Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Mai 2012 - 2 StR 123/12

bei uns veröffentlicht am02.05.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 123/12
vom
2. Mai 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten
mit Garantiefunktion u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 2. Mai 2012 gemäß §§ 349 Abs. 2
und 4, 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten V. wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 21. Dezember 2011 - auch hinsichtlich des Angeklagten P. - im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagten der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug sowie der Verabredung der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion schuldig sind. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten V. wegen gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug in zwei Fällen (II. 1. und 2. der Urteilsgründe) sowie wegen der Verabredung der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungs- karten mit Garantiefunktion zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision führt mit der Sachrüge zu der aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs , im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Der Angeklagte brachte gegen Entlohnung und Ersatz seiner Spesen im Auftrag und nach Weisung nicht identifizierter Hintermänner Kartenlesegeräte sowie Miniaturkameras an Geldautomaten an. Mit den Kartenlesegeräten wurden die Kundendaten erfasst, mit der Miniaturkamera die PIN-Nummern der Bankkunden abgefilmt. Nach einiger Zeit entfernte der Angeklagte Lesegerät und Kamera wieder und gab sie sodann zur Auswertung an eine Kontaktperson zurück. Mit den ausgelesenen bzw. abgefilmten Daten wurden durch unbekannte Täter Kartenrohlinge gefertigt und mit deren Hilfe durch in den USA tätige Bandenmitglieder größere Geldbeträge abgehoben.
3
2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen mittäterschaftlich begangener gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion begegnet danach keinen rechtlichen Bedenken (vgl. BGH, Urteile vom 27. Januar 2011 - 4 StR 338/10, NStZ 2011, 517 und vom 17. Februar 2011 - 3 StR 419/10, NJW 2011, 2375). Dagegen hält seine tateinheitliche Verurteilung wegen Computerbetruges in den Fällen II. 1. und 2. der Urteilsgründe rechtlicher Überprüfung nicht stand. Vielmehr stellt sich sein Tatbeitrag insoweit lediglich als Beihilfe dar.
4
a) Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte weder Kenntnis der, noch irgendeinen tatherrschaftlichen Einfluss auf die konkreten Abläufe beim Einsatz der Karten an den Geldautomaten in den USA. Darüber hinaus richtete sich sein Interesse an der Tat nicht mehr auf den durch den Computerbetrug erlangten Vermögensvorteil, da er für seinen Beitrag unabhängig vom finanziel- len Erfolg des Einsatzes der gefälschten Zahlungskarten entlohnt wurde. Seine Mitwirkung stellt sich insoweit als bloße Förderung fremden Handelns und damit Beihilfe dar.
5
b) Entsprechend war der Schuldspruch - erstreckt auf den Mitangeklagten P. (§ 357 StPO), der seine Revision zurückgenommen hat - zu ändern. Die Einzelstrafen in den Fällen II. 1. und 2. können bestehen bleiben. Der Senat schließt mit Blick auf den jeweils maßgeblichen Strafrahmen des § 152b Abs. 2 StGB und die auch im Fall von Beihilfe zum Computerbetrug bestehende gleichzeitige Verwirklichung zweier Straftatbestände aus, dass die Strafkammer bei Annahme von Beihilfe niedrigere Einzelstrafen und eine (noch) niedrigere Gesamtstrafe gebildet hätte.
6
3. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels rechtfertigt eine Kostenermäßigung nicht (§ 473 Abs. 4 StPO). Ernemann Appl Schmitt Krehl Eschelbach

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

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Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

Strafgesetzbuch - StGB | § 152b Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion


(1) Wer eine der in § 152a Abs. 1 bezeichneten Handlungen in Bezug auf Zahlungskarten mit Garantiefunktion begeht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. (2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Ban

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Jan. 2011 - 4 StR 338/10

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 74/12 vom 31. Mai 2012 in der Strafsache gegen wegen gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion u. a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesa

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 338/10
vom
27. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen banden- und gewerbsmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit
Garantiefunktion u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. Januar
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richterinnen am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten P. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten R. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 12. März 2010 werden verworfen.
