Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juli 2011 - 2 StR 84/11

bei uns veröffentlicht am07.07.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 84/11
vom
7. Juli 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. Juli 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 8. Oktober 2010
a) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 39 Fällen schuldig ist;
b) im Strafausspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte in den Fällen 3 und 19 (Anklageschrift vom 13. Mai 2009 – Az.: 302 Js 493/08) jeweils zu einer Einzelstrafe von vier Monaten verurteilt wird. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 21 Fällen, davon in drei Fällen tateinheitlich mit Betrug, sowie wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in weiteren 18 Fällen kostenpflichtig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
2
Seine auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat nur in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlich Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
3
Zur Schuldspruchänderung und zur Herabsetzung von zwei Einzelstrafen hat der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift folgendes ausgeführt: "1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen tateinheitlich begangenen Betrugs in drei Fällen (Fälle 1 bis 3 der Anklageschrift vom 13. Mai 2009) kann keinen Bestand haben, denn es fehlt an (ausreichenden) Feststellungen zu einer gegebenenfalls durch Unterlassen erfolgten Täuschung mit Irrtumserregung gegenüber den Mitarbeitern der zuständig gewesenen Einzugsstelle(n). Für den fraglichen Tatzeitraum von April bis Juni 2004 kommt zwar grundsätzlich eine Verurteilung wegen Betrugs in Betracht, soweit die Meldung von Arbeitnehmern an die zuständigen Sozialversicherungsträger unrichtig war oder ganz unterblieben ist. Denn den Arbeitgeber trifft eine Meldepflicht, wonach er die für die Bemessung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags maßgeblichen – im Gesetz im Einzelnen aufgeführten – Anknüpfungstatsachen hinsichtlich aller bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer der Einzugsstelle mitzuteilen hat. Verletzt der Arbeitgeber diese Verpflichtung, indem er bewusst unwahre oder unvollständige Angaben macht, die zu einem geringeren Gesamtsozialversicherungsbeitrag führen, kann dies eine Täuschung im Sinne des § 263 StGB darstellen. Eine Täuschung kann in solchen Fällen aber nur angenommen werden , wenn durch das Unterlassen der (zutreffenden) Meldung der Arbeitnehmer gegenüber einem Mitarbeiter einer Einzugsstelle zumindest konkludent zum Ausdruck gebracht wird, dass keine oder lediglich die gemeldeten Arbeitnehmer und diese in dem gemeldeten Umfang bei dem fraglichen Arbeitgeber beschäftigt sind. Täuschungen und korrespondierende Irrtümer von Mitarbeitern einer Einzugsstelle durch unrichtige Meldungen über die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von Arbeitnehmern kommen außerdem nur in Betracht, wenn und soweit hinsichtlich der beschäftigten Arbeitnehmer Meldungen an diese Einzugsstelle hätten erfolgen müssen. Darauf beschränkt sich der Erklärungswert der Meldungen und die Mitarbeiter der Einzugsstelle machen sich nur insoweit Gedanken über die Geltendmachung von Sozialversicherungsbeiträgen. Falls gegenüber den für die beschäftigten Arbeitnehmer zuständigen Einzugsstellen keine Erklärungen über die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erfolgen, kann bei