Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 122/12
vom
6. September 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Brandstiftung u.a.
hier: Ablehnungsanträge wegen Besorgnis der Befangenheit
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. September 2012 beschlossen
:
1. Die Befangenheitsanträge des Angeklagten vom 5. Juli 2012
gegen Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann sowie die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Berger und Dr. Eschelbach und Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott werden als unzulässig verworfen.
2. Die Befangenheitsanträge des Angeklagten vom 5. Juli 2012
gegen die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer,
Dr. Appl, Prof. Dr. Schmitt und Prof. Dr. Krehl werden als
unbegründet zurückgewiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht Erfurt hat den Angeklagten mit Urteil vom 2. Dezember 2011 wegen schwerer Brandstiftung und anderem zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und angeordnet, dass vier Monate dieser Strafe als vollstreckt gelten. Gegen das Urteil hat Rechtsanwalt O. als Verteidiger des Angeklagten Revision eingelegt und diese mit der (ausgeführten) Sachrüge begründet. Zur Entscheidung über die Revision ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs dessen Spruchgruppe 1 berufen, der neben dem Vorsitzenden die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer, Dr. Appl, Prof. Dr. Schmitt und Prof. Dr. Krehl angehören.
2
In einer auf den 12. Juni 2012 datierten dienstlichen Erklärung gemäß § 30 StPO wies Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl auf "Ereignisse" hin, die nach einer von ihm am 4. April 2012 zu anderen Befangenheitsanträgen abgegebenen dienstlichen Erklärung eingetreten seien und "im Zusammenhang mit der Rechtsprechungsänderung des 2. Strafsenats zum Umgang mit der nicht ordnungsgemäßen Besetzung des Senats" stünden. Ferner fügte er eine von ihm verfasste, auf den 31. Mai 2012 datierte dienstliche Erklärung bei und ergänzte die eingereichten Schreiben mit einer dienstlichen Erklärung vom 26. Juni 2012. Auf diese Erklärungen wird Bezug genommen.
3
Mit Schriftsatz vom 5. Juli 2012 rügte der Verteidiger des Angeklagten "die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts hinsichtlich des an der Entscheidung beteiligten Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann" und lehnte mit Schriftsatz vom selben Tag neben diesem die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer, Dr. Appl, Prof. Dr. Schmitt, Dr. Berger, Prof. Dr. Krehl und Dr. Eschelbach sowie die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung verwies er auf die in den dienstlichen Erklärungen von Prof. Dr. Krehl wiedergegebenen Geschehnisse , "die ein hohes Interesse des Präsidiums des Bundesgerichtshofs sowie auch der Dienstvorgesetzten der an der Entscheidungsfindung im 2. Strafsenat beteiligten Richter daran [dokumentiere], dass die ursprünglich vom Senat vertretene Rechtsansicht zur Besetzung des Senats aufgegeben bzw. zurückgestellt wird und dass an dieser geänderten Rechtsansicht nach den im 08.02.2012 verkündeten Urteil geschehenen Änderungen der Rechtsan- sicht festgehalten wird. … Insbesondere der Umstand, dass das Präsidium des Bundesgerichtshofs am 18.01.2012 die Mitglieder des 2. Strafsenats angehört hat und dass nach dieser Anhörung eine Anpassung der Rechtsansicht durch Mitglieder des 2. Strafsenats erfolgte, begründet die Besorgnis der Befangenheit der jeweiligen Richter". Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Verteidigers des Angeklagten vom 5. Juli 2012 Bezug genommen.
4
Mit Beschluss vom 4. Juli 2012 stellte der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs zu der dienstlichen Erklärung gemäß § 30 StPO fest, dass kein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl zu rechtfertigen.
5
Nach Erhebung einer weiteren, auf Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Becker bezogenen Besetzungsrüge lehnte der Verteidiger des Angeklagten nunmehr auch die an dem Beschluss vom 4. Juli 2012 beteiligten Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab.
6
Die mit Schriftsatz vom 5. Juli 2012 abgelehnten Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Prof. Dr. Schmitt, Dr. Berger, Prof. Dr. Krehl sowie Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott haben - nachdem der Senat "keine Bedenken gegen die Zulässigkeit" der Befangenheitsanträge hatte - dienstliche Erklärungen abgegeben; Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer hat in einer Erklärung vom 26. Juli 2012 mitgeteilt, dass er derzeit keine dienstliche Erklärung abgebe, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Eschelbach hat mit einem "Vermerk" seine Antragsschrift an das Dienstgericht des Bundes vom 31. Mai 2012 vorgelegt. Auf diese Erklärungen bzw. den Vermerk (mit Anlage) wird verwiesen.
7
Der Verteidiger des Angeklagten hat mitgeteilt, dass er keine weitere Stellungnahme abgebe. Der Generalbundesanwalt sieht keinen Grund, der geeignet sein könnte, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu rechtfertigen.
8
1. Die Ablehnungsanträge gegen Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann sowie die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Berger und Dr. Eschelbach sowie die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott sind unzulässig.
9
Die vom Antragsteller besorgte Befangenheit der abgelehnten Richter bezieht sich, wie sich aus der Antragsbegründung und dem zeitlichen Ablauf der von ihm eingereichten Schriftsätze ergibt, auf die anstehende Sachentscheidung des Bundesgerichtshofs, also auf die "Entscheidungsfindung" über die Revision des Angeklagten. An dieser Entscheidung wird Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann infolge Eintritts in den Ruhestand, der mit Ablauf des 30. Juni 2012 erfolgt ist, nicht mitwirken; insofern besteht auch kein berechtigtes fortwirkendes Interesse an der sachlichen Verbescheidung des Antrags. Richter am Bundesgerichtshof Dr. Berger und Dr. Eschelbach sowie Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott gehören der zur Entscheidung über das Rechtsmittel des Angeklagten berufenen Spruchgruppe 1 des 2. Strafsenats nicht an. Hinsichtlich dieser Richter gehen die Ablehnungsgesuche daher ins Leere (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 1994 - 3 ARs 41/93, BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 6; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 24 Rn. 2 mwN). Die vom Antragsteller vorgebrachten Ablehnungsgründe sind mithin zur Begründung einer Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet; dies führt zur Unzulässigkeit dieser Ablehnungsanträge (vgl. § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO; BVerfG, Beschluss vom 31. August 2011 - 2 BvR 1979/08; BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2009 - 3 StR 367/09, NStZ 2010, 401, jeweils mwN).
10
Die Unzulässigkeit kann auch der nach § 27 StPO zur Entscheidung berufene Spruchkörper feststellen (BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 - 4 StR 461/08; KK-Fischer, StPO, 6. Aufl., § 27 Rn. 5, 14; Meyer-Goßner aaO, § 27 Rn. 9 jeweils mwN).
11
2. Auch im Übrigen haben die Ablehnungsanträge keinen Erfolg.
12
a) Grundlage der Entscheidung des Senats ist der Schriftsatz des Verteidigers des Angeklagten vom 5. Juli 2012.
13
Der zur Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch berufene Spruchkörper darf bei seiner Entscheidung nur diejenigen Gründe berücksichtigen, die in dem Antrag innerhalb des von § 25 StPO vorgegebenen zeitlichen Rahmens geltend gemacht worden sind (Radtke/Hohmann/Alexander, § 27 StPO Rn. 12; Meyer-Goßner aaO, § 27 Rn. 9 jeweils mwN). Dies belegen § 25 Abs. 1 Satz 2 StPO, wonach der Antragsteller alle Ablehnungsgründe gleichzeitig vorzubringen hat, § 26 Abs. 2 Satz 1 StPO, der deren Glaubhaftmachung fordert, und insbesondere § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO, nach dem ein Ablehnungsantrag als unzulässig zu verwerfen ist, wenn ein Ablehnungsgrund nicht angegeben ist (vgl. auch KK-Fischer aaO, § 26 Rn. 3; dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. September 1971 - 5 StR 232/71, JR 1972, 119 m. abl. Anm. Peters, liegt insofern eine besondere, vorliegend nicht gegebene Fallgestaltung zugrunde).
