Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Okt. 2016 - 4 StR 282/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:121016B4STR282.16.0
bei uns veröffentlicht am12.10.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 282/16
vom
12. Oktober 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Bankrotts u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:121016B4STR282.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12. Oktober 2016 gemäß § 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 18. November 2015 wird verworfen. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bankrotts in fünf Fällen, wegen vorsätzlicher Verletzung der Insolvenzantragspflicht und wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
1. Die Überprüfung des Schuldspruchs hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
3
2. Der nicht rechtsfehlerfrei begründete Strafausspruch kann bestehen bleiben, weil der Senat die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe gemäß § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO für angemessen hält.
4
a) Der Strafausspruch ist rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht bei der Bestimmung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe zum Nachteil des Angeklagten gewertet hat, dass er bei Begehung der in den Jahren 2008 bis 2009 verübten Taten aufgrund einer Verurteilung durch das Amtsgericht Meiningen vom 1. März 2004 unter laufender Bewährung gestanden habe. Dafür findet sich in den Feststellungen keine Stütze. Mitgeteilt ist insoweit lediglich, dass die Strafe nach Ablauf der Bewährungszeit am 10. August 2010 erlassen wurde. Damit kann, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 30. Juni 2016 zutreffend ausgeführt hat, vom Revisionsgericht nicht beurteilt werden, ob die Taten, wie vom Landgericht angenommen, während der Bewährungszeit begangen wurden.
5
b) Der Rechtsfehler nötigt jedoch unter den hier gegebenen Umständen nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs, weil die verhängte Rechtsfolge angemessen ist (§ 354 Abs. 1a Satz 1 StPO).
6
Die bei verfassungskonformer Auslegung erforderlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung des Revisionsgerichts liegen vor (vgl. BVerfGE 118, 212). Auf den Umstand, dass es an Feststellungen zum Ablauf der Bewährungszeit fehlt, kommt es nicht an. Der Senat kann auf der Grundlage des zutreffend ermittelten, im Übrigen vollständigen und aktuellen Strafzumessungssachverhalts selbst entscheiden, dass die vom Landgericht verhängten Einzelstrafen und die Gesamtstrafe angemessen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2014 – 4 StR 23/14, Rn. 8). Hierbei sind die sorgfältige Tatplanung, das gesamte Tatbild und die einschlägige Vorstrafe maßgeblich. Einer umfassenden neuen Gesamtabwägung mit eigener Gewichtung aller bedeutsamen Strafzumessungsgesichtspunkte, was einer Sachentscheidung des Revisionsgerichts entgegenstehen könnte, bedarf es nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2009 – 5 StR 347/09, NStZ-RR 2010, 21). Auch unter Berücksichtigung der Gegenerklärung der Verteidigung ergeben sich keine Anhaltspunkte für neue strafzumessungsrelevante Umstände.
7
Ein Hinweis auf die Vorgehensweise gemäß § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO war nicht erforderlich, weil wegen des mit Gründen versehenen Antrags des Generalbundesanwalts angenommen werden kann, dass der Angeklagte Kenntnis von einer im Raum stehenden Strafzumessungsentscheidung des Revisionsgerichts erlangt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Mai 2014 – 4 StR 144/14).
VRinBGH Sost-Scheible ist Cierniak Franke urlaubsbedingt an der Beifügung der Unterschrift gehindert. Cierniak Bender Quentin

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

8
Ob eine Rechtsfolge als angemessen im Sinne des § 354 Abs. 1a StPO angesehen werden kann, hat das Revisionsgericht auf der Grundlage der Feststellungen des angefochtenen Urteils unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Gesichtspunkte, insbesondere aller nach § 46 StGB für die Strafzumessung erheblichen Umstände zu beurteilen. Dies ist vorliegend auch möglich, weil alle für eine Strafzumessung erforderlichen Feststellungen vom Landgericht getroffen worden sind und es daher keiner weiteren Feststellungen mehr bedarf. Eines Hinweises auf die Vorgehensweise gemäß § 354 Abs. 1a StPO bedurfte es nicht, da wegen des mit Gründen versehenen Antrags des Generalbundesanwalts vom 27. März 2014, auf den der Senat seine Entscheidung insofern stützt, angenommen werden kann, dass der Angeklagte Kenntnis von einer im Raum stehenden Strafzumessungsentscheidung des Revisionsgerichts erlangt hat (vgl. BVerfG aaO Rn. 96). Da der Angeklagte sich auf diesen, seinen Verteidigern zugestellten Antrag des Generalbundesanwalts nicht geäußert hat und neue strafzumessungsrelevante Umstände auch auf anderem Weg nicht bekannt geworden sind, kann der Senat auf der Grundlage des zutreffend ermittelten, vollständigen und aktuellen Strafzumessungssachverhalts und der Stellungnahme des Generalbundesanwalts die für die Strafzumessung relevanten Umstände und deren konkretes Gewicht selbst abwägen und entscheiden, dass die vom Landgericht wegen (versuchten) schweren Bandendiebstahls verhängten Einzelstrafen angemessen sind (vgl. BVerfG aaO Rn. 102).
5 StR 347/09