den Mitarbeitern der zuständigen Einzugsstellen ein Irrtum daher nur vorliegen, wenn der Arbeitgeber dort unabhängig davon erfasst ist (BGH, Beschluss vom 18. Mai 2010 - 1 StR 111/10). Das Landgericht hat nicht festgestellt, welche Arbeitnehmer der Angeklagte von April bis Juni 2004 in welchem Umfang angemeldet hatte und welcher Einzugsstelle gegenüber sozialversicherungsrechtliche Meldungen erfolgt waren (vgl. UA S. 6, 12). Allein dann, wenn sich unter den Stellen, denen gegenüber Meldungen erfolgt sind, die für die überhaupt nicht oder nicht ordnungsgemäß gemeldeten Arbeitnehmer zuständigen Stellen befunden haben, könnte eine Verurteilung wegen Betrugs erfolgen. Haben sich die für die nicht oder nicht ordnungsgemäß gemeldeten Arbeitnehmer zuständigen Stellen nicht darunter befunden und war der Angeklagte auch nicht aus anderen Gründen bei diesen Stellen erfasst, kommt dagegen für die Zeit bis zum Inkrafttreten des § 266a StGB in der Fassung durch das Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung vom 23. Juli 2004 (BGBl. I 1842) am 1. August 2004 lediglich eine Verurteilung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens der Beiträge des Arbeitnehmers gemäß § 266a Abs. 1 StGB in Betracht. Der Senat wird ausschließen können, dass sich noch tragfähige Feststellungen dazu treffen lassen, ob und gegebenenfalls welchen gemeldeten Arbeitnehmern der Angeklagte im fraglichen Zeitraum Schwarzarbeitslöhne gezahlt und wie viele nicht gemeldete und daher unbekannte Schwarzarbeiter er zugleich beschäftigt hat. Die Verurteilung wegen Betrugs kann daher keinen Bestand haben. 2. Der Wegfall der Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen Betrugs in den Fällen 1 bis 3 der Anklageschrift vom 13. Mai 2009 hat zur Folge, dass in diesen Fällen entsprechend der bis zum 31. Juli 2004 geltenden Fassung des § 266a StGB als Schadensbetrag jeweils nur der in der entsprechenden Tabelle ausgewiesene Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu Grunde zu legen ist. Die Strafkammer hat eine an der Schadenshöhe ausgerichtete Staffelung der Einzelstrafen vorgenommen. Sie hat bei einem Beitragsschaden bis zu 5.000 Euro Einzelstrafen von drei Monaten und bei einem Beitragsschaden bis zu 10.000 Euro Einzelstrafen von vier Monaten verhängt. Der Senat wird daher ausschließen können, dass das Landgericht ohne den Rechtsfehler in den Fällen 1 und 2 niedrigere Einzelstrafen als geschehen und im Fall 3 eine niedrigere Einzelstrafe als vier Monate verhängt hätte. Im Fall 19 der Anklageschrift vom 13. Mai 2009 hat die Strafkammer zudem offensichtlich auf Grund eines Fassungsversehens eine Einzelstrafe von fünf statt von vier Monaten ausgeurteilt. Der Senat wird im Hinblick auf die rechtlich nicht zu beanstandende Staffelung nach Schadensbeträgen nicht gehindert sein, die Einzelstrafen in den Fällen 3 und 19 jeweils auf vier Monate festzusetzen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Juli 2005 - 1 StR 253/05, vom 8. März 2006 - 1 StR 48/06 und vom 1. Februar 2011 - 4 StR 550/10). Angesichts der Einsatzstrafe und von Zahl und Höhe der übrigen Einzelstrafen wird er ausschließen können, dass die Gesamtstrafe milder ausgefallen wäre, wenn bereits der Tatrichter die Einzelstrafen so bemessen hätte".
4
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an.
5
Der geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt eine Kostenteilung gemäß § 473 Abs. 4 StPO nicht.
Fischer Schmitt Berger Krehl Eschelbach