14
Soweit in den im vorliegenden Verfahren erholten dienstlichen Erklärungen der abgelehnten Richter, der stattdessen von Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer vorgelegten Erklärung sowie dem Vermerk (nebst Anlage) von Richter am Bundesgerichtshof Dr. Eschelbach neue oder andere Umstände vorgebracht wurden, als sie der Antragsteller geltend gemacht hat, müssen sie daher unberücksichtigt bleiben (vgl. auch Peters JR 1972, 119, 121; KK-Fischer aaO, § 26a Rn. 5; Radtke/Hohmann/Alexander, § 26 StPO Rn. 4 mwN).
15
b) Auf dieser Grundlage sind die Ablehnungsanträge gegen Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer, Dr. Appl, Prof. Dr. Schmitt und Prof. Dr. Krehl - wie auch die bereits unzulässigen Befangenheitsanträge - unbegründet.
16
aa) Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG garantiert, dass der Rechtsuchende im Einzelfall vor einem Richter steht, der unabhängig und unparteilich ist und der die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet (BVerfG, Beschlüsse vom 13. Mai 2009 - 2 BvR 247/09; vom 26. Juni 2008 - 2 BvR 2067/07 jeweils mwN). Der Gesetzgeber hat deshalb in materieller Hinsicht Vorsorge dafür zu treffen, dass die Richterbank im Einzelfall nicht mit Richtern besetzt ist, die dem zur Entscheidung anstehenden Streitfall nicht mit der erforderlichen professionellen Distanz eines Unbeteiligten und Neutralen gegenüberstehen (BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2010 - 1 BvR 96/10, NZS 2011, 92 mwN). Dem dienen die Regelungen in §§ 22 ff. StPO (vgl. KK-Fischer aaO, § 22 Rn. 1; Meyer-Goßner aaO, Vor § 22 Rn. 1 jeweils mwN).
17
Befangenheit ist mithin ebenso wie die Unparteilichkeit auf den konkret zu entscheidenden Fall bezogen (vgl. EGMR, Urteile vom 12. Juni 2008 - 26771/03 [E. ./. Deutschland], EuGRZ 2009, 12, 15; vom 10. August 2006 - 75737/01 [Sch. ./. Deutschland], NJW 2007, 3553, 3554); sie bezieht sich auf die innere Haltung des Richters zum Verfahrensgang und zum Ausgang des betreffenden Verfahrens (vgl. etwa BGH, Urteil vom 12. November 2009 - 4 StR 275/09, NStZ 2010, 342, mwN; KK-Fischer aaO, § 24 Rn. 3).
18
bb) Hieraus ergibt sich, dass die Befangenheitsanträge offensichtlich unbegründet sind, soweit mit ihnen auf Entscheidungen des Präsidiums des Bundesgerichtshofs zur Besetzung des 2. Strafsenats abgestellt wird. Etwaige Besetzungsfehler können als solche nicht den Vorwurf der Befangenheit begründen , sondern allenfalls mit einer Besetzungsrüge beanstandet werden.
19
cc) Völlig ungeeignet zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit sind aber auch Erwägungen, die allein darauf abstellen, dass der 2. Strafsenat seine Rechtsansicht zu seiner ordnungsgemäßen Besetzung bzw. den sich daraus ergebenden Folgen (Aussetzung oder Weiterführung des Verfahrens) geändert hat. Neue oder bessere Rechtserkenntnis kann für sich eine Befangenheit nicht begründen.
20
dd) Erfolglos sind die Befangenheitsanträge indes ebenfalls, soweit mit ihnen geltend gemacht bzw. in den Raum gestellt wird, die "Anpassung der Rechtsansicht" zur Ordnungsmäßigkeit der Besetzung des 2. Strafsenats bzw. den sich daraus ergebenden Folgen stehe in Zusammenhang mit der Anhörung durch das Präsidium des Bundesgerichtshofs vom 18. Januar 2012 und einem "bedenklichen Umgang mit Richtern, die [zur Ordnungsmäßigkeit der Besetzung bzw. deren Folgen] eine Mindermeinung vertreten" und an ihr festhalten, etwa durch die Einsichtnahme des Präsidenten des Bundesgerichtshofs in ein Senatsheft und damit auch in die in diesem Senatsheft befindlichen dienstlichen Erklärungen abgelehnter Richter am Bundesgerichtshof.
21
Auch nach den dienstlichen Erklärungen von Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl, auf die der Verteidiger des Angeklagten die Befangenheitsanträge stützt, wurde mit oder während der Anhörung durch das Präsidium des Bundesgerichtshofs am 18. Januar 2012 bzw. nach der Einsichtnahme des Präsidenten des Bundesgerichtshofs in ein Senatsheft kein "Druck" ausgeübt, der sich in irgendeiner Weise auf Entscheidungen des 2. Strafsenats in der Sache , also über den Erfolg oder Misserfolg der Rechtsmittel der bei diesem Senat anhängigen oder anhängig werdenden Verfahren, bezog. Vielmehr ging es - nach diesen dienstlichen Erklärungen - bei der Anhörung durch das Präsidium um den Beschluss des 2. Strafsenats vom 11. Januar 2012, in dem die Revisionshauptverhandlung ausgesetzt worden war, um dem Präsidium Gelegenheit zu geben, die Besetzung dieses Senats mit dem "Doppelvorsitz" zu ändern, und die sich aus dieser Entscheidung ergebenden Folgen. Die vom Antragsteller besorgte "Anpassung der Rechtsansicht" ist im Urteil des 2. Strafsenats vom 8. Februar 2012 ausdrücklich jedoch nicht in Bezug auf die Frage der ordnungsgemäßen Besetzung, sondern allein in Bezug darauf erfolgt, dass mit Rücksicht darauf, dass es andernfalls zu einem partiellen Stillstand der Rechtspflege käme , den beim Senat anhängigen Revisionen Fortgang gegeben werden soll, um dem Gebot der Rechtsschutzgewährung Rechnung zu tragen. Bei einer solchen , den Interessen eines Angeklagten entsprechenden "Anpassung der Rechtsansicht" hat ein vernünftiger Angeklagter - der bei einem von ihm oder für ihn gestellten Ablehnungsantrag den Maßstab für die Prüfung der Besorgnis der Befangenheit setzt - keine Gründe zu besorgen, dass die Richter ihm bei der Entscheidung über seine Revision nicht mit der gebotenen Neutralität und Distanz gegenübertreten. Dies gilt auch, soweit im Urteil vom 8. Februar 2012 weiter ausgeführt ist, dass "die richterliche Unabhängigkeit nach Art. 97 Abs. 1 GG partiell zurückstehen" müsse und der Senat "nach der Entscheidung des Präsidiums gehalten" sei, "in seiner Meinung nach verfassungswidriger Besetzung zu entscheiden". Diese Ausführungen belegen, dass auch nach Ansicht des dortigen Spruchkörpers die richterliche Unabhängigkeit gerade nicht in Bezug auf die Sachentscheidung über das Rechtsmittel des Revisionsführers be- troffen war, sondern durch eine vermeintlich verfassungswidrige Besetzung aufgrund des Geschäftsverteilungsplans des Bundesgerichtshofs. Eine solche lag indes nicht vor. Vielmehr hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 23. Mai 2012 (2 BvR 610/12 und 625/12, NJW 2012, 2334) entschieden, dass die Besetzung des 2. Strafsenats mit Vorsitzendem Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann nicht verfassungswidrig war und dabei auch festgestellt, dass eine unabhängigkeitsbeeinträchtigende Einflussnahme auf die angehörten Richter bei der Anhörung auszuschließen sei.
22
ee) Hinzu kommt, dass Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Prof. Dr. Schmitt und Dr. Berger - wie auch Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer - am 18. Januar 2012 vom Präsidium des Bundesgerichtshofs gar nicht angehört wurden, so dass auf sie dort jedenfalls unmittelbar nicht im Sinne der vom Antragsteller besorgten "Anpassung der Rechtsansicht" eingewirkt worden sein kann. Zudem haben - wie sich ebenfalls aus den dienstlichen Stellungnahmen ergibt - Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl und Prof. Dr. Schmitt weder an der Entscheidung des 2. Strafsenats vom 11. Januar 2012 (zur Aussetzung eines Verfahrens wegen nicht ordnungsgemäßer Besetzung des Senats) noch an der vom 8. Februar 2012 (zur Fortsetzung dieses Verfahrens), Richter am Bundesgerichtshof Dr. Berger lediglich an der Entscheidung vom 8. Februar 2012 (nicht aber an der vom 11. Januar 2012) und Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott nur an der vom 11. Januar 2012 (nicht aber an der vom 8. Februar 2012) mitgewirkt, so dass bei diesen die Annahme einer "Anpassung ihrer Rechtsansicht" lediglich eine nicht belegte Spekulation darstellt, mithin zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit ungeeignet ist.
23
Es liegen daher für einen vernünftig urteilenden Angeklagten keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Besorgnis vor, dass es den abgelehnten Richtern bei der Sachentscheidung über sein am 23. März 2012 beim Bundesgerichtshof eingegangenes Rechtsmittel an der erforderlichen Neutralität und Distanz fehlt.
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ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Sept. 2012 - 2 StR 122/12