Der Angeklagte P. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten R. die Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen (§ 109 Abs. 2 i.V.m. § 74 JGG).
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils der banden- und gewerbsmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit banden- und gewerbsmäßigem Computerbetrug in sechs Fällen (Angeklagter P. ) bzw. in fünf Fällen (Angeklagter R. ) sowie der versuchten banden - und gewerbsmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten P. unter Einbeziehung der Strafe aus einer weiteren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren, den Angeklagten R. unter Einbeziehung einer weiteren Verurteilung zu einer Einheitsjugendstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts schlossen sich die Angeklagten Mitte 2009 einer Gruppe von Landsleuten an, die in großem Umfang so genannte „Skimming“-Taten verübte. Bei diesen Taten werden Daten der ECbzw. Kreditkarten von Bankkunden, die einen Geldautomaten benutzen, ausgelesen und auf Kartenrohlinge übertragen, mit denen anschließend unter Verwendung der ebenfalls erlangten persönlichen Geheimzahl (PIN) Geld von Geldautomaten abgehoben wird. Entsprechend der auf arbeitsteiliges Zusammenwirken mit überwiegend unbekannten Mittätern ausgelegten Planung ersetzten die Angeklagten bei verschiedenen Bankfilialen in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz jeweils das Kartenlesegerät des Türöffnungsmechanismus durch ein mit einem Speichermedium versehenes Lesegerät, mit dem die Daten der Kunden ausgelesen wurden. Mit getarnten Kameras wurden die Bankkunden sowohl beim Betreten der Bank als auch bei der PIN-Eingabe am Geldautomaten aufgenommen. Die so gewonnenen Daten wurden spätestens nach Abbau der Geräte an unbekannte Mittäter übergeben, die – was den Angeklagten bekannt war – die Daten umgehend auswerteten und – vermutlich per Internet – zu weiteren Mittätern nach Italien transferierten, denen die Datenlieferungen jeweils vorher angekündigt wurden. In Italien wurden im unmittelbaren Anschluss Kartenrohlinge mit den Datensätzen beschrieben und auf diese Weise Kartendoubletten hergestellt.
3
In den Fällen II. 2 bis II. 7 der Urteilsgründe (der Fall II. 2 war allerdings hinsichtlich des Angeklagten R. bereits Gegenstand der gegen diesen ergangenen einbezogenen Entscheidung) hoben mehrere unbekannte Mittäter sodann unter Verwendung der Kartendoubletten und der jeweils zugehörigen PIN an verschiedenen, überwiegend in Norditalien gelegenen Geldautomaten Bargeld in Höhe von insgesamt etwa 300.000 Euro von den Konten der Bankkunden ab. Im Fall II. 1 der Urteilsgründe übergaben die Angeklagten die Speichermedien mit den gewonnenen Daten zur Weiterleitung nach Italien an den hierfür zuständigen Mittäter in Dortmund. Das Landgericht hat nicht festgestellt, dass auch mit diesen Daten Kartendoubletten hergestellt wurden. Zu unberechtigten Abhebungen unter Verwendung der ausgespähten Daten konnte es schon deswegen nicht kommen, weil die Manipulation an dem Türöffner bereits am nächsten Tag bemerkt und die entsprechenden Kontensperrungen veranlasst wurden.

II.

4
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrüge hat einen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht ergeben.
5
Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch. Dies gilt auch, soweit das Landgericht im Fall II. 1 der Urteilsgründe eine versuchte banden- und gewerbsmäßige Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion angenommen hat.
6
1. Nach § 22 StGB versucht eine Straftat, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Hierfür ist nicht erforderlich, dass der Täter bereits ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht. Es genügt, dass er Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und unmittelbar in die tatbestandliche Handlung einmünden. Das Versuchsstadium erstreckt sich deshalb auch auf Handlungen, die in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Dies ist der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet, es eines weiteren „Willensimpulses“ nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestands übergeht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2002 – 5 StR 42/02, BGHSt 48, 34 m.w.N.). Diese abstrakten Maßstäbe bedürfen angesichts der Vielzahl denkbarer Sachverhaltsgestaltungen stets der wertenden Konkretisierung unter Beachtung der Umstände des Einzelfalles (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 – 3 StR 303/01, NJW 2002, 1057).
