Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2017 - 5 StR 212/17

bei uns veröffentlicht am26.07.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 212/17
vom
26. Juli 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:260717B5STR212.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 26. Juli 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten L. wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 6. Januar 2017, soweit es ihn betrifft, aufgehoben mit Ausnahme der Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen, die bestehen bleiben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision dieses Angeklagten sowie die Revision des Angeklagten P. gegen das vorgenannte Urteil werden verworfen.
Der Angeklagte P. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, den Angeklagten L. in weiterer Tateinheit mit schwerem Raub schuldig gesprochen, sie deswegen zu Freiheitsstrafen von sechs Jahren (L. ) bzw. zwei Jahren (P. ) verurteilt und die Vollstreckung der letztgenannten Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt.
Die Revision des Angeklagten L. ist im Umfang der Beschlussformel erfolgreich ; im Übrigen ist sie ebenso wie die Revision des Angeklagten P. unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils beherbergte der Angeklagte L. den später Geschädigten M. , wobei ein Entgelt von zehn Euro pro Nacht vereinbart war. Nach wenigen Tagen kam es über die Mietzahlungen zum Streit. Er gipfelte am Abend vor der Tat darin, dass L. die gemeinsam bewohnte Wohnung mit dem Hinweis verließ, dass er den Zeugen M. nicht mehr sehen wolle, wenn er wieder zurückkomme. Auf der Straße traf L. den Mitangeklagten P. sowie den Nichtrevidenten B. , denen er mitteilte, dass es in seiner Wohnung jemanden gäbe, der diese nicht verlassen wolle und ihn mit einem Hammer bedrohe. Auf seine Bitte, ihm zu helfen, begaben sich alle drei in die Wohnung, in der der Zeuge M. bereits eingeschlafen war. In der Folge misshandelten die beiden Angeklagten und der Nichtrevident den Zeugen durch eine Vielzahl von Tritten und Faustschlägen, die sie überwiegend gegen Kopf und Gesicht des Zeugen richteten. Mehrfach wurde der Zeuge, der vor den Schlägen fliehen wollte, am Verlassen der Wohnung gehindert. Als M. am Ende der Körperverletzungshandlungen mit dem Rücken auf dem Boden lag, zog der Angeklagte L. ihm die Geldbörse aus der Hosentasche und verließ das Zimmer. Es konnte nicht aufgeklärt werden, ob die Mitangeklagten zu diesem Zeitpunkt weiterhin auf den Zeugen einschlugen und ob sie die Wegnahmehandlung wahrgenommen hatten. L. entnahm der Geldbörse später die darin befindlichen Geldscheine (30 Euro) und verwendete sie für sich. Der Geschädigte erlitt erhebliche Schädelverletzungen.
3
2. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung des Angeklagten P. hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben.
4
3. Die Revision des Angeklagten L. führt zur Aufhebung des ihn betreffenden Schuldspruchs.
5
Der Schuldspruch wegen (besonders) schweren Raubes (§ 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a und b StGB) hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand, da die Feststellungen nicht den erforderlichen Finalzusammenhang zwischen Nötigung und Wegnahme belegen (vgl. SSW-StGB/Kudlich, 3. Aufl., § 249 Rn. 12 ff.).
6
Notwendige Voraussetzung für eine Strafbarkeit wegen Raubes ist eine finale Verknüpfung zwischen dem Einsatz des qualifizierten Nötigungsmittels und der Wegnahme (BGH, Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 StR 398/15, BGHSt 61, 141, 144 mwN); der Umstand, dass die Wirkungen eines ohne Wegnahmevorsatz eingesetzten Nötigungsmittels noch andauern und der Täter dies ausnutzt , genügt für die Annahme eines Raubes nicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Juni 2001 – 3 StR 176/01, vom 21. März 2006 – 3 StR 3/06, NStZ 2006, 508, vom 24. Februar 2009 – 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325 und vom 25. September 2012 – 2 StR 340/12, NStZ-RR 2013, 45). Auch das bloße Ausnutzen der Angst eines der Einwirkung des Täters schutzlos ausgelieferten Opfers ist insoweit nicht ausreichend (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2014 – 5 StR 41/14, NStZ 2015, 156, 157 mwN).
7
Soweit das Landgericht darauf abgestellt hat, dass der Angeklagte „die von ihm und seinen Mittätern begangene Gewalt dazu aus(nutzte), um dem Zeugen M. die Geldbörse wegzunehmen und aus dieser dann 30 Euro … zu entnehmen“ (UA S. 11), wird diesen Maßstäben nicht genügt. Zwar wird im Folgesatz des Urteils festgestellt, es sei „ihnen“ darauf angekommen, „dass die gegen den Zeugen M. … aufgewendete Gewalt die Wegnahme des Geldes ermöglichte“. Diese Feststellung steht jedoch in einem unauflöslichen Span- nungsverhältnis zu dem Umstand, dass das Landgericht gerade nicht von einem Raubvorsatz der Mitangeklagten ausgegangen ist. Der Senat hält es freilich für möglich, dass dem Landgericht insoweit lediglich ein Fassungsversehen unterlaufen ist und gemeint war, es sei „ihm“, nämlich dem Angeklagten L. , bei der Gewaltanwendung auf die Ermöglichung der Wegnahme des Geldes angekommen. Eine entsprechende Feststellung wäre jedoch nicht durch die Beweiswürdigung unterlegt.
8
Zwar liegt es in Fällen, in denen das Opfer zahlreichen – nicht notwendig in Zusammenhang mit Raub stehenden – körperlichen Übergriffen ausgesetzt war, nahe, dass der Täter für den Fall, dass das Opfer einer Wegnahme entgegentritt , zumindest konkludent mit der Anwendung weiterer Gewalt droht (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 2012 – 3 StR 422/12). Eine derartige Feststellung hat das Landgericht jedoch nicht getroffen; sie lässt sich auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht entnehmen.
9
4. Die Aufhebung erstreckt sich auch auf den Schuldspruch wegen tateinheitlich verwirklichter gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung. Dieser ist an sich im Ergebnis rechtsfehlerfrei; allerdings weist der Senat darauf hin, dass § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB durch § 250 Abs. 2 Nr. 3b StGB verdrängt wird (BGH, Beschluss vom 26. November 2012 – 5 StR 541/12). Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen können bestehen bleiben. Sie dürfen durch ihnen nicht widersprechende Feststellungen ergänzt werden.
10
5. Da sich das Verfahren nur noch gegen den erwachsenen Angeklagten L. richtet, verweist der Senat die Sache an eine allgemeine Strafkammer zurück.
Mutzbauer Sander Schneider König Mosbacher

