Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2005 - 1 StR 523/04

bei uns veröffentlicht am26.01.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 523/04
vom
26. Januar 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Januar 2005 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Karlsruhe vom 23. April 2004 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat zu der das Selbstleseverfahren betreffenden
Verfahrensrüge:
Zu Recht rügt die Revision eine Verletzung der Vorschriften über
das Selbstleseverfahren (§ 249 Abs. 2 StPO). Die Schöffen hatten
der Sitzungsniederschrift zufolge nur "Gelegenheit", das schriftliche
Gutachten von Prof. Dr. F. zur Kenntnis zu nehmen.
Nach § 249 Abs. 2 StPO ist jedoch erforderlich, daß die Schöffen
tatsächlich vom Wortlaut der Urkunde Kenntnis nehmen, diese also
lesen. Der Vorsitzende muß die entsprechende Feststellung
über die Kenntnisnahme in das Protokoll aufnehmen (§ 249
Abs. 2 Satz 3 StPO). Dabei handelt es sich um eine wesentliche
Förmlichkeit im Sinne des § 273 StPO (vgl. BGHR StPO § 249
Kenntnisnahme 1; BGH, Beschluß vom 21. September 1999 -
1 StR 389/99 = NStZ 2000, 47; BGH, Beschluß vom 7. Juni 2000 -
3 StR 84/00 - unter Ziff. IV. 1.; Beschluß vom 24. Juni 2003
Der Senat schließt jedoch aus, daß das Urteil auf diesem verfahrensrechtlichen
Mangel beruhen kann. Das Selbstleseverfahren
war hinsichtlich der "Äußerungen des Angeklagten" angeor dnet
worden, die im schriftlichen Gutachten des Prof. Dr. F. festgehalten
sind. Diese werden in der Beweiswürdigung - jedenfalls
nicht ausdrücklich mit dieser Quellenangabe - nicht aufgeführt.
Die Feststellungen zum Werdegang des Angeklagten und zu seinen
persönlichen Verhältnissen beruhen vielmehr den Urteilsgründen
zufolge auf seiner eigenen Einlassung (vgl. UA S. 25).
Dabei können ihm durchaus auch Vorhalte aus seinen Angaben
bei Prof. Dr. F. gemacht worden sein, die nicht protokollierungspflichtig
sind. Jedenfalls dem Sachverständigen Dr. S.
ist das vorläufige schriftliche Gutachten von Prof. Dr. F. in
der Hauptverhandlung teilweise vorgehalten worden (UA
S. 40/41). Die Besonderheiten in der Entwicklung des Angeklagten
und in seiner Persönlichkeit sind in den Urteilsgründen wiedergegeben.
Der Sachverständige hat narzißtische Persönlichkeitszüge
gefunden und weiter ausgeführt, der Angeklagte leide
an "keinerlei psychiatrisch relevanter Erkrankung"; auch liege
"keine psychiatrisch relevante Persönlichkeitsstörung" vor.
Selbst wenn - wie die Revision meint - hinzugenommen würde,
daß man ihm "eine zutiefst zerrissene Persönlichkeit", "Züge
zwanghaften Verhaltens" und "Depressionen" attestieren würde,
was die Revision dem schriftlichen Gutachten von Prof.
Dr. F. entnehmen möchte, ist sicher auszuschließen, daß
dann die besondere Schwere der Schuld von der Strafkammer
nicht angenommen worden wäre. Darauf aber will die Revision
hinaus. Da der Angeklagte seinen Tatentschluß bereits am Vortag
faßte und ihn am nächsten Morgen konsequent umsetzte, weiter
eingedenk dessen, daß er nicht nur heimtückisch
K. mit seinem Samuraischwert erschlug und anschließend
dasselbe bei weiteren Frauen versuchte, die nur knapp und
aufgrund glücklicher Umstände dem Tod entrinnen konnten und
zum Teil fortan für ihr Leben auf das Schwerste gezeichnet sind,
steht die besondere Schwere der Schuld nach revisionsrechtlichen
Maßstäben außer jeder Frage (vgl. im übrigen auch § 354
Abs. 1a Satz 1 StPO).
Nack Wahl Boetticher
Schluckebier Elf

