Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Juli 2019 - 1 StR 62/19

bei uns veröffentlicht am23.07.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 62/19
vom
23. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
ECLI:DE:BGH:2019:230719B1STR62.19.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 23. Juli 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 21. Dezember 2018 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten erzielt mit der allgemeinen Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg ; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Überprüfung des gemäß § 267 Abs. 4 StPO abgekürzt – und trotz Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision nicht ergänzend – begründeten Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
3
2. Der Strafausspruch hält hingegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil die Schwurgerichtskammer eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen hat.
4
a) Nach den Urteilsfeststellungen erfuhr der Angeklagte, dass die Geschädigten B. und M. in dessen Wohnung am 20. April 2018 gemeinsam grillen und Alkohol trinken wollten. Der angetrunkene Angeklagte wollte hieran teilnehmen, jedoch war M. nicht einverstanden und erklärte dies dem Angeklagten telefonisch, der gleichwohl sein Erscheinen ankündigte. Die Geschädigten verließen daraufhin aus Furcht vor einer Auseinandersetzung mit dem Angeklagten das Haus. Der Angeklagte, der gegen 22.30 Uhr eintraf, randalierte zunächst im Haus und zerstörte dabei einen Spiegel und mehrere Fensterscheiben; er schubste auch die in der Wohnung verbliebene Zeugin J. . M. rief den Angeklagten an und forderte diesen auf, das Haus zu verlassen , ansonsten würde er die Polizei verständigen. Dies tat B. auch um 22.56 Uhr. Währenddessen lief der Angeklagte aus dem Haus, sah die beiden Geschädigten und rannte auf sie zu. Während M. fliehen konnte,holte der Angeklagte den Geschädigten B. ein und schlug ihn mit der Faust gegen den Kopf, so dass dieser zu Boden ging. Danach schlug der Angeklagte den Geschädigten mindestens noch einmal mit der Faust ins Gesicht und trat ihn mit großer Wucht „nach der Art eines Fußballers“ mit seinem mit Sportschuhen beschuhtem Fuß gegen den Kopf, wodurch B. schwere Verletzungen davontrug.
Nachdem Anwohner dem Angeklagten lautstark zuriefen, seinen Angriff gegen das Opfer zu beenden, und ankündigten, die Polizei herbei zu rufen, ließ der Angeklagte vom Geschädigten ab.
5
Als anschließend die Polizeibeamten eintrafen, „identifizierte“ M. den Angeklagten als Verursacher der Verletzungen des Geschädigten B. . Daraufhin wurde der Angeklagte festgenommen, wobei er sich aggressiv verhielt und schrie, dass er M. „fertig machen werde“. Die Polizeibeamten verbrachten den Angeklagten auf die Dienststelle. Die um 23.30 Uhr beim Angeklagten gemessene Atemalkoholkonzentration ergab 0,62 mg/l. Um 2.20 Uhr des nächsten Tages wurde der Angeklagte entlassen. Er begab sich erneut zur Wohnung des M. , schlug eine Scheibe ein und kletterte durch das Fenster in die Wohnräume. Er fand M. und J. schlafend im Bett vor. Aus Verärgerung über seine Festnahme durch die Polizei versetzteer M. ohne Vorwarnung mehrere Faustschläge in das Gesicht und trat ihn mehrfach von oben mit seinem beschuhten Fuß stampfend auf den Kopf. M. , der erhebliche Verletzungen erlitt, stand auf, versorgte seine Wunden und legte sich anschließend wieder schlafen. Der Angeklagte übernachtete mit J. in einem anderen Zimmer und verließ am Morgen auf Aufforderung des

M.

das Haus.
6
b) Das sachverständig beratene Landgericht hat eine Aufhebung oder Einschränkung der Schuldfähigkeit des Angeklagten „aufgrund von Alkohol oder aus sonstigen Gründen“ verneint. Zur Person des Angeklagten hat es festge- stellt, dass er weder ernsthafte Erkrankungen noch folgenschwere Unfälle erlitten habe. Er sei durchschnittlich intelligent; seine Persönlichkeit zeige deutlich dissoziale Züge mit gesteigerter Impulsivität und einem erhöhten Aggressions- potential auf. Hinweise auf eine schwere Persönlichkeitsstörung oder eine sonstige gravierende psychiatrische Störung lägen nicht vor.
7
c) Die Wertung der Schwurgerichtskammer, dass eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit nicht vorgelegen habe, hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Urteil enthält weder eine Darstellung der Ausführungen des Sachverständigen zur Schuldfähigkeitsbeurteilung noch eine Begründung des Landgerichts, dass die Voraussetzungen einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB nicht vorliegen. Der Senat vermag aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen zwar auszuschließen, dass eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit (§ 20 StGB) vorliegen könnte; angesichts der Alkoholisierung und der dissozialen Persönlichkeitszüge des Angeklagten sowie mit Blick auf das Tatverhalten waren jedoch Ausführungen des Tatgerichts zur Beurteilung einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit geboten, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen.
8
3. Die Nichtanordnung der Maßregel der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hat ebenfalls keinen Bestand. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift ausgeführt: „Nach den Feststellungen des Landgerichts begann der Angeklag- te im Alter von elf Jahren mit dem gelegentlichen Konsum von Alkohol in Form von Bier sowie Cannabis. In der Folge steigerte sich sein Konsum. Zuletzt konsumierte der Angeklagte täglich zwei bis drei Bier, an den Wochenenden bis zu sieben Bier sowie zusammen mit mehreren Bekannten eine bis drei Flaschen Wodka oder Whisky. Außerdem konsumierte der Angeklagte täglich Marihuana und gelegentlich Kokain und Amphetamine (UA S. 3). Zudem war der Angeklagte bei der Begehung der verfahrensgegenständlichen Taten erheblich alkoholisiert (UA S. 9).
Die Strafkammer hätte bei dieser Sachlage erörtern müssen, ob der Angeklagte gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist, da die getroffenen Feststellungen den für eine Unterbringung erforderlichen Hang nahe legen, also eine chronische , auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende und durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Rauschmittel zu sich zu nehmen (Senat, Beschluss vom 20. September 2017 – 1 StR 348/17, juris Rn. 9 mwN). Da auch das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 64 StGB anhand der vom Landgericht getroffenen Feststellungen nicht ausgeschlossen und den Urteilsgründen nicht entnommen werden kann, dass beim Angeklagten die hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges (§ 64 Satz 2 StGB) nicht besteht, erweist sich die unterbliebene Erörterung der Unterbringung als durchgreifend rechtsfehlerhaft. Einer etwaigen Unterbringungsanordnung steht nicht entgegen, dass ausschließlich der Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; vgl. Senat, Urteil vom 10. April 1990 – 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 7 ff.), zumal der Angeklagte die Nichtanwendung von § 64 StGB nicht vom Rechtsmittelangriff ausge- nommen hat.“
9
Dem schließt sich der Senat an.
Raum Bellay Fischer Bär Pernice

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


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Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafprozeßordnung - StPO | § 358 Bindung des Tatgerichts; Verbot der Schlechterstellung


(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

9
Für einen Hang ist nach ständiger Rechtsprechung eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung ausreichend, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss (vgl. Senat, Beschlüsse vom 12. Januar 2017 – 1 StR 604/16, StV 2017, 672 und vom 14. Juni 2016 – 1 StR 219/16, BGHR StGB § 64 Hang 4; BGH, Urteile vom 10. November 2004 – 2 StR 329/04, NStZ 2005, 210 und vom 15. Mai 2014 – 3 StR 386/13, NStZ-RR 2014, 271).

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.