Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2012 - 4 StR 123/12

Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung "der Verurteilung des Amtsgerichts Düren vom 16. September 2009" zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
- 2
- Die Strafkammer hat bei der Strafzumessung innerhalb des nach §§ 46b, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmens des § 249 Abs. 1 StGB zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, dass der Angeklagte bei Tatbegehung unter laufender Bewährung stand. Diese Erwägung steht im Widerspruch zu den Feststellungen, die eine offene Bewährung des Angeklagten bei Begehung der abgeurteilten Raubtat am 20. März 2009 nicht ergeben. Die Vollstreckung der Jugendstrafe von vier Jahren, die das Amtsgericht Gera im Januar 2006 unter Einbeziehung von zwei Verurteilungen aus den Jahren 2002 und 2005 gegen den Angeklagten verhängt hatte, war am 30. November 2007 erledigt. In der Folgezeit bis zur Begehung der hier abgeurteilten Tat wurde der Angeklagte lediglich durch das Amtsgericht Greiz wegen Diebstahls geringwertiger Sachen zu einer Geldstrafe verurteilt. Erst danach erfolgten die zwei rechtskräftigen Verurteilungen jeweils zu Bewährungsstrafen durch das Amtsgericht Düren am 16. September 2009 und das Amtsgericht Köln am 27. September 2010.
- 3
- Der Senat kann nicht mit der hinreichenden Sicherheit ausschließen, dass sich die unzutreffende Annahme eines Bewährungsversagens bei der Bemessung der Freiheitsstrafe zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Der Strafausspruch bedarf daher einer neuen tatrichterlichen Prüfung und Entscheidung. Die rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen können bestehen bleiben. Ergänzende, zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen durch den neuen Tatrichter sind möglich.
- 4
- Mit Blick auf die Einbeziehung der zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Düren vom 16. September 2009 nach § 55 Abs. 1 StGB weist der Senat auf die Regelung zur Anrechnungauf Bewährungsauflagen erbrachter Leistungen in § 58 Abs. 2 Satz 2, § 56f Abs. 3 Satz 2 StGB hin (vgl. hierzu Fischer, StGB, 59. Aufl. § 58 Rn. 6 f. m.w.N.).
Bender Quentin

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Annotations
(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,
- 1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder - 2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie - 2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.
(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, so ist für die Strafaussetzung nach § 56 die Höhe der Gesamtstrafe maßgebend.
(2) Ist in den Fällen des § 55 Abs. 1 die Vollstreckung der in der früheren Entscheidung verhängten Freiheitsstrafe ganz oder für den Strafrest zur Bewährung ausgesetzt und wird auch die Gesamtstrafe zur Bewährung ausgesetzt, so verkürzt sich das Mindestmaß der neuen Bewährungszeit um die bereits abgelaufene Bewährungszeit, jedoch nicht auf weniger als ein Jahr. Wird die Gesamtstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt, so gilt § 56f Abs. 3 entsprechend.
(1) Das Gericht widerruft die Strafaussetzung, wenn die verurteilte Person
- 1.
in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, daß die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat, - 2.
gegen Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt oder sich der Aufsicht und Leitung der Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers beharrlich entzieht und dadurch Anlaß zu der Besorgnis gibt, daß sie erneut Straftaten begehen wird, oder - 3.
gegen Auflagen gröblich oder beharrlich verstößt.
(2) Das Gericht sieht jedoch von dem Widerruf ab, wenn es ausreicht,
- 1.
weitere Auflagen oder Weisungen zu erteilen, insbesondere die verurteilte Person einer Bewährungshelferin oder einem Bewährungshelfer zu unterstellen, oder - 2.
die Bewährungs- oder Unterstellungszeit zu verlängern.
(3) Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Auflagen, Anerbieten, Weisungen oder Zusagen erbracht hat, werden nicht erstattet. Das Gericht kann jedoch, wenn es die Strafaussetzung widerruft, Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Auflagen nach § 56b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 oder entsprechenden Anerbieten nach § 56b Abs. 3 erbracht hat, auf die Strafe anrechnen.