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 398/15
vom
20. Januar 2016
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_________________________
Notwendige Voraussetzung für eine Strafbarkeit wegen Raubes ist eine finale Verknüpfung
zwischen dem Einsatz der qualifizierten Nötigungsmittel und der Wegnahme
sowie eines räumlich-zeitlichen Zusammenhangs dergestalt, dass es zu einer
nötigungsbedingten Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Gewahrsamsinhabers
über das Tatobjekt gekommen ist.
BGH, Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 StR 398/15 – LG München II
in der Strafsache
gegen
ECLI:DE:BGH:2016:200116U1STR398.15.0


wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Januar 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, Prof. Dr. Jäger, Prof. Dr. Radtke und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger, Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Vertreter des Nebenklägers,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 27. April 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt.
2
Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.

I.

3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts lernte der Angeklagte über die Website „P. “, die der Anbahnung homosexueller Kontakte dient, den späteren Geschädigten K. kennen. Der Angeklagte, der selbst ohne Wohnung und mittellos war, besuchte ihn am 10. Juli 2014. Sie verabredeten einen weiteren Besuch des Angeklagten für den Abend desselben Tages. Am Ende des Abends legten sie sich gemeinsam schlafen.
4
Spätestens gegen 5.00 Uhr am nächsten Morgen fasste der Angeklagte den Entschluss, den Geschädigten durch Schläge auf den Kopf „kampfunfähig“ zu machen, um ungestört die Wohnung nach Wertgegenständen durchsuchen zu können. Er holte aus der Küche einen hölzernen Fleischhammer mit einer Stiellänge von 29 cm, der an den Schlagflächen mit Metallplatten von 5 cm Durchmesser versehen war, und eine ungeöffnete Flasche Sekt mit einem Inhalt von 0,75 l und einem Gewicht von 1,6 kg. Den Hals der Flasche umwickelte er mit einer Serviette, um sich beim Zerbrechen der Flasche nicht zu verletzen.
5
Ihm war bewusst, dass heftige Schläge mit harten Gegenständen gegen den Kopf eines Menschen geeignet sind, lebensgefährliche Verletzungen hervorzurufen. Dies und den möglichen Tod des Geschädigten als Folge seines Handelns nahm der Angeklagte billigend in Kauf.
6
Mit dem Fleischhammer und der Sektflasche in den Händen trat der Angeklagte an das Bett des schlafenden Geschädigten heran und schlug ihm die Flasche und den Fleischhammer gegen den Kopf. Hierbei ging die Flasche zu Bruch. Der Geschädigte wachte auf und lief in den Flur. Dort schlug der Angeklagte dem Geschädigten ein Blumentopfgestell aus Acryl gegen den Kopf oder gegen die Schulter. Dabei zerbrach das Gestell. Das Geschehen verlagerte sich in die Küche und der Angeklagte schlug nunmehr mit einem Barhocker auf den Geschädigten ein. Als es dem Geschädigten gelang, den Angeklagten wegzudrücken, ließ dieser von weiteren Attacken ab. Insgesamt versetzte der Angeklagte dem Geschädigten mindestens fünf Schläge gegen den Kopf.
7
Der Geschädigte erlitt einen Schädelbasisbruch mit einem Bruch im Bereich der rechten Stirnhöhlen mit Verbringung von Fragmenten in die Stirnhöhle , einen Bruch des Nasenbeins sowie einen Bruch der unteren linken Augenhöhle , der inneren linken Augenhöhle und des Augenhöhlendachs links sowie weitere Verletzungen.
8
Aufgrund der erlittenen Kopfverletzungen blutete er stark, weswegen er fast nichts sah. Er ging deshalb ins Badezimmer, um sich zu säubern, und anschließend ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen. Während dessen duschte der Angeklagte im Badezimmer. Dort nahm er aus einem Schrank eine im Ei- gentum des Geschädigten stehende Goldkette im Wert von mindestens 930 € an sich und kleidete sich in der Küche an. Das in der Küche liegende Smartphone des Geschädigten steckte er ebenfalls ein und begab sich zur Wohnungstür. Es gelang ihm aber nicht, den Mechanismus der Sperrkette zu öffnen , so dass ihm der Geschädigte öffnen musste.
9
Nachdem der Angeklagte gegangen war, verständigte der Geschädigte den Rettungsdienst.
10
Die Goldkette versetzte der Angeklagte in einem Leihhaus, erhielt 930 € und zahlte von diesem Geld Schulden zurück.
11
2. Die Strafkammer hat in ihrer rechtlichen Würdigung das Tatgeschehen als (besonders) schweren Raub (§ 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5 StGB) gewertet. Von dem Versuch des Mordes aus Habgier und zur Ermöglichung einer Straftat sei der Angeklagte strafbefreiend zurückgetreten.
12
Der Tatbestand des schweren Raubes sei gegeben, da der Angeklagte dem Geschädigten mit Gewalt in Form von Schlägen die Goldkette und das Smartphone weggenommen habe. Darauf sei sein Vorsatz von vorneherein gerichtet gewesen. Bei dem Raub habe er die Flasche Sekt und den Fleischhammer – zwei in der konkreten Verwendung gefährliche Werkzeuge – verwendet.

