Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Apr. 2011 - 4 StR 39/11

published on 27/04/2011 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Apr. 2011 - 4 StR 39/11
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 39/11
vom
27. April 2011
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 27. April 2011 gemäß § 349 Abs. 2
und Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 2. September 2010 im Rechtsfolgenausspruch
a) dahin abgeändert, dass gegen den Angeklagten statt des erweiterten Verfalls von 2.708,32 € der Verfall von Wertersatz in Höhe von 1.150 € und der erweiterte Verfall von 1.558,32 € angeordnet wird,
b) mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der erweiterte Verfall von - Mobiltelefonen Nokia IMEI , IMEI sowie von zwei weiteren Mobiltelefonen Nokia (sichergestellt auf der Durchreiche und dem Couchtisch im Wohnzimmer der Wohnung des Angeklagten) und - der Feinwaagen ACUREZA und POCKET SCALE angeordnet wurde.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 27 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und die Einziehung eines Mobiltelefons sowie den erweiterten Verfall von vier weiteren Mobiltelefonen, zweier Feinwaagen und von 2.708,32 € angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Beanstandung der Anwendung des sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten.
2
Das Rechtsmittel ist aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 17. März 2011 dargelegten Gründen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit es sich gegen den Schuld- und den Strafausspruch richtet. Keinen Rechtsfehler weist ferner die Anordnung der Einziehung des vom Angeklagten bei einem Teil der abgeurteilten Taten benutzten Mobiltelefons auf. Nur teilweisen Bestand hat dagegen die weitergehende Anordnung des erweiterten Verfalls.
3
1. Hinsichtlich der in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten 2.708,32 € hat das Landgericht übersehen, dass die Anordnung des Verfalls nach §§ 73, 73a StGB Vorrang gegenüber der Anordnung des erweiterten Verfalls nach § 73d StGB hat (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - 4 StR 386/08; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 73d Rn. 9 jeweils mwN). Da der Angeklagte nach den getroffenen Feststellungen aus den abgeurteilten Taten einen Geldbetrag von insgesamt 1.150 € erlangt hat, der selbst - in Form des durch die Taten erlangten Geldes - jedoch ersichtlich in seinem Vermögen nicht mehr vorhanden war, war für diesen Betrag der Verfall nach § 73a StGB anzuordnen (vgl. BGH aaO). Den erweiterten Verfall nach § 73d StGB betreffen mithin nur mehr 1.558,32 €. Entsprechend kann der Senat die vom Landgericht getroffene Anordnung selbst abändern, da sich der Angeklagte insofern nicht anders als geschehen hätte verteidigen können; insbesondere wurde § 73c Abs. 1 StGB schon vom Landgericht - über § 73d Abs. 4 StGB - rechtsfehlerfrei nicht angewendet (vgl. auch BGH, Beschluss vom 15. März 2011 - 1 StR 75/11).
4
2. Keinen Bestand hat dagegen die Anordnung des erweiterten Verfalls von vier weiteren Mobiltelefonen sowie der ebenfalls sichergestellten zwei Feinwaagen.
5
Insofern fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die nicht näher ausgeführte oder belegte Feststellung der Strafkammer, dass "die Umstände" die Annahme rechtfertigen würden, der Angeklagte habe diese Gegenstände für oder aus rechtswidrigen Taten erlangt (UA 37). Die vom Landgericht zu den abgeurteilten Taten getroffenen Feststellungen legen vielmehr nahe, dass der Angeklagte auch bei den weiteren Betäubungsmittelstraftaten - wie üblich - die Drogen gegen Geld abgegeben hat. In einem solchen Fall unterläge dem erweiterten Verfall zwar nicht nur dieses Geld, sondern auch das, was der Angeklagte mit ihm erworben hat (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2004 - 1 StR 115/04 mwN).
Dass dies in Bezug auf die vier Mobiltelefone und zwei Feinwaagen der Fall war, hat das Landgericht aber nicht festgestellt.
Ernemann Solin-Stojanović Roggenbuck
Franke Mutzbauer
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.