7
2. Gemessen daran ist die Würdigung des Landgerichts, die Angeklagten hätten spätestens mit der Weitergabe der Daten zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
8
a) Zu Recht hat das Landgericht auf das enge Ineinandergreifen der einzelnen einem festen Ablaufplan folgenden Tatbeiträge und auf den nach dem Tatplan engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Tatbeitrag der Angeklagten und dem Beschreiben der Kartenrohlinge durch andere Bandenmitglieder als eigentlicher Fälschungshandlung abgestellt. Die dem Auslesen der Daten und der Weitergabe der Speichermedien nachfolgenden Arbeitsschritte bis hin zu den – der Tatbestandsverwirklichung des § 152b StGB nachgelagerten – Abhebungen an den Geldautomaten mussten vonstatten gehen, bevor die Manipulation an den Lesegeräten in den Bankfilialen bemerkt wurde. Die schnelle zeitliche Abfolge wurde durch das eingespielte System von Tatbeiträgen gewährleistet , bei dem den in Italien sitzenden Mittätern die einzelnen Datenübersendungen jeweils avisiert wurden. Diese wussten dadurch bereits im Voraus, dass die Erbringung ihres eigenen Tatbeitrags unmittelbar bevorstand. Es bedurfte mithin keines neuen Willensimpulses bei einem der durch die Bandenabrede verbundenen Mittäter mehr, sondern die Angeklagten setzten mit der Wei- tergabe der Daten – was ihnen bewusst war – gleichsam einen automatisierten Ablauf in Gang, so dass auch unter dem Gesichtspunkt der konkreten nahen Rechtsgutsgefährdung (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 – 3 StR 303/01, aaO; Beschluss vom 2. August 1989 – 3 StR 239/89, BGHR StGB § 22 Ansetzen 11; Beschluss vom 7. Oktober 1993 – 4 StR 506/93, StV 1994, 240) die Annahme eines unmittelbaren Ansetzens geboten ist. Dass dem Beschreiben der Kartenrohlinge die Auswertung der Speichermedien durch Abgleich von Videoaufzeichnungen und ausgelesenen Kartendaten und die Übersendung der Daten nach Italien vorausgingen, stellt danach bei der gebotenen wertenden Betrachtung (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 1980 – 3 StR 108/80, NJW 1980, 1759) keine diese Annahme hindernden Zwischenschritte dar (vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. Mai 1991 – 5 StR 4/91, BGHR StGB § 22 Ansetzen 14; Beschluss vom 11. Mai 2010 – 3 StR 105/10).
9
b) Soweit der 2. Strafsenat in seinem Urteil vom 13. Januar 2010 (2 StR 439/09, NStZ 2010, 209) einen strafbaren Versuch des gewerbs- und bandenmäßigen Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion verneint hat, lag der Entscheidung ein vollkommen anders gelagerter Sachverhalt zu Grunde : Dort hatten sich die Angeklagten, ohne bereits über die aufzuspielenden Daten zu verfügen, lediglich darum bemüht, Kartenrohlinge zu erhalten; die aus Spanien kommende Sendung mit Kreditkartenrohlingen war jedoch bei der Ausgabestelle des Kurierdienstes in Deutschland angehalten und die Angeklagten waren bei dem Versuch, das Päckchen abzuholen, festgenommen worden. Ausgehend hiervon hat der 2. Strafsenat ausgeführt, dass ein Versuch des (gewerbs- und bandenmäßigen) Nachmachens von Zahlungskarten erst dann gegeben ist, wenn der Täter vorsätzlich und in der tatbestandsmäßigen Absicht mit der Fälschungshandlung selbst - also dem Herstellen der falschen Karte - beginnt (BGH aaO, Rz. 10). Er bezieht sich dabei zu Recht auf die von der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung von Vorbereitungshandlungen zum strafbaren Versuch (BGH aaO, Rz. 9). Deshalb ist auch nach dieser Entscheidung das Beginnen mit der Fälschungshandlung als Beginnen im Sinne der allgemeinen Definition des unmittelbaren Ansetzens zu verstehen; hiervon sind auch vorgelagerte Handlungsakte umfasst, sofern diese nach der Tätervorstellung in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen oder mit ihr in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 22 Rn. 10 m.w.N.).