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Das für die Erledigung eines Ablehnungsgesuchs zuständige Gericht hat auch dann zu entscheiden, wenn ein solches Gesuch nicht angebracht ist, ein Richter aber von einem Verhältnis Anzeige macht, das seine Ablehnung rechtfertigen könnte, oder wenn aus anderer Veranlassung Zweifel darüber entstehen, ob ein Richter kraft Gesetzes ausgeschlossen ist.

(1) Das Gericht verwirft die Ablehnung eines Richters als unzulässig, wenn

1.
die Ablehnung verspätet ist,
2.
ein Grund zur Ablehnung oder ein Mittel zur Glaubhaftmachung nicht oder nicht innerhalb der nach § 26 Absatz 1 Satz 2 bestimmten Frist angegeben wird oder
3.
durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen.

(2) Das Gericht entscheidet über die Verwerfung nach Absatz 1, ohne daß der abgelehnte Richter ausscheidet. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 3 bedarf es eines einstimmigen Beschlusses und der Angabe der Umstände, welche den Verwerfungsgrund ergeben. Wird ein beauftragter oder ein ersuchter Richter, ein Richter im vorbereitenden Verfahren oder ein Strafrichter abgelehnt, so entscheidet er selbst darüber, ob die Ablehnung als unzulässig zu verwerfen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 367/09
vom
17. Dezember 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Urkundenfälschung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 17. Dezember 2009 gemäß § 349
Abs. 4, § 206 a Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten K. und N. wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte N. unter III. A II 9 der Urteilsgründe wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten N. der Staatskasse zur Last,
b) das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 17. März 2009, soweit es die Angeklagten K. und N. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten K. und N. wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug in zehn (K. ) beziehungsweise acht (N. ) Fällen, wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Computerbetrug in jeweils fünf Fällen, wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug in jeweils sechs Fällen, wegen Diebstahls in zwei (K. ) beziehungsweise sieben (N. ) Fällen, wegen versuchten Diebstahls in jeweils zwei Fällen sowie jeweils wegen Missbrauchs von Ausweispapieren und wegen des (gewerbsmäßigen) Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen zu Gesamtfreiheitsstrafen von jeweils sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Rechtsmittel führen in einem Fall zur Einstellung des Verfahrens gegen den Angeklagten N. und haben im Übrigen mit einer Verfahrensrüge Erfolg. Auf die Sachrügen kommt es daher nicht mehr an.

I.


2
Die Revision des Angeklagten N. führt zur Einstellung des Verfahrens , soweit er im Fall III. A II 9 der Urteilsgründe wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug verurteilt worden ist. Es fehlt in diesem Fall an der Verfahrensvoraussetzung der Anklageerhebung. Mit der insoweit unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage vom 22. Juni 2008 war lediglich dem Angeklagten K. und nicht (auch) N. unter A II 9 zur Last gelegt worden, einen unechten Überweisungsträger zu Lasten der Katholischen Kirchengemeinde St. A. erstellt zu haben.
3
Dass dem Angeklagten N. unter A I 1 aa. e. der Anklage der Diebstahl desjenigen Überweisungsträgers zur Last gelegt wurde, der als Vorlage für den im Fall A II 9 erstellten und verwendeten Überweisungsträger diente, dehnt den Verfolgungswillen der Staatsanwaltschaft nicht auf die zu einer anderen Tatzeit an einem anderen Tatort begangene Urkundenfälschung aus. Dem neuen Tatrichter ist durch die Teileinstellung allerdings nicht die Prüfung verwehrt , ob die Entwendung des Originalüberweisungsträgers gegebenenfalls nicht (nur) als Diebstahl sondern (auch) als - (mit-)täterschaftlich zurechenbare - Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug oder zumindest als Beihilfe hierzu zu bewerten ist.

II.


