Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Nov. 2000 - 4 StR 398/00
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung in zwei Fällen, in einem Fall tateinheitlich begangen mit Nötigung und Freiheitsberaubung sowie wegen Vergewaltigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
Die Revision hat mit der Verfahrensrüge zu § 63 StPO Erfolg.
Die Zeugin C. , eine Schwester des Angeklagten, wurde in den Hauptverhandlungsterminen vom 18. November 1999 und vom 17. Dezember 1999 vernommen. In der Hauptverhandlung vom 18. November 1999 ist sie als Zeugin vereidigt worden, ohne zuvor über ihr Recht belehrt worden zu sein, als Angehörige des Angeklagten die Beeidigung zu verweigern (§§ 52 Abs. 1
Nr. 3, 63 StPO). Bei der zweiten Vernehmung im Termin vom 17. Dezember 1999 blieb sie gemäß § 61 Nr. 5 StPO unbeeidigt.
Der Senat kann nicht ausschließen, daß das Urteil auf dem Verstoß gegen § 63 StPO beruht. Die Verurteilung des Angeklagten gründet sich im wesentlichen auf die Angaben der Geschädigten und einzigen Tatzeugin Elizete K. . Das Landgericht stützt seine Überzeugung in Bezug auf die Glaubwürdigkeit dieser Zeugin maßgeblich (auch) auf die Angaben der Zeugin C. (UA 29/30, 32/33, 38). Es kann daher unter den hier gegebenen Umständen nicht ausgeschlossen werden, daß es die Glaubwürdigkeit der Zeugin C. und damit auch die der Geschädigten anders beurteilt hätte, wenn die Zeugin C. nach der vorgeschriebenen Belehrung erklärt hätte, sie wolle ihre Aussage nicht beschwören (vgl. BGHR StPO § 63 Belehrung, fehlende 1; BGH StV 1987, 513; 1991, 498). Dies gilt umso mehr, als das Landgericht von der Vereidigung der Zeugin C. nach § 61 Nr. 2 StPO hätte absehen können. Das Beruhen des Urteils auf der unterbliebenen Belehrung wird auch nicht dadurch
ausgeschlossen, daß die Zeugin im Rahmen der Hauptverhandlung sowohl eidlich als auch nicht eidlich vernommen worden ist (vgl. BGH StV 1991, 498).
Meyer-Goßner Kuckein Athing Ernemann
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Wird ein Zeuge durch einen beauftragten oder ersuchten Richter vernommen, muss die Vereidigung, soweit sie zulässig ist, erfolgen, wenn es in dem Auftrag oder in dem Ersuchen des Gerichts verlangt wird.
Die in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen des Beschuldigten haben das Recht, die Beeidigung des Zeugnisses zu verweigern; darüber sind sie zu belehren.
Wird ein Zeuge durch einen beauftragten oder ersuchten Richter vernommen, muss die Vereidigung, soweit sie zulässig ist, erfolgen, wenn es in dem Auftrag oder in dem Ersuchen des Gerichts verlangt wird.
Die in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen des Beschuldigten haben das Recht, die Beeidigung des Zeugnisses zu verweigern; darüber sind sie zu belehren.