10
Eine entsprechende Abgrenzung hat auch der 5. Strafsenat unter Bezugnahme auf das vorerwähnte Urteil des 2. Strafsenats vorgenommen (Beschluss vom 14. September 2010 - 5 StR 336/10). Seiner Entscheidung lag ein Sachverhalt zu Grunde, bei dem die Bemühungen des Täters, durch den Einsatz von Kartenlesegeräten in den Besitz der Daten zu gelangen, gescheitert war, weil die Lesegeräte bereits vor ihrem Abbau entdeckt und sichergestellt worden waren. Ausgehend hiervon hat der 5. Strafsenat ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung verneint, da der Täter die aufgezeichneten Datensätze noch nicht in seinen Besitz bringen und sie deshalb auch nicht an seine Mittäter, die in Italien die Herstellung der Kartendoubletten vornehmen sollten, übermitteln konnte (BGH, aaO, Rz. 4).
11
Beide Entscheidungen stehen mithin der Annahme einer Versuchstat im Fall II. 1 der Urteilsgründe nicht entgegen, denn hier hätte die Weiterleitung der gewonnenen Daten nach der Vorstellung der Angeklagten bei ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen.
Ernemann Solin-Stojanović Roggenbuck
Cierniak Mutzbauer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 419/10
vom
17. Februar 2011
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________________
Die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses richtet sich auch bei der Verabredung
mehrerer Verbrechen für jeden Tatbeteiligten allein nach dessen Tathandlung(en) im
Sinne des § 30 Abs. 2 StGB und nicht danach, in welchem konkurrenzrechtlichen
Verhältnis die verabredeten Taten im Falle ihrer Verwirklichung gestanden hätten.
BGH, Urteil vom 17. Februar 2011 - 3 StR 419/10 - LG Düsseldorf
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion
u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Februar
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt (GL)
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19. Juli 2010 wird
a) die Strafverfolgung auf Antrag des Generalbundesanwalts in den Fällen II. 2. a) bis c) der Urteilsgründe auf den Vorwurf der Verabredung der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion beschränkt ;
b) das vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagten jeweils der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug sowie der Verabredung der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in drei tateinheitlichen Fällen schuldig sind;
c) das vorbezeichnete Urteil im gesamten Strafausspruch aufgehoben ; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Ausspähen von Daten und Beihilfe zum Computerbetrug (Fall II. 1. der Urteilsgründe) sowie der versuchten gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in drei Fällen (Fälle II. 2. a) bis c) der Urteilsgründe) schuldig gesprochen. Es hat gegen den Angeklagten B. eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten sowie gegen die Angeklagten N. und P. jeweils eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verhängt. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung sachlichen Rechts rügen, haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie aus den Gründen der jeweiligen Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte B. in Rumänien Kontakt zu Personen, die arbeitsteilig sog. Skimming betrieben. Von diesen wurde er angesprochen, ob er und Bekannte bereit seien, für ein Entgelt in Deutschland an Geldautomaten Lesegeräte und Mobiltelefone mit Funkkameras anzubringen, zu kontrollieren sowie nach einiger Zeit wieder zu entfernen, um auf diese Weise illegal Daten von EC-Karten zu erlangen, die sodann auf leeren Kartenrohlingen (sog. White Plastics) abgespeichert werden sollten. Er ging mit den von ihm kontaktierten