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 273 Beurkundung der Hauptverhandlung


(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesu

Strafprozeßordnung - StPO | § 249 Führung des Urkundenbeweises durch Verlesung; Selbstleseverfahren


(1) Urkunden sind zum Zweck der Beweiserhebung über ihren Inhalt in der Hauptverhandlung zu verlesen. Elektronische Dokumente sind Urkunden, soweit sie verlesbar sind. (2) Von der Verlesung kann, außer in den Fällen der §§ 253 und 254, abgesehen

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Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2005 - 1 StR 523/04

bei uns veröffentlicht am 26.01.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 523/04 vom 26. Januar 2005 in der Strafsache gegen wegen Mordes u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Januar 2005 beschlossen : Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts K

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Urkunden sind zum Zweck der Beweiserhebung über ihren Inhalt in der Hauptverhandlung zu verlesen. Elektronische Dokumente sind Urkunden, soweit sie verlesbar sind.

(2) Von der Verlesung kann, außer in den Fällen der §§ 253 und 254, abgesehen werden, wenn die Richter und Schöffen vom Wortlaut der Urkunde Kenntnis genommen haben und die übrigen Beteiligten hierzu Gelegenheit hatten. Widerspricht der Staatsanwalt, der Angeklagte oder der Verteidiger unverzüglich der Anordnung des Vorsitzenden, nach Satz 1 zu verfahren, so entscheidet das Gericht. Die Anordnung des Vorsitzenden, die Feststellungen über die Kenntnisnahme und die Gelegenheit hierzu und der Widerspruch sind in das Protokoll aufzunehmen.

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.

(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.

(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.

(1) Urkunden sind zum Zweck der Beweiserhebung über ihren Inhalt in der Hauptverhandlung zu verlesen. Elektronische Dokumente sind Urkunden, soweit sie verlesbar sind.