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juli 2011 - 2 StR 84/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juli 2011 - 2 StR 84/11

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juli 2011 - 2 StR 84/11 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafgesetzbuch - StGB | § 266a Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt


(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldst

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juli 2011 - 2 StR 84/11 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juli 2011 - 2 StR 84/11 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juli 2005 - 1 StR 253/05

bei uns veröffentlicht am 13.07.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 253/05 vom 13. Juli 2005 in der Strafsache gegen wegen schweren Bandendiebstahls Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juli 2005 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landg

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2006 - 1 StR 48/06

bei uns veröffentlicht am 08.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 48/06 vom 8. März 2006 in der Strafsache gegen wegen Untreue Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. März 2006 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vo

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Feb. 2011 - 4 StR 550/10

bei uns veröffentlicht am 01.02.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 550/10 vom 1. Februar 2011 in der Strafsache gegen wegen Betrugs Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 1. Februar 2011 gemäß § 349 Abs. 2

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Mai 2010 - 1 StR 111/10

bei uns veröffentlicht am 18.05.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 111/10 vom 18. Mai 2010 in der Strafsache gegen wegen Betruges u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Mai 2010 beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 111/10
vom
18. Mai 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Mai 2010 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 27. Oktober 2009 in den Fällen 1 bis 102 der Urteilsgründe (Beitragszeiträume Januar 1996 bis einschließlich Juni 2004) und im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben. Die Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen und veruntreuten Beiträge zur Sozialversicherung in den Fällen 1 bis einschließlich 79 der Urteilsgründe werden ebenfalls aufgehoben. Die übrigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.
2. Die weitergehende Revision wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in zehn Fällen schuldig ist.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 102 Fällen und wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt jeweils in Tateinheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in zehn Fällen unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einer früheren Verurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
2
Hiergegen richtet sich die mit der allgemeinen Sachrüge begründete Revision des Angeklagten. Diese hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Nach den Urteilsfeststellungen war der Angeklagte alleiniger Geschäftsführer der Firma B. GmbH. Die Gesellschaft beschäftigte mehrere Arbeitnehmer, für die die vorgeschriebenen Meldungen nach § 28f Abs. 3, § 28a SGB IV und nach § 41a EStG abgegeben wurden, daneben aber auch zwischen Januar 1996 und April 2005 eine Vielzahl weiterer Arbeitnehmer, ohne diese Arbeitsverhältnisse den zuständigen Sozialversicherungsträgern und dem zuständigen Finanzamt zu melden. Zur Verschleierung dieser Arbeitsverhältnisse schloss der Angeklagte mit den Arbeitnehmern zum Schein Werkverträge , um den Eindruck zu erwecken, insoweit handele es sich um selbstständige Subunternehmer der B. GmbH.
4
Durch die pflichtwidrig unterlassenen Meldungen an die Sozialversicherungsträger wurden nach den Feststellungen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 1.918.546,25 Euro vorenthalten. Hierbei handelt es sich allein um Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung, da die Gehälter der Arbeitnehmer über der Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V lagen, so dass keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenkasse bestand.
5
Das Landgericht wertete das Unterlassen der Meldungen an die Sozialversicherungsträger für die Beitragszeiträume zwischen Januar 1996 und Juni 2004 als Betrug i.S.v. § 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 StGB. Für den Zeitraum zwischen Juli 2004 bis April 2005 ist der Angeklagte nach der Wertung des Landgerichts des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Abs. 1 StGB in zehn Fällen jeweils in Tateinheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Abs. 2 StGB schuldig.
6