Angeklagten N. und P. auf das Angebot ein; alle drei lebten in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen und wollten auf die ihnen angetragene Art Geld verdienen. Im Januar 2010 reisten die Angeklagten nach Deutschland und erhielten in Dortmund die zur Tatbegehung erforderliche Ausrüstung sowie die Adressen mehrerer Bankinstitute. Die ihnen zu einem Teil vorab gezahlte, im Übrigen versprochene Entlohnung hätte in ih- rer Heimat für mehrere Monate zum Leben gereicht. Am frühen Morgen des 17. Januar 2010 montierte der Angeklagte B. die Skimming-Apparatur unter Mithilfe des Angeklagten N. an dem Geldautomaten einer Filiale der D. Bank AG in Duisburg; der Angeklagte P. blieb vor der Eingangstür und sicherte das Tun ab. Nachdem die Angeklagten den Geldautomaten einmal überprüft hatten, entfernten sie gegen Abend desselben Tages die angebrachten Geräte wieder. Mit Hilfe der auf diese Weise erlangten Daten wurden zumindest drei sog. White-Plastics für Maestro-Karten hergestellt; mit diesen hoben unbekannte Dritte an den beiden nächsten Tagen in Bukarest und Rom ca. 3.600 € Bargeld ab (Fall II. 1. der Urteilsgründe). In identischer Vorgehensweise manipulierten die Angeklagten am 19. Januar 2010 einen weiteren und am 23. Januar 2010 zwei weitere Geldautomaten. Die Manipulationen wurden jedoch jeweils entdeckt, bevor die Angeklagten die Daten erlangen und zur Herstellung der Falsifikate weitergeben konnten (Fälle II. 2. a) bis c) der Urteilsgründe).
3
I. Die rechtliche Würdigung dieses Geschehens durch das Landgericht hält sachlichrechtlicher Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
4
1. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts wird allerdings die Wertung der Strafkammer, die Angeklagten hätten sich im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen mittäterschaftlicher gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 152a Abs. 1 Nr. 1, § 152b Abs. 1, 2 und 4, § 25 Abs. 2 StGB) strafbar gemacht, von den Feststellungen getragen; diese belegen nicht lediglich jeweils eine Beihilfe zu dem genannten Delikt. Der Senat hat bislang in vergleichbaren Fällen die Annahme von Mittäterschaft durch die Tatgerichte gebilligt (vgl. etwa den insoweit nach § 349 Abs. 2 StPO ergangenen Beschluss vom 27. April 2010 - 3 StR 95/10). Dem widersprechende Entscheidungen der anderen Strafsenate des Bundesgerichtshofs sind nicht ersichtlich. Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass für eine andere Betrachtung; er weist auch keine Besonderheiten auf, die zu einem entgegenstehenden Ergebnis führen könnten. Im Einzelnen gilt:
5
a) Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Beitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass dieser als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein; Durchführung und Ausgang der Tat müssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbeteiligten maßgeblich auch von seinem Willen abhängen. Dabei deutet eine ganz untergeordnete Tätigkeit schon objektiv darauf hin, dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 23. Dezember 2009 - StB 51/09, NStZ 2010, 445, 447). Die Annahme von Mittäterschaft erfordert allerdings nicht in jedem Fall eine Mitwirkung am Kerngeschehen ; sie kann vielmehr auch durch eine nicht ganz untergeordnete Beteiligung an Vorbereitungshandlungen begründet werden, sofern der Tatbeitrag sich nicht als bloße Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der Tätigkeit aller darstellt (BGH, Urteile vom 26. April 1990 - 4 StR 143/90, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Tatherrschaft 4; vom 7. Mai 1996 - 1 StR 168/96, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 26).
