Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Mai 2008 - 4 StR 200/08

bei uns veröffentlicht am27.05.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 200/08
vom
27. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 27. Mai 2008 gemäß § 206 a StPO

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 28. September 2007, soweit es die Verurteilung des Angeklagten betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben und wird das Verfahren insoweit eingestellt. 2. Die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahrenshindernis fehlender Anklage geltend macht und im Übrigen allgemein die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt zur Einstellung des Verfahrens, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist.
2
1. Zu Recht macht die Revision geltend, dass die abgeurteilte Tat vom 26. April 2007 eine eigene prozessuale Tat im Sinne des § 264 StPO war, die nicht von der unverändert zugelassenen Anklage umfasst war und die deshalb vom Landgericht nicht ohne Nachtragsanklage - die nicht erhoben worden ist - hätte abgeurteilt werden dürfen.
3
a) Gegenstand der Anklage zu Fall 4 war der Vorwurf einer am 25. April 2007 zum Nachteil des Nebenklägers T. gemeinschaftlich begangenen schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Demgegenüber liegt der Verurteilung des Angeklagten ein Tatgeschehen vom Folgetag, dem 26. April 2007 zu Grunde, bei dem die Angeklagten den Nebenkläger erneut trafen, mit dem es zu einer Auseinandersetzung kam, in deren Verlauf der Angeklagte und einer der früheren Mitangeklagten auf ihn einschlugen und eintraten und anschließend versuchten, ihn in ihren Pkw zu drängen, bis eine Passantin eingriff. Das abgeurteilte Tatgeschehen unterscheidet sich danach nicht nur in zeitlicher Hinsicht, sondern auch im Übrigen in den weiteren die Tat prägenden Umständen von dem Anklagesachverhalt. Daran ändert nichts, dass Opfer sowohl der angeklagten als auch der abgeurteilten Tat jeweils der Nebenkläger war und beiden Geschehen nahe liegend der fortdauernde Konflikt zwischen den Angeklagten einerseits und dem Nebenkläger andererseits zu Grunde lag. Das allein genügt für die Annahme des Vorliegens nur einer prozessualen Tat nicht. Vielmehr handelte es sich bei der angeklagten Tat und der abgeurteilten Tat um zwei voneinander getrennte geschichtliche Ereignisse, die untereinander weder eine deliktsimmanente Verbindung der Handlungen noch eine Überschneidung im äußer en Ablauf der Taten aufzeigten (vgl. BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 34; BGH, Beschluss vom 9. April 2008 – 3 StR 86/08; Meyer-Goßner StPO 50. Aufl. § 264 Rdn. 2, 2 a m.w.N.). Dies folgt hier schon ohne Weiteres daraus, dass nach den im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen auch bereits am 25. April 2007 eine Auseinandersetzung zwischen den Angeklagten und dem Nebenkläger stattfand, der dabei den Angeklagten - in Übereinstimmung mit dem Anklagesachverhalt - seinen Fahrzeugschlüssel und seinen Pkw "als Sicherheit" überließ.
4