(2) Von der Verlesung kann, außer in den Fällen der §§ 253 und 254, abgesehen werden, wenn die Richter und Schöffen vom Wortlaut der Urkunde Kenntnis genommen haben und die übrigen Beteiligten hierzu Gelegenheit hatten. Widerspricht der Staatsanwalt, der Angeklagte oder der Verteidiger unverzüglich der Anordnung des Vorsitzenden, nach Satz 1 zu verfahren, so entscheidet das Gericht. Die Anordnung des Vorsitzenden, die Feststellungen über die Kenntnisnahme und die Gelegenheit hierzu und der Widerspruch sind in das Protokoll aufzunehmen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 84/00
vom
7. Juni 2000
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 7. Juni 2000 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 9. August 1999 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt und ein sichergestelltes Handy eingezogen. Mit der Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts wendet sich der Beschwerdeführer gegen seine Verurteilung. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg, so daß es auf die Verfahrensrügen nicht ankommt.
I. Nach den Feststellungen gehörte der Angeklagte zu den Hintermännern eines gescheiterten Rauschgiftgeschäftes, bei dem 30 kg Heroin und 1 kg Kokain für 670.000 DM an die polizeiliche Vertrauensperson B. v erkauft werden sollten. Nach deren Angaben kam es zu zahlreichen Treffen, bei denen für die Verkäuferseite unterschiedliche Personen tätig wurden. Der Angeklagte soll an fünf solcher Treffen teilgenommen und dabei neben weiteren im einzelnen dargestellten Handlungen die Vertrauenswürdigkeit des Scheinaufkäufers
B. überprüft und seine Beteiligung an dem geplanten Geschäft mit zunächst 10 bis 12 kg, dann mit 8 kg Heroin angegeben haben.
II. Die Beweiswürdigung unterliegt durchgreifenden Bedenken. Das Landgericht stützt seine Überzeugung von der Täterschaft des nicht vorbestraften , die Tat bestreitenden Angeklagten auf die Angaben der Vertrauensperson , die diese gegenüber ihrem Führungsbeamten KHK E. in einer Vernehmung zwei Monate nach der Tat und in vier weiteren Nachvernehmungen während der Zeit der Hauptverhandlung gemacht und die dieser als Zeuge in der Hauptverhandlung wiedergegeben hat. Von der Glaubwürdigkeit der Vertrauensperson konnte sich die Strafkammer nicht unmittelbar selbst überzeugen , weil der zuständige Innenminister eine Sperrerklärung abgegeben hatte.
Das Urteil muß schon deshalb aufgehoben werden, weil der Tatrichter bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Vertrauensperson einen rechtlich fehlerhaften Maßstab angelegt hat. Die Strafkammer hat die bestreitende Einlassung des Angeklagten als widerlegt angesehen durch die Angaben der Vertrauensperson , die durch eine "Vielzahl von Kriterien" gestützt würden und bei denen "sich im Laufe der Hauptverhandlung in keinem einzigen Punkt das Gegenteil zu der Darstellung der Vertrauensperson herausgestellt" habe (UA S. 22). In den im Laufe der Hauptverhandlung erforderlich gewordenen Nachvernehmungen , die "zu Modifikationen der Schilderung und ihrer Ergänzung durch zahlreiche Details geführt" habe, sei die Vertrauensperson "in keinem Punkt völlig von ihrer ursprünglichen Aussage abgerückt" (UA S. 19). Die Beweisaufnahme habe ergeben, daß die Angaben der Vertrauensperson "nicht durch andere Beweismittel widerlegt worden" seien (u.a. UA S. 23, 25), andere
Beweismittel diesen ihren Angaben nicht entgegenstehen (UA S. 26, 27) oder ihre Richtigkeit in Frage stellten (UA S. 32). Damit ist den Anforderungen der Rechtsprechung an die Glaubwürdigkeitsüberprüfung einer Vertrauensperson nicht Genüge getan.
1. Zwar werden die Angaben der Vertrauensperson teilweise durch andere Beweismittel gestützt. Diese anderen Beweismittel betreffen jedoch nicht die Tatbeteiligung des Angeklagten, sondern Mitangeklagte und andere anderweitig verfolgte Tatverdächtige, die, so die früheren Mitangeklagten H. und Ha. , in Abrede gestellt haben, den Angeklagten zu kennen, oder bei denen dahinstehen könne (UA S. 31), ob sie den Angeklagten persönlich kennengelernt hätten.
Damit fehlt es an Beweismitteln, die die Aussage der Vertrauensperson einerseits in bezug auf seine Wahrnehmungen von der Tatbeteiligung des Angeklagten , andererseits von der Zugehörigkeit des Angeklagten zur Personengruppe der Verkäuferseite bestätigen.
2. In dieser besonderen Beweissituation darf die Strafkammer sich bei der Bildung ihrer Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten nicht darauf beschränken, festzustellen und im einzelnen zu begründen, daß und warum sie die Angaben der Vertrauensperson durch die Beweisaufnahme nicht für widerlegt erachtet. Vielmehr muß sie nachprüfbar darlegen, daß die nach ihrer Beurteilung glaubwürdigen Angaben der Vertrauensperson durch ein oder mehrere andere Beweismittel, die auf eine Tatbeteiligung des Angeklagten hinweisen, ihre Bestätigung finden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Beurteilung der Aussage eines Zeugen vom Hörensagen
besondere Vorsicht geboten. Handelt es sich bei den von dem Vetrauensperson -Führer bezeugten Angaben um diejenigen eines anonymen Gewährsmanns , so darf darauf eine Feststellung regelmäßig nur dann gestützt werden, wenn diese Angaben durch andere wichtige Beweisanzeichen bestätigt worden sind (BGHSt 42, 15, 25; 39, 141, 145 f.; 36, 159, 166 ff.; BVerfG NStZ 1995, 600 - jew. m. w. Nachw.).
III. Darüber hinaus leidet das Urteil an einem durchgreifenden Darstellungsmangel.
Das Urteil teilt nachvollziehbar mit, daß im Laufe der Hauptverhandlung Nachvernehmungen der Vertrauensperson erfolgen mußten, weil die Vertrauensperson bei ihrer Ursprungsvernehmung nicht wissen konnte, welche Punkte des sehr umfangreichen Sachverhalts, den sie schilderte, besondere Wichtigkeit erlangen könnten (UA S. 18). Im Anschluß daran heißt es: "Dies hat zu Modifikationen der Schilderung und ihrer Ergänzung durch zahlreiche weitere Details geführt, jedenfalls ist die Vertrauensperson in keinem Punkt völlig von ihrer ursprünglichen Aussage abgerückt" (UA S. 19). Sodann nimmt das Landgericht eine umfangreiche Beweiswürdigung vor, ohne indes deutlich zu machen , inwieweit es sich dabei um Modifikationen oder Ergänzungen handelte und welche Beweistatsache gemeint war, bei der die Vertrauensperson nicht völlig von ihrer ursprünglichen Aussage abgerückt ist. In diesem Zusammenhang verweist der Senat auf die in BGHSt 36, 159, 166, 167 niedergelegten Grundsätze. Angesichts der dargelegten Besonderheit der Beweisaufnahme kann das Revisionsgericht nicht nachprüfen, ob das Landgericht die Beweise rechtsfehlerfrei gewürdigt hat.
