Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2002 - 5 StR 549/01

published on 22/01/2002 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2002 - 5 StR 549/01
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
5 StR 549/01

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 22. Januar 2002
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2002

beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten A gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 15. Mai 2001 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Auf die Revision des Angeklagten N wird das vorgenannte Urteil – soweit es diesen Angeklagten betrifft – nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten N , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Heroin (A 6,3 kg; N 18 g) zu Freiheitsstrafen verurteilt, einen Personenkraftwagen des Angeklagten A eingezogen und Geldbeträge für verfallen erklärt.
Die Revision des Angeklagten A erweist sich aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 12. Dezember 2001 als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Dagegen ist die Revision des Angeklagten N mit der Sachrüge erfolgreich. Eines Eingehens auf die formellen Rügen bedarf es deshalb nicht.
Die ± bisherigen ± Feststellungen belegen ein täterschaftliches Handeltreiben durch Verwahren des Rauschgifts für einen Dritten zum Weiterverkauf , in der Absicht, damit einen finanziellen Vorteil zu erzielen, nicht. Beide Angeklagte, die allein ungehinderten Zugang zu der Wohnung des Angeklagten N hatten, bestreiten, von der in einer fast leeren Kammer befindlichen Tasche mit 18 g Heroin, einer Feinwaage und 294 g Streckmittel Kenntnis gehabt zu haben.
Das Landgericht folgert die Alleintäterschaft des Angeklagten N aus seiner Zugangsberechtigung als Wohnungsinhaber und weil es die bestreitende Einlassung des Mitangeklagten für glaubhaft hält. Die zu diesem Ergebnis führende Beweiswürdigung wird den besonderen Anforderungen nicht gerecht, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in den Fällen einer alleinigen Belastung eines bestreitenden Angeklagten durch einen Mitangeklagten zu stellen sind (vgl. BGHR StPO § 261 Mitangeklagte 2; BtMG § 29 Beweiswürdigung 7; BGH StV 2000, 243, 244; 599). Das in diesen Fällen anerkannte Erfordernis, daß der Tatrichter alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkennen muß, in seine Überlegungen einzubeziehen und in besonderem Maße eine Gesamtwürdigung aller Indizien vorzunehmen hat (BGH StV 2000, 599 f. m.w.N.), besteht wegen gleicher Sachlage auch, wenn ± wie hier ± ein täterschaftsbegründendes Indiz von der Bewertung sich gegenseitig ausschließender Einlassungen der Mitangeklagten abhängt.
Das Landgericht hat die Einlassung des Angeklagten A für glaubhaft erachtet, weil die zusätzliche Handelsmenge von 18 g Heroin für ihn keine erhöhte Straferwartung begründet hätte und er durch ein weitergehen- des Geständnis seinen mit ihm entfernt verwandten Mitangeklagten hätte entlasten können. Abgesehen davon, daû der Angeklagte A hiermit möglicherweise die Verantwortung für einen durchaus schuldrelevanten Drogenumschlagplatz hätte übernehmen müssen, setzt diese Betrachtung ein im übrigen glaubhaftes Geständnis voraus, das der Angeklagte A nach den Feststellungen aber nicht abgelegt hat: Er hatte sich dahin eingelassen , eine bloûe Hilfstätigkeit für H , den Mitbesitzer des Heroins, ausgeübt zu haben. Das Landgericht hat dies in einer umfassenden Gesamtwürdigung genauso widerlegt wie seinen behaupteten geringen finanziellen Vorteil, einen in Abrede gestellten ± observierten ± Heroinverkauf und die angegebene legale Herkunft sichergestellter 5.600 DM. Auf dieser Grundlage hat es den Angeklagten A als selbständig handelnden Heroinhändler angesehen. Die Überzeugung, der Angeklagte hätte ein weitergehendes Geständnis abgelegt, wenn es der Wahrheit entsprochen hätte, ist angesichts des aufgezeigten Verteidigungsverhaltens nicht tragfähig.
Hinzu kommt, daû nur der Angeklagte A bis zum Auffinden der 18 g Heroin in der Wohnung des Angeklagten N zu Rauschgift in Verbindung stand. Er hatte vielfach Heroingemisch aus der Wohnung des ehemaligen Mitangeklagten Hi , die als Umschlagplatz für über 6 kg Heroin diente, entnommen und sich am Tag seiner Festnahme ± nach auffälliger Umschau ± zur Wohnung des Angeklagten N begeben, der sich von 9.00 bis 24.00 Uhr wie stets in seiner Pizzeria aufhielt. In der Tasche, in der das Rauschgift lagerte, fanden sich Geschäftsunterlagen des Angeklagten N mit nur einem Fingerabdruck des Angeklagten A , der für den des Lesens und Schreibens nur unzureichend mächtigen Mitangeklagten die geschäftlichen Angelegenheiten erledigte. Dieses Indiz hat das Landgericht genausowenig in die gebotene Gesamtwürdigung eingestellt wie die Tatsache , daû das in zwei Wohnungen sichergestellte Heroin, zu denen nur der Angeklagte A als Einzelperson freien Zugang hatte, teilweise aus gemeinsamen Ursprungsmengen stammt. Es hätte sogar nahegelegen, ein Eigengeschäft des Angeklagten A durch Abzweigen und Strecken des noch in der Wohnung Hi vorhandenen Heroingemenges in Erwägung zu ziehen. Die Sache bedarf deshalb neuer tatrichterlicher Aufklärung und Bewertung. Der Senat weist darauf hin, daû das Aufbewahren von Rauschgift, das gewinnbringend veräuûert werden soll, die Annahme täterschaftlichen Handeltreibens nur nach wertender Betrachtung der Gesamtumstände rechtfertigt (vgl. BGH StV 1998, 587, 588; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 42) und daû im Falle eines bloûen Duldens von Rauschgiftgeschäften eine Unterlassungstäterschaft des Wohnungsinhabers nur in Betracht kommt, wenn die Wohnung eine besondere Gefahrenquelle für eine leichtere Ausführung von Straftaten darstellt (vgl. BGHR StGB § 13 Abs. 1 Garantenstellung 10).
Harms Häger Gerhardt Brause Schaal
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric
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published on 06/08/2013 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 201/13 vom 6. August 2013 in der Strafsache gegen wegen versuchten besonders schweren Raubes u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6. August 2013, an der teilgenomm
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.

(2) Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.