4
Im Übrigen ist das Urteil mit den Feststellungen auf die Verfahrensrüge nach § 338 Nr. 3 StPO hin aufzuheben, da bei der Urteilsfindung Richter mitgewirkt haben, die ein gegen sie gerichtetes Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit zu Unrecht gemäß § 26 a Abs. 1 Nr. 1 und 2 StPO als unzulässig verworfen haben.
5
1. Der Verfahrensrüge liegt folgendes Prozessgeschehen zugrunde:
6
Nach 18 Verhandlungstagen erließ das Landgericht am 26. Februar 2009 gegen den Mitangeklagten Na. , der der Hauptverhandlung mehrfach unentschuldigt ferngeblieben war, einen Haftbefehl nach § 230 StPO und trennte das Verfahren gegen ihn ab. Nachdem Na. zum nächsten Sitzungstag am 4. März 2009, einem Mittwoch, wieder erschienen war, eröffnete ihm die Kammer außerhalb der Hauptverhandlung in Abwesenheit der beiden Angeklagten K. und N. zunächst einen am 3. März 2009 erlassenen weiteren Haftbefehl, bevor es die getrennten Verfahren wieder verband und die Hauptverhandlung gegen alle Angeklagten gemeinsam fortsetzte. Auf Antrag erhielten die Verteidigerinnen der Angeklagten K. und N. im Laufe des Sitzungstages eine Kopie des Haftbefehls vom 3. März 2009 gegen Na. ausgehändigt, den sie wegen des Fortgangs der Sitzung an diesem Tag sowie wegen anderweitiger Termine in anderen Strafsachen an den Folgetagen erst am späten Nachmittag des 6. März 2009, einem Freitag, zur Kenntnis nahmen. Aufgrund eingeschränkter Besuchszeiten in der Untersuchungshaft unterrichteten die Verteidigerinnen die Angeklagten erst am Nachmittag des darauf folgenden Montags, den 9. März 2009, telefonisch vom Inhalt des Haftbefehls. Nachdem beide Angeklagte aufgrund des Inhalts und der Formulierungen des Haftbefehls gegen Na. befürchteten, die Berufsrichter seien bereits von ihrer Schuld überzeugt, beauftragten sie ihre Anwältinnen umgehend mit der Anbringung eines Ablehnungsgesuchs. Die von beiden Verteidigerinnen inhaltsgleich angebrachten Ablehnungsgesuche legten auf neun Seiten dar, dass die Angeklagten wegen verschiedener Formulierungen des Haftbefehls gegen Na. im Indikativ und wegen mit dem bisherigen Beweisergebnis nicht übereinstimmender Angaben zur Höhe der entstandenen Schäden sowie zu einem Alibi des Angeklagten K. eine Voreingenommenheit der Berufsrichter besorgten. Die Ablehnungsgesuche gingen am Abend des 9. März 2009 bei Gericht ein und wurden von der Kammer unmittelbar vor der Fortsetzung der Hauptverhandlung am 10. März 2009 zur Kenntnis genommen.
7
Mit Beschluss vom 10. März 2009 hat die Kammer die Ablehnungsgesuche durch die drei abgelehnten Berufsrichter als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Zum einen seien die Ablehnungsgesuche nicht unverzüglich und damit verspätet geltend gemacht worden (§ 26 a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 25 Abs. 2 Nr. 2 StPO), weil die Verteidigerinnen den Haftbefehl nicht bereits am Tag der Hauptverhandlung vom 4. März 2009 zur Kenntnis genommen und mit den Angeklagten erörtert hätten. Jedenfalls hätten die beiden Verteidigerinnen das Ablehnungsgesuch deutlich früher als am Abend des 9. März 2009 anbringen müssen. Der geltend gemachte Grund für die späte Kenntnisnahme, eine Verhinderung durch andere Strafverfahren, sei unzureichend. Zum anderen seien die Ablehnungsanträge auch deshalb unzulässig, weil die vorgebrachte Begründung aus zwingenden rechtlichen Gründen völlig ungeeignet sei und damit der Ablehnung ohne Angabe eines Grundes (§ 26 a Abs. 1 Nr. 2 StPO) gleichstehe.
8
2. Dies beanstanden die Beschwerdeführer mit Recht.
9
a) Die Verfahrensrüge, mit der die auf zwei Verwerfungsgründe (§ 26 a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StPO) gestützte Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs erkennbar in vollem Umfang und nicht nur hinsichtlich des Verwerfungsgrundes der verspäteten Anbringung (§ 26 a Abs. 1 Nr. 1 StPO) angegriffen wird, ist zulässig erhoben.
10
b) Die Rüge ist auch begründet. Die Kammer durfte die Ablehnungsgesuche nicht mit den angegebenen Begründungen als unzulässig verwerfen.
11
aa) Nach § 25 Abs. 2 Nr. 2 StPO ist die Ablehnung eines Richters nach der Vernehmung des ersten Angeklagten zur Person nur noch zulässig, wenn die Umstände, auf die die Ablehnung gestützt wird, dem zur Ablehnung Berechtigten erst später bekannt geworden sind und die Ablehnung unverzüglich geltend gemacht wird. Bei der Frage, ob die Ablehnung unverzüglich angebracht wurde, ist allein der Zeitpunkt der Kenntnis des ablehnungsberechtigten Angeklagten von den dem Ablehnungsgesuch zu Grunde liegenden Tatsachen maßgeblich. Eine etwaige schuldhafte verspätete Kenntnisnahme dieser Tatsachen durch den Verteidiger wird dem Angeklagten nicht zugerechnet (vgl. BGHSt 37, 264, 265; BGH bei Becker NStZ-RR 2007, 129: offen gelassen, ob hieran festzuhalten ; Fischer in KK 6. Aufl. § 25 Rdn. 7; Siolek in Löwe/Rosenberg, 26. Aufl. § 25 Rdn. 22). Da beide Angeklagte erst am 9. März 2009 vom Inhalt des Haftbefehls gegen Na. durch ihre Verteidigerinnen unterrichtet wurden und diese dann umgehend mit der Anbringung eines Ablehnungsgesuchs beauftragten, waren die sodann am gleichen Tag außerhalb der Hauptverhandlung eingegangenen Anträge nicht verspätet.
12
bb) Nach § 26 a Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. StPO kann das Gericht ein Ablehnungsgesuch als unzulässig verwerfen, wenn ein Grund zur Ablehnung nicht angegeben wird. Dem Fehlen einer Begründung wird - verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG NJW 2005, 3410, 3412; 2006, 3129) - der Fall gleichgestellt, dass die Begründung aus zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist (BGH NStZ 1999, 311; 2006, 644, 645 m. w. N.). Bei der Prüfung, ob die für eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit vorgebrachte Begründung in dem genannten Sinne völlig ungeeignet ist, muss wegen des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) allerdings ein strenger Maßstab angelegt werden (BGH NJW 2005, 3434, 3435; NStZ 2006, 644, 645 m. w. N.). Entscheidend für die Abgrenzung zu "offensichtlich unbegründeten" Ablehnungsgesuchen , die von § 26 a Abs. 1 Nr. 2 StPO nicht erfasst und damit nach § 27 StPO zu behandeln sind, ist die Frage, ob das Ablehnungsgesuch ohne nähere Prüfung und losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalls zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet ist. Über diese bloß formale Prüfung hinaus dürfen sich abgelehnte Richter nicht durch Mitwirkung an einer näheren inhaltlichen Prüfung der Ablehnungsgründe im Rahmen von Entscheidungen nach § 26 a Abs. 1 Nr. 2 StPO zu "Richtern in eigener Sa- che" machen (BGH NJW 2006, 2864, 2866). Im Zweifel ist einem Vorgehen nach § 27 StPO der Vorzug zu geben (BVerfG NJW 2006, 3129, 3131; Siolek aaO § 26 a Rdn. 7).
13
Nach diesen Kriterien unbedenklich ist die Verwerfung eines Ablehnungsgesuchs , das lediglich damit begründet wird, der Richter sei mit der zur Aburteilung stehenden Tat bereits in einem anderen Verfahren befasst gewesen (BGHSt 50, 216, 221; BGH NJW 2006, 2864, 2866). Da eine solche Vorbefassung vom Gesetz vorgesehen ist, kann sie als solche die Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich nicht begründen, so dass die nur auf diese Tatsache gestützte Ablehnung ohne inhaltliche Prüfung als unzulässig nach§ 26 a Abs. 1 Nr. 2 StPO verworfen werden kann (BGHSt 50, 216, 221; BGH NJW 2006, 2864, 2866). Anders verhält es sich dagegen in Fällen, in denen weitere Umstände hinzutreten, die über die Tatsache der bloßen Vorbefassung als solcher und die damit notwendig verbundenen inhaltlichen Äußerungen hinausgehen.
14
So liegt es hier. Das Ablehnungsgesuch stützte sich auf den im Haftbefehl verwandten Indikativ in Bezug auf die Tatbeiträge der Angeklagten sowie auf die als feststehend formulierten Sachverhaltsschilderungen, insbesondere im Hinblick auf die Höhe der entstandenen Schäden sowie auf ein Alibi des Angeklagten K. . Ein in dieser Weise detailliert begründetes Ablehnungsgesuch kann nicht mit einem nicht begründeten Ablehnungsgesuch gleichgesetzt werden. Zwar enthalten die Ausführungen im Haftbefehl gegen Na. keine unsachlichen Werturteile über die Angeklagten (vgl. BGHSt 50, 216, 221 f.), jedoch steht die Entscheidung darüber, ob die Angeklagten K. und N. nach Kenntnis von deren Inhalt bei verständiger Würdigung davon ausgehen konnten, die Richter seien von ihrer Schuld bereits endgültig überzeugt, nicht den abgelehnten Richtern selbst zu. Eine sachliche Entscheidung über die Ablehnungsanträge hätte vielmehr nach § 27 StPO ohne die abgelehnten Richter unter Berücksichtigung ihrer dienstlichen Stellungnahmen (§ 26 Abs. 3 StPO) getroffen werden müssen. Ob das Ablehnungsgesuch in der Sache begründet war, ist ohne Bedeutung (BVerfG NJW 2006, 3129, 3133), weil nicht die gesetzlichen Richter entschieden haben.