IV. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
1. Die Revision rügt einen Verstoß gegen §§ 249, 251 und 244 Abs. 2 StPO, weil der Vorsitzende die Einführung von Teilen der Vernehmung der Vertrauensperson im Selbstleseverfahren nach § 249 Abs. 2 StPO angeordnet hat, ohne - was sich aus der Sitzungsniederschrift auch nicht ergibt - zu kontrollieren , ob die Schöffen von dem Inhalt dieser Vernehmungsprotokolle auch tatsächlich Kenntnis genommen haben. Damit liegt ein Verstoß gegen § 249 Abs. 2 StPO vor, weil der Vorsitzende feststellen muß, daß die Richter und Schöffen vom Wortlaut der Schriftstücke Kenntnis genommen haben. Diese Feststellung ist gemäß § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO im Protokoll zu vermerken. Dabei handelt es sich um eine wesentliche Förmlichkeit im Sinne des § 273 StPO. Da schon die Sachrüge durchgreift, kann der Senat die Frage offen lassen , ob auf diesem Verfahrensverstoß das Urteil beruht.
2. Das Landgericht hat das Beweisbegehren auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, daß es unmöglich ist, zwischen 21.07 Uhr und 23.58 Uhr am gleichen Abend die Strecke Neuss, Further Straße und Frankfurt-Innenstadt und zurück mit einem schnellen Auto unter optimalen Verkehrsbedingungen zurückzulegen, als Beweisantrag behandelt und diesen als ohne Bedeutung zurückgewiesen, da keine zureichenden Anhaltspunkte dafür vorlägen, daß das von der Vertrauensperson geschilderte Treffen in Frankfurt Innenstadt stattgefunden habe (Verfahrensrüge Nr. 17). Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift fehlt es bei diesem Antrag nicht schon an der erforderlichen Konnexität zwischen Beweismittel und Beweisbehauptung (vgl. dazu BGHSt 43, 321, 329 f. m.w.Nachw.), da dem Antrag entnommen werden kann, daß durch das Be-
weismittel bewiesen werden sollte, daß der Angeklagte in dem angegebenen Zeitraum nicht an einem Treffen in Frankfurt teilgenommen haben konnte.
Entsprechendes gilt für die Verfahrensrügen Nr. 18 und 19.
3. Der Senat teilt auch nicht die Auffassung des Generalbundesanwalts, daß die Verfahrensrügen Nr. 24 bis 29 - in denen die Nichtverwertung aufgezeichneter und in der Hauptverhandlung abgehörter Telefongespräche zwischen dem Angeklagten und der Vertrauensperson, aufgezeichnete und als Urkunden verlesene Telefonate und als Urkunden verlesene Aussagen der Vertrauensperson beanstandet wird - keine verfahrensrechtlichen Verstöße belegen, sondern im Rahmen der Überprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen Sachrüge berücksichtigt werden müssen. Denn dem Revisionsführer darf nicht die Möglichkeit genommen werden, sein Rechtsmittel auf Verfahrensvorgänge zu stützen, die in den Urteilsgründen nicht behandelt werden.
4. Der Strafausspruch begegnet ebenfalls Bedenken. Die angesichts der gegen den nicht vorbestraften Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe von neun Jahren sehr knappen und meist formelhaften Strafzumessungsgründe lassen nicht erkennen, ob der Tatrichter alle wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte rechtsfehlerfrei gewürdigt und gegeneinander abgewogen hat. Im vorliegenden Fall hätte zudem ein Eingehen auf die Höhe der Strafen der Mitangeklagten nahegelegen, die trotz erheblich gewichtigerer Tatbeiträge, insbesondere trotz Fortführung des gescheiterten
Rauschgiftgeschäfts sowie weiterer Rauschgiftdelikte zu erheblich niedrigeren Freiheitsstrafen verurteilt worden sind (vgl. dazu BGHR StGB § 46 Zumessungsfehler 1; Wertungsfehler 23).
VRiBGH Kutzer ist krank RiBGH Dr. Rissing-van Saan ist Miebach und kann daher nicht in Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. unterschreiben. Winkler Winkler Winkler von Lienen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 25/03
vom
24. Juni 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
zu 2.: unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. Juni
2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - für den Angeklagten R. -
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
I. 1. Auf die Revision des Angeklagten R. gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 18. Juli 2002 wird im Fall II. 13. der Urteilsgründe
a) das Verfahren, soweit es diesen Angeklagten betrifft, mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154a Abs. 2 StPO dahin beschränkt, daß ein Verstoß gegen das Waffengesetz von der Strafverfolgung ausgenommen wird,
b) der Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte R. des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte R. trägt die Kosten seines Rechtsmittels. II. 1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen. 2. Die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft fallen der Staatskasse zur Last. Die den Angeklagten R. und N. insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen tragen sie selbst.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, davon in einem Fall auch in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln sowie (Fall II.13.) unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführung eines Gegenstandes, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist, in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln und unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über einen Totschläger zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt.
Den Angeklagten N. hat es wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln sowie unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Im übrigen hat es ihn freigesprochen.