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 13. Oktober 2009
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer sexueller Nötigung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Oktober 2009

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. Mai 2009 wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer sexueller Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Seine wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision hat keinen Erfolg.
2
Der Strafausspruch kann im Ergebnis bestehen bleiben, obgleich die Strafrahmenbestimmung nicht in jeder Hinsicht rechtsfehlerfrei begründet worden ist.
3
1. Das Landgericht hat die verhängte Freiheitsstrafe von drei Jahren dem Strafrahmen des § 177 Abs. 5 StGB, zweite Alternative – Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren – entnommen. Eine erneute oder mehrmalige Milderung gemäß §§ 21, 46a Nr. 1, § 49 Abs. 1 StGB hat es abgelehnt, weil ohne die beiden vertypten Milderungsgründe ein minder schwerer Fall nicht hätte angenommen werden können. Dabei hat es nicht erörtert, dass die zweifache Milderung des Regelstrafrahmens des § 177 Abs. 4 StGB gemäß §§ 21, 46a Nr. 1, § 49 Abs. 1 StGB einen von sechs Monaten bis zu acht Jahren fünf Monaten reichenden Strafrahmen eröffnet, der mithin günstiger als der des minder schweren Falles ist.
4
2. Das Urteil hat gleichwohl Bestand, weil die vom Landgericht verhängte Strafe jedenfalls angemessen ist (§ 354 Abs. 1a Satz 1 StPO).
5
Die bei verfassungskonformer Auslegung erforderlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung des Revisionsgerichts liegen vor (vgl. BVerfGE 118, 212). Eine Entscheidung nach § 354 Abs. 1a StPO ist grundsätzlich auch bei Anwendung eines unzutreffenden Strafrahmens möglich (vgl. BGHSt 51, 18, 24; BGH NStZ-RR 2005, 76, 77; 2008, 182, 183). Dem Senat steht ein rechtsfehlerfrei ermittelter, vollständiger und aktueller Strafzumessungssachverhalt zur Verfügung. Es ist auch keine umfassende neue Gesamtabwägung mit eigener Gewichtung aller maßgeblichen Strafzumessungsgesichtspunkte erforderlich, was einer Sachentscheidung des Revisionsgerichts entgegenstehen könnte (vgl. BGH NStZ 2008, 233, 234). Der Angeklagte hatte Gelegenheit, zu der beabsichtigten Entscheidung nach § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO Stellung zu nehmen, die sein Verteidiger für ihn genutzt hat.
6
Unter Berücksichtigung dieser Stellungnahme und in Abwägung aller für die Strafzumessung bedeutsamen Urteilsfeststellungen hält der Senat die vom Landgericht verhängte Freiheitsstrafe von drei Jahren für angemessen. Hierbei sind die tateinheitliche Verwirklichung von zwei Tatbeständen sowie die Schwere des Tatbildes maßgebend: Der Angeklagte verfolgte zur Nachtzeit die ihm unbekannte Geschädigte, die er zufällig im Bus bemerkt hatte, bis vor ihre Haustür und brachte sie dort in seine Gewalt. Er drängte sie ins Treppenhaus und verletzte damit auch den räumlichen Schutzbereich der Geschädigten. Er schlang ihr seinen Hosengürtel um den Hals und zog derart kräftig zu, dass sie Würgen und Luftnot verspürte. Er bedrängte sie körperlich so stark, dass sie auf der Treppe das Gleichgewicht verlor und diese hinunterstürzte. Schließlich würgte er sie erneut mit seinem Gürtel. Die Ge- schädigte fürchtete um ihr Leben und leidet noch heute an den seelischen Folgen der Tat. Die durch diese Umstände bestimmte Schwere des Tatbilds wird nicht wesentlich dadurch gemindert, dass die vom Angeklagten an der Geschädigten schließlich allein vorgenommene sexuelle Handlung (Reiben der entblößten Scheide) vergleichsweise weniger gewichtig geblieben ist.
Basdorf Brause Schaal Schneider König