III.


15
Im Hinblick darauf, dass bei einer Vielzahl der Taten Bedenken gegen die Beweiswürdigung, die rechtliche Würdigung und gegen die Strafzumessung bestehen, sieht sich der Senat zu folgenden Hinweisen veranlasst.
16
1. In den Fällen, in denen das Landgericht keine eigenen Tathandlungen der Angeklagten sicher feststellen konnte, weil es nicht auszuschließen vermochte , dass neben oder an Stelle der Angeklagten weitere Beteiligte an den Taten mitwirkten, tragen die getroffenen Feststellungen eine (mit-)täterschaftliche Begehung durch die Angeklagten nicht. Sofern ungeklärt blieb, wer das Empfängerkonto unter falschem Namen eröffnete, wer Überweisungsträger entwendete, wer gefälschte neue Überweisungsträger fertigte, wer diese Überweisungsträger einwarf und wer die auf dem Empfängerkonto eingegangenen Gelder abhob, kann auch die einleitende allgemeine Feststellung des Landgerichts, dass "die Angeklagten […] entsprechend der im Gesamtsystem generell abgesprochenen arbeitsteiligen Vorgehensweise bei jeder einzelnen Tat Handlungen […] selbst ausführten, die für die Tatausführung und/oder - vorbereitung wichtig und maßgeblich waren, wenn auch im einzelnen unklar geblieben ist, welche das waren", eine (Mit-)täterschaft der Angeklagten nicht begründen. Vielmehr gilt Folgendes:
17
Schließen sich mehrere Beteiligte - zu einer Bande oder in sonstiger Form - zusammen, um fortgesetzt Betrugs- und/oder Urkundenfälschungsdelikte zu begehen, hat dies nicht zur Folge, dass die von einem von ihnen auf Grund der Gesamtabrede begangenen Straftaten den anderen Beteiligten ohne Weiteres als gemeinschaftlich begangene Straftaten im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden können. Vielmehr ist für jede einzelne Tat nach den allgemeinen Kriterien festzustellen, ob die anderen Beteiligten hieran als Mittäter , Anstifter oder Gehilfen mitgewirkt oder überhaupt keinen strafbaren Tatbeitrag geleistet haben. Die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft an bzw. Beihilfe zu der jeweiligen Einzeltat ist in wertender Betrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmen, die von der Vorstellung des jeweiligen Beteiligten umfasst sind. Maßgeblich sind dabei insbesondere sein Interesse an der Durchführung der Tat sowie der Umfang seiner Tatherrschaft oder jedenfalls sein Wille , Tatherrschaft auszuüben, d. h. ob objektiv oder jedenfalls aus seiner Sicht die Ausführung der Tat wesentlich von seiner Mitwirkung abhing (BGH NStZ-RR 2003, 265, 267; NStZ 2008, 273, 275; st. Rspr.).
18
Nach diesen Grundsätzen tragen bei dem Angeklagten K. die Feststellungen in den Fällen A II 1 bis 3, 4/5, 6/8, 7/14, 9, 10, 11/12/13, 15, 17, 18, 20, 21, 23, 25/26, 27 und 28 eine (mit-)täterschaftliche Verurteilung wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit (Computer-)Betrug nicht. Lediglich in den Fällen A II 16, 24, 29 legen die Urteilsgründe einen ausreichenden Tatbeitrag dar. Bei dem Angeklagten N. tragen die Feststellungen zwar in den Fällen A II 6/8, 7/14, 13, 16, 19, 21, 23, 24, 25/26, 27 und 29 die rechtliche Würdigung der Taten als Urkundenfälschung in Tateinheit mit (versuchtem) (Computer-)Betrug, nicht jedoch in den Fällen A II 4/5, 17, 18, 20 und 28.
19
Der neue Tatrichter wird zu prüfen haben, inwieweit in diesen Fällen - gegebenenfalls nach Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 154 StPO), Wiedereinbeziehung von Tatteilen oder ausgeschiedenen Gesetzesverletzungen (§ 154 a StPO) und/oder nach Erhebung einer Nachtragsanklage (§ 266 StPO) - eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung durch Eröffnung der Empfängerkonten (§ 267 StGB), wegen Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen (§ 276 StGB), wegen Missbrauchs von Ausweispapieren (§ 281 StGB) oder wegen Beihilfe zur Urkundenfälschung in Tateinheit mit (Computer-)Betrug (§§ 267, 263, 263 a, 27 StGB) in Betracht kommt.
20
2. Soweit der Angeklagte N. wegen Diebstahls in fünf Fällen (B I 1 bis 5) sowie beide Angeklagte wegen Diebstahls (A I 1 und 2) und versuchten Diebstahls (A I 3/5 und 4) in jeweils zwei Fällen verurteilt worden sind, ist den Feststellungen eine Zueignungsabsicht nicht zu entnehmen. Aufgrund der Tatsache , dass entwendete Überweisungsträger teilweise nach Übernahme der Kontodaten wieder in den Geschäftsverkehr gebracht wurden (A II 3), ergibt sich diese auch nicht von selbst. Sollte eine Zueignungsabsicht nicht festzustellen sein, käme in diesen Fällen lediglich - sofern eine Strafbarkeit wegen täterschaftlicher Urkundenfälschung ausscheidet - eine Bestrafung wegen Beihilfe zur Urkundenfälschung in Tateinheit mit (Computer-)Betrug in Betracht.
21
3. Für die Konkurrenzverhältnisse der gegebenenfalls in einer neuen Hauptverhandlung feststellbaren Taten ist Folgendes zu beachten: Sind an einer Deliktsserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, so ist die Frage, ob die einzelnen Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, für jeden der Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang der Tatbeiträge jedes Beteiligten. Hat ein Mittäter, mittelbarer Täter oder Gehilfe, der an der unmittelbaren Ausführung der Taten nicht mitwirkt, einen mehrere Einzeldelikte fördernden Tatbeitrag bereits im Vorfeld erbracht - etwa (gefälschte) Ausweispapiere bereit gehalten, ein Empfängerkonto eingerichtet oder seine Wohnung in Kenntnis der dort begangenen Straftaten zur Verfügung gestellt - werden ihm die jeweiligen Taten der Mittäter, Tatmittler oder Haupttäter als tateinheitlich begangen zugerechnet, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob die Mittäter, Tatmittler oder Haupttäter die ihnen zurechenbaren Taten gegebenenfalls tatmehrheitlich begangen haben, ist demgegenüber ohne Belang (BGH NStZ-RR 2003, 265, 267; wistra 2001, 336, 337 m. w. N.).
22
4. Im Hinblick auf die Strafzumessung wird darauf hingewiesen, dass in den Fällen A II 16, 24 und 29 (bezüglich K. ) und A II 6/8, 7/14, 13, 16, 19, 21, 23, 24, 25/26, 27 und 29 (bezüglich N. ), in denen der Schuldspruch auf Grundlage der Feststellungen keinen Rechtsfehler erkennen ließ, eine Aufhebung im Strafausspruch deshalb nahe gelegen hätte, weil die verhängten , unvertretbar hohen Einzelfreiheitsstrafen den revisionsrechtlich hinzunehmenden Rahmen eines gerechten Schuldausgleichs überschreiten (vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 337 Rdn. 34).
23
5. Bei der Beweiswürdigung wird der neue Tatrichter zu beachten haben, dass er sich nicht - wie hier in den Fällen A II 10 und 15 in Bezug auf den Angeklagten N. geschehen - so weit von einer festen, auf dem Beweisergebnis gründenden Tatsachengrundlage entfernt, dass sich seine Feststellungen als bloße Vermutung darstellen (vgl. Meyer-Goßner aaO § 261 Rdn. 38).
Becker von Lienen Sost-Scheible Hubert Mayer

