Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Aug. 2016 - 5 StR 359/16

bei uns veröffentlicht am31.08.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 359/16
vom
31. August 2016
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:310816B5STR359.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. August 2016 beschlossen :
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 13. April 2016 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen; jedoch wird der Rechtsfolgenausspruch aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen dahin ergänzt, dass die in dieser Sache in Frankreich erlittene Freiheitsentziehung auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe im Verhältnis 1:1 angerechnet wird.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend ist zu bemerken: 1. In Übereinstimmung mit der Auffassung des Generalbundesanwalts genügt die durch den Beschwerdeführer erhobene Verfahrensrüge betreffend eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hinsichtlich der Taten 1 und 2 nicht den Vortragserfordernissen gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Auf die Frage einer etwaigen Vorrangigkeit von – durch den Beschwerdeführer nicht erhobenen – Verzögerungsrügen nach § 198 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 199 Abs. 1 GVG (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 23. September 2014 – 5 StR 410/14, BGHR GVG § 198 Abs. 4 Verzögerungsrüge 1 mwN) kommt es daher nicht an. 2. Die Strafkammer hat im Rahmen der Strafzumessung mehrfach zugunsten des Angeklagten in Ansatz gebracht, dass die Taten 1 und 2 längere Zeit zurückliegen (vgl. UA S. 15, 17, 19). Angesichts dessen sowie mit Rücksicht auf
den sehr maßvollen Strafausspruch schließt der Senat aus, dass ihr die Verfahrensdauer insoweit aus dem Blick geraten sein könnte. Ferner ist die Verfahrensdauer auch durch mehrfaches Nichterscheinen des Angeklagten zur Hauptverhandlung bedingt gewesen, wobei der im Ausland lebende Angeklagte durch sie keine fühlbaren Nachteile erlitten hat.
Sander König Berger
Bellay Feilcke

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 198


(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach d

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 199


(1) Für das Strafverfahren einschließlich des Verfahrens auf Vorbereitung der öffentlichen Klage ist § 198 nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 anzuwenden. (2) Während des Verfahrens auf Vorbereitung der öffentlichen Klage tritt die Staatsanwaltschaf

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Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Sept. 2014 - 5 StR 410/14

bei uns veröffentlicht am 23.09.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 410/14 vom 23. September 2014 in der Strafsache gegen wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. September 2014 beschlossen : Die Revision des

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Für das Strafverfahren einschließlich des Verfahrens auf Vorbereitung der öffentlichen Klage ist § 198 nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 anzuwenden.

(2) Während des Verfahrens auf Vorbereitung der öffentlichen Klage tritt die Staatsanwaltschaft und in Fällen des § 386 Absatz 2 der Abgabenordnung die Finanzbehörde an die Stelle des Gerichts; für das Verfahren nach Erhebung der öffentlichen Klage gilt § 198 Absatz 3 Satz 5 entsprechend.

(3) Hat ein Strafgericht oder die Staatsanwaltschaft die unangemessene Dauer des Verfahrens zugunsten des Beschuldigten berücksichtigt, ist dies eine ausreichende Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Absatz 2 Satz 2; insoweit findet § 198 Absatz 4 keine Anwendung. Begehrt der Beschuldigte eines Strafverfahrens Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer, ist das Entschädigungsgericht hinsichtlich der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer an eine Entscheidung des Strafgerichts gebunden.

(4) Ein Privatkläger ist nicht Verfahrensbeteiligter im Sinne von § 198 Absatz 6 Nummer 2.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 410/14
vom
23. September 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. September 2014 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 18. Juni 2013 wird mit der Feststellung nach § 349
Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen, dass das Revisionsverfahren
rechtsstaatswidrig verzögert worden ist (vgl. den Antrag
des Generalbundesanwalts vom 1. September 2014).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Für die beantragte ergänzende Feststellung unangemessener Verfahrensdauer
als Wiedergutmachung auf andere Weise bedarf es einer Verzögerungsrüge
nicht (vgl. § 198 Abs. 4 Satz 1, 3 Halbsatz 2, § 199 Abs. 3 GVG). Ob eine solche
für den Fall einer Kompensation im Sinne der Vollstreckungslösung (BGH,
Beschluss vom 17. Januar 2008 – GSSt 1/07, BGHSt 52, 124) erforderlich wäre
(vgl. einerseits Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung,
5. Aufl., Rn. 792 ff., andererseits Graf, StPO, 2. Aufl., § 199 GVG Rn. 11 ff.;
offen gelassen von BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2012 – 1 StR 531/12,
BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 43), bedarf hier keiner
Entscheidung, weil eine solche weitergehende Kompensation hier ohnehin
nicht in Betracht kommt. Für die Feststellung der Verzögerung bedurfte es keiner
Einstimmigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2014 – 3 StR 176/14).
Basdorf Sander Dölp
König Berger

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.