II.

13
Die Revision des Angeklagten ist begründet.
14
1. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen (besonders) schweren Raubes (§ 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) nicht. Notwendige Voraussetzung für eine Strafbarkeit wegen Raubes ist eine finale Verknüpfung zwischen dem Einsatz der qualifizierten Nötigungsmittel und der Wegnahme sowie eines räumlich-zeitlichen Zusammenhangs dergestalt, dass es zu einer nötigungsbedingten Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Gewahrsamsinhabers über das Tatobjekt gekommen ist.
15
a) Nach ständiger Rechtsprechung muss zwischen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn eine Nötigungshandlung nicht zum Zwecke der Wegnahme vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach Abschluss dieser Handlung fasst (vgl. BGH, Urteile vom 22. September 1983 – 4 StR 376/83, BGHSt 32, 88, 92 und vom 20. April 1995 – 4 StR 27/95, BGHSt 41, 123, 124; Beschlüsse vom 16. Januar 2003 – 4 StR 422/02, NStZ 2003, 431, 432, vom 21. März 2006 – 3 StR 3/06, NStZ 2006, 508, vom 24. Februar 2009 – 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325, vom 25. September 2012 – 2 StR 340/12, NStZ-RR 2013, 45, 46 und vom 18. Februar 2014 – 5 StR 41/14, NStZ 2015, 156).
16
Deshalb genügt der Umstand, dass die Wirkungen eines ohne Wegnahmevorsatz eingesetzten Nötigungsmittels noch andauern und der Täter dies ausnutzt, für die Annahme eines Raubes nicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Juni 2001 – 3 StR 176/01, vom 21. März 2006 – 3 StR 3/06, NStZ 2006, 508, vom 24. Februar 2009 – 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325 und vom 25. September 2012 – 2 StR 340/12, NStZ-RR 2013, 45). Auch das bloße Ausnutzen der Angst eines der Einwirkung des Täters schutzlos ausgelieferten Opfers vor Fortführung bislang nicht auf die Ermöglichung der Wegnahme von Sachen gerichteter Gewalthandlungen reicht – ohne aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung – nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2013 – 2 StR 558/12, NStZ 2013, 648; Beschlüsse vom 25. Februar 2014 – 4 StR 544/13, NStZ 2014, 269 und vom 18. Februar 2014 – 5 StR 41/14, NStZ 156, 157).
17
Demnach ist der Straftatbestand des Raubes regelmäßig dann gegeben, wenn mit dem Nötigungsmittel körperlicher Widerstand überwunden oder aufgrund der Zwangswirkung unterlassen und es hierdurch dem Täter ermöglicht wird, den Gewahrsam zu brechen. Der Tatbestand verlangt allerdings nicht, dass der Einsatz des Nötigungsmittels objektiv erforderlich ist oder die Wegnahme zumindest kausal fördert (BGH, Urteile vom 21. Mai 1953 – 4 StR 787/52, BGHSt 4, 210, 211 und vom 19. April 1963 – 4 StR 92/63, BGHSt 18, 329, 331). Es genügt, dass aus Sicht des Täters der Einsatz des Nötigungsmittels notwendig ist (Finalzusammenhang). Allein seine Vorstellung und sein Wille sind für den Finalzusammenhang maßgebend (BGH, Urteile vom 19. April 1963 – 4 StR 92/63, BGHSt 18, 329, 331 und vom 6. Oktober 1992 – 1 StR 554/92, NStZ 1993, 79; Beschluss vom 28. April 1989 – 4 StR 184/89, StV 1990, 159, 160).
18
Dieser maßgebliche Finalzusammenhang als solcher ist deshalb grundsätzlich unabhängig von der räumlichen und zeitlichen Einordnung der Wegnahmehandlung in das zweiaktige Tatgeschehen eines Raubes (vgl.Albrecht, Die Struktur des Raubtatbestandes (§ 249 Abs. 1 StGB), 2011, S. 103).
19
b) Nach den Feststellungen war der „subjektiv-finale Konnex“ gegeben. Der Angeklagte handelte während der Gewaltanwendung mit Zueignungsabsicht ; er wollte gegen das Opfer Gewalt ausüben, um nach der Gewaltanwendung ungehindert Wertgegenstände aus der Wohnung entwenden zu können und er hat die Gewalt gegen das Opfer zu diesem Zweck verübt. Aus seiner Sicht war die Anwendung von Gewalt erforderlich, um den Gewahrsam des Opfers zu brechen.
20
Der einzige Mangel des inneren Tatbestands betraf die Wirkungsweise der Gewalt. Während der Angeklagte bei der Gewaltanwendung annahm, der Geschädigte werde keinen Widerstand leisten, weil er ihn betäubt oder erschlagen hat, blieb er bei der Suche nach Wertgegenständen deshalb unbehelligt , weil sein Gewalteinsatz dazu geführt hatte, dass das Opfer schwer verletzt war, kaum noch etwas sah, sich vom Blut reinigte, anzog und dann den Rettungsdienst verständigte.
21
Diese Abweichung der Vorstellung des Angeklagten zum Zeitpunkt der Nötigungshandlung über die Verknüpfung von Nötigungshandlung und Wegnahme von der Verknüpfung, wie sie sich dann tatsächlich darstellte, hebt den Finalzusammenhang aber nicht auf; denn es handelte sich nur um eine unerhebliche Abweichung. Die angewendete Gewalt nötigte das Opfer, die Weg- nahme zu dulden und die Wegnahme wurde bei ununterbrochen fortbestehendem Wegnahmevorsatz (mit Zueignungsabsicht) auch umgesetzt.
22
In der Rechtsprechung ist als Rechtsfigur der unerheblichen Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf anerkannt, dass eine Divergenz zwischen dem eingetretenen und dem vom Täter gedachten Geschehensablauf im Rahmen der Prüfung des Vorsatzes regelmäßig dann unbeachtlich ist, wenn sie unwesentlich ist, namentlich weil beide Kausalverläufe gleichwertig sind (BGH, Urteile vom 21. April 1955 – 4 StB 552/54, BGHSt 7, 325, 329, vom 9. Oktober 1969 – 2 StR 376/69, BGHSt 23, 133, 135 und vom 10. April 2002 – 5 StR 613/01, NStZ 2002, 475, 476; Beschluss vom 11. Juli 1991 – 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 34, Fischer, StGB, 63. Aufl., § 16 Rn. 7).
23
Dieser Gedanke gilt auch für Abweichungen des vorgestellten Finalzusammenhangs von der tatsächlichen Verknüpfung von Nötigungshandlung und Wegnahme. Abweichungen des tatsächlichen vom vorgestellten Finalverlauf sind für die rechtliche Bewertung bedeutungslos, wenn sie sich innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren halten und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigen (vgl. entsprechend zum „Kausal- verlauf“, BGH, Beschluss vom 11. Juli 1991 – 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 34).
24
Demnach ist es unerheblich, ob sich das Opfer nach Abschluss der vom Täter zum Zweck der Duldung der Wegnahme verübten Tathandlung entschließt , die Wegnahme wegen des zuvor angewendeten Nötigungsmittels zu dulden oder infolge des Einsatzes des Nötigungsmittels nicht mehr in der Lage ist, einen entsprechenden Willen zu bilden und umzusetzen wie dies bei Bewusstlosigkeit , schweren Verletzungen oder Fesselung der Fall ist. Ergreift das Opfer vor der Wegnahme die Flucht, liegt in diesem Verhalten die konkludente Preisgabe seines Eigentums. Aus Sicht des Opfers ist es gleichgültig, ob das Dulden der Wegnahme oder die Unmöglichkeit Widerstand zu leisten auf Fesselung , Bewusstlosigkeit oder verletzungsbedingter Wehrlosigkeit beruht (Fischer, StGB, 63. Aufl., § 249 Rn. 12b; vgl. Albrecht, aaO, S. 147 „Schwächung der … Verteidigungsfähigkeit oder -bereitschaft des Opfers als Nöti- gungserfolg“). Die je nach Konstitution und Persönlichkeit des Opfers unter- schiedlichen Reaktionen auf die Gewalthandlung des Täters sind für das Fortbestehen eines Finalzusammenhangs ohne Relevanz.
