Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 36/17
vom
23. Januar 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:230118B1STR36.17.1

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Januar 2018 beschlossen :
Der Antrag auf Ablehnung des Richters am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf wegen Besorgnis der Befangenheit wird als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.


1
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 7. Januar 2018 hat der Angeklagte sämtliche Mitglieder des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und dieses Befangenheitsgesuch im Wesentlichen darauf gestützt, dass eine Bearbeitung des Verfahrens seit Eingang am 4. Mai 2017 beim Bundesgerichtshof – auch in Anbetracht der Inhaftierung des Angeklagten – nicht erfolgt sei. Weder dem Verteidiger noch dem Angeklagten sei bekannt, wer das Verfahren bearbeite, sodass sich das Befangenheitsgesuch gegen sämtliche Richter des Senats richte.
2
Das Befangenheitsgesuch gegen die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, Bellay, die Richterin am Bundesgerichtshof Cirener, den Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Radtke, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer und den Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bär hat der Senat durch Beschluss vom 11. Januar 2018 gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO als unzulässig verworfen. Hinsichtlich des gegen den Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf gerichteten Befangenheitsgesuchs wurde dem Angeklagten die Gelegenheit gegeben, zu dem an seinen Verteidiger gerichteten Schreiben des Se- natsvorsitzenden vom 11. Januar 2018 Stellung zu nehmen. Gegenstand dieses Schreibens war die Beantwortung der Frage, welche Richter in dieser Sache in Vertretung des Vorsitzenden tätig geworden sind. Eine Stellungnahme hierzu gab der Angeklagte nicht ab.

II.


3
Die Ablehnung des Richters am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf ist unzulässig (§ 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO).
4
Der Angeklagte stützt sein Ablehnungsgesuch gegen Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf auf eine aus rechtlichen Gründen völlig ungeeignete Begründung; diese steht rechtlich einer fehlenden Begründung gleich (BGH, Beschlüsse vom 22. März 2017 – 5 StR 583/16, NStZ-RR 2017, 180 und vom 9. Juli 2015 – 1 StR 7/15, NStZ-RR 2015, 283, jeweils mwN, zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit vgl. BGH, Beschluss vom 10. August 2005 – 5 StR 180/05, BGHSt 50, 216, 220).
5
Soweit der Angeklagte die voraussichtlich an einer zukünftigen Entscheidung im hiesigen Verfahren beteiligten Richter deswegen für befangen erachtet , weil sie in der Sache bisher nicht mit Blick auf eine beschleunigte Entscheidung tätig geworden seien, vermag dies unter keinem denkbaren Gesichtspunkt eine Besorgnis der Befangenheit dieser Richter zu begründen. Der Umstand , dass Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf in Vertretung des Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof Dr. Raum eine verfahrensleitende Verfügung getroffen hat, indem er die Weiterleitung des Schreibens von Rechtsanwalt K. vom 18. Mai 2017 an die Verfahrensbeteiligten verfügt hat, ändert hieran nichts.
Jäger Bellay Radtke Fischer Bär

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Strafprozeßordnung - StPO | § 26a Verwerfung eines unzulässigen Ablehnungsantrags


(1) Das Gericht verwirft die Ablehnung eines Richters als unzulässig, wenn 1. die Ablehnung verspätet ist,2. ein Grund zur Ablehnung oder ein Mittel zur Glaubhaftmachung nicht oder nicht innerhalb der nach § 26 Absatz 1 Satz 2 bestimmten Frist angege

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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Aug. 2005 - 5 StR 180/05

bei uns veröffentlicht am 10.08.2005

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja StPO §§ 26a, 338 Nr. 3 Ein Ablehnungsgesuch ist auch dann im Sinne von § 338 Nr. 3 StPO „mit Unrecht verworfen“, wenn die unter Mitwirkung des abgelehnten Richters beschlossene Verwerfung gemäß §

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. März 2017 - 5 StR 583/16

bei uns veröffentlicht am 22.03.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 583/16 vom 22. März 2017 in der Strafsache gegen wegen versuchter Nötigung u.a. hier: Anhörungsrüge und Ablehnungsgesuche ECLI:DE:BGH:2017:220317B5STR583.16.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2015 - 1 StR 7/15

bei uns veröffentlicht am 09.07.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 S t R 7 / 1 5 vom 9. Juli 2015 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juli 2015 gemäß §§ 26a, 45,

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(1) Das Gericht verwirft die Ablehnung eines Richters als unzulässig, wenn

1.
die Ablehnung verspätet ist,
2.
ein Grund zur Ablehnung oder ein Mittel zur Glaubhaftmachung nicht oder nicht innerhalb der nach § 26 Absatz 1 Satz 2 bestimmten Frist angegeben wird oder
3.
durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen.

