Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Sept. 2011 - 2 StR 313/11
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung, gefährlicher Körperverletzung und Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- 1. Der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt , dass dieser die teils sehr erheblichen Taten insgesamt über einen längeren Zeitraum verwirklicht habe und sich mit diesem Zeitraum letztlich ein Großteil der Beziehung zwischen dem Angeklagten und dem Tatopfer für dieses - auch jenseits strafrechtlich relevanter Handlungen - gleichsam als "Martyrium" dargestellt habe. Zudem lastet die Kammer dem Angeklagten an, er sei bestrebt gewesen, die Geschädigte durch Vorlage von von ihr gefertigter frivoler martialisch-lüsterner Zeichnungen sowie von entsprechenden Fotoaufnahmen in ihrem Ansehen und damit in ihrer Glaubwürdigkeit herabzuwürdigen.
- 3
- Dies erweist sich als rechtsfehlerhaft. Dass sich der Zeitraum, in dem die Taten begangen worden sind, als "Martyrium" für das Tatopfer erwiesen habe, wird von den Feststellungen des Landgerichts nicht getragen. Dieses führt eher beiläufig im Rahmen der Beweiswürdigung aus, es müsse im Rahmen der Beziehung zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten "offenbar" von zahlreichen Übergriffen ausgegangen werden. Weitergehende Feststellungen zu Art und Zahl der möglichen Übergriffe, Folgen für das Tatopfer sowie damit verbundenen Beeinträchtigungen finden sich in den Urteilsgründen nicht.
- 4
- Soweit die Kammer die Vorlage von Bildaufnahmen und Zeichnungen strafschärfend berücksichtigt, wirft sie dem Angeklagten ein Verhalten vor, das lediglich seiner Verteidigung diente und die Grenzen einer angemessenen Verteidigung nicht überschritt. Die Glaubwürdigkeit einer Belastungszeugin in Frage zu stellen, auch anhand von Bildern bzw. Zeichnungen, die sie abbilden bzw. von ihr herrühren, gehörte hier zum geschützten Recht aufVerteidigung, auch wenn diese Unterlagen womöglich Rückschlüsse auf Neigungen oder Vorlieben im Sexualleben der Geschädigten erlaubten.
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- 2. Diese Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Strafausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen und zur Zurückverweisung. Der Senat gibt dem Tatgericht damit Gelegenheit, selbst zu einer am Erziehungszweck orientierten Bemessung der Jugendstrafe zu gelangen.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.