Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 341/17
vom
22. August 2017
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter schwerer Brandstiftung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:220817B5STR341.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 22. August 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 4. April 2017 aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in den Fällen 1.1, 1.2 und 3 verurteilt worden ist, wobei die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen bestehen bleiben,
b) soweit von der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus abgesehen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer Brandstiftung, wegen Sachbeschädigung und wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem Strafbefehl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt; we- gen eines weiteren Tatvorwurfs hat es ihn freigesprochen. Die gegen seine Verurteilung gerichtete und auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zu dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Ergebnis. Im Übrigen ist sie unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts leidet der außerdem polytoxikomane Angeklagte spätestens seit 2013 an einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie, die sich in Wahnvorstellungen, Zwangsgedanken und aggressiven Impulsdurchbrüchen ausprägt (UA S. 5, 19 f.). „Vor dem Hintergrund der Erkrankung“ kam es vonJuli bis September 2016 zu einer Reihe von Vorfällen.
3
a) Am 28. Juli 2016 zwischen 1:00 und 2:00 Uhr begab sich der be- rauschte Angeklagte (Blutalkoholkonzentration: 2,58 ‰) zu einem nahegelege- nen Haus, wobei er Unverständliches rief. Vor dem Haus schrie er, dass er zu einem „H. “ wolle, und stieß wüste Beschimpfungen gegen diesen aus. Da- bei trat er gegen geparkte Autos, die Hausfassade und Mülltonnen, die umstürzten , woraufhin Müll auf die Straße fiel. Ein Hausbewohner fragte ihn, was er wolle, und forderte ihn auf, die Mülltonnen wieder aufzuheben sowie den Müll einzusammeln. Der Angeklagte kam dem nach, schimpfte aber weiter auf „H. “ und nun auch auf Asylbewerber. Dann trat er so stark gegen die ver- glaste Hauseingangstür, dass sie zerbrach (Fall 1.1).
4
Als der Angeklagte das Signallicht des am Tatort eintreffenden Streifenwagens erkannte, warf er seinen während des bisherigen Geschehens in der Hand geführten Dolch unter ein Auto. Die Polizeibeamten trafen ihn auf einer Wiese an. Er leistete gewaltsamen Widerstand und bezeichnete die Beamten unter anderem als „Drecksbullen“. Nur mithilfe eines Faustschlags konnte er unter Kontrolle gebracht und fixiert werden. Auf dem Weg zur Polizeidienststel- le sagte er mehrfach, er sei Gott und könne den Beamten Gnade schenken, wenn sie ihn freiließen (Fall 1.2).
5
b) In den frühen Morgenstunden des 3. September 2016 betrat der Angeklagte den Hinterhof eines Gebäudes, in dessen Erdgeschoss eine Bäckerei betrieben wird, während sich in den darüber liegenden Stockwerken Mietwohnungen befinden. Er litt unter einem akut produktiven Schub seiner psychischen Erkrankung verbunden mit Wahn- und Verfolgungsideen. Mit einem Hammer schlug er gegen den Türrahmen und den Glaseinsatz der Eingangstür. Dabei rief er mehrere Male: „Hört auf, meine Schwester zu vergewaltigen!“ und „Hört auf, Menschen zu fressen!“. Nachdem das Glas zersprungen war, entfernte er sich (Fall 2).
6
c) Am 22. September 2016 gegen 2:30 Uhr begab sich der Angeklagte erneut in den Hinterhof dieses Anwesens. Er hielt eine brennende Fackel und einen Benzinkanister in der Hand. Mit der Fackel entzündete er einen neben der Eingangstür zum Wohnanwesen lehnenden und mit Hausmüll gefüllten Plastiksack. Nach seiner Vorstellung sollte das Feuer vom Müllsack auf das Wohnhaus übergreifen. Angesichts der Nachtzeit war ihm bewusst, dass sich in den Wohnungen Personen aufhielten. Nach der Tat ging er zurück in seine Wohnung. Der am Tatort eintreffende Polizeibeamte konnte den mit einer Flammenhöhe von etwa einem Meter brennenden Sack löschen. Durch den Brand wurden an der Mauer verlaufende Stromkabel angeschmort. Die Plexiglasfüllung einer Tür war geschmolzen. Die Fassade war in einer Höhe von einem Meter verrußt (Fall 3).