2. Die Feststellungen tragen in den Fällen 103 bis 112 der Urteilsgründe die Verurteilung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt. Insoweit berichtigt der Senat lediglich den Schuldspruch. In Fällen der vorliegenden Art ist im Tenor eine Verurteilung wegen Verstoßes gegen § 266a StGB nur als „Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt“ zum Ausdruck zu bringen. Die neben § 266a Abs. 1 StGB erfolgende Anwendung des § 266a Abs. 2 StGB wirkt sich lediglich auf den Schuldumfang aus und führt nicht zu einer tateinheitlichen Verwirklichung verschiedener Tatbestände (vgl. BGH NStZ 2007, 527; wistra 2008, 180; StraFo 2008, 219). Auch der Schuldumfang wurde in diesen Fällen von der Strafkammer auf der Grundlage eines nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV hochgerechneten Bruttolohns (vgl. BGHSt 53, 71) zutreffend bestimmt.
7
3. Demgegenüber tragen die bisherigen Feststellungen eine Verurteilung wegen Betruges in den Fällen 1 bis 102 der Urteilsgründe nicht.
8
a) Für den insoweit fraglichen Tatzeitraum kommt zwar grundsätzlich beim Unterlassen der Meldung von Arbeitnehmern an die zuständigen Sozialversicherungsträger eine Verurteilung wegen Betruges in Betracht. Denn den Arbeitgeber trifft nach § 28a SGB IV eine Meldepflicht, wonach er die für die Bemessung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags maßgeblichen - im Gesetz im Einzelnen aufgeführten - Anknüpfungstatsachen hinsichtlich aller bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer der Einzugsstelle mitzuteilen hat. Verletzt der Arbeitgeber diese Verpflichtung, indem er bewusst unwahre oder unvollständige Angaben macht, die zu einem geringeren Gesamtsozialversicherungsbeitrag führen, kann dies eine Täuschung im Sinne des § 263 StGB darstellen.
9
b) Eine Täuschung kann in solchen Fällen jedoch nur angenommen werden , wenn durch das Unterlassen der Meldung der Arbeitnehmer gegenüber einem Mitarbeiter einer Einzugsstelle zumindest konkludent zum Ausdruck gebracht wird, dass keine oder lediglich die gemeldeten Arbeitnehmer tatsächlich bei dem fraglichen Arbeitgeber beschäftigt sind. Der Generalbundesanwalt hat insoweit zutreffend ausgeführt: „Täuschungen und korrespondierende Irrtümer von Mitarbeitern einer Einzugsstelle durch unrichtige Meldungen über die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von Arbeitnehmern kommen nur in Betracht, wenn und soweit hinsichtlich der beschäftigten Arbeitnehmer Meldungen an diese Einzugsstelle hätten erfolgen müssen (vgl. § 28f, 28i SGB IV). Darauf beschränkt sich der Erklärungswert der Meldungen und die Mitarbeiter der Einzugsstelle machen sich nur insoweit Gedanken über die Geltendmachung von Sozialversicherungsbeiträgen. Falls gegenüber den für beschäftigte Arbeitnehmer zuständigen Einzugsstellen keine Erklärungen über die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von Arbeitnehmern erfolgen, kann bei den Mitarbeitern der zuständigen Einzugsstellen ein Irrtum nur vorliegen , wenn der Arbeitgeber dort erfasst ist (vgl. BGHR StGB § 266a Arbeitgeber 1; BGHR StGB § 263 Abs 1 Irrtum 5 und 8; BayObLG Beschluss vom 19.03.2002 - 5 St R R 33/02 -; Boxleitner in Wabnitz/Janovsky Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 3. Aufl. Kap. 17 Rn. 52; Fischer StGB 57. Aufl. § 263 StGB Rn. 57; LK/Gribbohm 11. Aufl. § 266a StGB Rn. 115 f.; LK/Tiedemann 11. Aufl. § 263 StGB Rn. 78; Heitmann in MüllerGugenberger /Bieneck Wirtschaftsstrafrecht 4. Aufl. § 36 Rn. 67). Das Landgericht hat lediglich festgestellt, dass im Tatzeitraum einzelne Arbeitnehmer angemeldet waren, weitere vierzig Arbeitnehmer dagegen nicht (UA S. 16). Es bleibt danach offen, an welche Einzugsstelle Meldungen erfolgten (UA S. 16: ‚bei den Sozialversicherungsträgern gemeldeten Arbeitnehmern’).“
10
Es hätte mithin weiterer Feststellungen dazu bedurft, gegenüber welchen Krankenkassen der Angeklagte sozialversicherungsrechtliche Meldungen abgeben hatte. Allein dann, wenn sich unter diesen Krankenkassen die für die nicht gemeldeten Arbeitnehmer zuständigen Krankenkassen befunden haben, kommt aufgrund der vorstehenden Erwägungen eine Verurteilung wegen Betruges in Betracht. Sollten sich die für die nicht gemeldeten Arbeitnehmer zuständigen Krankenkassen nicht unter den Krankenkassen befinden, gegenüber denen der Angeklagte Meldungen abgab und war die B. GmbH als Arbeitgeber auch nicht aus anderen Gründen bei den für die nicht gemeldeten Arbeitnehmer zuständigen Krankenkassen erfasst, kommt in den Fällen 1 bis 102 der Urteilsgründe lediglich eine Verurteilung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt i.S.v. § 266a Abs. 1 StGB in Betracht.
11