b) Auch der Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft, wie er in der Anklage konkretisiert worden ist, erfasste lediglich das Tatgeschehen vom 25. April 2007, nicht dagegen das Geschehen vom Folgetage. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass im Anklagesatz zum Geschehen am 25. April 2007 erwähnt ist, dass die Angeklagten den Nebenkläger zum Schluss in ihr Auto drängen wollten und ihn schlugen, ihn dann aber letztlich wieder gehen ließen, sich nach den Feststellungen Gleiches aber auch am Folgetag ereignet hat. Denn der entsprechende Satz in der Anklageschrift bezog sich – wie die Ermittlungsakten ergeben – auf die Auseinandersetzung zwischen den Angeklagten und dem Nebenkläger, die zu einem Einsatz der Polizei am 25. April 2007 um 0:44 Uhr führte. Dazu hatte der Nebenkläger in seiner zeugenschaftlichen Vernehmung angegeben, die Täter hätten ihn „gegen ca. 01:00 h … ins Auto zerren (wollen), …, worauf augenscheinlich der Taxifahrer die Polizei rief“ (SA Bd. I Bl. 3 u. 7). Der von dem Nebenkläger erwähnte Taxifahrer Te. ist auch in der Anklage als Zeuge aufgeführt, während die Zeugen für den abgeurteilten Vorfall vom 26. April 2007, der der Polizei an diesem Tag um 20:27 Uhr gemeldet wurde (SA Bd. III Bl. 446), in der Anklage nicht erscheinen. Dies lässt nur den Schluss zu, dass die Angeklagten ihr Vorgehen gegen den Nebenkläger, wie es ihnen die Anklage für den 25. April 2007 zur Last legt, am Folgetag wiederholt haben. Jedenfalls ist der im Anklagesatz erwähnte Versuch der Angeklagten, den Nebenkläger in das Fahrzeug zu drängen, so eng mit dem übrigen Geschehen, wie es entsprechend der Anklage am 25. April 2007 stattgefunden hat, verknüpft , dass sich die Annahme einer prozessualen Tatidentität zwischen diesem Geschehen und einem nach den Feststellungen gleichartigen Vorgehen der Angeklagten am nächsten Tag verbietet. Anders verhielte es sich nur, wenn lediglich die Tatzeit einer ansonsten ausreichend individualisierten, d.h. „einmaligen“ Tat in Frage stünde. Ein Fall, in dem ein die Tatzeit betreffender Mangel der Anklage durch einen rechtlichen Hinweis nach § 265 StPO wirksam behoben werden könnte (vgl. BGHR StPO § 265 Abs. 1 Hinweispflicht 3, 8, 11, 18), wie ihn der Vorsitzende erteilt hat, liegt aber dann grundsätzlich nicht vor, wenn wie hier in Betracht kommt, dass sich das angeklagte Geschehen wiederholt, mithin sowohl zum in der Anklage genannten als auch zu einem weiteren Zeitpunkt ereignet hat. Die Konkretisierung des Falles 4 der Anklage im Zusammenhang mit der Beschränkung des Prozessstoffs „bzgl. des Geschehens in den ersten vier Sätzen“ (SA Prot. Bd. III Bl. 611) gemäß § 154 a Abs. 2 StPO und der erteilte rechtliche Hinweis nach § 265 StPO konnten deshalb hier die fehlende Anklage nicht ersetzen. Vielmehr hätte es insoweit einer Nachtragsanklage bedurft (vgl. BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 14 m.w.N.).
5
Nach alledem ist das Verfahren, soweit das Landgericht den Angeklagten verurteilt hat, einzustellen.
6
2. Vorsorglich weist der Senat auf folgendes hin:
7
Da das Landgericht den Angeklagten - ebenso wie die früheren Mitangeklagten - von dem Tatvorwurf zu Fall 4 der Anklage nicht freigesprochen hat, ist die Anklage mit Blick auf die erwähnte Beschränkung nach § 154 a Abs. 2 StPO hinsichtlich des letzten Satzes des Anklagesatzes zum Tatgeschehen vom25. April 2007 [„Sie wollten ihn in ihr Auto drängen und schlugen ihn, ließen ihn aber letztlich wieder gehen“] bisher nicht erschöpft und ist das Verfahren insoweit noch beim Landgericht anhängig. Erst mit dem Abschluss dieses Verfahrens - gegebenenfalls nach Einbeziehung des Tatvorwurfs des jetzt abgeurteilten Ge- schehens vom 26. April 2007 im Wege der Nachtragsanklage - ist auch darüber zu befinden, ob eine Entscheidung nach § 8 StrEG veranlasst ist.
Tepperwien Maatz Athing
Solin-Stojanović Ernemann