(2) Das Gericht entscheidet über die Verwerfung nach Absatz 1, ohne daß der abgelehnte Richter ausscheidet. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 3 bedarf es eines einstimmigen Beschlusses und der Angabe der Umstände, welche den Verwerfungsgrund ergeben. Wird ein beauftragter oder ein ersuchter Richter, ein Richter im vorbereitenden Verfahren oder ein Strafrichter abgelehnt, so entscheidet er selbst darüber, ob die Ablehnung als unzulässig zu verwerfen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 583/16
vom
22. März 2017
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Nötigung u.a.
hier: Anhörungsrüge und Ablehnungsgesuche
ECLI:DE:BGH:2017:220317B5STR583.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. März 2017 beschlossen:
1. Auf Antrag des Angeklagten wird das Verfahren in den Stand vor Erlass des Beschlusses des Senats vom 21. Februar 2017 zurückversetzt. 2. Die Ablehnungsgesuche vom 4. Oktober 2016 und vom 1. März 2017 werden als unzulässig verworfen. 3. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 15. Juli 2016 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
1. Die vom Angeklagten erhobene Anhörungsrüge ist gemäß § 356a StPO zulässig und begründet. Der Senat hat die Revision des Angeklagten durch den Beschluss vom 21. Februar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen, ohne zuvor über den am 4. Oktober 2016 gestellten Befangenheitsantrag entschieden zu haben. Hierdurch wurde der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
2
2. Der Befangenheitsantrag des Angeklagten vom 4. Oktober 2016 gegen Mitglieder des Senats, der an deren Befassung mit früheren Senatsbeschlüssen anknüpft, ist nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO unzulässig. Soweit er sich auf zwischenzeitlich aus dem Senat ausgeschiedene Richter bezieht, geht er ins Leere. Im Übrigen stützt der Angeklagte sein Ablehnungsgesuch auf eine aus rechtlichen Gründen völlig ungeeignete Begründung; diese steht rechtlich einer fehlenden Begründung gleich (BGH, Beschlüsse vom 10. August 2005 – 5StR 180/05, BGHSt 50, 216, 220 auch zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit ; vom 13. Juli 2006 – 5 StR 154/06, BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 14). Die Beteiligung von Richtern an einer (Vor-)Entscheidung vermag deren Befangenheit grundsätzlich nicht zu begründen (BGHSt aaO, 221).
3
Soweit sich der Befangenheitsantrag des Angeklagten vom 1. März 2017 rückwirkend auf die Mitwirkung der abgelehnten Richter an dem Verwerfungsbeschluss vom 21. Februar 2017 bezieht, ist er nach der Zurückversetzung des Verfahrens in den Stand vor diesem Beschluss gegenstandslos. Soweit der Angeklagte sich gegen die Mitwirkung der abgelehnten Richter an weiteren Entscheidungen in dieser Sache wenden will, ist der Ablehnungsantrag entsprechend dem oben Gesagten unzulässig.
4
3. Die durch den Verteidiger des Angeklagten eingelegte und mit der allgemeinen Sachrüge begründete Revision gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 15. Juli 2016 war auf Antrag des Generalbundesanwalts vom 6. Januar 2017 zu verwerfen. Dieser Antrag wurde dem Verteidiger des Angeklagten am 9. Januar 2017 zugestellt; dem Erfordernis der Gewährung rechtlichen Gehörs wurde damit insoweit genügt. Die vom Angeklagten selbst einge- reichte Revisionsrechtfertigung stellt demgegenüber aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keine zulässige Revisionsbegründung nach § 345 Abs. 2 StPO dar.
Mutzbauer Schneider Dölp
König Berger