Darüber hinaus hätte es weiterer Feststellungen dazu bedurft, welche Krankenkasse für die nicht gemeldeten Arbeitnehmer zuständig war. Insoweit führt der Generalbundesanwalt aus: „Hinsichtlich der nicht gemeldeten vierzig Arbeitnehmer beschränken sich die Urteilsgründe darauf, die BKK als zuständige Einzugsstelle zu bezeichnen. Diese rechtliche Bewertung ist nicht durch Tatsachen belegt. Zudem dürfte es angesichts der aus den Urteilsgründen ersichtlichen früheren Beschäftigungsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer ausgeschlossen sein, dass für alle die bezeichnete Krankenkasse zuständig war oder gewesen wäre (vgl. UA S. 16 ff., 73 ff.). Es liegt nahe, dass das Landgericht sich an der Auffangzuständigkeit nach § 28i S. 2 SGB IV i.V.m. §§ 28f Abs. 2 SGB IV, 175 Abs. 3 S. 3 SGB V orientiert hat (vgl. UA S. 15).“
12
Dem schließt sich der Senat an.
13
4. Das Landgericht hat zudem in den Fällen 1 bis 79 der Urteilsgründe (Beitragszeitraum Januar 1996 bis Juli 2002) der Verurteilung einen unzutreffenden Schuldumfang zu Grunde gelegt. Bis zur Einführung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV konnte in Fällen illegaler Beschäftigung eine Nettolohnabrede nicht angenommen werden (vgl. BGHSt 53, 71 m.w.N.). Demnach war der Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge der tatsächlich an die illegal beschäftigten Arbeitnehmern gezahlte Lohn zu Grunde zu legen.
14
Anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Strafkammer zum Beleg ihrer Rechtsauffassung zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urt. vom 22. September 1988 - 12 RK 36/86 - = BSGE 64, 110). Dort ist vielmehr lediglich festgestellt, dass nach Aufdeckung eines illegalen Beschäftigungsverhältnisses und damit einhergehender erfolgreicher Inanspruchnahme des Arbeitgebers auf Zahlung von bis dahin vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer für den Arbeitnehmer durch die Befreiung der ihn treffenden Belastungen weiteres sozialversicherungspflichtiges Entgelt gegeben ist. Dies führt zu einer Beitragsnachzahlung durch den Arbeitgeber. Zu den Tatzeitpunkten der Vergehen nach § 266a bzw. § 263 StGB bemessen sich die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge indes allein auf der Grundlage des Schwarzlohnes.
15
5. Die aufgezeigten Rechtsfehler führen in den Fällen 1 bis 102 der Urteilsgründe zur Aufhebung der Verurteilung wegen Betruges. Die diesbezüglichen Feststellungen können indes aufrechterhalten bleiben, da sie lediglich lückenhaft sind bzw. - soweit die Strafkammer in den Fällen 1 bis 79 der Urteilsgründe der Verurteilung einen zu großen Schuldumfang zu Grunde gelegt hat - auf rechtlichen Wertungsfehlern beruhen. Insoweit bedarf es in diesen Fällen lediglich der Aufhebung der Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Sozial- versicherungsbeiträge. Die Aufhebung des Urteils in den Fällen 1 bis 102 der Urteilsgründe zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich (§ 349 Abs. 4 StPO).
16
6. Das neue Tatgericht wird Gelegenheit haben, Folgendes zu berücksichtigen :
17
a) In den Fällen 1 bis 102 der Urteilsgründe kann aus prozessökonomischen Gründen eine Beschränkung des Verfahrens nach § 154a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in Betracht kommen. Insoweit würde sich der tatbestandsmäßige Schuldumfang auf die Höhe der vorenthaltenen Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung reduzieren.
18
b) Soweit in den Fällen 1 bis 102 der Urteilsgründe die Voraussetzungen des Sozialversicherungsbetruges festgestellt werden können, kann § 266a Abs. 2 StGB nF als milderes Gesetz i.S.v. § 2 Abs. 3 StGB anzuwenden sein (BGH wistra 2007, 307; wistra 2008, 180; StraFo 2008, 219). Zudem wurde durch das 6. StrRG § 263 Abs. 3 StGB geändert.
19
c) Für die Bildung der neuen Gesamtfreiheitsstrafe bedarf es im Hinblick auf § 55 StGB weitergehender Feststellungen dazu, wann die B. GmbH im Handelsregister gelöscht wurde und insoweit als Beitragsschuldnerin weggefallen ist, was zum Erlöschen der Beitragspflicht führt. Denn Taten nach § 266a Abs. 1 StGB sind erst beendet, wenn die Beitragspflicht erloschen ist (BGHSt 53, 24; wistra 1992, 23). Gleiches gilt bei § 266a Abs. 2 StGB und § 263 StGB in den Fällen des Sozialversicherungsbetruges, bei denen es sich um Erfolgsdelikte handelt. Beendigung ist insoweit erst mit dem vollständigen Eintritt des angestrebten Erfolges gegeben. Die Frage, wann für die einzelnen Taten des vorliegenden Verfahrens Tatbeendigung gegeben ist, ist aber entscheidend dafür , ob und ggfs. in welchem Umfang nach § 55 Abs. 1 StGB zu verfahren ist. Der Generalbundesanwalt hat in diesem Zusammenhang zutreffend ausgeführt: „‚Begangen’ i.S.v. § 55 Abs. 1 S. 1 StGB ist eine Tat erst mit deren Beendigung (Fischer StGB 57. Aufl. § 55 StGB Rn. 7; LK/Rissing-van-Saan 12. Aufl. § 55 StGB Rn. 9 jew. m.w.N. auch zu abweichenden Ansichten). Dies gilt auch für echte Unterlassungsdelikte (Senat BGHR StGB § 55 Abs 1 Begehung 1; zu Dauerdelikten Senat Urteil vom 02.12.2003 - 1 StR 102/03; BGH NJW 1999, 1344).“ Nack Rothfuß Hebenstreit Elf Jäger