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(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

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(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. (2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde l

Strafprozeßordnung - StPO | § 200 Inhalt der Anklageschrift


(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Bew

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(1) Über die Verpflichtung zur Entschädigung entscheidet das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt. Ist die Entscheidung in der Hauptverhandlung nicht möglich, so entscheidet das Gericht nach Anhörung der Beteiligte

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Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Apr. 2008 - 3 StR 86/08

bei uns veröffentlicht am 09.04.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 86/08 vom 9. April 2008 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am

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(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 86/08
vom
9. April 2008
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. April 2008 gemäß
§ 206 a, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Verden vom 23. November 2007 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte wegen Diebstahls verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last,
b) das vorgenannte Urteil dahin geändert, dass der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten (Einzelstrafen: drei Jahre und sechs Monate sowie vier Monate) verurteilt. Die hiergegen gerichtete, mit Verfahrensrügen und der Sachbeschwerde begründete Revision des Angeklagten hat einen Teilerfolg; soweit der Angeklagte wegen Diebstahls verurteilt worden ist, ist das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen (§ 206 a StPO).
2
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu Folgendes ausgeführt: "Bei der Wegnahme des Handys handelt es sich um eine eigene prozessuale Tat i.S.d. § 264 StPO, die nicht von der Anklage umfasst war und deshalb von der Kammer nicht abgeurteilt werden durfte.
Zur Tat im prozessualen Sinn gehört das gesamte Verhalten des Täters, soweit es nach natürlicher Auffassung einen einheitlichen Lebensvorgang darstellt (vgl. Meyer-Goßner StPO 50. Aufl. § 264 Rdnr. 2 mit Nachweisen der st.Rspr.). Liegen, wie hier von der Strafkammer rechtsfehlerfrei angenommen (UA S. 34), zwei materiell rechtlich selbständige Taten vor, wird es sich regelmäßig auch um zwei prozessuale Taten handeln (vgl. BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 3 m.w.N.), es sei denn, die einzelnen Handlungen sind innerlich derart miteinander verknüpft, dass der Unrechts- und Schuldgehalt der einen Handlung nicht ohne die Umstände richtig gewürdigt werden kann, die zu der anderen Handlung geführt haben, und dass die getrennte Aburteilung einen einheitlichen Lebensvorgang unnatürlich aufspalten würde (vgl. Meyer-Goßner aaO Rdnr. 6; BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 34 m.w.N.).
Vorliegend sprechen lediglich die örtliche und zeitliche Nähe der beiden Handlungen für das Vorliegen nur einer prozessualen Tat. Dies reicht nicht aus, erforderlich ist vielmehr ein sachlicher Zusammenhang (BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 36). Es lagen hier aber weder eine gleichartige Angriffsrichtung noch dasselbe Tatobjekt oder eine deliktsimmanente Verbindung der Handlungen (vgl. dazu Meyer-Goßner aaO Rdnr. 2a m.w.N.) noch eine Überschneidung im äußeren Ablauf der Taten (vgl. BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 34) vor. Nach den Feststellungen war der körperliche Angriff des Angeklagten auf den Zeugen beendet, nachdem diesem die Flucht aus der Wohnung gelungen war. Der Angeklagte kehrte lediglich in das Arbeitszimmer des Geschädigten, in dem er diesen angegriffen hatte, zurück, um seinen dort noch liegenden Bauchbeutel zu holen und mit diesem den Tatort zu verlassen (UA S. 11 f.). Als der Angeklagte das Handy des Geschädigten auf dem Schreibtisch liegen sah, fasste er einen völlig neuen Tatentschluss (vgl. UA S. 34; zur Bedeutung des neuen Tatentschlusses im Hinblick auf eine neue prozessuale Tat vgl. BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 29 m.w.N.). Der Wegnahmevorsatz war auch - anders als der Körperverletzungsvorsatz - nach den Feststellungen nicht durch den Ärger über den Geschädigten motiviert, es ging dem Angeklagten nicht um eine 'weitere Schädigung des Zeugen mit anderen Mitteln'. Die Kammer hat lediglich festgestellt, dass der Angeklagte die Gelegenheit nutzte, sich ein funktionierendes Handy zu verschaffen, während sein eigenes nicht mehr funktionsfähig war (UA S. 9, 12, 36).
Es kommt hinzu, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren hinsichtlich der Diebstahlstat gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellt hatte. Selbst wenn es sich - hypothetisch - prozessual um dieselbe Tat gehandelt hätte, so dass keine Nachtragsanklage erforderlich gewesen wäre, fehlte es an der erforderlichen Wiederaufnahme des Verfahrens. Ein solcher actus contrarius war hier nicht
gegeben, zumal die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft lediglich auf eine Verurteilung wegen einer Tat der gefährlichen Körperverletzung angetragen hat (Bl. 150 Bd. II d.A.). Auch die fehlende Wiederaufnahme nach einer Verfahrenseinstellung gemäß § 154 StPO stellt ein Verfahrenshindernis dar (vgl. Meyer -Goßner aaO Rdnr. 22a)."
3
Dem stimmt der Senat zu.
4
Im verbleibenden Umfang der Verurteilung hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Beweismittel, das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, und der Verteidiger anzugeben. Bei der Benennung von Zeugen ist nicht deren vollständige Anschrift, sondern nur deren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. In den Fällen des § 68 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 1 genügt die Angabe des Namens des Zeugen. Wird ein Zeuge benannt, dessen Identität ganz oder teilweise nicht offenbart werden soll, so ist dies anzugeben; für die Geheimhaltung des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen gilt dies entsprechend.

(2) In der Anklageschrift wird auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen dargestellt. Davon kann abgesehen werden, wenn Anklage beim Strafrichter erhoben wird.

(1) Über die Verpflichtung zur Entschädigung entscheidet das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt. Ist die Entscheidung in der Hauptverhandlung nicht möglich, so entscheidet das Gericht nach Anhörung der Beteiligten außerhalb der Hauptverhandlung durch Beschluß.

(2) Die Entscheidung muß die Art und gegebenenfalls den Zeitraum der Strafverfolgungsmaßnahme bezeichnen, für die Entschädigung zugesprochen wird.

(3) Gegen die Entscheidung über die Entschädigungspflicht ist auch im Falle der Unanfechtbarkeit der das Verfahren abschließenden Entscheidung die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig. § 464 Abs. 3 Satz 2 und 3 der Strafprozeßordnung ist entsprechend anzuwenden.