7
Der Angeklagte wurde unmittelbar danach in seiner Wohnung festge- nommen. Auf die Polizeibeamten wirkte er, als sei er „in seiner eigenen Welt“. Auf Befragen erklärte er, er sei „das“ nicht gewesen. Ein später hinzukommender Polizeibeamter empfand ihn als „apathisch“.
8
Die Blutalkoholkonzentration des Angeklagten zur Tatzeit betrug 1,57 ‰. Zudem wiesen die Blutbefunde das Opioid Buprenorphin in übertherapeutischer Konzentration auf.
9
2. Das sachverständig beratene Landgericht hat den Angeklagten im Fall 2 wegen Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) freigesprochen. Insoweit hätten sich deutliche Hinweise auf eine akute psychotische Symptomatik ergeben, aufgrund derer eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit anzunehmen sei.
10
Hingegen sei die Steuerungsfähigkeit in den Fällen 1.1 und 1.2 lediglich nicht ausschließbar vermindert gewesen. Zwar biete die Äußerung des Angeklagten , er sei Gott und könne Vergebung schenken, einen Hinweis auf ein psychosenahes Geschehen. Angesichts dessen, dass er durch das Aufsammeln des Mülls Ansprechbarkeit gezeigt und sich mit dem Wegwerfen des Dolches gesteuert verhalten habe, könne aber nicht von einer Aufhebung der Steuerungsfähigkeit ausgegangen werden. Hinsichtlich der Alkoholisierung sei die Alkoholgewöhnung des Angeklagten zu beachten.
11
Letzteres gelte auch für die Tat 3. Eine Wahnsymptomatik und eine dadurch bedingte Aufhebung der Schuldfähigkeit seien nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisbar. Der Angeklagte habe situationsgerecht reagiert, indem er nach der Tat im Ansehen einer Bäckereiangestellten davongerannt sei und gegenüber den Polizeibeamten seine Täterschaft in Abrede gestellt habe. Angesichts dessen, dass dasselbe Gebäude betroffen gewesen sei, in dem er im Fall 2 Vergewaltiger und Menschenfresser gewähnt habe, und wegen des abwesenden Eindrucks, den er auf die Polizeibeamten gemacht habe, sowie unter Berücksichtigung der suchtmittelbedingten Beeinflussung könne jedoch eine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit nicht ausgeschlossen werden.
12
3. Der Ausschluss einer Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) des Angeklagten in den Verurteilungsfällen begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Auch in Anbetracht des schweren Krankheitsbildes des Angeklagten ermangelt es der gebotenen umfassenden Würdigung seines Zustands bei den Taten; diese ist demgemäß lückenhaft (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Februar 2014 – 5StR 7/14; vom 27. November 2008 – 5 StR 526/08 Rn. 10, vom 30. September 2008 – 5 StR 305/08, vom 25. Juli 2006 – 4 StR 141/06, NStZ-RR 2006, 335, 336, jeweils mwN).
13
a) In allen Verurteilungsfällen setzt sich das Landgericht nicht hinreichend mit den Auswirkungen der in den Fällen 1.1 und 1.2 beträchtlichen und im Fall 3 durch das in übertherapeutischer Dosis eingenommene Opioid verstärkten Alkoholintoxikation auf die Schuldfähigkeit des Angeklagten auseinander. Die Rauschmittelwirkung steht dabei nach den – freilich nicht wie geboten vertieften – Ausführungen der Sachverständigen ihrerseits in Wechselbeziehung mit der Psychose und vermag diese negativ zu beeinflussen. Diese Umstände hätten nicht durch knappe Hinweise auf die Alkoholgewöhnung des Angeklagten (vgl. zu deren Aussagekraft BGH, Beschluss vom 13. Februar2013 – 4 StR 557/12, NStZ-RR 2013, 272 mwN) ausgeräumt werden dürfen.