6
b) Gemessen an diesen Maßstäben ist die Annahme von Mittäterschaft durch das Landgericht nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat die wesentlichen , für und gegen die Mittäterschaft sprechenden Gesichtspunkte erwogen und ohne Rechtsfehler gewichtet. Dabei ist von Belang, dass die Angeklagten zwar an der unmittelbaren Verwertung der von ihnen beschafften Daten zur Herstellung der Kartendubletten nicht beteiligt waren. Ihre Mitwirkung beschränkte sich vielmehr auf das Ausspähen und Weiterleiten der Daten und damit auf Handlungen im Vorfeld der eigentlichen Tatbestandsverwirklichung. Mit diesen leisteten sie jedoch - eingebunden in die Gesamtorganisation - einen besonders erheblichen objektiven Tatbeitrag; denn das Beschaffen der Daten war die unverzichtbare Voraussetzung für das weitere deliktische Vorgehen. Ohne die ausgespähten Daten hätten keine Dubletten hergestellt werden können. Anhaltspunkte dafür, dass die Beteiligten subjektiv den Beitrag der Angeklagten geringer einschätzten, lassen sich den Feststellungen nicht entnehmen. Nicht wesentlich für eine Beihilfe spricht auch, dass den Angeklagten - die in Deutschland nicht über nennenswerte Ortskenntnisse verfügten - die einzelnen Banken vorgegeben wurden. Ins Gewicht fällt vielmehr, dass sie vor Ort bezüglich des gesamten Ausspähens der Daten beim Einbau, der Kontrolle sowie dem Abbau der erforderlichen Geräte auf sich allein gestellt waren und damit über einen längeren Zeitraum jedenfalls teilweise durchaus komplexe, besondere Kenntnisse und Fähigkeiten erfordernde Handlungen zu verrichten hatten, die zudem für sie mit einem im Vergleich zu den übrigen Beteiligten besonderen Entdeckungsrisiko verbunden waren. Auch das Tatinteresse der Angeklagten war hoch; denn der Umfang der ihnen zum Teil gezahlten und im Übrigen versprochenen Entlohnung mag zwar nach herkömmlichen mitteleuropäischen Maßstäben eher gering erscheinen; das Entgelt hätte den Angeklagten jedoch in ihrer Heimat für mehrere Monate zum Leben genügt.
7
Der Angeklagte P. , der die Bankfiliale nicht betrat, sondern den Tatort und das Umfeld von außen beobachtete, um die Angeklagten B. und N. erforderlichenfalls warnen zu können, handelte ebenfalls als Mittäter. Das Landgericht hat insoweit ohne Rechtsfehler darauf abgestellt, dass der im Wege der Arbeitsteilung vorgenommene Tatbeitrag des Angeklagten P. als gewichtig einzuordnen ist. Die Absicherung durch ihn war eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die übrigen Angeklagten ihre längere Zeit in Anspruch nehmenden, aufgrund der Art der Tätigkeit sowie der räumlichen Situation mit einem hohen Risiko verbundenen Handlungen vornehmen konnten, ohne insbesondere beim Ein- und Ausbau der Apparatur jederzeit befürchten zu müssen, entdeckt zu werden. Der Angeklagte P. war nach der getroffenen Vereinbarung folgerichtig an der Entlohnung zu einem gleichen Anteil beteiligt wie die Angeklagten B. und N. ; sein Interesse an der Tat war deshalb entsprechend hoch.
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2. Die tateinheitliche Verurteilung wegen Ausspähens von Daten (§ 202a StGB) im Fall II. 1. der Urteilsgründe kann nicht bestehen bleiben. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfüllt das Auslesen der auf dem Magnetstreifen einer Zahlungskarte (EC-Karte) gespeicherten Daten mittels eines am Einzugslesegerät eines Geldautomaten angebrachten weiteren Lesegeräts nicht den Tatbestand des § 202a Abs. 1 StGB (BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 4 StR 93/09, NStZ 2010, 275; vom 6. Juli 2010 - 4 StR 555/09, BGHR StGB § 202a Ausspähen 1). Der Senat hat auf Anfrage des 4. Strafsenats (BGH, Beschluss vom 18. März 2010 - 4 StR 555/09, NStZ 2010, 509) seine frühere entgegenstehende Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - 3 StR 425/04, NStZ 2005, 566) aufgegeben (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2010 - 3 ARs 7/10).