25
Der Finalzusammenhang war daher gegeben.
26
c) Über den Finalzusammenhang hinaus müssen Nötigung und Wegnahme aber im Hinblick auf den spezifischen Unrechtsgehalt des Raubes auch in einem bestimmten räumlichen und zeitlichen Verhältnis zueinanderstehen.
27
Dieses neben den Finalzusammenhang tretende eigenständige Merkmal folgt aus der gegenüber einem Diebstahl erhöhten Strafdrohung bei Raub. Sie beruht auf dem wesentlich höheren Schuld- und Unrechtsgehalt, der an den Einsatz von qualifizierten Nötigungsmitteln zur Herbeiführung des Gewahrsamsbruchs beim Opfer anknüpft (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 2009 – 5 StR 31/09, BGHSt 53, 234, 236; Streng GA 2010, 671, 675). Aus der unrechtssteigernden Funktionalisierung von Nötigungsmitteln für den Eingriff in fremdes Eigentum folgt, dass der subjektiv-final auf „Wegnahme mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben“ gerichtete Tatentschluss sich auch tatsächlich in einer „Wegnahme mit Gewalt“ oder „unter Anwendung von Drohungen“ realisieren muss und die den Raub konstituierenden Elemente der Nötigungshandlung und der Wegnahme eine raubspezifische Einheit bilden (vgl. Streng, aaO, S. 675). Sie dürfen nicht isoliert nebeneinanderstehen, sondern müssen das typische Tatbild eines Raubes ergeben. Eine solche raubspezifische Einheit von qualifizier- ter Nötigung und Wegnahme liegt regelmäßig lediglich dann vor, wenn es zu einer – in der Vorstellung des Täters nachvollzogenen – nötigungsbedingten Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Gewahrsamsinhabers über das Tatobjekt gekommen ist (vgl. Albrecht, aaO, S. 134 und S. 141).
28
Daran könnte es dann fehlen, wenn ein durch die Nötigung hervorgerufenes Verhalten des Opfers nach Abschluss der qualifizierten Nötigungshandlung weder objektiv noch nach der Tätervorstellung ein notwendiges Zwischenziel zur Begründung des Gewahrsams ist (vgl. Albrecht, aaO, S. 127).
29
Nicht gefordert für den raubspezifischen Zusammenhang ist, dass der Ort der Nötigungshandlung und der Wegnahmehandlung identisch sind oder ein bestimmtes Maß an zeitlicher oder örtlicher Differenz zwischen Nötigung und Wegnahme nicht überschritten werden darf (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 1983 – 4 StR 640/83, bei Holtz, MDR 1984, 276 und Beschluss vom 13. Oktober 2005 – 5 StR 366/05, NStZ 2006, 38; MünchKommStGB/Sander, 2. Aufl., § 249, Rn. 27). Es entscheiden jeweils die Umstände des Einzelfalls.
30
d) Ob der raubspezifische, also auf die nötigungsbedingte Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Opfers über das Tatobjekt bezogene, zeitliche und räumliche Zusammenhang vorlag, lässt sich den Feststellungen des Urteils nicht hinreichend sicher entnehmen.
31
Es bleibt offen, warum der Geschädigte nicht sofort nach Abschluss der Gewaltanwendung den Rettungsdienst verständigte, weshalb er später dem Angeklagten sogar beim Verlassen der Wohnung behilflich war, und weshalb der Angeklagte seinen nach den Feststellungen fortbestehenden Wegnahmevorsatz nicht sofort nach der Gewaltanwendung umgesetzt hat, obwohl der Geschädigte sichtbar unter der Wirkung der ausgeübten Gewalt stand. Dem Urteil lässt sich auch nicht entnehmen, ob der Angeklagte im Badezimmerschrank, in der Küche oder anderswo nach Wertsachen suchte und welche Zeit in etwa zwischen dem Ende der körperlichen Auseinandersetzung und der Wegnahme verstrichen ist.
32
Eine nähere Erklärung, weshalb der Angeklagte sich veranlasst sah, erst zu duschen und sich anzukleiden und nicht sofort mit etwaiger Beute die Flucht ergriff, findet sich im Urteil nicht.
33
Gab der Geschädigte die Wertgegenstände dem ungehinderten Zugriff des Angeklagten preis, weil er sich infolge der verübten Gewalt nicht mehr willens und in der Lage sah, seinen Gewahrsam zu schützen, spräche dies trotz der verstrichenen Zeit und der wiederholten Ortsveränderung von Täter und Opfer für den erforderlichen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen Nötigungshandlung und Wegnahme. Dasselbe gilt, soweit das Verhalten des Angeklagten der Vorbereitung seiner Flucht mit etwaiger Beute diente oder die vorangegangene Anwendung von Gewalt durch ausdrückliche oder konkludente Drohung aktualisiert wurde.
34
e) Wirkte die vorangegangene Gewaltanwendung bei der Wegnahme nicht willensbeugend, gab also der Geschädigte die Wertgegenstände in seiner Wohnung dem Zugriff des Angeklagten aus anderen Gründen preis, käme wegen des einen Gewahrsamsbruch ausschließenden Einverständnisses mit der Wegnahme lediglich ein versuchter Raub in Betracht.
35
2. Die Sache bedarf deshalb insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung , da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Landgericht in neuer Hauptverhandlung Feststellungen zu treffen vermag, die eine Verurteilung wegen Raubes stützen. Der Senat hebt deshalb das Urteil einschließlich der Feststellungen insgesamt auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu geben, den Sachverhalt umfassend aufzuklären. Raum Graf Jäger Radtke Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 340/12
vom
25. September 2012
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 25. September 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 11. April 2012 im Fall II.1 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes sowie wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang mit der Sachrüge Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
Nach den zu Fall II.1 getroffenen Feststellungen nahm der Angeklagte am Abend des 9. März 2001 Kontakt zu der Geschädigten auf, die auf dem "Straßenstrich" der Prostitution nachging. Gegen Zahlung von 50 DM führte sie in seinem Pkw bei ihm den Oralverkehr durch. Nachdem dies auch nach längerer Zeit zu keiner Befriedigung des Angeklagten geführt und die Geschädigte ihre Dienstleistung daraufhin abgebrochen hatte, hinderte der Angeklagte die Geschädigte nach kurzer Diskussion und dem Verlassen des Fahrzeugs daran, sich vom Ort des Geschehens zu entfernen. Er drückte sie gegen einen Zaun und schlug ihr mit der Faust mehrfach ins Gesicht, bis sie zu Boden ging. Anschließend trat er mehrere Male kraftvoll auf ihren Kopf ein, bis sie sich aus Angst vor weiterer Gewaltanwendung nicht mehr rührte. In diesem Moment beschloss der Angeklagte, der Geschädigten die zuvor gezahlten 50 DM wieder wegzunehmen. Hierbei erkannte er, dass die Geschädigte dies dulden würde, weil sie weitere Tritte befürchtete. Diese Angst zielgerichtet ausnutzend nahm der Angeklagte nun die Jacke der Geschädigten an sich, in der sich neben dem betreffenden Geld ihr Mobiltelefon und weitere Wertgegenstände befanden, und fuhr davon.

