Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2013 - 2 StR 633/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagte wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in 11 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und sie im Übrigen freigesprochen. Es hat weiter angeordnet , dass von der Strafe ein Jahr und sechs Monate als vollstreckt gelten. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat in vollem Umfang Erfolg.
I.
- 2
- Nach den Feststellungen des Landgerichts beteiligte sich die Angeklagte zwischen Juli 2003 und September 2004 an betrügerischen Kapitalanlage- und Kreditvermittlungsgeschäften, die der Mitangeklagte W. unter Mitwirkung weiterer Tatbeteiligter, darunter der Angeklagten, aus der Strafhaft heraus und mit Kenntnis der Strafverfolgungsbehörden betrieb. Die Angeklagte M. , die zu diesem Zeitpunkt als Strafverteidigerin tätig war und den Mitangeklagten W. zwischen September 2002 und Januar 2005 insgesamt 86 Mal in der JVA aufsuchte, war für den kommunikativen Zusammenhalt der Gruppierung zuständig; ihre konkreten Beiträge zur Begehung der ihr vorgeworfenen Straftaten bestanden in der Überlassung eines Handys an den inhaftierten W. sowie in der Zurverfügungstellung von Anderkonten, auf denen betrügerisch erlangte Gelder eingingen, die sie für eigene Zwecke verbrauchte oder weiterleitete. Das Landgericht hat darin eine täterschaftliche Beteiligung an insgesamt 11 nach dem 24. Juni 2003 begangenen Betrugstaten gesehen; hinsichtlich zuvor begangener Straftaten hat es die Angeklagte freigesprochen, weil ihr erst ab diesem Zeitpunkt positive Kenntnis hinsichtlich des Vorliegens von Betrugstaten des Mitangeklagten W. nachzuweisen sei und daher für vorangegangene Taten der Vorsatz fehle.
II.
- 3
- Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 4
- 1. Den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, dass die Angeklagte zum Zeitpunkt ihrer genannten Tathandlungen bereits Kenntnis davon hatte, dass es sich bei den vom Mitangeklagten W. initiierten Geschäften um betrügerische Machenschaften handelte, die sie mit ihrem Tun förderte. Feststellungen dazu, wann die Angeklagte dem inhaftierten W. das Handy in der JVA übergeben hat, finden sich im Urteil ebenso wenig wie ein Hinweis darauf, zu welchem Zeitpunkt sie zur Abwicklung der Geschäfte ihre Konten zur Verfügung gestellt hat. Es ist nahe liegend, jedenfalls aber nicht ausgeschlossen, dass dies noch vor Juli 2003 und damit zu einer Zeit geschehen ist, als sie noch nichts vom betrügerischen Handeln des Mitangeklagten W. wusste oder ahnte. Insoweit fehlt es daher am erforderlichen Betrugsvorsatz. Soweit im Übrigen davon auszugehen ist, dass die subjektive Tatseite bei der Angeklagten jedenfalls anzunehmen wäre, als sie über auf ihren Konten eingegangene Gelder verfügte, kann dies eine Verurteilung wegen Betruges nicht tragen. Mit Eingang der von den getäuschten Vertragspartnern überwiesenen Geldern auf den Konten der Angeklagten ist der Betrug zu deren Lasten beendet, weshalb die von ihr danach getroffenen Verfügungen hierüber nicht mehr zur Strafbarkeit nach § 263 StGB, allenfalls wegen Begünstigung oder Geldwäsche, führen könnten.
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- 2. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.
- 6
- Sollte der neue Tatrichter sich die Überzeugung verschaffen können, dass die Angeklagte bereits bei der Übergabe des Handys und/oder bei der Zurverfügungstellung ihrer Konten zur Abwicklung der betrügerischen Geschäfte vorsätzlich hinsichtlich des betrügerischen Vorgehens des Mitangeklagten W. gehandelt hat, wird er zu berücksichtigen haben, dass sich die jeweilige Tathandlung zwar auf mehrere rechtlich selbständige Betrugstaten des W. bezogen haben mag, dies aber nicht die Verurteilung wegen mehrerer rechtlich selbständiger Taten in der Person der Angeklagten rechtfertigt.