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3. Die Feststellungen in den Fällen II. 2. a) bis c) der Urteilsgründe belegen lediglich die Verabredung der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in drei tateinheitlichen Fällen, nicht aber die versuchte Begehung des Delikts in drei Fällen; denn mit ihren jeweils gescheiterten Bemühungen, in den Besitz der Daten zu gelangen, setzten die Angeklagten noch nicht unmittelbar zur Verwirklichung des Tatbestands an.
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a) Ein derartiges unmittelbares Ansetzen liegt nur bei solchen Handlungen vor, die nach der Vorstellung des Täters in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen oder mit ihr in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum "Jetzt geht es los" überschreitet, es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht, wobei auf die strukturellen Besonderheiten der jeweiligen Tatbestände Bedacht zu nehmen ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. November 2007 - 5 StR 371/07, NStZ 2008, 409, 410).
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b) Danach ist das Stadium des Versuchs des gewerbs- und bandenmäßigen Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion erst dann erreicht , wenn der Täter vorsätzlich und in der tatbestandsmäßigen Absicht mit der Fälschungshandlung selbst beginnt. Das Anbringen einer SkimmingApparatur an einem Geldautomaten in der Absicht, durch diese Daten zu erlangen , die später zur Herstellung von Kartendubletten verwendet werden sollen, stellt demgegenüber lediglich eine Vorbereitungshandlung zur Fälschung von Zahlungskarten dar (BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 - 2 StR 439/09, NJW 2010, 623; Beschluss vom 14. September 2010 - 5 StR 336/10, NJW-Spezial 2010, 664).
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c) Diese könnte allenfalls durch § 152a Abs. 5, § 152b Abs. 5, § 149 StGB gesondert unter Strafe gestellt sein. Der Senat hat indes auf Antrag des Generalbundesanwalts den Vorwurf der Vorbereitung der Fälschung von Zahlungskarten , Schecks und Wechseln gemäß den § 154 Abs. 2, § 154a Abs. 2 StPO von der Strafverfolgung ausgenommen. Deshalb kann offen bleiben, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 149 Abs. 1 StGB tatsächlich vorliegen und ob der Rechtsprechung des 2. Strafsenats (BGH, Urteil vom 13. Ja- nuar 2010 - 2 StR 439/09, NJW 2010, 623, 624) und Teilen der Literatur (MünchKomm-StGB Erb, § 149 Rn. 10) gefolgt werden kann, wonach dieses Delikt gegenüber der Verbrechensverabredung nach § 30 Abs. 2, § 152a Abs. 1 Nr. 1, § 152b Abs. 1, 2 und 4 StGB zurücktritt (vgl. etwa Fischer, StGB, 58. Aufl., § 30 Rn. 18 einerseits: Zurücktreten des § 30 gegenüber § 149; § 149 Rn. 12 andererseits: Idealkonkurrenz möglich).
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d) Nach den Feststellungen haben die Angeklagten allerdings die Voraussetzungen der Verabredung der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion nach § 30 Abs. 2, § 152a Abs. 1 Nr. 1, § 152b Abs. 1, 2 und 4 StGB verwirklicht, indem sie eine von ihrem ernstlichen Willen getragene Vereinbarung trafen, an der Verwirklichung bestimmter Verbrechen mittäterschaftlich mitzuwirken.
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Dabei liegt hier eine Verabredung der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in drei tateinheitlichen Fällen vor; denn die Angeklagten haben nach den Feststellungen lediglich eine Verabredung getroffen, mithin nur eine Tathandlung begangen. Demgegenüber kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, dass diese Verabredung sich auf die Begehung mehrerer - im Falle ihrer Verwirklichung in Tatmehrheit stehender - Verbrechen bezog. Die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses zwischen verschiedenen Straftaten richtet sich - auch bei der Mitwirkung mehrerer Tatbeteiligter - für jeden Beteiligten allein danach, welche Tathandlungen er im Hinblick auf die jeweilige Tat vorgenommen hat; dies gilt unabhängig davon , ob die einzelne Tat nur verabredet, versucht oder vollendet worden ist, und in welcher Form der jeweilige Tatbeteiligte an ihr mitgewirkt hat.