Die Unterbringung der Angeklagten R. und N. in einer Entziehungsanstalt wurde angeordnet.
Gegen das Urteil haben der Angeklagte R. und die Staatsanwaltschaft - zugunsten beider Angeklagten - Revision eingelegt. Sie erheben die Sachbeschwerde.
Die Revision des Angeklagten R. richtet sich insbesondere gegen die Annahme bewaffneten Handeltreibens im Fall II. 13. der Urteilsgründe und rügt Unklarheiten in der Bezeichnung des mitgeführten Gegenstandes.
Die Staatsanwaltschaft beanstandet die Anordnung der Unterbringung beider Angeklagten in einer Entziehungsanstalt als rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht den erforderlichen Hang, Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, nicht positiv festgestellt, sondern den Zweifelssatz angewendet habe, indem es von den nicht zu widerlegenden Angaben der Angeklagten zu ihrem Drogenkonsum ausgegangen sei.
I. Die Revision des Angeklagten R.
Sie hat nur in geringem Umfang Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts zum Fall II. 13. erwarb der Angeklagte R. in den Niederlanden 853 g Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 611,64 g Kokainhydrochlorid sowie 2.333 g Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 256,63 g Amphetaminbase und führte die Drogen über die deutsche Grenze ein. Sie waren im wesentlichen zum gewinnbringenden Wei-
terverkauf bestimmt. Nur ein geringer Teil des Kokains sollte dem Eigenkon- sum dienen. Bei der Fahrt führte der Angeklagte in dem zum Drogentransport benutzten Pkw einen Teleskopschlagstock mit, der teils in den Urteilsgründen auch als Teleskoptotschläger bezeichnet wird. Nach der Rückkehr wurde der Angeklagte kurz vor seiner Wohnung festgenommen. Die Betäubungsmittel befanden sich im Fußraum der Beifahrerseite. Der Teleskopschlagstock nebst Fahrzeugschein für den gesteuerten Pkw sowie ein Handy mit drei Handykarten wurden in einem Rucksack im Kofferraum aufgefunden und sichergestellt. Der Angeklagte hatte den Teleskopschlagstock auf die Drogenbeschaffungsfahrt mitgenommen, um bei etwaigen Problemen sich dessen bedienen und die Betäubungsmittel verteidigen zu können. Das Landgericht bewertet den mitgeführten Gegenstand als Totschläger im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 53 Abs. 3 Nr. 3 WaffG aF. Es hat für die Tat 13 eine Einzelstrafe von sechs Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verhängt.
2. Der Schuldspruch war in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang abzuändern. Die Änderung des Schuldspruchs hat keinen Einfluß auf den Rechtsfolgenausspruch. Im übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