14
b) In den Fällen 1.1 und 1.2 bietet die Äußerung des Angeklagten zu seiner „Gottgleichheit“ bereits für sich genommen ein gewichtiges Beweisanzei- chen für eine Wahnsymptomatik zu den Tatzeiten. Hinzu kommt, dass die Urteilsgründe eine Erörterung des Tatbildes weitgehend vermissen lassen. Tat 1.1 ist durch ein wirres, motivationsloses Verhalten des Angeklagten ge- prägt. Hass oder Wut auf einen Hausbewohner („H. “) – wie vonder Strafkammer lediglich vermutet – erklären nicht die wahllosen Übergriffe auf geparkte Autos und Mülltonnen. Die Erwägung, der Angeklagte habe auf die Aufforderung reagiert, den Müll wieder aufzusammeln, und damit Ansprechbarkeit gezeigt , ist schon als solche für die Beurteilung der Steuerungsfähigkeit von geringer Aussagekraft. Sie wird weiter dadurch entkräftet, dass der Angeklagte in unmittelbarem Anschluss mit seinen Beschimpfungen fortfuhr und die Eingangstür eintrat. Entsprechendes gilt für den Hinweis des Landgerichts auf das Wegwerfen des Messers, das eher dem Kreis einfacher Handlungsmuster zuzuordnen ist.
15
Schließlich geht die Strafkammer nicht auf die Befunde des Blutentnahmearztes ein. Er hatte eine gesteigerte Vigilanz, eine Vorfallamnesie, einen verworrenen Denkablauf, verwaschene Sprache, ein distanzloses, abweisendes , herausforderndes, aggressives und redseliges Verhalten bei inadäquater, schwankender und gereizter Stimmung festgestellt (UA S. 13).
16
c) Ähnliche Erwägungen gelten für die Schuldfähigkeitsprüfung im Fall 3. Erneut sind Auffälligkeiten im Leistungsverhalten zu konstatieren („apathisch“; „in seiner eigenen Welt“), die das Landgericht nicht genügend würdigt. Auch hier vermochte es ein Tatmotiv nicht festzustellen. Zudem richtete sich der Angriff – was das angefochtene Urteil im Grundsatz nicht verkennt – gegen dasselbe Anwesen, in dem der Angeklagte im Fall 2 Vergewaltiger und Menschen- fresser vermutet hatte. Schließlich hatte er – vom Landgericht in diesem Zusammenhang nicht erörtert – nach den Feststellungen bereits Ende Juli/Anfang August 2016 einen brennenden Gegenstand in Richtung einer Mietwohnung in der ersten Etage dieses Gebäudes geworfen. Dabei hatte er zwei in seiner unmittelbaren Nähe stehende Bäckereiangestellte womöglich nicht einmal wahrgenommen , sich aber jedenfalls nicht von ihnen beirren lassen.
17
Wiederum ist zu besorgen, dass das Landgericht den von ihm für eine erhaltene Schuldfähigkeit angeführten Umständen eine zu große Bedeutung beigemessen hat. Das „Davonrennen“ des Angeklagten im Angesicht der Bäckereiangestellten und das Bestreiten der Tat („Ich war das nicht.“) sind von eher untergeordnetem Indizwert und geben deshalb für die vorgenommene Wertung wenig her. Beides ist naheliegend einem natürlichen Impuls entsprungen. Darüber hinaus war der Angeklagte nach der Aussage der Bäckereiangestellten zum Zeitpunkt der Wahrnehmung ohnehin gerade über die Straße davongelaufen (UA S. 25 f.).