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 253/05
vom
13. Juli 2005
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juli 2005 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 21. März 2005 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, daß in den Fällen III. 3.2 und III. 3.4 der Urteilsgründe jeweils eine Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten festgesetzt wird. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in 22 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der allgemein erhobenen Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die fehlerfrei getroffenen, u. a. auf dem umfassenden Geständnis des Angeklagten beruhenden Feststellungen tragen den Schuldspruch.
Zum Rechtsfolgenausspruch hat der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift u. a. folgendes ausgeführt:
„Auch die Rechtsfolgenentscheidung ist frei von belastenden Rechtsfehlern. Allerdings hat das Landgericht für zwei Fälle des schweren Bandendiebstahls jeweils eine Einzelstrafe nicht festgesetzt. Festgestellt sind insgesamt 22 Einzeltaten, und zwar unter III.1.1 und 1.2 zwei Fälle unter III.2 ein Fall unter III.3.1 bis 3.18 18 Fälle sowie unter III.4 ein Fall.

Im Rahmen der Strafzumessung, die sich am jeweiligen Wert der erbeuteten Gegenstände anhand von (Unter- und) Obergrenzen orientiert (UA S. 37f.), hat das Landgericht die unter III.3 erfassten Taten (III.3.1 bis 3.18 - auf UA S. 15 vorletzte Zeile liegt ein offensichtliches Schreibversehen vor: statt 3.2 muss es dort 3.3 heißen -) als Fälle ,,III.1-18" bezeichnet. Dadurch ist ihm ersichtlich aus dem Blick geraten, dass es für die beiden unter III.3.2 und III.3.4 festgestellten Taten - im Gegensatz zu den Taten unter III.2 und III.4 - keine Einzelstrafen gebildet hat. Zwar beschwert dies den Angeklagten nicht; die gleichwohl gebotene Festsetzung (vgl. BGHR StPO § 354 Abs. 1 Strafausspruch 10) kann der Senat unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls selbst nachholen (§ 354 Abs. 1 StPO): Der Wert der erbeuteten Gegenstände beträgt im Fall III.3.2 ca. 5.000 Euro (UA S. 15), im Fall III.3.4 ca. 8.000 Euro (UA S. 16). Da das Landgericht in den Fällen, in denen der Diebstahlsschaden 1.500 Euro überstieg, jedoch nicht höher als 8.000 Euro war (so u. a. in den Fällen III.2 - UA S. 11 - und III.4 - UA S. 20f. -), jeweils Einzelfreiheitsstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten festgesetzt hat (UA S. 37 unten), ist auszuschließen, dass es in den Fällen III.3.2 und III.3.4 niedrigere Einzelstrafen festgesetzt hätte. Das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) steht dem nicht entgegen (st.Rspr.; vgl. BGHR StPO § 358 Abs. 2 Satz 1 Einzelstrafe, fehlende 1 m.w.N.). Auswirkungen auf die Gesamtstrafe sind angesichts der Vielzahl der übrigen Einzelstrafen und der Einsatzstrafe von drei Jahren und sechs Monaten
sicher auszuschließen. Einer Aufhebung der Gesamtstrafe bedarf es daher nicht (vgl. BGHR StPO § 358 Abs. 2 Satz 1 Einzelstrafe, fehlende 2)."
Diesen Ausführungen tritt der Senat bei.
Nack Wahl RiBGH Dr. Boetticher befindet
sich in Urlaub und ist deshalb
an der Unterschrift gehindert. Nack Elf Graf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 48/06
vom
8. März 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. März 2006 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 17. Oktober 2005 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass im Fall II. B. 2. (15) der Urteilsgründe eine Einzelfreiheitsstrafe von acht Monaten angesetzt ist. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 105 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten, die die Verletzung sachlichen Rechts rügt, bleibt im Ergebnis ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). Auszuführen ist lediglich Folgendes:
2
