Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2006 - 1 StR 595/06

bei uns veröffentlicht am20.12.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 595/06
vom
20. Dezember 2006
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Dezember 2006 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 6. Juli 2006 wird als unbegründet verworfen, da die
Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349
Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Die Verhängung einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und zehn
Monaten hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
Der Generalbundesanwalt und ihm folgend auch der Beschwerdeführer
haben mit Recht beanstandet, dass das Landgericht bei dem 27
Jahre alten Angeklagten Eintragungen aus dem Erziehungsregister
in der angefochtenen Entscheidung angeführt hat und im Rahmen
der Strafzumessung eine Entscheidung des Amtsgerichts München
vom 30. Juli 1998 wie folgt gewürdigt hat:
"Der Angeklagte ist ein Mal einschlägig vorbestraft und hat dadurch
gezeigt, dass er sich die Untersuchungshaft im damaligen Verfahren
nicht hat zur Warnung dienen lassen. Allerdings wurde die Vorverurteilung
nicht allzu schwer gewertet, da sie bereits einige Jahre zurück
liegt und nicht zu gravierend war."
Die vorbezeichnete Entscheidung betraf unerlaubtes gemeinschaftliches
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, wobei gegen den Angeklagten
vier Wochen Jugendarrest ausgesprochen wurde und eine
richterliche Weisung erging.
Gemäß § 63 Abs. 1 BZRG waren die beiden in der angefochtenen
Entscheidung aufgeführten Eintragungen im Erziehungsregister zu
entfernen, sobald der Betroffene das 24. Lebensjahr vollendet hatte.
Eine Entfernung hatte auch nicht gemäß § 63 Abs. 2 BZRG zu unterbleiben
, da zu diesem Zeitpunkt keine Eintragung im Bundeszentralregister
vorhanden war.
Damit war hinsichtlich der angeführten Eintragung ein Verwertungsverbot
gegeben, welches den Tatrichter nicht nur an der Berücksichtigung
der Vorverurteilung als solcher, sondern auch an der strafschärfenden
Erwägung hinderte, dass der Angeklagte sich die Untersuchungshaft
im damaligen Verfahren nicht habe zur Warnung
dienen lassen.
Der Verstoß gegen das Verwertungsverbot erfordert jedoch nicht die
Aufhebung des Strafausspruchs, da die Verhängung einer Freiheitsstrafe
von sieben Jahren und zehn Monaten trotz des Strafzumessungsfehlers
angemessen ist (vgl. § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO). Nach
§ 354 Abs. 1a StPO soll von einer Aufhebung des Urteils auch dann
abgesehen werden, wenn das Revisionsgericht die verhängte Strafe
trotz des Rechtsfehlers bei ihrer Zumessung im Ergebnis für angemessen
hält, selbst wenn nicht festgestellt werden kann, dass der
Tatrichter ohne den Fehler auf dieselbe Strafe erkannt hätte (BGH
NJW 2005, 913, 914; NStZ 2006, 587; Maier/Paul NStZ 2006, 82 f.
m.w.N.). Ob die Beurteilung der Angemessenheit allein aufgrund der
Urteilsgründe möglich ist oder ob es etwa in besonderem Maße auf
den persönlichen Eindruck vom Angeklagten ankommt und deshalb
die Aufhebung des Strafausspruchs und die Zurückverweisung der
Sache geboten ist, ist eine Frage des Einzelfalls (BGH NJW 2005,
1813, 1814).
Das Landgericht hat vorliegend die für die Strafzumessung relevanten
Umstände festgestellt. Im Rahmen der Strafzumessung hat das
Landgericht zu Recht herausgestellt, dass es sich bei Heroin um eine
sehr gefährliche Droge handelt und die vom Angeklagten beschaffte
Menge von 2.819 Gramm ausgesprochen groß ist, welche zudem einen
recht hohen Wirkstoffgehalt zwischen 33 % und 36,3 % aufwies,
sodass es sich um insgesamt 976,6 Gramm Heroinhydrochlorid handelte.
Zudem verwirklichte der Angeklagte neben dem Tatbestand
des unerlaubten Handeltreibens tateinheitlich auch den Straftatbestand
der Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln.
Zu Gunsten des Angeklagten hat die Kammer im Rahmen der Strafzumessung
hervorgehoben, dass er geständig war und zudem selbst
Drogen konsumierte. Auch wurde berücksichtigt, dass die ganze
Menge des Heroins sichergestellt werden konnte.
Bei einer Gesamtwürdigung sind das Handeltreiben mit einer Menge
von knapp drei Kilogramm Heroin mit einem Wirkstoffgehalt von
33 % sowie die Anstiftung des anderweit strafverfolgten K. zur
unerlaubten Einfuhr als ausgesprochen schwerwiegend einzustufen.
Auch bei der rechtlich gebotenen Nichtberücksichtigung der Eintragungen
im Erziehungsregister stellt sich eine Freiheitsstrafe von sieben
Jahren und zehn Monaten als tat- und schuldangemessen dar.
Nack Boetticher Hebenstreit
Elf Graf

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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Bundeszentralregistergesetz - BZRG | § 63 Entfernung von Eintragungen


(1) Eintragungen im Erziehungsregister werden entfernt, sobald die betroffene Person das 24. Lebensjahr vollendet hat. (2) Die Entfernung unterbleibt, solange im Zentralregister eine Verurteilung zu Freiheitsstrafe, Strafarrest oder Jugendstrafe

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(1) Eintragungen im Erziehungsregister werden entfernt, sobald die betroffene Person das 24. Lebensjahr vollendet hat.

(2) Die Entfernung unterbleibt, solange im Zentralregister eine Verurteilung zu Freiheitsstrafe, Strafarrest oder Jugendstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung eingetragen ist.

(3) Die Registerbehörde kann auf Antrag oder von Amts wegen anordnen, daß Eintragungen vorzeitig entfernt werden, wenn die Vollstreckung erledigt ist und das öffentliche Interesse einer solchen Anordnung nicht entgegensteht. § 49 Abs. 3 ist anzuwenden.

(4) Die §§ 51, 52 gelten entsprechend.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.