18
4. Das neue Tatgericht wird demgemäß – womöglich unter Hinzuziehung eines anderen psychiatrischen Sachverständigen – die Schuldfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Taten erneut zu prüfen haben. Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen in den Fällen 1.1, 1.2 und 3 sind rechtsfehlerfrei getroffen und können daher bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
19
5. Für den Fall sicherer Feststellung zumindest verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB im Fall 3 wird ferner zu erörtern sein, ob eine Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) in Betracht kommt. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, würde die Anordnung der Maßregel dabei nicht hindern (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO).
Demgegenüber ist gegen die Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) rechtlich nichts zu erinnern.
Mutzbauer Schneider Dölp
König Berger

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Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


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Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Strafgesetzbuch - StGB | § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus


Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und

Strafprozeßordnung - StPO | § 358 Bindung des Tatgerichts; Verbot der Schlechterstellung


(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

10
Das Landgericht geht im Anschluss an den vom Gericht hinzugezogenen Sachverständigen vom Vorliegen einer dissozialen Persönlichkeitsstörung bei dem nicht vorbestraften Angeklagten aus, die nur in Verbindung mit „massiven konstellativen Faktoren wie starker Trunkenheit“ das Eingangsmerkmal der schweren anderen seelischen Abartigkeit begründen könne. Diese Wertung und die Einordnung der starken Trunkenheit als schwere andere seelische Abartigkeit sind bereits für sich genommen zweifelhaft. Darauf kommt es aber nicht an, da die Anknüpfungspunkte für die Wertung lückenhaft sind. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit des Angeklagten und seiner Entwicklung findet nicht statt (vgl. BGHR StGB § 21 seelische Abartigkeit 4, 9, 16, 24, 29). Angesichts der aus der Darstellung der persönlichen Verhältnisse ersichtlichen Besonderheiten – der nicht minderbegabte Angeklagte besuchte eine Förderschule und steht seit Jahren unter Betreuung, die während des Tatzeitraums erweitert worden ist – hätte es einer eingehenderen Erörterung bedurft, ob die Schuldfähigkeit aufgrund einer schweren anderen seelischen Abartigkeit erheblich vermindert war. Hierbei wären auch das Tatbild, die darin zum Ausdruck kommende Affinität des Angeklagten zu Feuer sowie das unmittelbare Nachtatverhalten des Angeklagten besonders in den Blick zu nehmen gewesen. Soweit das Landgericht hierzu im Anschluss an den Sachverständigen lediglich ausführt, dass „Gefühle der Wut oder des Hasses … keine Kriterien der Pyromanie“ seien, gehen diese Ausführungen hinsichtlich der drei Brandstiftungen an den Kraftfahrzeugen ins Leere. Denn solche Motive oder auch andere offensichtliche und erkennbare Motive im Sinne der Nr. 1 der diagnostischen Leitlinien des ICD-10 zu F 63.1 sind hierzu jedenfalls nicht festgestellt (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 30. September 2008 – 5 StR 305/08).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 557/12
vom