II.

3
Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen besonders schweren Raubes (§ 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 3a StGB) nicht. Nach ständiger Rechtsprechung muss zwischen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn eine Nötigungshandlung nicht zum Zwecke der Wegnahme vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach Abschluss dieser Handlung fasst (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 1983 – 4 StR 376/83, BGHSt 32, 88, 92; Urteil vom 20. April 1995 - 4 StR 27/95, BGHSt 41, 123, 124; Beschluss vom 16. Januar 2003 - 4 StR 422/02, NStZ 2003, 431, 432; Beschluss vom 24. Februar 2009 - 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 249 Rn. 6, 10 mwN). Hier hatte sich nach den Feststellungen der Angeklagte erst nach seiner letzten Gewaltanwendung zur Wegnahme entschlossen. Eine Äußerung oder sonstige Handlung des Angeklagten vor oder bei der Wegnahme, die eine – eventuell konkludent auf die vorausgehende Gewaltausübung Bezug nehmende – Drohung mit weiterer Gewalt beinhaltet, ist nicht festgestellt. Allein der Umstand, dass die Wirkungen der ohne Wegnahmeabsicht ausgeübten Gewalt noch andauern und der Täter dies ausnutzt, genügt für die Annahme eines Raubes nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 21. März 2006 - 3 StR 3/06, NStZ 2006, 508; Beschluss vom 24. Februar 2009 – 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325f.).
4
Die Aufhebung der Verurteilung im Fall II.1 der Urteilsgründe führt zum Wegfall der zugehörigen Einzelstrafe und bedingt die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs.
Becker RiBGH Dr. Appl befindet sich Berger im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Krehl Ott

