Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Mai 2013 - 2 StR 68/13

published on 22/05/2013 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Mai 2013 - 2 StR 68/13
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 68/13
vom
22. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 22. Mai 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 24. Oktober 2012 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin G. dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Daneben hat es eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen kam es von Juni 2004 bis Oktober 2005 und zu Ostern 2010 oder 2011 an nicht näher bestimmbaren Tagen zu sexuellen Übergriffen des Angeklagten auf seine am 21. Februar 2001 geborene Enkelin G. , von denen drei individualisierbar waren; diese Taten, die dem Angeklagten mit der Anklage vom 30. März 2012 zur Last gelegt worden waren, sind Gegenstand der Verurteilung. Soweit dem Angeklagten mit der Anklage vom 20. Juli 2012 daneben zur Last gelegt worden war, in weiteren zwölf Fällen auch seine Enkeltochter W. sexuell missbraucht zu haben , hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen; gleichwohl hat es festgestellt, dass es zum Nachteil dieser Enkeltochter in der Zeit von Januar 1993 bis Juni 1997 zu einer Vielzahl sexueller Übergriffe durch den Angeklagten gekommen sei, ohne dass sich konkrete Fälle hätten individualisieren lassen. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht bei den Einzelstrafen zu Lasten des Angeklagten als "erheblich strafschärfend" auch den festgestellten sexuellen Missbrauch zum Nachteil seiner Enkeltochter W. gewertet.
3
2. Diese straferschwerende Erwägung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
4
Zwar hat es die Rechtsprechung etwa in Fällen von Serienstraftaten zum Nachteil desselben Geschädigten als grundsätzlich zulässig angesehen, bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, dass der Angeklagte noch sonstige Straftaten begangen hat; dies gilt allerdings nur, wenn diese Taten prozessordnungsgemäß und so bestimmt festgestellt sind, dass sie in ihrem wesentlichen Unrechtsgehalt abzuschätzen sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Mai 1995 - 3 StR 179/95, BGHR StGB § 54 Serienstraftaten 2; vom 9. Oktober 2003 - 4 StR 359/03, BGH NStZ-RR 2004, 359 Nr. 37; vom 2. Juli 2009 - 3 StR 251/09, NStZ-RR 2009, 306; Senat, Urteil vom 16. März 2005 - 2 StR 487/04; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 46 Rn. 41a).
5
Hier vermochte das Landgericht jedoch Sexualstraftaten des Angeklagten zum Nachteil seiner Enkeltochter W. gerade nicht näher zu konkretisieren. Es hat die Angaben dieser Geschädigten zu jeder der angeklagten Taten nicht als zuverlässig angesehen und auch ein "Herunterkürzen" der Aussage auf einen vorhandenen konstanten Kern der belastenden Angaben als nicht möglich angesehen. Das Landgericht hat den Angeklagten dementsprechend von dem mit der diesbezüglichen Anklage erhobenen Schuldvorwurf freigesprochen. Es durfte deshalb auch nicht bei der Strafzumessung eine pauschale Feststellung sexueller Übergriffe zum Nachteil von W. berücksichtigen und zu Lasten des Angeklagten von einem hierdurch erhöhten Schuldumfang ausgehen.
6
Der Senat kann nicht ausschließen, dass auf dem aufgezeigten Rechtsfehler die Einzelstrafen beruhen. Deren Aufhebung zieht auch die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Fischer Appl Schmitt Berger Ott
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.