(1) Wird die Ablehnung nicht als unzulässig verworfen, so entscheidet über das Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein richterliches Mitglied der erkennenden Strafkammer abgelehnt, so entscheidet die Strafkammer in der für Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung vorgeschriebenen Besetzung.

(3) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter dieses Gerichts. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der Abgelehnte das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(4) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlußunfähig, so entscheidet das zunächst obere Gericht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 461/08
vom
9. Juni 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 9. Juni 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 24. Januar 2008, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass im Fall II. 3 der Urteilsgründe die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen unerlaubten Führens einer Schusswaffe und erlaubten Munitionsbesitzes entfällt,
b) im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in Tateinheit mit versuchtem schweren Raub und unerlaubtem Führen einer Schusswaffe und unerlaubtem Munitionsbesitz (Fall II. 3 der Urteilsgründe), wegen schweren Raubes, Verabredung zu einem schweren Raub in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer Schusswaffe und mit unerlaubtem Munitionsbesitz, wegen Missbrauchs von Ausweispapieren sowie wegen Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 95 Abs. 2 Nr. 1 a) und b) Aufenthaltsgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Ferner hat es gegen den Angeklagten die Sicherungsverwahrung angeordnet.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
2
1. Im Fall II. 3 der Urteilsgründe beruht die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen unerlaubten Führens einer Schusswaffe und unerlaubten Munitionsbesitzes, worauf das Landgericht hingewiesen hat (UA 80), auf einem Versehen und muss daher entfallen. Die in diesem Fall verhängte Einzelstrafe kann jedoch bestehen bleiben, weil das Landgericht bei der Strafzumessung die versehentlich in die Urteilsformel aufgenommenen Verstöße gegen das Waffengesetz ausdrücklich (UA 88/89) nicht berücksichtigt hat.
2. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat die Anordnung auf § 66 Abs. 1 StGB gestützt. Die bisherigen Feststellungen zu den Vorverurteilungen belegen jedoch nicht, dass der Angeklagte, wie nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB erforderlich, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt
worden ist. Zwar sind die Gesamtfreiheitsstrafen aus den Verurteilungen durch das Landgericht Frankfurt/Oder vom 16. September 1999 und durch das Landgericht Berlin vom 4. Dezember 2000 jeweils aus mehreren Einzelfreiheitsstrafen von mehr als einem Jahr gebildet worden. Diese Einzelstrafen gelten aber gemäß § 66 Abs. 4 StGB als eine einzige Verurteilung, weil die Einzelstrafen aus dem Urteil vom 16. September 1999 in die im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB durch das Urteil vom 4. Dezember 2000 verhängte Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen worden sind (vgl. BGH StV 1982, 420; BGH NStZ-RR 2004, 9, 10). Soweit der Angeklagte vom Landgericht Berlin am 17. Dezember 1991 wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden ist, kann der Senat nicht überprüfen, ob die Verjährungsregelung des § 66 Abs. 4 Satz 3 und 4 StGB eingreift. Hierzu hätte es der Mitteilung der Einzelstrafen und der Tatzeiten beider Taten bedurft. Zwar
liegt beim Angeklagten auch die Anwendung der Absätze 2 und 3 des § 66 StGB nicht fern. Das Revisionsgericht kann aber die dem Tatrichter insoweit obliegende Ermessensentscheidung nicht selbst treffen (Senat, Beschluss vom 4. September 2008 – 4 StR 378/08). Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Franke

(1) Die Ablehnung eines erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse, in der Hauptverhandlung über die Berufung oder die Revision bis zum Beginn des Vortrags des Berichterstatters, zulässig. Ist die Besetzung des Gerichts nach § 222a Absatz 1 Satz 2 schon vor Beginn der Hauptverhandlung mitgeteilt worden, so muss das Ablehnungsgesuch unverzüglich angebracht werden. Alle Ablehnungsgründe sind gleichzeitig vorzubringen.

(2) Im Übrigen darf ein Richter nur abgelehnt werden, wenn

1.
die Umstände, auf welche die Ablehnung gestützt wird, erst später eingetreten oder dem zur Ablehnung Berechtigten erst später bekanntgeworden sind und
2.
die Ablehnung unverzüglich geltend gemacht wird.
Nach dem letzten Wort des Angeklagten ist die Ablehnung nicht mehr zulässig.

(1) Wird die Ablehnung nicht als unzulässig verworfen, so entscheidet über das Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein richterliches Mitglied der erkennenden Strafkammer abgelehnt, so entscheidet die Strafkammer in der für Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung vorgeschriebenen Besetzung.

(3) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter dieses Gerichts. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der Abgelehnte das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(4) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlußunfähig, so entscheidet das zunächst obere Gericht.

(1) Die Ablehnung eines erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse, in der Hauptverhandlung über die Berufung oder die Revision bis zum Beginn des Vortrags des Berichterstatters, zulässig. Ist die Besetzung des Gerichts nach § 222a Absatz 1 Satz 2 schon vor Beginn der Hauptverhandlung mitgeteilt worden, so muss das Ablehnungsgesuch unverzüglich angebracht werden. Alle Ablehnungsgründe sind gleichzeitig vorzubringen.