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 7 / 1 5
vom
9. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juli 2015 gemäß §§ 26a,
45, 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Die Ablehnung der Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer wird als unzulässig verworfen. 2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision wird als unzulässig verworfen. 3. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18. September 2014 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
2
Dem Urteil ist eine verfahrensfördernde Verständigung gemäß § 257c StPO vorausgegangen (UA S. 18). Gegen den Mitangeklagten P. ‘ ist das Urteil rechtskräftig.
3
Gegen das Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
4
Sein Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
5
I. Die Ablehnung der Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer ist unzulässig (§ 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO).
6
1. Mit Schreiben vom 12. April 2015 hat der Angeklagte den "kompletten" Strafsenat wegen Befangenheit abgelehnt, weil er verschiedene Anträge des Angeklagten nicht (sofort) beantwortet und keine Eingangsbestätigung für seine Schreiben erteilt habe. Von der gemäß § 27 Abs. 1 StPO zuständigen Besetzung wurde die Ablehnung dahin interpretiert, dass nicht der gesamte Strafsenat , sondern nur die für den Fall zuständige Spruchgruppe abgelehnt ist. Es wurden dienstliche Äußerungen der abgelehnten Richter eingeholt und dem Angeklagten zugesandt. Nach Erhalt der dienstlichen Äußerungen des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden, aus denen sich ergab, dass die Sache im Senat bereits intensiv bearbeitet wurde, hat der Angeklagte mit Schreiben vom 22. Mai 2015 seinen "Befangenheitseinwand" zurückgezogen.
7
Nach Erhalt der weiteren drei dienstlichen Äußerungen teilte der Angeklagte durch Schreiben vom 28. Mai 2015 mit, dass er den Befangenheitsantrag erneut stelle, wobei er seine Ablehnung ausdrücklich auf Frau Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer beschränkte. Diese hatte in ihrer dienstlichen Äußerung geschrieben, dass es zutreffend sei, dass sie bislang auf Anträge und Schreiben des Angeklagten nicht geantwortet habe. Der Angeklagte ist der Auffassung, sie habe "lakonisch und gleichgültig nur einen Satz" geschrieben, seine "Korrespondenz ignoriert", es mangle am "Informationsaustausch".
8
Durch Beschluss vom 24. Juni 2015 wurde von der gemäß § 27 Abs. 1 StPO zuständigen Besetzung festgestellt, dass das Befangenheitsgesuch vom 12. April 2015, welches sich gegen jedes Mitglied der Spruchgruppe richtete, vom Angeklagten mit Schreiben vom 22. Mai 2015 zurückgenommen wurde.
9
2. Das Schreiben des Angeklagten vom 28. Mai 2015 ist dahin zu verstehen , dass er ausschließlich Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer ablehnt.
10
Die Ablehnung weiterer Richter wäre ohnehin unzulässig, weil kein Grund zur Ablehnung angegeben wurde (§ 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO).
11
Auch die Ablehnung von Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer ist unzulässig.
12
a) Eine Wiederholung der Ablehnung aus demselben Grund ist unzulässig (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 58. Aufl. 2015, Rn. 3 zu § 26 und Rn. 4b zu § 26a). Der "Grund" der Ablehnung ist inhaltlich derselbe wie in der ersten (zurückgenommenen) Ablehnung. Der Vorwurf ging und geht im Kern dahin, dass seine Schreiben nicht beantwortet wurden. Die dienstliche Äußerung ist danach kein neuer Grund, sondern - aus Sicht des Angeklagten - nur ein Beleg für seine ursprüngliche Behauptung. Inhaltlich wird kein neuer Grund vorgetragen , so dass die erneute Ablehnung schon von daher unzulässig ist.
13
b) Es kann offen bleiben, ob die Ablehnung auch deshalb unzulässig ist, weil der Angeklagte kein Mittel zur Glaubhaftmachung angegeben hat (§ 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO).
14
c) Die Ablehnung ist weiter unzulässig, weil kein Grund zur Ablehnung angegeben wurde (§ 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO).
15
Das Vorbringen des Angeklagten war zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet; ein solcher Fall steht dem gänzlichen Fehlen einer Begründung nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO gleich (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2014 - 3 StR 262/14, NStZ 2014, 725 f.; BGH, Beschluss vom 15. November 2012 - 3 StR 239/12, NStZ-RR 2013, 153; MeyerGoßner /Schmitt aaO, Rn. 4a zu § 26a m. zahlr. w.N.).
16
