Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Nov. 2010 - 4 StR 473/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen sowie wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt ; ferner hat es den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 5.000 Euro angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Die Anordnung des Wertersatzverfalls gemäß § 73a Satz 1 StGB hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe "insgesamt ... 17.000 € im Sinne des § 73 StGB erlangt", begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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- a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert aus der Tat im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, wenn er dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen ist (BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 246, und vom 29. Juni 2010 - 1 StR 245/09), er an ihm also unmittelbar aus der Tat (tatsächliche, aber nicht notwendig rechtliche) Verfügungsmacht gewonnen und dadurch einen Vermögenszuwachs erzielt hat (BGH, Urteile vom 4. Februar 2009 - 2 StR 504/08, JZ 2009, 1124 m. Anm. Rönnau und vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10 m.w.N.). Ein lediglich erzielbarer Vermögenszuwachs kann nicht für verfallen erklärt werden (BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 2000 - 3 StR 393/00, NStZ-RR 2001, 82 und vom 11. Oktober 2005 - 1 StR 344/05, NStZ-RR 2006, 39); das gilt auch für den Verfall von Wertersatz (BGH, Beschluss vom 10. September 2002 - 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198, 199).
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- b) Das Landgericht hat, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, nicht festgestellt, dass der Angeklagte das bei der Tat II. 102 erworbene Kokain weiterveräußert hat. Die Strafkammer hat - für sich unbedenklich - gemäß § 73b StGB geschätzt, "dass er die Betäubungsmittel für 50,-- € pro Gramm weiterveräußern könnte". Damit ist eine tatsächlich erfolgte Weiterveräußerung nicht belegt; im Blick auf die zeitliche Nähe dieses und des vorangegangenen Betäubungsmittelgeschäfts versteht sich dies auch nicht von selbst.
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- c) Damit ist der Verfallsentscheidung - auch unter Berücksichtigung des nach § 73c StGB festgesetzten Betrages in Höhe von 5.000 Euro - der Boden entzogen.
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- 2. Wegen des Erfordernisses einer zumindest faktischen Mitverfügungsmacht mehrerer Täter über den Vermögensgegenstand und wegen der Frage einer gesamtschuldnerischen Haftung verweist der Senat auf sein Urteil vom 28. Oktober 2010 in der Sache 4 StR 215/10.
Mutzbauer Bender
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Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.
(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn
- 1.
er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat, - 2.
ihm das Erlangte - a)
unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder - b)
übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, oder
- 3.
das Erlangte auf ihn - a)
als Erbe übergegangen ist oder - b)
als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
(2) Erlangt der andere unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht, oder gezogene Nutzungen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 kann das Gericht auch die Einziehung dessen anordnen, was erworben wurde
Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.