(2) Im Übrigen darf ein Richter nur abgelehnt werden, wenn

1.
die Umstände, auf welche die Ablehnung gestützt wird, erst später eingetreten oder dem zur Ablehnung Berechtigten erst später bekanntgeworden sind und
2.
die Ablehnung unverzüglich geltend gemacht wird.
Nach dem letzten Wort des Angeklagten ist die Ablehnung nicht mehr zulässig.

(1) Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gericht, dem der Richter angehört, anzubringen; es kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann dem Antragsteller aufgeben, ein in der Hauptverhandlung angebrachtes Ablehnungsgesuch innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich zu begründen.

(2) Der Ablehnungsgrund und in den Fällen des § 25 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 die Voraussetzungen des rechtzeitigen Vorbringens sind glaubhaft zu machen. Der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen. Zur Glaubhaftmachung kann auf das Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug genommen werden.

(3) Der abgelehnte Richter hat sich über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern.

(1) Das Gericht verwirft die Ablehnung eines Richters als unzulässig, wenn

1.
die Ablehnung verspätet ist,
2.
ein Grund zur Ablehnung oder ein Mittel zur Glaubhaftmachung nicht oder nicht innerhalb der nach § 26 Absatz 1 Satz 2 bestimmten Frist angegeben wird oder
3.
durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen.

(2) Das Gericht entscheidet über die Verwerfung nach Absatz 1, ohne daß der abgelehnte Richter ausscheidet. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 3 bedarf es eines einstimmigen Beschlusses und der Angabe der Umstände, welche den Verwerfungsgrund ergeben. Wird ein beauftragter oder ein ersuchter Richter, ein Richter im vorbereitenden Verfahren oder ein Strafrichter abgelehnt, so entscheidet er selbst darüber, ob die Ablehnung als unzulässig zu verwerfen ist.

(1) Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gericht, dem der Richter angehört, anzubringen; es kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann dem Antragsteller aufgeben, ein in der Hauptverhandlung angebrachtes Ablehnungsgesuch innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich zu begründen.

(2) Der Ablehnungsgrund und in den Fällen des § 25 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 die Voraussetzungen des rechtzeitigen Vorbringens sind glaubhaft zu machen. Der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen. Zur Glaubhaftmachung kann auf das Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug genommen werden.

(3) Der abgelehnte Richter hat sich über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 275/09
vom
12. November 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Geldfälschung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. November
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Bundesanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 19. Februar 2009 wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Schuldspruch dahin geändert wird, dass der Angeklagte der Geldfälschung in vier Fällen, der Beihilfe zur Geldfälschung in zwei Fällen und der Urkundenfälschung in zehn Fällen schuldig ist.
2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geldfälschung in vier Fällen , Beihilfe zur Geldfälschung in drei Fällen und wegen Urkundenfälschung in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Verfall des Wertersatzes in Höhe von 2.000 Euro angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
2
Das Rechtsmittel des Angeklagten führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist es unbegründet.

I.


3
Die Rüge, bei dem Urteil hätten Richter und Schöffen mitgewirkt, nachdem sie wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt waren und das Ablehnungsgesuch mit Unrecht verworfen worden war, hat keinen Erfolg.
4
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
5
Im Hauptverhandlungstermin am 17. Oktober 2008 wurde der Zeuge C. vom Vorsitzenden über sein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO belehrt. Ausweislich der Sitzungsniederschrift wurde der Zeuge vom Vorsitzenden darauf hingewiesen, dass er für den Fall, dass er beabsichtige, als Angeklagter im eigenen Verfahren Angaben zur Sache machen zu wollen, damit rechnen müsse, dass es bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit seiner Angaben deshalb zu Problemen kommen könne, weil er vorher, als Zeuge unter Wahrheitspflicht stehend , keine Angaben gemacht habe.
6
Der Verteidiger des Angeklagten und die Verteidiger der Mitangeklagten beanstandeten diese Belehrung. Diese Beanstandung wies die Strafkammer "als unzulässig" zurück, weil die Belehrung nicht ermessensfehlerhaft erfolgt sei. Der Angeklagte lehnte daraufhin den Vorsitzenden und die übrigen Mitglieder der Strafkammer, diese wegen der Zurückweisung der Beanstandung der Belehrung, wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Aus der Belehrung werde deutlich, dass der Vorsitzende den Zeugen trotz vorher eindeutig erklärter Auskunftsverweigerung zu einer den Angeklagten belastenden Aussage habe bewegen wollen. Zudem hätte der Vorsitzende dem Zeugen, der sein Auskunfts- verweigerungsrecht auf Rat seines Verteidigers ausgeübt habe, bei Hinwirkung auf eine Aussage die Möglichkeit geben müssen, seinen Verteidiger als Rechtsbeistand hinzuzuziehen. Dass er dies unterlassen habe, begründe ebenfalls Zweifel an seiner Objektivität und Unparteilichkeit.
7
Die Ablehnungsgesuche des Angeklagten gegen den Vorsitzenden, den Beisitzer und die Schöffen wies die Strafkammer ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter nach Einholung dienstlicher Äußerungen des Vorsitzenden, des Beisitzers und der Schöffen als unbegründet zurück. Die beanstandete Belehrung des Zeugen durch den Vorsitzenden rechtfertige nicht ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters, ohne dass es darauf ankäme, inwieweit tatsächlich die Berufung auf ein Auskunftsverweigerungsrecht durch einen Zeugen Bedeutung in einem späteren, gegen den Zeugen geführten Strafprozess haben könne. Vorliegend sei aus der Sicht eines vernünftigen Angeklagten ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Vorsitzenden schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil der Zeuge, worauf sowohl der Vorsitzende als auch der Beisitzer in ihren jeweiligen dienstlichen Äußerungen unwidersprochen hingewiesen hätten, im vorangegangenen Ermittlungsverfahren noch nicht ausgesagt habe. Es könne dahinstehen, ob die Auffassung des Angeklagten und des Mitangeklagten M. zutreffe, der Hinweis habe jedenfalls nicht erfolgen dürfen , ohne dass der Zeuge sich mit seinem Anwalt, der ihm zur Ausübung des Auskunftsverweigerungsrechts geraten hatte, habe abstimmen können. Hierdurch werde der Rechtskreis des Angeklagten nicht berührt, sondern allenfalls derjenige des Zeugen. Auch gegen den Beisitzer und die Schöffen sei die Besorgnis der Befangenheit nicht begründet, weil der die Beanstandung der Zeugenbelehrung zurückweisende Kammerbeschluss zu Recht ergangen sei.
8
2. Es bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit der Rüge, weil die beanstandete Belehrung des Zeugen durch den Vorsitzenden lediglich inhaltlich verkürzt, nicht aber in ihrem protokollierten Wortlaut mitgeteilt wird. Die Zulässigkeit kann hier jedoch dahinstehen, weil die Rüge jedenfalls unbegründet ist.
9
Die gegen die Mitglieder der Strafkammer gerichteten Ablehnungsgesuche sind nicht mit Unrecht verworfen worden:
10
a) Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters ist dann gerechtfertigt , wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (vgl. Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 24 Rdn. 6, 8 m.w.N.).
11
Entgegen der Auffassung der Revision kann sich ein solches Misstrauen in die Unvoreingenommenheit eines Vorsitzenden grundsätzlich nicht daraus ergeben, dass er einen Zeugen, der berechtigt von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat, ergänzend belehrt. Zwar kann ein Zeuge, dem ein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO zusteht, nach seinem eigenen freien Ermessen darüber entscheiden, ob er hiervon Gebrauch machen will. Dies schließt es jedoch nicht aus, dass der Richter einen Zeugen im Rahmen der gemäß § 55 Abs. 2 StPO gebotenen Belehrung über Umstände unterrichtet , die für die vom Zeugen zu treffende Entscheidung von Bedeutung sein können (vgl. BGHSt 21, 12, 13 zu § 52 StPO; BGH, Urteil vom 30. Juni 1988 - 1 StR 150/88, BGHR StPO § 52 Abs. 3 Satz 1 Belehrung 2).
12
Allerdings war die Belehrung des Zeugen, er könne im Falle der Auskunftsverweigerung in dem gegen ihn gerichteten Verfahren Probleme bekommen , unzutreffend. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es unzulässig, Schlüsse zum Nachteil des Angeklagten daraus zu ziehen, dass dieser sich als Zeuge in einem anderen, den gleichen Tatkomplex betreffenden Strafverfahren auf das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO berufen hat, wenn er sich – wie hier - bis zur Verweigerung der Auskunft nicht zur Sache geäußert hatte (BGHSt 38, 302, 305). Dass ein Richter eine unzutreffende Rechtsmeinung geäußert hat, rechtfertigt jedoch in der Regel nicht die Annahme der Befangenheit. Verfahrensverstöße, die auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruhen, stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar. Zwar gilt dieser Maßstab dann nicht, wenn die vom Richter geäußerte Rechtsauffassung abwegig ist oder sogar den Anschein der Willkür erweckt (vgl. BGHSt 48, 4, 8; Meyer-Goßner aaO § 24 Rn. 8 m.w.N.). Hierfür bestehen aber im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Dass der Vorsitzende den Zeugen durch seine Belehrung gezielt zu einer für den Angeklagten nachteiligen Aussage drängen wollte, musste für einen verständigen Angeklagten schon deshalb fern liegen, weil der Zeuge im Ermittlungsverfahren nicht ausgesagt und den Angeklagten somit gerade nicht belastet hatte. Welchen Inhalt seine Aussage haben würde, war daher noch offen. Besonderheiten, wie sie in der vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift angeführten Entscheidung BGHSt 1, 34 im Fall einer nach § 52 StPO zeugnisverweigerungsberechtigten Ehefrau gegeben waren, liegen hier nicht vor.
13
b) Misstrauen in die Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden kann sich auch nicht daraus ergeben, dass er dem Zeugen nicht die Hinzuziehung seines Verteidigers als Zeugenbeistand ermöglicht hat, die der Zeuge im Übrigen auch nicht verlangt hatte. Wie das Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO dient auch das Recht eines Zeugen, in einem solchen Fall einen Beistand hinzuzuziehen , allein dem Schutz des Zeugen, nicht aber auch dem des Angeklagten (vgl. BGHSt 11, 213, 216/217 [GSSt]; Meyer-Goßner aaO § 55 Rn. 1 m.w.N.).