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR41/14
vom
18. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Februar 2014 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten W. wird das Urteil
des Landgerichts Zwickau vom 30. Oktober 2013 – auch
soweit es die Mitangeklagte B. betrifft – nach § 349
Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten W. wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt; die nichtrevidierende Mitangeklagte B. hat es wegen Raubes in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen besuchten am 20. April 2013 der Angeklagte W. und die Angeklagte B. , die von ihrer Tochter und deren Freund, dem gesondert Verfolgten S. begleitet wurde, die geschädigten Eheleu- te F. in deren Wohnung. Über ein als unangemessen gewertetes Ansinnen erbost versetzte zunächst die Angeklagte B. , sodann der ebenfalls verärgerte Angeklagte W. dem Geschädigten Schläge in das Gesicht. Im Bewusstsein ihrer körperlichen Überlegenheit und in Ansehung des durch die Schläge deutlich eingeschüchterten Geschädigten kamen der Angeklagte W. und S. spontan überein, aus der Wohnung der Eheleute brauchbare Gegenstände wegzunehmen. Unter dem Eindruck der erhaltenen Schläge ließ es der Geschädigte F. widerstandslos zu, dass der Angeklagte W. und S. Gegenstände im Gesamtwert von ca. 100 € zusammenpackten. Dieses Tun billigte die Angeklagte B. , in deren Wohnung das Stehlgut anschließend verbracht wurde (Fall II.1 der Urteilsgründe).
3
Drei Tage später suchten der Angeklagte W. , die Angeklagte B. , ihre Tochter und S. erneut die Eheleute F. auf. Wiederum erzürnte sich die Angeklagte B. und schlug dem Geschädigten mehrfach in das Gesicht. Der Angeklagte W. und S. schlossen sich diesen Tätlichkeiten an. Weiterhin brachte der Angeklagte W. dem Geschädigten an den Händen mit einer glimmenden Zigarette Brandwunden bei. Nachdem es dem Geschädigten gelungen war, in ein anderes Zimmer der Wohnung zu flüchten, entwendeten der Angeklagte W. und S. aus der Wohnung der Eheleute F. „ungestört in Ausnutzung der fortwirkenden Gewalt“ Gegenstände im Gesamtwert von ca. 100 €. Die Angeklagte B. machte sich die Wegnahme zu eigen, indem sie half, die entwendeten Sachen in ihre Wohnung zu tragen (Fall II.2 der Urteilsgründe).
4
2. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten W. wegen Raubes und besonders schweren Raubes (§ 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) nicht. Nach ständiger Rechtsprechung muss zwischen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn eine Nötigungshandlung nicht zum Zwecke der Wegnahme vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach Abschluss dieser Handlung fasst (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 1983 – 4 StR 376/83, BGHSt 32, 88, 92; Urteil vom 20. April 1995 – 4 StR 27/95, BGHSt 41, 123, 124; Urteil vom 16. Januar 2003 – 4 StR 422/02, NStZ 2003, 431, 432; Beschluss vom 24. Februar 2009 – 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325; MünchKomm/Sander, StGB, 2. Aufl., § 249 Rn. 31 mwN). Hier hatte sich der Angeklagte nach den Feststellungen jeweils erst nach seiner letzten Gewaltanwendung zur Wegnahme entschlossen. Eine Äußerung oder sonstige Handlung des Angeklagten vor der Wegnahme, die eine auch nur konkludente Drohung mit weiterer Gewalt beinhaltete, ist nicht festgestellt. Allein der Umstand, dass die Wirkungen eines ohne Wegnahmeabsicht eingesetzten Nötigungsmittels noch andauern und der Täter dies ausnutzt, genügt für die Annahme eines Raubes nicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. März 2006 – 3 StR 3/06, NStZ 2006, 508; vom 24. Februar 2009 – 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325; vom 25. September 2012 – 2 StR 340/12, NStZ-RR 2013, 45). Das bloße Ausnutzen der Angst eines der Einwirkung des Täters schutzlos ausgelieferten Opfers reicht nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2013 – 2 StR 558/12, NStZ 2013,

648).


