Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Apr. 2019 - 2 StR 323/18

bei uns veröffentlicht am03.04.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 323/18
vom
3. April 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:030419B2STR323.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 3. April 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten P. und W. wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 15. März 2018
a) soweit es den Angeklagten W. betrifft, im Schuldspruch dahingehend geändert, dass dieser statt eines (tateinheitlich mit weiteren Delikten begangenen) vollendeten besonders schweren Raubes in zwei tateinheitlichen Fällen lediglich eines (tateinheitlich mit weiteren Delikten begangenen ) versuchten besonders schweren Raubes in zwei tateinheitlichen Fällen schuldig ist,
b) soweit es den Angeklagten P. betrifft, im Ausspruch über die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten P. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen. 3. Der Beschwerdeführer W. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, jeweils in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, sowie in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung und erpresserischem Menschenraub zu Freiheitsstrafen verurteilt, den Angeklagten P. zu zehn Jahren und den Angeklagten W. zu sechs Jahren und sechs Monaten. Außerdem hat es bei Anordnung des Vorwegvollzugs von Freiheitsstrafe die Unterbringung der Angeklagten P. und W. in einer Entziehungsanstalt und zudem die Unterbringung des Angeklagten P. in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Fernerhat es Einziehungsentscheidungen getroffen. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Zur Revision des Angeklagten W.
3
a) Die sachlichrechtliche Überprüfung der angegriffenen Entscheidung führt zur Korrektur des Schuldspruchs, soweit der Angeklagte W. wegen eines vollendeten besonders schweren Raubes in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen verurteilt ist. Die Feststellungen tragen lediglich die Annahme eines versuchten besonders schweren Raubes (in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen).
4
aa) Nach den Feststellungen des Landgerichts erstrebten beide Angeklagte bei ihrem Überfall auf die beiden Geschädigten die Wegnahme von Geld und Schmuck. In Ausführung des Tatplans überwältigte der Angeklagte W. eines der Tatopfer, während der Angeklagte P. sich um das andere Opfer kümmerte und zugleich die Wohnung nach Stehlenswertem durchsuchte.
Geld konnte er nicht finden, wohl aber Schmuckstücke im Wert von 3.617 €, ein Mobiltelefon sowie einen Schlüsselbund. Diese Gegenstände nahm er – was der Angeklagte W. nicht wusste – an sich und behielt sie für sich. Im Zuge des weiteren, sich ca. eine halbe Stunde hinziehenden Geschehens kam es zu weiteren Drohungen gegenüber den Tatopfern und auch schweren Misshandlungen gegenüber einer der Geschädigten, was schließlich zur Herausgabe einer EC-Karte und der dazugehörigen PIN führte. Damit entfernten sich die Angeklagten und hoben zweimal 500 € ab, die sie untereinander hälftig aufteilten.
5
bb) Auf der Grundlage dieses festgestellten Sachverhalts ist die Annahme eines (auf beide Tatopfer bezogenen) vollendeten besonders schweren Raubes durch den Angeklagten W. nicht belegt. Zwar umfasste der (ursprüngliche ) gemeinsame Tatplan auch die Wegnahme von Schmuck. Die Ansichnahme des Schmuckes (und der übrigen Gegenstände) seitens des Angeklagten P. stellt sich aber nicht als Realisierung dieser zwischen den Angeklagten getroffenen Übereinkunft dar, sondern diente allein dem eigenen Interesse des Angeklagten P. , das er außerhalb des ursprünglichen Tatplans verfolgte (vgl. zum „Eigeninteresse“ als Kriterium zur Bestimmung von ausder Bandenabrede herausfallenden Taten etwa BGH StraFO 2017, 122). Insofern fehlte es auch dem über das nicht dem Tatplan entsprechende Vorgehen des Angeklagten P. nicht informierten Angeklagten W. zum Zeitpunkt der Wegnahmehandlung (vgl. zur Wegnahme als maßgeblicher Zeitpunkt für die Vorstellung des Täters BGH NStZ 2004, 386, 387) am Wegnahmevorsatz und auch an der erforderlichen Zueignungsabsicht hinsichtlich der vonP. weggenommenen Gegenstände. Der Angeklagte W. hat sich damit lediglich wegen Versuchs eines besonders schweren Raubes in zwei tateinheitlichen Fällen strafbar gemacht.
6
b) Der Senat ändert den Schuldspruch; § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Änderung des Schuldspruchs lässt den Strafausspruch, der im Übrigen keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufweist, unberührt. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung eine niedrigere Strafe verhängt hätte.
7
c) Schließlich halten auch die Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB und eines Vorwegvollzugs von Freiheitsstrafe sowie auch die den Angeklagten W. betreffende Einziehungsentscheidung rechtlicher Nachprüfung stand.
8
2. Zur Revision des Angeklagten P.
9
a) Die Überprüfung der den Angeklagten P. betreffenden Entscheidung hat Rechtsfehler weder zum Schuldspruch noch zum Strafausspruch ergeben. Auch begegnen die Anordnung der Unterbringung in der Entziehungsanstalt und des Vorwegvollzugs von Freiheitsstrafe sowie die Einziehungsentscheidung keinen rechtlichen Bedenken.
10
b) Hingegen hält die Anordnung der Sicherungsverwahrung rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
11
Wie das Landgericht in seinem Urteil bereits selbst festgestellt und der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, fehlt es an den formellen Voraussetzungen für die Anordnung von Sicherungsverwahrung. Die Verurteilung durch das Landgericht Bonn vom 5. Juni 2009 stellt – anders als vom Landgericht bei seiner Urteilsverkündung angenommen – kei- ne berücksichtigungsfähige Vorverurteilung im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB dar. Denn insoweit ist nach § 66 Abs. 4 Satz 3 StGB Rückfallverjäh- rung eingetreten. Die letzte der dem Urteil des Landgerichts Bonn zugrunde liegenden Symptomtaten hat der Angeklagte am 19. Januar 2007 begangen. Die die Rückfallverjährung hemmende Haft- und Verwahrzeit des Angeklagten für diese Verurteilung betrifft den Zeitraum vom 15. Februar 2010 bis zum 18. Februar 2015. Die Zeiten vor dieser Haftzeit bzw. danach bis zur Begehung der Tat am 4. September 2017 betragen mehr als fünf Jahre, so dass die Tat vom 19. Januar 2007 bei der Anordnung der Sicherungsverwahrung außer Betracht zu bleiben hat.
12
Die Anordnung der Sicherungsverwahrung hat deshalb zu entfallen.
13
Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass die Strafkammer bei rechtsfehlerfreier Gesetzesanwendung Sicherungsverwahrung gemäß § 66a Abs. 2 StGB vorbehalten hätte. Wie den Urteilsgründen zu entnehmen ist, war diese Frage nicht Gegenstand der Beratungen, so dass die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen ist.
Franke Krehl Eschelbach Grube Schmidt

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Referenzen - Gesetze

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafgesetzbuch - StGB | § 66 Unterbringung in der Sicherungsverwahrung


(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn 1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die per

Strafgesetzbuch - StGB | § 66a Vorbehalt der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung


(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn 1. jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird,2. die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit diese

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird,
2.
die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und
3.
nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn

1.
jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird,
2.
die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und
3.
mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.