Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2012 - 5 StR 541/12

bei uns veröffentlicht am26.11.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 541/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 26. November 2012
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. November 2012

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 17. Juli 2012 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Im Hinblick auf den Schriftsatz des Verteidigers vom 8. November 2012 bemerkt der Senat ergänzend: Der Schuldspruch wegen tateinheitlich verwirklichter gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB bleibt neben demjenigen wegen besonders schweren Raubes nach § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a StGB bestehen. § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB tritt lediglich gegenüber § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b StGB zurück, da die der Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB zu Grunde liegende abstrakte Lebensgefährdung durch die Qualifikation der vorsätzlichen konkreten Lebensgefährdung in § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b StGB verdrängt wird (BGH, Beschluss vom 12. August 2005 – 2 StR 317/05, BGHR StPO § 224 Abs. 1 Nr. 5 Gesetzeskonkurrenz 1; insoweit missverständlich BGH, Beschluss vom 9. Juli 2004 – 2 StR 170/04, StraFo 2004, 396; vgl. auch Fischer, StGB, 59. Aufl., § 224 Rn. 16, § 250 Rn. 30).
Basdorf Schaal Schneider Dölp Bellay

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

Strafprozeßordnung - StPO | § 224 Benachrichtigung der Beteiligten über den Termin


(1) Von den zum Zweck dieser Vernehmung anberaumten Terminen sind die Staatsanwaltschaft, der Angeklagte und der Verteidiger vorher zu benachrichtigen; ihrer Anwesenheit bei der Vernehmung bedarf es nicht. Die Benachrichtigung unterbleibt, wenn sie d

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Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2004 - 2 StR 170/04

bei uns veröffentlicht am 09.07.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 170/04 vom 9. Juli 2004 in der Strafsache gegen wegen schweren Raubes u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. Juli 2004 g
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Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2017 - 5 StR 212/17

bei uns veröffentlicht am 26.07.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 212/17 vom 26. Juli 2017 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen besonders schweren Raubes u.a. ECLI:DE:BGH:2017:260717B5STR212.17.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesan

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Von den zum Zweck dieser Vernehmung anberaumten Terminen sind die Staatsanwaltschaft, der Angeklagte und der Verteidiger vorher zu benachrichtigen; ihrer Anwesenheit bei der Vernehmung bedarf es nicht. Die Benachrichtigung unterbleibt, wenn sie den Untersuchungserfolg gefährden würde. Das aufgenommene Protokoll ist der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger vorzulegen.