II.


14
1. Der Senat hat das Verfahren in der Hauptverhandlung auf Antrag des Generalbundesanwalts durch Beschluss gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 1 d der Urteilsgründe wegen Beihilfe zur Geldfälschung verurteilt worden ist. Dies führt zur entsprechenden Änderung des Schuldspruchs und zum Wegfall der wegen dieser Tat verhängten Einzelfreiheitsstrafe von neun Monaten.
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2. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
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a) Entgegen der Auffassung der Revision ist auch die Annahme von Urkundenfälschung in der Form des mittäterschaftlich und gewerbsmäßig begangenen Herstellens einer unechten Urkunde (§ 267 Abs. 1 und 3 Nr. 1 StGB) durch die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hinreichend belegt. Dass der Angeklagte nicht eigenhändig bei der Herstellung der unechten Urkunden mitgewirkt hat, steht seiner mittäterschaftlichen Beteiligung nicht von vornherein entgegen. Die Tatbestandsvariante des Herstellens einer unechten Urkunde ist kein eigenhändiges Delikt. Demgemäß kommt auch eine Beteiligung des Auftraggebers als Mittäter an der Herstellung der unechten Urkunden durch einen Anderen in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 1988 - 3 StR 481/88, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Gebrauchmachen 1; MünchKommStGB/Erb § 267 Rn. 213; Cramer/Heine in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 267 Rn. 97). Soweit die Revision darauf verweist, dass dem Angeklagten nach den Feststellungen nicht bekannt war, wer die bei Salvatore M. bestellten Falsifikate anfertigen würde, steht dies der Annahme der Mittäterschaft nicht entgegen. Vielmehr können mehrere eine Tat auch dann gemeinschaftlich begehen , wenn sie einander nicht kennen, sofern sich jeder bewusst ist, dass andere mitwirken und alle im bewussten und gewollten Zusammenwirken handeln (vgl. RGSt 58, 279; Cramer/Heine in Schönke/Schröder aaO § 25 Rn. 71 und § 267 Rn. 97; Schünemann in LK 12. Aufl. § 25 Rn. 173). Das Landgericht hat die Beteiligung des Angeklagten an der Herstellung der unechten Urkunden durch "die Fälscher in Italien" als Mittäterschaft gewertet, weil er mit der Weiterleitung der Personalien und der Passfotos einen unentbehrlichen Tatbeitrag zur Anfertigung der Falsifikate geleistet und wegen des erhofften finanziellen Vorteils aus der Veräußerung der Falsifikate ein erhebliches eigenes Interesse an der Durchführung gehabt habe. Ob der Senat der engen Auffassung, dass diese Kriterien allein für die Annahme mittäterschaftlichen Herstellens einer unechten Urkunde nicht ausreichen (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2008 - 3 StR 156/08 Rn. 9), in dieser Allgemeinheit folgen würde, muss hier nicht entschieden werden; denn im vorliegenden Fall war das Zusammenwirken zwischen dem Angeklagten, dem Vermittler und dem Fälscher von vornherein auf eine dauerhafte arbeitsteilige Zusammenarbeit im Hinblick auf bereits verfügbares Fälschungsmaterial gerichtet. Unter diesen Voraussetzungen hält sich die Wertung des Landgerichts innerhalb des dem Tatrichter zustehenden Beurteilungsspielraums (vgl. BGHSt 47, 384, 385).
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b) Die Gesamtfreiheitsstrafe kann trotz des Wegfalls der im Fall II. 1 d der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe bestehen bleiben. Angesichts der verbleibenden 16 Einzelfreiheitsstrafen (Einsatzstrafe: zwei Jahre sechs Monate Freiheitsstrafe) und des bei der Bildung der Gesamtstrafe vorgenommenen straffen Zusammenzuges schließt der Senat aus, dass das Landgericht ohne die in dem eingestellten Fall verhängte Einzelstrafe zu einer noch niedrigeren Gesamtstrafe gelangt wäre. Tepperwien Maatz Athing Solin-Stojanović Mutzbauer

(1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.

(2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung auf Lebenszeit angestellte Richter in den Ruhestand treten. Bei Veränderung der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter an ein anderes Gericht versetzt oder aus dem Amte entfernt werden, jedoch nur unter Belassung des vollen Gehaltes.