Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2003 - 1 StR 473/02

bei uns veröffentlicht am16.01.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 473/02
vom
16. Januar 2003
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Januar 2003 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 26. Juli 2002 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Ergänzend bemerkt der Senat: Zu Recht hat das Landgericht den Angeklagten auch im Fall 2 der Urteilsgründe wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Die tatgegenständlichen Mengen von Heroin und Kokain (Wirkstoffmengen: 1 g Heroinhydrochlorid; 3,125 g Kokainhydrochlorid) erreichten je für sich zwar nicht den jeweiligen Grenzwert zur "nicht geringen Menge" (1,5 g Heroinhydrochlorid, 5 g Kokainhydrochlorid; vgl. BGHSt 32, 162; 33, 133). Das Landgericht durfte aber auf die Gesamtheit der Wirkstoffmengen abstellen. Dies kann in der Weise geschehen, daß der Bruchteil oder Prozentsatz der Einzelwirkstoffmengen vom jeweiligen Grenzwert der nicht geringen Menge bestimmt und diese Bruchteile oder Prozentsätze sodann zusammengezählt werden. Erreicht die Summe der Bruchteile den Wert 1 oder 100 Prozent, ist eine nicht geringe Menge gegeben. Möglich ist auch, so wie das Landgericht hier zu verfahren: Es hat die Einzelwirkstoffmengen der verschiedenen Betäubungsmittel im Verhältnis ihrer Grenzwerte zur nicht geringen Menge ("im Verhältnis ihrer Gefährlichkeit") fiktiv so umgerechnet, daß die eine der beiden Einzelmengen mit der sich aus dem Verhältnis der Grenzwerte für die nicht geringe Menge ergebenden Gewicht addiert wird (siehe zu alldem Franke/Wienroeder BtMG 2. Aufl. § 29a Rdn. 22; Weber BtMG § 29a Rdn. 115 - 117; vgl. weiter BayObLG NStE Nr. 5 zu § 30 BtMG; Joachimski/Haumer BtMG 7. Aufl. § 29a Rdn. 20, 26; Cassardt NStZ 1997, 135, 136 [Anmerkung ]; anders: Körner BtMG 4. Aufl. § 29a Rdn. 78). Die Berücksichtigung der Gesamtmenge der Wirkstoffe rechtfertigt sich aus dem Grad der Gefahr für das geschützte Rechtsgut und steht im Einklang mit dem Wortlaut der Strafvorschrift (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG), die - in der Mehrzahl - das Handeltreiben "mit Betäubungsmitteln" in nicht geringer Menge voraussetzt und damit zuläßt, daß erst mehrere Betäubungsmittel zusammen die "nicht geringe Menge" ergeben, die dann aber nach dem unterschiedlichen Grad ihrer Gefährlichkeit zu berücksichtigen sind. Nack Wahl Schluckebier Kolz Elf

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung s

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.