13. Februar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 13. Februar 2013 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 21. September 2012 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass ein Jahr und sechs Monate der verhängten Freiheitsstrafe vorweg zu vollziehen sind. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der unter anderem wegen Trunkenheit im Verkehr mehrfach vorbestrafte Angeklagte, der nach eigenen Angaben in der Zeit vor der Tat täglich etwa zehn Flaschen Bier und gelegentlich Schnaps konsumierte, befand sich in der Nacht zum 8. April 2012 mit seinem Bekannten F. , dem späteren Tatopfer, allein in dessen Wohnung. Während beide Bier und Schnaps tranken, kam es im Verlauf des Abends zu einem auch unter dem Einsatz von Fäusten geführten Streit um "alte Geschichten", der jedoch mit einer Versöhnung zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten endete. Zwischen 2.00 Uhr und 3.00 Uhr kam es sodann ohne erkennbaren Anlass zu einem lautstarken , allein von der Stimme des Angeklagten dominierten Geschehen, in dessen Verlauf der Angeklagte dem Geschädigten mit einem 18 cm langen Gemüsemesser und einem 17 cm langen Schälmesser ohne rechtfertigenden Grund mit Tötungsvorsatz zwei Stiche in die Brust und drei Stiche in den Rücken beibrachte, die lebensgefährliche Verletzungen verursachten. Der Wohnungsnachbar des Tatopfers, der Zeuge A. , verständigte kurz nach 4.30 Uhr die Polizei, nachdem der Angeklagte zuvor mit nacktem Oberkörper an der Wohnungstür des Zeugen A. geklingelt und gegen die Tür geschlagen und getreten hatte. Den eintreffenden Polizeibeamten öffnete der vollkommen unbekleidete und an Armen und Beinen blutverschmierte Angeklagte die Wohnungstür und eilte daraufhin sofort ins Bad, wo er versuchte, sich mit angefeuchteten Handtüchern das Blut abzuwaschen. Danach lief er kreuz und quer durch die Wohnung und drängte sich mehrfach mit den Worten: "Meine Frau, meine Frau, ich will die jetzt ficken" zu dem Geschädigten hin, der blutüberströmt vor der Couch im Wohnzimmer auf dem Boden lag. Da der Angeklagte von seinem Tun nicht abließ und nach einem der eingesetzten Polizeibeamten schlug und trat, wurden ihm Handfesseln angelegt. Während des Einsatzes der Polizei bot der Angeklagte den Beamten immer größer werdende Geldbeträge bis hin zu 500.000 € an, damit sie ihn laufen ließen; ferner drohte er ihnen, anderenfalls würden andere kommen und ihre Familien auslöschen. Am 8. April 2012 um 5.58 Uhr wurde bei dem Angeklagten eine Blutalkoholkonzentration von 2,97 ‰ gemessen. Der Geschädigte verstarb im Krankenhaus am 18. April 2012 an einer trotz ordnungsgemäßer Thromboseprophylaxe eingetretenen Lungenembolie auf Grund der durch die Verletzungen erzwungenen Bettlägerigkeit.
4
2. Das sachverständig beratene Landgericht hat angenommen, dass der Angeklagte infolge seines Alkoholkonsums bei Begehung der Tat in seiner Steuerungsfähigkeit im Sinne von § 21 StGB erheblich vermindert, nicht jedoch schuldunfähig gewesen sei. Dem rechnerisch ermittelten Wert der Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit in Höhe von 3,77 ‰ komme angesichts der Alkoholgewöhnung des Angeklagten nur geringe Aussagekraft zu. Die Bewertung der psychodiagnostischen Kriterien ergebe kein einheitliches Bild. Eine mittelgradige Berauschung des Angeklagten mit der Folge eingeschränkter kognitiver Fähigkeiten sei nicht sicher belegbar, aber auch nicht auszuschließen. Für einen solchen Rauschzustand spreche seine Situationsverkennung dahin, dass er angenommen habe, in der Wohnung liege seine Frau. Seine Versuche, sich das Blut abzuwaschen, belegten demgegenüber das Vorhandensein guter kognitiver Fähigkeiten, ebenso die Tatsache, dass er den Polizeibeamten immer höhere Geldsummen angeboten habe, damit sie ihn laufen ließen.

II.


5
Die Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten durch die Strafkammer begegnet insbesondere im Hinblick auf die Bewertung der TatzeitBlutalkoholkonzentration durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
6
1. Die Strafkammer hat zum Nachteil des Angeklagten eine zu niedrige Blutalkoholkonzentration zum Tatzeitpunkt zu Grunde gelegt.