a) Die unerlaubte Einfuhr der Betäubungsmittel bei der Tat 13 würdigt das Landgericht als eine solche im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG, wie sich aus den Urteilsgründen ergibt. Diese Einfuhr ist aber ein unselbständiger Teilakt des bewaffneten Handeltreibens, wenn sie - wie hier - im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes erfolgt. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG: "wer... ohne Handel zu treiben, einführt ...." (BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - 3 StR 349/02; BGH NStZ-RR 2000, 91). Der tateinheitliche Schuldspruch hatte insoweit zu entfallen.

b) Die Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG hält rechtlicher Nachprüfung stand.
Der vom Angeklagten R. im Pkw mitgeführte Gegenstand war - auch unter Berücksichtigung der Unklarheiten in der Bezeichnung - zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt, ohne daß es einer ausdrücklichen Erörterung in den Urteilsgründen bedurfte. Sowohl bei einem Totschläger als auch bei einem Schlagstock handelt es sich um eine Waffe im technischen Sinn, nämlich eine Hieb- und Stoßwaffe gemäß § 1 Abs. 7 Satz 1 WaffG aF (Steindorf , Waffenrecht 7. Aufl. § 1 WaffG Rdn. 38). Hieb- und Stoßwaffen fallen auch nach dem WaffRNeuRegG vom 11. Oktober 2002, in Kraft seit dem 1. April 2003, unter den Waffenbegriff gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 WaffG nF i.V.m. Anlage 1, Abschnitt 1, Unterabschnitt 2, tragbare Gegenstände 1.1. Es liegt auf der Hand, daß derartige Gegenstände ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und vom Täter auch dazu bestimmt sind (BGHSt 43, 266, 269; BGH, Urteil vom 20. Juni 2000 - 2 StR 123/00 (Teleskopschlagstock); Weber, BtMG 2. Aufl. § 30a Rdn. 167).
Ein Mitsichführen ist gegeben, wenn der Täter den betreffenden Gegenstand bei der Tat bewußt gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, daß er sich seiner jederzeit bedienen kann. Ein Verwendungsvorsatz für die konkrete Tat ist entgegen der Auffassung der Revision nicht erforderlich (BGHSt 43, 8, 14; BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Gegenstand 1 und 2).
An diesem Maßstab gemessen, hat der Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts die Waffe jedenfalls während einer bestimmten Phase des Handeltreibens - bei seiner Rückkehr und Festnahme - im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG mit sich geführt. Auf die weitergehenden Schlußfolgerungen
des Landgerichts im Rahmen der Beweiswürdigung kommt es nicht an. Jederzeit griffbereit war die Waffe für den Angeklagten auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß sie sich im Kofferraum des Pkw's befand, während die Betäubungsmittel im Fußraum der Beifahrerseite lagerten. Der qualifikationsspezifische Gefahrenzusammenhang zwischen Bewaffnung und Handeltreiben ist objektiv gegeben, wenn der Täter im Pkw gleichzeitig die Waffe sowie die Betäubungsmittel aufbewahrt und sich damit auf einer Drogenverkaufsfahrt oder - wie hier - auf einer Drogenbeschaffungsfahrt befindet (BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 2 und 5; Franke/Wienroeder, BtMG 2. Aufl. § 30a Rdn. 20). Bei Bedarf konnte der Angeklagte R. ohne nennenswerten Zeitaufwand auf die Waffe zugreifen.
Das Bewußtsein der Verfügbarkeit bedurfte hier angesichts der Tatsache , daß es sich um eine Waffe im technischen Sinne handelt und der Angeklagte diese gemeinsam mit dem Fahrzeugschein für den gesteuerten Pkw verstaut hatte, weder näherer Prüfung noch Darlegung (BGHSt 43, 8, 14). Danach kann entgegen der Auffassung der Revision von einem Transport "bei Gelegenheit" keine Rede sein.