(2) Hat ein nicht in Freiheit befindlicher Angeklagter einen Verteidiger, so steht ihm ein Anspruch auf Anwesenheit nur bei solchen Terminen zu, die an der Gerichtsstelle des Ortes abgehalten werden, wo er in Haft ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 170/04
vom
9. Juli 2004
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. Juli 2004 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 3. Dezember 2003
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung entfällt,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raub s in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen Computerbetrugs unter Einbeziehung der Strafen aus einem Strafbefehl des Amtsgerichts Mühlhausen vom 20. Juli 2001 (Geldstrafe von 100 Tagessätzen) und der Strafen aus ei-
nem Urteil des Amtsgerichts Mühlhausen vom 25. September 2001 (Gesamtfreiheitsstrafe ein Jahr und zwei Monate - Einzelfreiheitsstrafen von zweimal sechs Monaten sowie vier Monaten) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und zwei Monaten verurteilt.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete, auf die Verle tzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch bedarf einer Änderung. Insoweit schl ießt sich der Senat der Stellungnahme des Generalbundesanwalts an, der zutreffend ausgeführt hat:
"Nicht bestehen bleiben kann hingegen der Schuldspruch w egen tateinheitlich verwirklichter gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB, weil dieses Delikt auf der Konkurrenzebene von § 250 Abs. 2 Ziff. 3 StGB verdrängt wird. Das Merkmal der körperlich schweren Mißhandlung in § 250 Abs. 2 Nr. 3 a StGB, welches auch in den Qualifikationen der §§ 176 a Abs. 1 Nr. 4 und 177 Abs. 4 Nr. 2 StGB enthalten ist, ist in Anlehnung an das frühere Regelbeispiel des § 176 Abs. 3 Nr. 2 StGB a.F. auszulegen (BGH NJW 2000, 3655). Der Unrechtsgehalt des Körperverletzungsdelikts wird von dieser Tatbestandsalternative vollständig abgedeckt (Tröndle/Fischer, § 177 Rn. 61; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 177 Rn. 29; SKHorn /Wolters § 177 Rn. 22). Ebenso geht das potentielle Gefährdungsdelikt des § 244 Abs. 1 Nr. 5 StGB (vgl. Tröndle/Fischer § 224 Rn. 12 m.w.N.) voll-
ständig in der als konkretes Gefährdungsdelikt ausgestalteten Norm des § 250 Abs. 2 Nr. 3 b StGB auf."
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt nicht zu einer Än derung der verhängten Einzelstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten. Der Senat kann ausschließen, daß das Landgericht eine noch mildere als die angesichts der Tat sehr maßvolle Strafe verhängt hätte.
3. Keinen Bestand haben kann aber der Ausspruch über di e Gesamtfreiheitsstrafe. Auch insoweit schließt sich der Senat der Stellungnahme des Generalbundesanwalts an, der zutreffend ausgeführt hat:
"Gegenstand der Gesamtstrafenbildung waren neben der wegen schweren Raubes verhängten Einsatzstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten lediglich die ausgesprochene weitere Einzelstrafe von sechs Monaten wegen Computerbetrugs sowie drei vormals vom Amtsgericht Mühlhausen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten zurückgeführte Vorbelastungen. Die erfolgte Erhöhung der Einsatzstrafe um ein Jahr und acht Monate entspricht in der Summe der früheren vom Amtsgericht Mühlhausen festgesetzten Gesamtstrafe zuzüglich der weiteren Einzelstrafe. Dies ist rechtsfehlerhaft. Denn danach hat die Kammer entweder unter Übernahme der aufgelösten Gesamtstrafe die Einzelstrafe von sechs Monaten wegen Computerbetruges in voller Höhe bei der Festsetzung der Gesamtstrafe berücksichtigt. Dies hätte allerdings näherer Begründung bedurft, zumal diesem im engen zeitlichen Zusammenhangs mit der Raubtat begangenem Vergehen der Charakter einer Nachtat zukam. Oder aber die Kammer hat nunmehr die frühere Gesamtstrafe erhöht. Gelangt der Tatrichter aber bei einer nachträglichen Gesamtstrafenbil-
dung zu einer Verschärfung der aufgelösten Gesamtstrafe, die in der Zahl und Höhe der neu hinzutretenden Einzelstrafen sowie den sonstigen für die Bildung der Gesamtstrafe bestimmenden Faktoren keine ausreichende Erklärung findet , so hat er die Änderung des Bewertungsmaßstabes anzusp rechen und hierfür nachvollziehbare Gründe zu nennen (BGHR StGB § 55 I Einbeziehung 8, obiter dictum). Solche sind jedoch auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu entnehmen, weil die einbezogenen Taten vor dem abgeurteilten Geschehen lagen oder ein gänzlich anders gelagertes Delikt (umweltgefährdende Abfallbeseitigung) betrafen. Vielmehr spricht die ausdrückliche Erwägung , vorliegend sei wegen des langen Zeitablaufs ein straffer Zusammenzug geboten (UA S. 23), gerade dagegen, daß die Kammer über das vormalige Strafmaß des Amtsgerichts Mühlhausen hinausgehen wollte. Die dem Gesamtstrafenausspruch zugrunde liegenden Feststellungen können zumindest deshalb nicht aufrechterhalten bleiben, weil aufgrund der bereits seit dem Sommer 2002 gegen den Angeklagten vollzogenen Vollstreckung der einbezogenen Strafen (vgl. Bd. II, Bl. 695, 702, 720, 725 d.A.) deren zwischenzeitliche Erledigung (und gegebenenfalls die Gewährung von Härteausgleich) neuerlich zu prüfen sein wird." Zur Frage einer neuerlichen Gesamtstrafenbildung weist der Senat aber auch auf folgendes hin: Grundsätzlich hat nach Aufhebung einer Gesamtstrafe in der erneuten Verhandlung die Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten Verhandlung zu erfolgen. Dies gilt nicht nur wenn die Urteilsaufhebung gerade wegen fehlerhaft unterbliebener nachträglicher Gesamtstrafenbildung erfolgt ist. Vielmehr ist so
regelmäßig auch in anderen Fällen der Gesamtstrafenaufhebung zu verfahren, damit einem Revisionsführer ein erlangter Rechtsvorteil durch nachträgliche Gesamtstrafenbildung nicht durch sein Rechtsmittel genommen wird (BGH NStZ 2001, 645).
Bode Detter Otten Rothfuß Ri'inBGH Roggenbuck ist durch Urlaub an der Unterschrift gehindert. Bode