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- Für den Fall, dass der Angeklagten vorsätzliches Handeln insoweit nicht nachzuweisen ist, wird die Strafkammer zu prüfen haben, ob die bösgläubig gewordene Angeklagte sich womöglich wegen Betruges durch Unterlassen strafbar gemacht hat, als sie in Kenntnis der vom Angeklagten W. initiierten Straftaten darauf verzichtete, ihr bei der Tatbegehung eingesetztes Handy zurückzufordern bzw. die von ihr eingeräumte Nutzung ihrer Konten zu widerrufen. Lediglich dann, wenn ihr eine strafbare Beteiligung an den Betrugstaten nicht nachzuweisen ist, wird zu erörtern sein, ob sich die Angeklagte zumindest nach § 257 StGB oder § 261 StGB strafbar gemacht hat.
Annotations
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Wer einem anderen, der eine rechtswidrige Tat begangen hat, in der Absicht Hilfe leistet, ihm die Vorteile der Tat zu sichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die für die Vortat angedrohte Strafe.
(3) Wegen Begünstigung wird nicht bestraft, wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist. Dies gilt nicht für denjenigen, der einen an der Vortat Unbeteiligten zur Begünstigung anstiftet.
(4) Die Begünstigung wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn der Begünstiger als Täter oder Teilnehmer der Vortat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte. § 248a gilt sinngemäß.
(1) Wer einen Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat herrührt,
- 1.
verbirgt, - 2.
in der Absicht, dessen Auffinden, dessen Einziehung oder die Ermittlung von dessen Herkunft zu vereiteln, umtauscht, überträgt oder verbringt, - 3.
sich oder einem Dritten verschafft oder - 4.
verwahrt oder für sich oder einen Dritten verwendet, wenn er dessen Herkunft zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat,
(2) Ebenso wird bestraft, wer Tatsachen, die für das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Herkunft eines Gegenstands nach Absatz 1 von Bedeutung sein können, verheimlicht oder verschleiert.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Wer eine Tat nach Absatz 1 oder Absatz 2 als Verpflichteter nach § 2 des Geldwäschegesetzes begeht, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(5) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Geldwäsche verbunden hat.
(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 leichtfertig nicht erkennt, dass es sich um einen Gegenstand nach Absatz 1 handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 nicht für einen Strafverteidiger, der ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt.
(7) Wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist, wird nach den Absätzen 1 bis 6 nur dann bestraft, wenn er den Gegenstand in den Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert.
(8) Nach den Absätzen 1 bis 6 wird nicht bestraft,
- 1.
wer die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder freiwillig eine solche Anzeige veranlasst, wenn nicht die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste, und - 2.
in den Fällen des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 unter den in Nummer 1 genannten Voraussetzungen die Sicherstellung des Gegenstandes bewirkt.
(9) Einem Gegenstand im Sinne des Absatzes 1 stehen Gegenstände, die aus einer im Ausland begangenen Tat herrühren, gleich, wenn die Tat nach deutschem Strafrecht eine rechtswidrige Tat wäre und
- 1.
am Tatort mit Strafe bedroht ist oder - 2.
nach einer der folgenden Vorschriften und Übereinkommen der Europäischen Union mit Strafe zu bedrohen ist: - a)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Übereinkommens vom 26. Mai 1997 aufgrund von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind (BGBl. 2002 II S. 2727, 2729), - b)
Artikel 1 des Rahmenbeschlusses 2002/946/JI des Rates vom 28. November 2002 betreffend die Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens für die Bekämpfung der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (ABl. L 328 vom 5.12.2002, S. 1), - c)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI des Rates vom 22. Juli 2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor (ABl. L 192 vom 31.7.2003, S. 54), - d)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der zuletzt durch die Delegierte Richtlinie (EU) 2019/369 (ABl. L 66 vom 7.3.2019, S. 3) geändert worden ist, - e)
Artikel 2 Buchstabe a des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ABl. L 300 vom 11.11.2008, S. 42), - f)
Artikel 2 oder Artikel 3 der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1),- g)
den Artikeln 3 bis 8 der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (ABl. L 335 vom 17.12.2011, S. 1; L 18 vom 21.1.2012, S. 7) oder - h)
den Artikeln 4 bis 9 Absatz 1 und 2 Buchstabe b oder den Artikeln 10 bis 14 der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates (ABl. L 88 vom 31.3.2017, S. 6).
(10) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden. Die §§ 73 bis 73e bleiben unberührt und gehen einer Einziehung nach § 74 Absatz 2, auch in Verbindung mit den §§ 74a und 74c, vor.