7
Ausgehend vom BAK-Wert der nur vier Stunden nach Beginn des von der Strafkammer angenommenen Tatzeitraums beim Angeklagten entnommenen Blutprobe (zur Bedeutung des Zeitraums zwischen Tat und Blutentnahme vgl. BGH, Urteil vom 9. August 1988 – 1 StR 231/88, BGHSt 35, 308, 315, 317; Senatsbeschluss vom 24. Januar 2008 – 4 StR 542/07, StraFo 2008, 334, Tz. 8) ergibt sich als Tatzeit-Blutalkoholkonzentration nicht, wie der Sachverständige meint, der vom Landgericht angenommene Wert von 3,77 ‰, sondern ein solcher von 3,97 ‰, da nach ständiger Rechtsprechung bei der Prüfung der Schuldfähigkeit ein stündlicher Abbauwert von 0,2 ‰ und ein Sicherheitszuschlag von 0,2 ‰ zugrunde zu legen ist (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschluss vom 24. Januar 2008 aaO, Tz. 7 mwN).
8
2. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht die Indizwirkung der Tatzeit -Blutalkoholkonzentration vor dem Hintergrund der Alkoholgewöhnung des Angeklagten und seines Verhaltens während und nach der Tat bewertet hat, halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gibt es zwar keinen Rechts- oder Erfahrungssatz, wonach ab einer bestimmten Höhe der Blutalkoholkonzentration die Schuldfähigkeit regelmäßig aufgehoben ist; Entsprechendes gilt für die Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit (BGH, Urteil vom 29. April 1997 – 1 StR 511/95, BGHSt 43, 66, 72 ff.; Urteil vom 22. Oktober 2004 – 1 StR 248/04, BGHR StGB § 21 Blutalkoholkonzentration 37). So ist es dem Tatrichter auch nicht verwehrt, die Alkoholgewöhnung des Täters bei der Bewertung der festgestellten Tatzeit-Blutalkohol- konzentration zu berücksichtigen (Senatsbeschluss vom 9. November 1999 – 4 StR 521/99, NStZ 2000, 136). Gleichwohl hat diese insofern Bedeutung, als sie – unter Beachtung des Zweifelssatzes – Aufschluss über die Stärke der alkoholischen Beeinflussung gibt und in diesem Sinne ein zwar nicht allgemein gültiges, aber gewichtiges Beweisanzeichen neben anderen ist (Senatsbeschluss vom 9. November 1999 aaO). Zwar kann die Schuldfähigkeit auch bei Werten, die deutlich über 3 ‰ liegen, insbesondere bei Straftaten gegen das Leben und die körperliche Unversehrtheit noch (möglicherweise eingeschränkt ) erhalten geblieben sein (vgl. SSW-StGB/Schöch, § 20 Rn. 36 mN zur Rspr.). In einem solchen Fall ist jedoch regelmäßig die Prüfung einer Aufhebung der Schuldfähigkeit veranlasst (BGH, Beschluss vom 13. Januar2010 – 2 StR 447/09, BGHR StGB § 20 Blutalkoholkonzentration 20). Die Bewertung und Gewichtung der dafür entscheidungserheblichen Indizien im Rahmen der Gesamtwürdigung des Beweisstoffes ist im Wesentlichen Aufgabe des Tatrichters. Das Revisionsgericht kann in diese Würdigung nur eingreifen, wenn sie auf fehlerhaften Erwägungen oder Vorstellungen beruht (BGH, Urteil vom 31. Oktober 1989 – 1 StR 419/89, BGHSt 36, 286, 293). So verhält es sich hier.
10
b) Die vom Landgericht in diesem Zusammenhang angestellte Gesamtwürdigung ist bereits lückenhaft.
11
Nach den Urteilsfeststellungen stieß der Angeklagte im unmittelbaren Zusammenhang mit der Tat im Treppenhaus mit unbekleidetem Oberkörper ohne erkennbaren Anlass unter lautem Schreien eine Drohung aus und zerschlug eine Flasche, die er dann dort liegen ließ. Ferner öffnete er beim Eintreffen der Polizei vollständig unbekleidet die Wohnungstür. Diese Umstände können nach Lage des Falles jeder für sich oder im Zusammenwirken für die Frage der Schuldfähigkeit von Bedeutung sein; sie hätten daher nicht unerörtert bleiben dürfen.