1. Das Landgericht hat für die am 5. April 2001 begangene Untreue (Fall II. B. 2. (15) der Urteilsgründe) keine Einzelstrafe festgesetzt. Dabei handelt es sich ersichtlich um ein Fassungsversehen, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend darlegt. Der Fall ist Gegenstand des Urteilstenors , der Feststellungen und der rechtlichen Würdigung. Das Landgericht hat für ihn auch den zugrundezulegenden Strafrahmen ausdrücklich angeführt. Auf dieser Grundlage kann der Senat dem Zusammenhang der Urteilsgründe entnehmen, dass das Landgericht für diesen Fall eine Einzelfreiheitsstrafe von acht Monaten verhängen wollte. Das ergibt sich ohne weiteres daraus, dass die Strafkammer, die die Einzelstrafen nach der jeweiligen Schadenshöhe abgestuft hat, für einen in tatsächlicher Hinsicht gleichgelagerten Fall (II. B. 2. (8) der Urteilsgründe) eine Einzelfreiheitsstrafe von acht Monaten verhängt hat. Danach schließt der Senat aus, dass im Fall II. B. 2. (15) der Urteilsgründe eine geringere Einzelstrafe auch nur in Betracht kommen könnte. Der Angeklagte hätte sich insoweit auch ersichtlich nicht anders als geschehen verteidigen können. Der Senat kann deshalb die Rechtsfolgenentscheidung entsprechend ergänzen.
3
2. Die Gesamtstrafenbildung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Strafzumessungserwägungen in Abschnitt V. der Urteilsgründe betreffen - wie sich schon aus ihrem einleitenden Satz ergibt - nicht nur die Beurteilung der Einzeltaten, sondern berücksichtigen auch das Gesamtgewicht des abzuurteilenden Sachverhalts sowie das Vor- und Nachtatverhalten des Angeklagten. Sie ermöglichen daher dem Revisionsgericht ohne weiteres eine Nachprüfung des auch vom Landgericht so gesehenen gesonderten Strafzumessungsakts der Gesamtstrafenbildung. Nack Wahl Kolz Elf Graf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 550/10
vom
1. Februar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 1. Februar 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 28. April 2010 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Einzelstrafen in den Fällen II.2.(8) und II.2.(24) der Urteilsgründe auf jeweils drei Jahre, im Fall II.2.(27) auf zwei Jahre und in den Fällen II.2.(26) und II.2.(39) auf jeweils ein Jahr sechs Monate Freiheitsstrafe festgesetzt werden.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 39 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich seine auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Zu den erhobenen Verfahrensrügen bemerkt der Senat ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 2. Dezember 2010:
3
a) Die von Rechtsanwalt R. in Zusammenhang mit der Fristsetzung für die Stellung von Beweisanträgen erhobene Rüge ist bereits deshalb unzulässig , weil die Verfügung der Vorsitzenden vom 14. September 2009 mit der zugleich den Verteidigern übersandten "Aushändigungsverhandlung" (Bl. 2749 ff. d.A.) nicht vollständig mitgeteilt wird (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Insbesondere trifft es nach dieser Verfügung nicht zu, dass sich - wie die Revision vorträgt - "die Akten in irgendwelchen Räumen des LKA ungeordnet befanden". Vielmehr wurden die Akten sowie ein Teil der Asservate - versehen mit einem Inhaltsverzeichnis zu den "Kisten" ("Aushändigungsverhandlung") - im Landgericht und lediglich ein weiterer Teil der Asservate aus Platzgründen im Landeskriminalamt (wo sie von den Verteidigern eingesehen werden konnten) verwahrt.
4