5
3. Die Sache bedarf deshalb insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung , da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Landgericht in neuer Hauptverhandlung Feststellungen zu treffen vermag, die eine Verurteilung wegen Raubdelikten stützen.
6
Da der aufgezeigte materiellrechtliche Fehler des Urteils die nicht revidierende Mitangeklagte B. in gleicher Weise betrifft, ist die Aufhebung auf sie zu erstrecken, nachdem sie – zum Antrag des Generalbundesanwalts auf Entscheidung nach § 357 StPO über ihren Verteidiger angehört – einer solchen Erstreckung nicht widersprochen hat.
Basdorf Sander Schneider
Berger Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 422/12
vom
13. November 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
13. November 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 10. April 2012 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) zu Tat 1 der Urteilsgründe insgesamt;
b) darüber hinaus, aa) soweit es den Angeklagten H. betrifft, im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe und soweit die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist; bb) soweit es die Angeklagten G. und L. betrifft , im Strafausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen schweren Raubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung , Nötigung und Vergewaltigung (Tat 1 der Urteilsgründe), wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung (Tat 2 der Urteilsgründe) und wegen Körperverletzung (Tat 3 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Gegen die Angeklagte G. hat es wegen schweren Raubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung , gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Nötigung (Tat 1 der Urteilsgründe) eine Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten ausgesprochen und gegen den Angeklagten L. wegen schweren Raubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung , Nötigung und Vergewaltigung (Tat 1 der Urteilsgründe) sowie wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit räuberischer Erpressung und Freiheitsberaubung (Tat 2 der Urteilsgründe) eine Jugendstrafe von drei Jahren verhängt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg, im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung aller drei Angeklagten wegen schweren Raubes im Fall der Tat 1 der Urteilsgründe hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts kamen die Angeklagten überein, den Geschädigten W. , der angeblich schlecht über den Angeklagten H. gesprochen habe, körperlich zu züchtigen; außerdem wollten sie sich an ihm bereichern. Die Angeklagte G. verabredete sich zum Schein mit ihm, am Treffpunkt erschienen auch die Angeklagten H. und L. . Dabei war allen Angeklagten bewusst, dass das Auftreten des Angeklagten H. auf den Geschädigten bedrohlich wirkte. Nachdem er diesen zunächst zur Herausgabe von Geld und anderen Wertgegenständen an die Angeklagte G. genötigt hatte, schlug der Angeklagte H. mehrfach auf den Geschädigten ein, auch, während sie sich zu dessen Wohnung begaben. Dort angelangt , verschafften sich die Angeklagten erneut unter Einschaltung einer List gegen den Willen des Geschädigten Zutritt, nahmen ihm den Schlüssel ab und sperrten die Wohnungstür zu. In den folgenden Stunden schlugen die Angeklagten H. und L. mehrfach abwechselnd mit den Fäusten auf W. ein. Ohne dass die Strafkammer nähere Feststellungen zur zeitlichen Abfolge treffen konnte, nötigte der Angeklagte H. den Geschädigten zur Herausgabe eines Computers und zur Abfassung eines diesbezüglichen Schenkungsvertrages, schlug und bewarf ihn mit einem Deo-Roller, trat ihn mit dem beschuhten Fuß gegen den Rumpf, drückte eine Zigarette auf seinem Rücken aus und forderte ihn auf, den Penis des Angeklagten L. in den Mund zu nehmen, und diesem "einen zu blasen". Aus Angst vor weiteren Übergriffen leistete W. allen an ihn gerichteten Ansinnen - auch denen, den Urin der Angeklagten und ein Gemisch aus Bier, Zigarettenasche und Zigarettenfiltern zu trinken - Folge, gab außerdem seine EC-Karte heraus und teilte der Angeklagten G. auf Verlangen des Angeklagten H. die Geheimnummer mit; die Angeklagte G. hob so 300 € von seinem Konto ab, die die Angeklagten untereinander aufteilten. Zudem packten die Angeklagten Stehlenswertes in Taschen und Rucksäcken des Geschädigten zusammen und stellten diese im Flur der Wohnung zum Abtransport bereit. W. leistete "unter dem fortwirkenden Eindruck der Gewalt" auch hierbei keine Gegenwehr.
4
Gegen drei Uhr am nächsten Morgen verließen die Angeklagten mit ihrer Beute und dem Geschädigten die Wohnung, und zwangen diesen, sich mit ihnen in die Wohnung der Angeklagten G. zu begeben, wo sie erneut die Tür zusperrten, um W. an der Flucht zu hindern. Die Angeklagten H. und L. schlugen auch hier über mehrere Stunden in wechselnder Beteiligung auf den Geschädigten ein.
5
b) Das Landgericht hat den Tatbestand des schweren - richtig: des besonders schweren (vgl. BGH, Beschluss vom 2. März 2010 - 3 StR 496/09) - Raubes als erfüllt angesehen, weil der Angeklagte H. zu einer Zeit, als die Wegnahme der in der Wohnung zusammengepackten Gegenstände noch nicht vollendet gewesen sei, den Geschädigten mit einem Deo-Roller an den Kopf geschlagen und so bei der Tat ein gefährliches Werkzeug verwendet habe (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Diese Annahme wird von den Feststellungen nicht belegt. "Bei der Tat" verwendet der Täter eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, wenn er es zweckgerichtet im Rahmen der Verwirklichung des Raubtatbestandes gebraucht, also als Nötigungsmittel zur Herbeiführung der Wegnahme (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 250 Rn. 18). Zu der Vorstellung des Angeklagten H. bei dem Schlag mit dem Deo-Roller und zu der erforderlichen finalen Verknüpfung zwischen dessen Einsatz und der Wegnahme der Gegenstände hat die Strafkammer keine Feststellungen getroffen. Dies erübrigte sich weder wegen des zeitlichen Zusammenhangs noch mit Blick auf das übrige Tatgeschehen, denn dieses lässt es zumindest ebenso naheliegend erscheinen, dass der Angeklagte H. sein Opfer, das von ihm und dem Angeklagten L. in vielfacher Art und Weise misshandelt und gedemütigt wurde und deshalb bereits massiv eingeschüchtert war, durch den Schlag mit dem Deo-Roller nur weiter quälen wollte. Auch die Annahme des Generalbundesanwalts, der Schlag sei jedenfalls noch in Beute- sicherungsabsicht erfolgt, was für eine Verwendung "bei der Tat" ausreichen würde (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 5 StR 445/08, BGHSt 52, 376, 377), findet in den Feststellungen keine Stütze; dagegen spricht insbesondere, dass die Angeklagten den Geschädigten - mit ihrer Beute - noch in die Wohnung der Angeklagten G. verbrachten, um ihn dort weiter zu misshandeln.
