Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Sept. 2000 - 4 StR 294/00

bei uns veröffentlicht am14.09.2000

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 294/00
vom
14. September 2000
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. September
2000 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum – Auswärtige Strafkammer Recklinghausen - vom 8. Februar 2000 im Schuldspruch dahin geändert, daß die tateinheitliche Verurteilung wegen sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen in den Fällen 1 bis 15 der Urteilsgründe betreffend die Anklage vom 9. September 1999 (36 Js 348/99) und im Fall 3 der Urteilsgründe betreffend die Anklage vom 11. Juni 1999 (36 Js 127/99) entfällt.
II. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
III. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen ”sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in 68 Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenen, sowie wegen sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen in 20 Fällen und wegen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe” zu einer Ge-
samtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat nur zu einem geringen Teil Erfolg; im übrigen erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die tateinheitliche Verurteilung wegen sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen in den Fällen 1 bis 15 der Urteilsgründe betreffend die Anklage vom 9. September 1999 (36 Js 348/99) und im Fall 3 der Urteilsgründe betreffend die Anklage vom 11. Juni 1999 (36 Js 127/99) kann wegen des Eintritts von Verfolgungsverjährung keinen Bestand haben, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 7. August 2000 im einzelnen zutreffend ausgeführt hat.
Die durch die Schuldspruchänderung betroffenen Einzelstrafen sowie die Gesamtstrafe können jedoch bestehen bleiben. Der Senat schließt unter den hier gegebenen Umständen aus, daß der Angeklagte milder bestraft worden wäre, wenn der Tatrichter den Verjährungseintritt erkannt und die Verurteilung in den bezeichneten Fällen jeweils rechtlich zutreffend ausschließlich auf den Straftatbestand des § 176 StGB gestützt hätte, zumal verjährte Taten,
wenn auch nicht mit demselben Gewicht wie nicht verjährte Taten, bei der Strafzumessung strafschärfend berücksichtigt werden können (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 24).
Meyer-Goßner Maatz Kuckein Athing Ernemann

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 46 Grundsätze der Strafzumessung


(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

Strafgesetzbuch - StGB | § 176 Sexueller Missbrauch von Kindern


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer d

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Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Okt. 2000 - 5 StR 397/00

bei uns veröffentlicht am 12.10.2000

5 StR 397/00 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 12. Oktober 2000 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Oktober 2000 beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.