c) Wegen der Unklarheiten in der Bezeichnung des mitgeführten Gegenstandes wurde ein Verstoß gegen das Waffengesetz gemäß § 154a Abs. 2 StPO von der Strafverfolgung ausgenommen. Ein Schlagstock ist kein Totschläger (Steindorf, aaO § 37 WaffG Rdn. 15). Die Beschränkung des Verfahrens hatte den Wegfall der tateinheitlichen Verurteilung wegen unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über einen Totschläger zur Folge.

d) Von der Änderung des Schuldspruchs bleiben der Ausspruch über die Einzelstrafe für den Fall II.13. und auch der Ausspruch über die Gesamtstrafe
unberührt. Soweit die Einfuhr als Teilakt des Handeltreibens bewertet wird, ändert sich dadurch das Tatunrecht nicht (BGH, Beschluß vom 23. Mai 2000 - 1 StR 200/00 - und Beschluß vom 11. März 2003 - 1 StR 50/03). Das weggefallene Waffendelikt hat das Landgericht bei der Zumessung der Einzel- und der Gesamtstrafe nicht strafschärfend berücksichtigt.
II. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft
1. Sie sind nicht ausdrücklich beschränkt. Eine Beschränkung allein auf die Maßregelanordnung gemäß § 64 StPO, deren Aufhebung beantragt wird, wäre insoweit unwirksam, als diese nach den Urteilsgründen bei beiden Angeklagten Einfluß auf die Strafzumessung genommen hat (BGHSt 38, 362, 365). Unter Berücksichtigung der Angriffsrichtung ist dem Revisionsvorbringen jedoch eine zulässige Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch zu entnehmen (BGHR StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 13). Diese Beschränkung führt dazu, daß auf die Revision der Staatsanwaltschaft keine Schuldspruchänderung zugunsten des Angeklagten R. auszusprechen war.
2. Die vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg. Sie wurden zugunsten der Angeklagten R. und N. eingelegt, denn die Maßregelanordnung beschwert die Angeklagten (BGHSt 38, 4, 7; BGHR StGB § 64 Ablehnung 1). Die angeordnete Unterbringung beider Angeklagten in einer Entziehungsanstalt ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach den Urteilsfeststellungen haben die Angeklagten in der Hauptverhandlung Angaben zu ihrem Drogenkonsum gemacht, die das Landgericht als "letztlich nicht zu widerlegen" bezeichnet hat. Diese Formulierung - isoliert ge-
sehen - könnte zwar besorgen lassen, daß das Landgericht einen Hang der Angeklagten, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen als Grundlage der Taten nicht positiv festgestellt habe. Eine solche positive Feststellung ist aber Voraussetzung für die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (BGH NStZ-RR 2001, 295; BGH, Beschluß vom 6. November 2002 - 1 StR 382/02). Die Beweiswürdigung zum Hang in ihrer Gesamtheit läßt jedoch mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, daß das Landgericht - trotz mißverständlicher Formulierung - den Zweifelssatz nicht in seine Überzeugungsbildung einbezogen hat, sondern von der Richtigkeit der Angaben der Angeklagten zu ihrem Drogenkonsum ausgegangen ist (UA S. 238 bis 243 R. , 249 bis 250 N. ). Diese Überzeugung des Landgerichts ist revisionsrechtlich hinzunehmen, auch wenn die Annahme eines Hanges hier nicht nahegelegen hat.
Die Nachprüfung des Rechtsfolgenausspruchs im übrigen hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
3. Die durch die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft den Angeklagten R. und N. erwachsenen notwendigen Auslagen tragen diese gemäß § 473 Abs. 1 und 2 StPO selbst, weil die zu ihren Gunsten eingelegten Rechtsmittel erfolglos blieben (Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl. § 473 Rdn. 16).
Nack Boetticher Schluckebier
Hebenstreit Elf