durch die Angeklagten B. und S. geleistete Aufklärungshilfe und beim Angeklagten Sc. das Bemühen darum, die vergleichsweise geringere Gefährlichkeit und die Art der Aufbewahrung des durch den Angeklagten B. besessenen Gegenstandes im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG, die Unbestraftheit der Angeklagten Sc. und S. sowie die besondere Strafempfindlichkeit des Angeklagten Sc. (vgl. zum Ganzen zuletzt BGH, Beschluss vom 1. März 2011 – 3 StR 28/11).
6
Angesichts des vorliegenden Wertungsfehlers können die zugehörigen Feststellungen bestehen bleiben. Neue Feststellungen können getroffen werden, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
7
4. Gleichfalls Bestand hat die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gegen den Angeklagten B. . Nachträglich eingetretene Umstände, wie sie von der Verteidigung mitgeteilt worden sind, können im Revisionsverfahren keine Berücksichtigung finden. Im Übrigen hindert die Möglichkeit der Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB nicht (vgl. dazu auch Basdorf/Schneider/König in Festschrift Rissing-van Saan, 2011, S. 59, 61).
Basdorf Brause Schaal Schneider König

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafgesetzbuch - StGB | § 27 Beihilfe


(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu milde

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 35 Zurückstellung der Strafvollstreckung


(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so k

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Bundesgerichtshof Beschluss, 01. März 2011 - 3 StR 28/11

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Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Okt. 2013 - 4 StR 414/13

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 28/11
vom
1. März 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubgungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 1. März
2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 21. Oktober 2010 im Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Mit ihren hiergegen gerichteten Revisionen beanstanden die Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts. Die Rechtsmittel haben zum Strafausspruch Erfolg; zum Schuldspruch sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der jeweilige Strafausspruch hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand; denn das Landgericht hat bei beiden Angeklagten rechtsfehlerhaft einen minder schweren Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG verneint und die Strafe stattdessen aus dem nach § 27 Abs. 2 StGB und § 31 BtMG, jeweils in Verbindung mit § 49 Abs. 1 StGB, zweifach gemilderten Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG entnommen. Im Einzelnen:
3
1. Die Entscheidung, ob der Strafrahmen eines minder schweren Falles Anwendung finden kann, ist auf Grund einer Gesamtwürdigung aller für die Wertung von Tat und Täter in Betracht kommenden Umstände danach zu treffen , ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in einem so erheblichen Maße abweicht, dass die Anwendung des Regelstrafrahmens nicht mehr angemessen ist. Es ist Sache des Tatgerichts, die Erschwerungs- und Milderungsgründe auf diese Weise nach pflichtgemäßem Ermessen gegeneinander abzuwägen; denn das Tatgericht ist am ehesten in der Lage, sich auf Grund der Hauptverhandlung einen umfassenden Eindruck von Tat und Täter zu verschaffen. Seine Wertung ist deshalb in der Revisionsinstanz nur begrenzt nachprüfbar. Das Revisionsgericht kann daher - wie bei der Strafhöhenbemessung - nur eingreifen, wenn die durch das Tatgericht vorgenommene Beurteilung Rechtsfehler erkennen lässt, etwa weil die maßgeblichen Erwägungen rechtlich anerkannten Strafzumessungsgrundsätzen zuwider laufen, in sich widersprüchlich oder in dem Sinne lückenhaft sind, dass naheliegende , sich aufdrängende Gesichtspunkte nicht erkennbar bedacht sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 26. Juni 1991 - 3 StR 145/91, NStZ 1991, 529).
4
2. Auch bei Anlegung dieses begrenzten Prüfungsmaßstabs begegnet die Wertung des Landgerichts durchgreifenden Bedenken.
5
a) Die Strafkammer hat ausweislich der Urteilsgründe bei der Strafrahmenwahl eine Vielzahl - jedenfalls teilweise - gewichtiger Strafmilderungsgründe aufgezählt, darunter etwa die folgenden: Beide Angeklagte waren bereits zu einem frühen Zeitpunkt geständig und haben ihre Angaben in der Hauptverhandlung noch vertieft; dadurch haben sie die Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme entbehrlich gemacht. Sie sind nicht (G. ) bzw. nicht einschlägig (S. ) vorbestraft und begingen die Tat aufgrund finanzieller Schwierigkeiten. Wegen ihrer Verurteilung droht ihnen die Abschiebung. Das von den Angeklagten geförderte Drogengeschäft wurde durch verdeckte Ermittler der Polizei provoziert, vorangetrieben und in der Folge auch polizeilich überwacht. Da es sich bei den vermeintlichen Käufern um verdeckte Ermittler handelte, bestand zu keinem Zeitpunkt die Gefahr, dass die Drogen selbst im Falle der Durchführung des Geschäfts in den Handel kommen konnten. Unabhängig hiervon kam es jedoch nicht einmal zu einer Übergabe des Rauschgifts. Das Geschäft scheiterte vielmehr schon früher; die Angeklagten stellten ihre Förderungsbemühungen zu einem bestimmten Zeitpunkt ein. Die Qualität der Drogen war vergleichsweise schlecht. Zu Gunsten des Angeklagten G. hat die Strafkammer weiter eine Erkrankung berücksichtigt; bei dem Angeklagten S. hat sie als Milderungsgrund angeführt, er habe in erheblichem Umfang Untersuchungshaft verbüßt, was ihn besonders hart getroffen habe. Hinzu kommen für beide Angeklagte jeweils zwei vertypte Milderungsgründe, namentlich die Beihilfe nach § 27 StGB sowie die Aufklärungshilfe nach § 31 BtMG.
6
Erschwerend hat das Landgericht lediglich angeführt, es sei bei dem Drogengeschäft um die gefährliche Droge Heroin gegangen und die nicht geringe Menge im Sinne des § 29a Abs. 1 BtMG sei um mehr als das 1.600-fache überschritten worden. Dabei sei nicht zu verkennen, dass beide Angeklagten hinsichtlich des Wirkstoffgehalts und der Angeklagte S. bezüglich der Art der Droge nur mit bedingtem Vorsatz gehandelt hätten.
7
b) Auf dieser Grundlage besorgt der Senat, dass die Strafkammer keine wirkliche Abwägung aller relevanten Umstände vorgenommen, sondern sich bei der Wahl des Strafrahmens rechtsfehlerhaft allein an Art und Menge der Betäubungsmittel orientiert hat. Denn die Ausführungen des Landgerichts zur Strafrahmenwahl erschöpfen sich in einer Aufzählung und Gegenüberstellung der angeführten Zumessungstatsachen, ohne dass - was hier im Hinblick auf Anzahl und Gewicht der mildernden Gesichtspunkte unerlässlich war - dargelegt wird, aus welchen Gründen trotz dieser, die Annahme eines minder schweren Falles nahelegenden Umstände die Heranziehung des Normalstrafrahmens des § 29a Abs. 1 BtMG angemessen ist.
8
Der Senat verkennt nicht, dass bei unerlaubtem Betäubungsmittelhandel Art und Menge des Rauschgifts regelmäßig den Unrechtsgehalt der Tat wesentlich prägen und als bestimmende Gründe in die Strafzumessungserwägungen des Tatgerichts einzustellen sind. Gleichwohl verlieren die allgemeinen Grundsätze der Strafzumessung nach den §§ 46 ff. StGB im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität nicht ihre Bedeutung. Danach ist auch bei Rauschgiftgeschäften die Strafe jedes von mehreren Tatbeteiligten vor allem nach dem Maß seiner individuellen Schuld zuzumessen; maßgeblich für die Bemessung der Strafe eines Gehilfen ist das im Gewicht seines Tatbeitrages zum Ausdruck kommende Maß seiner Schuld, wenn auch unter Berücksichtigung des ihm zu- rechenbaren Umfangs und der Folgen der Haupttat (BGH, Beschluss vom 14. März 2002 - 3 StR 26/02). Eine reine "Mengenrechtsprechung" wäre mit diesen Grundsätzen nicht zu vereinbaren. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das beabsichtigte Betäubungsmittelgeschäft maßgeblich von der Polizei initiiert, vorangetrieben und überwacht wurde. Die verdeckten Ermittler hatten auch Art und Menge des Rauschgifts vorgegeben; dadurch verringert sich das Gewicht dieser Umstände als den Angeklagten nachteilige Strafzumessungsfaktoren.
9
3. Der jeweilige Strafausspruch beruht auf dem aufgezeigten Rechtsmangel. Der Strafrahmen des § 29a Abs. 2 BtMG ist geringer als der zweifach nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG; die konkret verhängten Strafen sind die Höchststrafen des rechtsfehlerhaft abgelehnten minder schweren Falles nach § 29a Abs. 2 BtMG.
10
4. Die Feststellungen werden von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.
Becker Pfister Hubert
Schäfer Mayer