12
c) Durchgreifende Bedenken erweckt auch die Erwägung, der Versuch des Angeklagten, sich nach Erscheinen der Polizeibeamten das Blut abzuwaschen , lasse auf erhalten gebliebene gute kognitive Fähigkeiten schließen. Schon dies lässt für sich genommen besorgen, dass das Landgericht einem Verhalten, das eher dem Kreis einfacher Handlungsmuster zuzuordnen ist, für die Entkräftung der Indizwirkung der erheblichen Tatzeit-Blutalkoholkonzentration eine zu große Bedeutung beigemessen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 9. November 1999 – 4 StR 521/99, NStZ 2000, 136). Dass den Geldangeboten des Angeklagten den einschreitenden Beamten gegenüber eine solche Indizwirkung ebenfalls zukommt, liegt angesichts des fernliegenden Erfolges der Bestechungsversuche und des Umstandes, dass der Angeklagte die Angebote mit haltlosen Drohungen verband, eher fern.

III.


13
Die Schuldfähigkeit des Angeklagten bedarf daher neuer Prüfung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines anderen medizinischen Sachverständigen. Da der Senat nicht ausschließen kann, dass der neue Tatrichter zur Annahme der Voraussetzungen des § 20 StGB gelangt, hat das angefochtene Urteil insgesamt keinen Bestand.
14
Für den Fall, dass auch die neue Verhandlung eine lediglich erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten (§ 21 StGB) ergeben sollte, wird Folgendes zu bedenken sein:
15
1. Im Hinblick darauf, dass die Strafkammer die Voraussetzungen eines minder schweren Falls des Totschlags im Sinne von § 213 StGB auf Grund der "massiven Einwirkung" des Angeklagten auf den Geschädigten abgelehnt hat, merkt der Senat an, dass auch der im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert schuldfähige Täter für die von ihm begangene Tat in ihrer konkreten Ausgestaltung verantwortlich ist, sodass für eine derartige strafschärfende Erwägung zwar grundsätzlich Raum bleibt, indes nur nach dem Maß der geminderten Schuld. Dass dem Tatrichter diese Problematik bewusst war, muss das Urteil erkennen lassen (BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2002 – 5 StR 365/02, NStZ-RR 2003, 104).
16
2. Die vom Landgericht angeordnete Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB begegnet mit der bisherigen Begründung ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
17
Zwar liegt der für die Unterbringungsanordnung erforderliche Hang, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen, beim Angeklagten nach den Urteilsfeststellungen auf der Hand. Auch kann die von § 64 Abs. 1 StGB geforderte Gefahr weiterer erheblicher Straftaten schon allein durch die Anlasstat begründet werden (Senatsbeschluss vom 20. Januar 2004 – 4 StR 464/03, NStZ-RR 2004, 204). Die Urteilsgründe beschränken sich indes zur Gefährlichkeitsprognose auf die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes, was dem Senat die Prüfung, ob die Strafkammer insoweit von einem zutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen ist, unmöglich macht. Eine Darlegung der "detaillierten und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen" zu den Anordnungsvoraussetzungen wäre im vorliegenden Fall umso mehr geboten gewesen , als die Einzelheiten des zur Tat führenden Geschehens ebenso wenig eindeutig festgestellt werden konnten wie das Motiv des Angeklagten für die Tat.
Die für eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht sprechenden Gesichtspunkte, zu denen auch der – vom Landgericht nicht erörterte – Grad der Therapiewilligkeit des Angeklagten zum Urteilszeitpunkt gehört (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2009 – 3 StR 516/09, NStZ-RR 2010, 141), hätten hier ebenfalls einer eingehenderen Darlegung in den Urteilsgründen bedurft.
Mutzbauer Roggenbuck Franke
Bender Reiter

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.