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So ist im Falle der Mittäterschaft der Umfang des Tatbeitrags bzw. der Tatbeiträge jedes Mittäters maßgeblich. Erbringt er im Vorfeld oder während des Laufs einer Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder je mehrere Einzeldelikte seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm die je gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen , da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, NJW 2004, 2840, 2841; Beschlüsse vom 29. April 2008 - 4 StR 125/08, NStZ-RR 2008, 275; vom 19. August 2010 - 3 StR 221/10). Fördert der Gehilfe durch eine Beihilfehandlung mehrere rechtlich selbstständige Haupttaten eines oder mehrerer Haupttäter, so ist nur eine Beihilfe im Rechtssinne gegeben (BGH, Beschluss vom 4. März 2008 - 5 StR 594/07, NStZ-RR 2008, 168, 169). Auch bei der Anstiftung kommt es für die Frage der Konkurrenz auf die Einheitlichkeit der Handlung des Anstifters an; deshalb ist die Anstiftung mehrerer Personen zu jeweils selbstständigen Delikten als tateinheitlich zu werten, wenn sie durch dieselbe Handlung begangen wird (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 26 Rn. 19).
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Es besteht kein Anlass, von diesen Grundsätzen bei der Verabredung von Verbrechen nach § 30 Abs. 2 StGB abzuweichen. Dadurch, dass die Angeklagten durch die in der Verabredung liegende einheitliche Handlung die Begehung mehrerer - nach den Feststellungen jedenfalls dreier - Verbrechen vereinbart haben, haben sie das Delikt nach § 30 Abs. 2 StGB in gleichartiger Idealkonkurrenz verwirklicht. Der Senat hat dies zur gebotenen Klarstellung in der Urteilsformel kenntlich gemacht (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 260 Rn. 26).
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Der Senat ist an dieser Entscheidung nicht durch die Rechtsprechung des 2. Strafsenats gehindert. Zwar soll sich nach dessen Ansicht bei der Verabredung von Verbrechen nach § 30 Abs. 2 StGB die Beurteilung der Konkurrenzen nach dem Verhältnis der vereinbarten und später zu begehenden Taten, hier demnach der Verbrechen der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion, richten (BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 - 2 StR 439/09, NJW 2010, 623, 624; zweifelnd Fischer aaO § 30 Rn. 16). Diese Rechtsauffassung trägt indes das genannte Urteil nicht; denn der 2. Strafsenat ist im konkreten Fall nach dem Grundsatz in dubio pro reo ebenfalls von einer tateinheitlichen Begehung der in Aussicht genommenen Verbrechen nach § 152b Abs. 2 StGB ausgegangen und damit zu demselben Ergebnis gelangt, das sich ergeben hätte, wenn er auf die Einheitlichkeit der Verabredung und damit der Tathandlung abgestellt hätte.
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II. Es ist auszuschließen, dass ein neues Tatgericht weitergehende Feststellungen treffen kann. Der Senat ändert deshalb den jeweiligen Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO ab. Dem steht § 265 StPO nicht entgegen; die geständigen Angeklagten hätten sich gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.
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III. Der Wegfall der tateinheitlichen Verurteilung wegen Ausspähens von Daten im Fall II. 1. der Urteilsgründe sowie die Umstellung des Schuldspruchs in den Fällen II. 2. a) bis c) der Urteilsgründe bedingen die Aufhebung der Ein- zel- und der Gesamtstrafen. Die zum jeweiligen Strafausspruch rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen werden hiervon nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, insoweit ergänzende Feststellungen zu treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen. Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Wer eine der in § 152a Abs. 1 bezeichneten Handlungen in Bezug auf Zahlungskarten mit Garantiefunktion begeht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(4) Zahlungskarten mit Garantiefunktion im Sinne des Absatzes 1 sind Kreditkarten und sonstige Karten,

1.
die es ermöglichen, den Aussteller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen, und
2.
durch Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind.

(5) § 149, soweit er sich auf die Fälschung von Geld bezieht, und § 150 gelten entsprechend.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.