(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei Jahre zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt auch der Aufenthalt in einer staatlich anerkannten Einrichtung, die dazu dient, die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten Abhängigkeit entgegenzuwirken.

(2) Gegen die Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht des ersten Rechtszuges steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Buches der Strafprozeßordnung zu. Der Verurteilte kann die Verweigerung dieser Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 bis 30 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz anfechten. Das Oberlandesgericht entscheidet in diesem Falle auch über die Verweigerung der Zustimmung; es kann die Zustimmung selbst erteilen.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden ist oder
2.
auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt
und im übrigen die Voraussetzungen des Absatzes 1 für den ihrer Bedeutung nach überwiegenden Teil der abgeurteilten Straftaten erfüllt sind.

(4) Der Verurteilte ist verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die Vollstreckungsbehörde festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die Fortführung der Behandlung zu erbringen; die behandelnden Personen oder Einrichtungen teilen der Vollstreckungsbehörde einen Abbruch der Behandlung mit.

(5) Die Vollstreckungsbehörde widerruft die Zurückstellung der Vollstreckung, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt wird und nicht zu erwarten ist, daß der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt oder wieder aufnimmt, oder wenn der Verurteilte den nach Absatz 4 geforderten Nachweis nicht erbringt. Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn der Verurteilte nachträglich nachweist, daß er sich in Behandlung befindet. Ein Widerruf nach Satz 1 steht einer erneuten Zurückstellung der Vollstreckung nicht entgegen.

(6) Die Zurückstellung der Vollstreckung wird auch widerrufen, wenn

1.
bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe nicht auch deren Vollstreckung nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 zurückgestellt wird oder
2.
eine weitere gegen den Verurteilten erkannte Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist.

(7) Hat die Vollstreckungsbehörde die Zurückstellung widerrufen, so ist sie befugt, zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt einen Haftbefehl zu erlassen. Gegen den Widerruf kann die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges herbeigeführt werden. Der Fortgang der Vollstreckung wird durch die Anrufung des Gerichts nicht gehemmt. § 462 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.