6
c) Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen (besonders) schweren Raubes lässt auch die - von diesem Rechtsfehler nicht betroffene - Verurteilung wegen der tateinheitlich dazu begangenen Delikte entfallen. Für eine neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
7
Das neue Tatgericht wird zu prüfen haben, ob das Geschehen bis zum Verlassen der Wohnung des Geschädigten nicht auch unter den Tatbestand des erpresserischen Menschenraubes nach § 239a Abs. 1 StGB - jedenfalls in der Variante des Ausnutzens einer Bemächtigungslage - zu subsumieren ist. Dabei ist zu bedenken, dass auch die erzwungene Wegnahme eine "Erpressung" im Sinne von § 239a StGB darstellen kann, weil der Tatbestand der Erpressung den des Raubes mit umfasst (BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2007 - 3 StR 459/07, NStZ-RR 2009, 16, 17 mwN).
8
Bei den Tatbeständen des Raubes und der räuberischen Erpressung ist gleichermaßen erforderlich, dass zwischen dem Einsatz des Nötigungsmittels und der Wegnahme bzw. dem erstrebten Vermögensvorteil ein finaler Zusammenhang besteht. Dieser erfordert, dass Gewalt oder die Drohung damit vom Täter eingesetzt wird, um die Wegnahme zu ermöglichen bzw. das Opfer zu der vermögensschädigenden Handlung zu veranlassen; dass das Opfer Angst vor den Tätern hat, ist insoweit nicht ausreichend. Zwar mag es in Fällen wie dem vorliegenden, in denen das Opfer zahlreichen - allerdings nicht notwendig in Zusammenhang mit Raub oder räuberischer Erpressung stehenden - körper- lichen Übergriffen ausgesetzt war, naheliegen, dass die Täter für den Fall, dass sich das Opfer ihrem erpresserischen Ansinnen verwehrt oder einer Wegnahme entgegentritt, zumindest konkludent mit der Anwendung weiterer Gewalt drohen. Dies enthebt das Gericht indes nicht einer diesbezüglichen Feststellung (vgl. hierzu Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 28. Aufl., Rn. 281 ff.).
9
Mit Blick auf den Tatabschnitt, in dem der Geschädigte - auf entsprechende Aufforderung des Angeklagten H. - den Penis des Angeklagten L. in den Mund nahm, ist zu bedenken, dass der Tatbestand der Vergewaltigung nach § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB ein eigenhändiges Delikt darstellt , das der Angeklagte H. , zwischen dem und dem Geschädigten es zu keinem Körperkontakt kam, folglich nicht verwirklicht hat. Allerdings kommt ein besonders schwerer Fall der sexuellen Nötigung nach § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB in Betracht.
10
Das neue Tatgericht wird zudem die Abhebung von Geld vom Konto des Geschädigten durch die Angeklagte G. mit der zuvor abgenötigten ECKarte und der Geheimnummer auch unter dem Gesichtspunkt des § 263a Abs. 1 StGB in der Alternative des unbefugten Verwendens von Daten zu würdigen haben.
11
2. a) Die teilweise Aufhebung des Schuldspruchs bedingt bezüglich des Angeklagten H. die Aufhebung der insoweit verhängten Einsatzstrafe, so dass auch der Gesamtstrafenausspruch keinen Bestand hat.
12
b) Auch die Nichtanordnung der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB begegnet hinsichtlich dieses Angeklagten durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Strafkammer hat im Rahmen der Prüfung der Schuldfähigkeit des Angeklagten das Vorliegen eines Hanges im Sinne des § 64 StGB bejaht, die weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift indes nicht angesprochen, obwohl der Angeklagte die Taten unter dem Einfluss von Alkohol und/oder Drogen beging. Vielmehr hat sie sich den Ausführungen des von ihr gehörten Sachverständigen angeschlossen, nach denen "das Tatgeschehen nicht, jedenfalls nicht in erster Linie auf den Hang", sondern "(in erster Linie) auf die dissoziale Persönlichkeitsstörung des Angeklagten" zurückzuführen sei. Diese Ausführungen lassen besorgen, dass das Landgericht von einem zu engen und deshalb rechtsfehlerhaften Verständnis des symptomatischen Zusammenhangs zwischen einem Hang zum übermäßigen Konsum von Rauschmitteln und der Anlasstat ausgegangen ist. Denn es ist nach ständiger Rechtsprechung nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige oder vorrangige Ursache der Anlasstat ist; vielmehr ist es ausreichend, dass der Hang neben anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche Straftaten begangen hat (BGH, Beschluss vom 19. Mai 2009 - 3 StR 191/09, NStZ 2010, 83, 84 mwN). Die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt muss deshalb neu verhandelt und entschieden werden. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (BGH, Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch den Tatrichter auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362).
13
3. Die hinsichtlich der Angeklagten G. vollständige und hinsichtlich des Angeklagten L. teilweise Aufhebung des Schuldspruchs entzieht den verhängten Jugendstrafen ihre Grundlage. Mit Blick auf die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer weist der Senat darauf hin, dass sich die Höhe der Jugendstrafe nach § 18 Abs. 2 JGG vorrangig nach erzieherischen Ge- sichtspunkten bemisst. Die Urteilsgründe müssen deshalb erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt und bei der Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abgewogen worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. August 2012 - 3 StR 259/12 und vom 28. Februar 2012 - 3 StR 15/12, NStZ-RR 2012, 186, 187 mwN).
Becker Hubert Schäfer Gericke Spaniol

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

5 StR 541/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 26. November 2012
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. November 2012

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 17. Juli 2012 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Im Hinblick auf den Schriftsatz des Verteidigers vom 8. November 2012 bemerkt der Senat ergänzend: Der Schuldspruch wegen tateinheitlich verwirklichter gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB bleibt neben demjenigen wegen besonders schweren Raubes nach § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a StGB bestehen. § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB tritt lediglich gegenüber § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b StGB zurück, da die der Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB zu Grunde liegende abstrakte Lebensgefährdung durch die Qualifikation der vorsätzlichen konkreten Lebensgefährdung in § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b StGB verdrängt wird (BGH, Beschluss vom 12. August 2005 – 2 StR 317/05, BGHR StPO § 224 Abs. 1 Nr. 5 Gesetzeskonkurrenz 1; insoweit missverständlich BGH, Beschluss vom 9. Juli 2004 – 2 StR 170/04, StraFo 2004, 396; vgl. auch Fischer, StGB, 59. Aufl., § 224 Rn. 16, § 250 Rn. 30).
Basdorf Schaal Schneider Dölp Bellay