Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Nov. 2002 - 1 StR 363/02

published on 06/11/2002 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Nov. 2002 - 1 StR 363/02
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 363/02
vom
6. November 2002
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen zu 1., 2. und 4.: schweren Raubes u.a.
zu 3.: Beihilfe zum schweren Raub u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. November 2002 beschlossen
:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landge-
richts Augsburg vom 27. Februar 2002 werden als unbegründet
verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen
keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten
ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen. Die Angeklagen P. , R. und S. haben die
dem Nebenkläger W. im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Darüber hinaus haben die Angeklagten A , P. und
S. die den Adhäsionsantragstellern L. und U. G.
im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu
tragen.
Ergänzend zum Vorbringen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat
:
1. Entgegen der Auffassung der Strafkammer werden die von den jeweiligen
Tätern begangenen (gefährlichen) Körperverletzungen (Schläge, Tritte,
sonstige Mißhandlungen) z. N. der Opfer der Überfälle (Eheleute G. und
W. ) nicht von den Verurteilungen wegen (schweren) Raubes kon-
sumiert, auch wenn die Körperverletzungen Mittel der Gewaltanwendungen bei
den Raubüberfällen waren. Eine Gewaltanwendung i.S.d. §§ 249 ff. StGB muß
nicht so intensiv sein, daß zugleich der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt
ist (vgl. BGH, Beschl. vom 13. März 2002 - 1 StR 47/02 m.w.N.). Die hier vorliegenden
körperlichen Mißhandlungen der Geschädigten gehen demgegenüber
weit über das für die Verurteilung wegen Raubs erforderliche Maß der
Gewalt hinaus, enthalten zusätzliches Unrecht und werden von der Verurteilung
wegen (schweren) Raubs nicht umfaßt (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 173, 174
m.w.N.). Von der danach gebotenen Änderung des Schuldspruchs zum Nachteil
der Angeklagten, der der Umstand, daß nur die Angeklagten Revision eingelegt
haben, nicht entgegenstünde (st. Rspr., vgl. die Nachw. bei Kuckein in
KK 4. Aufl. § 358 Rdn. 18), sieht der Senat im Hinblick auf § 265 StPO jedoch
ab.
2. Die Strafkammer hat im Rahmen eines Adhäsionsverfahrens durch
Grundurteil (unter anderem) ausgesprochen, daß die Angeklagten A. ,
P. und S. verpflichtet sind, den Eheleuten G. im Hinblick auf den
hier abgeurteilten Überfall Schmerzensgeld zu zahlen. Von der Bezifferung des
Schmerzensgeldes hat die Strafkammer abgesehen, "da für das mit ihm verbundene
Sanktionsinteresse eine entscheidende Rolle spielt, ob die drei Mittäter
rechtskräftig verurteilt werden und diese Strafe dann auch verbüßen".
Auch wenn die Verletzten gegen die Entscheidung der Strafkammer im
Adhäsionsverfahren kein Rechtsmittel einlegen können (§ 406 a Abs. 1 StPO)
und die Angeklagten hier nicht dadurch beschwert sind, daß die Strafkammer
über den Schmerzensgeldanspruch nur dem Grunde nach entschieden hat,
weist der Senat darauf hin, daß die Auffassung der Strafkammer nicht der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspricht. Danach wirkt sich bei vor-
sätzlichen Straftaten die strafgerichtliche Verurteilung und gegebenenfalls die
Verbüßung einer dabei verhängten Freiheitsstrafe auf die Bemessung des
Schmerzensgeldes nicht aus (BGH NJW 1996, 1591; BGHZ 128, 117, 121,
124). Träfe dagegen die Auffassung der Strafkammer zu, könnte im Rahmen
eines Adhäsionsverfahrens niemals der Höhe nach über einen Schmerzensgeldanspruch
entschieden werden, weil beim Erlaß des Strafurteils, in dem zugleich
über die zivilrechtlichen Ansprüche entschieden wird (§ 406 Abs. 1 Satz
1 StPO "im Urteil"), dessen Rechtskraft nicht feststeht. Wenn der den Adhäsionsanspruch
begründende Schuldspruch nicht rechtskräftig werden, sondern
im weiteren Verlauf des Verfahrens wieder entfallen sollte, ist vielmehr auch
die Adhäsionsentscheidung wieder aufzuheben (§ 406a Abs. 3 StPO; vgl. hierzu
im einzelnen Hilger in Löwe/Rosenberg StPO, 25. Aufl. § 406a Rdn. 11
m.w.N.). Käme es, wie die Strafkammer darüberhinaus meint, nicht nur auf die
Rechtskraft der Verurteilung, sondern auch auf die tatsächliche Strafverbüßung
an, hätte dies zur Folge, daß über Schmerzensgeldansprüche, die auf schwerwiegende
Straftaten zurückgehen, auf Jahre hinaus nicht abschließend entschieden
werden könnte. Mit dem Grundsatz, daß schon aus Gründen der
Verfahrensökonomie das durch die Straftat entstandene gesetzliche Schuldverhältnis
im Adhäsionsverfahren nicht zuletzt auch im Interesse des Tatopfers
möglichst abschließend erledigt werden soll (BGH, Urteil vom 21. August 2002
- 5 StR 291/02, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt), wäre dies unvereinbar.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Gegen den Beschluss, mit dem nach § 406 Abs. 5 Satz 2 von einer Entscheidung über den Antrag abgesehen wird, ist sofortige Beschwerde zulässig, wenn der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt worden und solange keine den Rechtszug abschließende Entscheidung ergangen ist. Im Übrigen steht dem Antragsteller ein Rechtsmittel nicht zu.

(2) Soweit das Gericht dem Antrag stattgibt, kann der Angeklagte die Entscheidung auch ohne den strafrechtlichen Teil des Urteils mit dem sonst zulässigen Rechtsmittel anfechten. In diesem Falle kann über das Rechtsmittel durch Beschluss in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden. Ist das zulässige Rechtsmittel die Berufung, findet auf Antrag des Angeklagten oder des Antragstellers eine mündliche Anhörung der Beteiligten statt.

(3) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung ist aufzuheben, wenn der Angeklagte unter Aufhebung der Verurteilung wegen der Straftat, auf welche die Entscheidung über den Antrag gestützt worden ist, weder schuldig gesprochen noch gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird. Dies gilt auch, wenn das Urteil insoweit nicht angefochten ist.