b) Bezüglich der Rüge, das Landgericht habe § 261 StPO verletzt, weil das in der Hauptverhandlung verlesene Schreiben des Zeugen L. vom 12. Januar 2003 im Urteil nicht erörtert wurde, kann dahinstehen, ob diese Rüge im Hinblick auf eine nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist vorgebrachte Änderung der Angriffsrichtung der Prüfung durch den Senat unterliegt. Sie ist jedenfalls deshalb erfolglos, weil sich weder aus dem (neuen) Revisionsvortrag noch aus dem Urteil selbst ergibt, dass das auf Januar 2003 datierte Schreiben des Zeugen als "legitimierter Vertreter der neuen Aktionäre der F. " auch nach dessen Aussage in der Hauptverhandlung und der Erhebung einer Vielzahl von Beweisen zum Verhältnis des Angeklagten zu dem Zeugen erhebliche - eine Erörterung im Urteil gebietende - Bedeutung für das Verhältnis zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen beim frühestens im September 2003 (vgl. UA 10) begonnenen Verkauf bzw. Umtausch in die (wertlosen) "Aktien" der hatte.
5
2. Die Sachrüge hat keinen Erfolg, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet (§ 349 Abs. 2 StPO). Sie führt jedoch zu einer Herabsetzung eines Teils der gegen den Angeklagten verhängten Einzelstrafen. Dies hat indes keine Auswirkungen auf die gegen den Angeklagten verhängte Gesamtstrafe.
6
a) Die Strafzumessung des Landgerichts ist insofern widersprüchlich, als die Strafkammer einerseits zugunsten des Angeklagten die erfolgten Rückzahlungen berücksichtigt (UA 31), sie es aber andererseits für geboten erachtet, "bei der Bildung der Einzelstrafen etwaige Rückzahlungen außer Betracht zu lassen" (UA 32).
7
Der Senat kann diesen Widerspruch im Ergebnis jedoch zugunsten des Angeklagten auflösen, indem er für die an den Schadenshöhen ausgerichtete Bemessung der konkreten Einzelstrafen die erfolgten Rückzahlungen von den Schadensbeträgen in Abzug bringt. Denn die von der Strafkammer als angemessen erachteten Strafen ergeben sich ohne Weiteres daraus, dass sie die Höhe der Einzelstrafen nach Unter- und Obergrenzen der Schadenshöhen abgestuft hat. Der Senat kann daher ausschließen, dass in den nachfolgend aufgeführten Fällen, in denen unter Berücksichtigung der Rückzahlung eine niedrigere Stufe erreicht wird, geringere Einzelstrafen in Betracht kommen könnten oder von der Strafkammer verhängt worden wären (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Juli 2005 - 1 StR 253/05 und vom 8. März 2006 - 1 StR 48/06). Der Angeklagte hätte sich insofern auch nicht anders als geschehen verteidigen können.
8
Nach Abzug der Rückzahlungen ergibt sich lediglich in fünf Fällen eine Herabsetzung der Strafe. Im Fall II.2.(8) der Urteilsgründe beträgt sie bei einem Betrag von 113.136,36 € drei Jahre (statt vier Jahren), im Fall II.2.(24) der Urteilsgründe bei einem Betrag von 182.999,69 € drei Jahre (statt vier Jahren), im Fall II.2.(26) der Urteilsgründe, den das Landgericht ersichtlich der Gruppe der Schadensfälle von über 50.000 € zugeordnet hatte, bei einem Betrag von 45.750 € ein Jahr und sechs Monate (statt zwei Jahren), im Fall II.2.(27) der Urteilsgründe bei einem Betrag von 92.415 € zwei Jahre (statt drei Jahren) und im Fall II.2.(39) der Urteilsgründe bei einem Betrag von 33.000 € ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe (statt drei Jahren).
9
b) Aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles kann der Senat ebenfalls ausschließen, dass der Ausspruch über die Gesamtstrafe auf dem Rechtsfehler beruht und die Strafkammer - hätte sie die obigen Einzelstrafen verhängt - auf eine geringere Gesamtstrafe erkannt hätte. Denn insbesondere die Einsatzstrafe von sieben Jahren sowie vier Einzelstrafen von einmal sechs und drei Mal fünf Jahren werden von dem Rechtsfehler nicht berührt; ferner verbleiben auch nach der Herabsetzung weitere 34 Einzelstrafen zwischen vier Jahren und einem Jahr und sechs Monaten. Zudem hat das Landgericht bei der Bemessung der Gesamtstrafe die erfolgten Rückzahlungen ausdrücklich strafmildernd "in Ansatz gebracht".
10
3. Der geringfügige Teilerfolg des Rechtsmittels des Angeklagten rechtfertigt es nicht, ihn auch nur teilweise von der Tragung der Kosten und seiner notwendigen Auslagen zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Mutzbauer

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.