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 S t R 1 4 4 / 1 4
vom
21. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Körperverletzung u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 21. Mai 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1a und Abs. 1b Satz 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 29. November 2013 im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen bleibt dem für das Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten.
Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 7. April 2014 bemerkt der Senat: 1. Gegen die von der Strafkammer bei der Zumessung der Einzelstrafe wegen schwerer Körperverletzung angeführte Erwägung, zulasten des Angeklagten falle ins Gewicht, "dass dem Geschehen vom 15.03.2013 kein konkreter Anlass zugrunde lag" (UA S. 31), bestehen zwar die bereits vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift geäußerten Bedenken. Die vom Landgericht für diese Tat verhängte Einzelstrafe ist aber angemessen (§ 354 Abs. 1a StPO).
Ob eine Rechtsfolge als angemessen im Sinne des § 354 Abs. 1a StPO angesehen werden kann, hat das Revisionsgericht auf der Grundlage der Feststellungen des angefochtenen Urteils unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Gesichtspunkte, insbesondere aller nach § 46 StGB für die Strafzumessung erheblichen Umstände zu beurteilen. Dies ist vorliegend auch möglich, weil alle für eine Strafzumessung erforderlichen Feststellungen vom Landgericht getroffen worden sind und es daher keiner weiteren Feststellungen mehr bedarf. Eines Hinweises auf die Vorgehensweise gemäß § 354 Abs. 1a StPO bedurfte es nicht, da wegen des mit Gründen versehenen Antrags des Generalbundesanwalts vom 7. April 2014, auf den der Senat seine Entscheidung auch insofern stützt, angenommen werden kann, dass der Angeklagte Kenntnis von einer im Raum stehenden Strafzumessungsentscheidung des Revisionsgerichts erlangt hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2007 - 2 BvR 1447/07, Rn. 96, BVerfGE 118, 212, 236). Da der Angeklagte sich auf diesen, seinem Verteidiger zugestellten Antrag des Generalbundesanwalts nicht geäußert hat und neue strafzumessungsrelevante Umstände auch auf anderem Weg nicht bekannt geworden sind, kann der Senat auf der Grundlage des zutreffend ermittelten , vollständigen und aktuellen Strafzumessungssachverhalts und der Stellungnahme des Generalbundesanwalts die für die Strafzumessung relevanten Umstände und deren konkretes Gewicht selbst abwägen und entscheiden, dass die vom Landgericht wegen schwerer Körperverletzung verhängte Einzelstrafe angemessen ist (vgl. BVerfG aaO Rn. 102, S. 238). 2. Aufzuheben ist jedoch die Gesamtstrafe, die die Strafkammer aus den Einzelstrafen für die Tat vom 2. November 2012 und dem Strafbefehl des Amtsgerichts Halle vom 9. Januar 2013 gebildet hat. Denn insofern waren - wie die Strafkammer bei Abfassung der schriftlichen Urteilsgründe selbst bemerkt hat - die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 StGB infolge vollständiger Vollstreckung der Strafe aus dem Strafbefehl nicht (mehr) gegeben.
Weder durch diese (Teil-)Aufhebung des Urteils noch durch das Unterlassen eines Härteausgleichs bei der Bemessung der Einzelstrafe für die Tat vom 2. November 2012 ist bzw. wird der Angeklagte beschwert, da nunmehr eine Gesamtstrafe aus den Einzelstrafen für die im angefochtenen Urteil abgeurteilten Taten zu bilden ist. Dies kann gemäß § 354 Abs. 1b StPO im Wege der nachträglichen gerichtlichen Entscheidung gemäß den §§ 460, 462 StPO erfolgen. Einer Aufhebung der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bedarf es nicht; ergänzende Feststellungen können jedoch getroffen werden. Sost-Scheible Roggenbuck Franke Mutzbauer Quentin