Bei der Prüfung, ob die für eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit gegebene Begründung in dem genannten Sinne völlig ungeeignet ist, muss allerdings Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG in den Blick genommen werden, weil von der richterlichen Beurteilung des Ablehnungsgesuchs als zulässig oder unzulässig die Zusammensetzung der Richterbank abhängt. Die Vorschrift des § 26a StPO ist deshalb eng auszulegen (BVerfG, Beschluss vom 2. Juni 2005 - 2 BvR 625/01 und 2 BvR 638/01, NJW 2005, 3410).
17
Dass ein Beisitzer des Senats mit dem Angeklagten keinen Informationsaustausch führt, ist eine Selbstverständlichkeit. Deshalb ist die dem Angeklagten ohnehin bekannte Mitteilung, dass Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer bislang auf Anträge und Schreiben nicht geantwortet habe, offensichtlich völlig ungeeignet, ein Ablehnungsgesuch zu rechtfertigen.
18
Dies gilt hier umso mehr als der Angeklagte bereits über sein Generalkonsulat in Kenntnis gesetzt wurde, wie er in seinem ersten Befangenheitsgesuch vom 12. April 2015 bestätigt, dass der Bundesgerichtshof nicht verpflichtet ist, alle eingehenden Schreiben zu beantworten. Es liegt auf der Hand, dass in der fehlenden Beantwortung eines Schreibens eines Angeklagten nicht impliziert zu sehen ist, dass sein Vorbringen bei der Beratung im Senat nicht gewürdigt wird.
19
Sein Vorbringen, aus der fehlenden Beantwortung seiner Schreiben sei Befangenheit zu besorgen, ist daher ohne nähere Prüfung und losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalles zur Begründung der Besorgnis gänzlich ungeeignet.
20
Es ist noch weniger geeignet, als eine bloße prozessordnungsgemäße Mitwirkung an einer Vorentscheidung oder eine bloße Vorbefassung mit der Sache, die zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet sind (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt aaO, Rn. 4a zu § 26a).
21
II. Der Wiedereinsetzungsantrag war als unzulässig zu verwerfen.
22
Der Angeklagte hat weder Tatsachen zur Begründung seines Antrags, weshalb er ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO) vorgetragen noch glaubhaft gemacht (§ 45 Abs. 2 Satz 1 StPO).
23
Er hat auch nicht innerhalb der Frist die versäumte Handlung nachgeholt (§ 45 Abs. 2 Satz 2 StPO).
24
Soweit der Angeklagte einen Zusammenhang zwischen Wiedereinsetzungsantrag und seinem Protokollberichtigungsantrag sieht, ist darauf hinzu- weisen, dass das (hierfür zuständige) Landgericht seinen Antrag auf Protokollberichtigung durch Beschluss vom 19. Februar 2015 abgelehnt hat und auch sein Wiedereinsetzungsgesuch als unzulässig zurückgewiesen hat.
25
Für die Nachholung von Verfahrensrügen der bereits formgerecht begründeten Revision (hier durch die erhobene Sachrüge), kann dem Angeklagten , der mit seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung anwesend war, Wiedereinsetzung grundsätzlich nicht bewilligt werden (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 - 2 StR 396/14, auch die Nachweise zur st. Rspr. bei Meyer-Goßner/Schmitt aaO, Rn. 7 zu § 44). Ein Ausnahmefall liegt hier ersichtlich nicht vor. Ohnehin hat hier der Angeklagte nicht eine § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechende Verfahrensrüge nachgeholt bzw. erhoben (vgl. auch BGH, Beschluss vom 15. April 2015 - 4 StR 509/14).
26
III. Ein extremer Ausnahmefall, wonach bei einer rechtsstaatswidrigen Tatprovokation ein Verfahrenshindernis angenommen werden kann, (vgl. hierzu BVerfG, 2. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 18. Dezember 2014 - 2 BvR 209/14, 2 BvR 240/14, 2 BvR 262/14), liegt hier nach den getroffenen Feststellungen ersichtlich nicht vor.
27
IV. Eine § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechende Verfahrensrüge ist nicht erhoben und nach den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 29. Januar 2015, die durch das weitere - urteilsfremde - Vorbringen des Angeklagten nicht entkräftet werden, ohnehin unbegründet.
28
V. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der erhobenen Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
29
1. Die Beweiswürdigung weist keinen Rechtsfehler auf.
30
Die Feststellungen beruhen auf dem glaubhaften Geständnis des Angeklagten , das durch weitere Beweismittel verifiziert wurde, so durch die Angaben des Mitangeklagten und durch die Aussagen zweier polizeilichen Sachbearbeiter (UA S. 11).
31
Soweit der Angeklagte - insbesondere mit urteilsfremdem Vorbringen - eine eigene Beweiswürdigung vornimmt, kann er damit in der Revisionsinstanz nicht gehört werden.
32
Eine formgerechte Verfahrensrüge (insbesondere Aufklärungsrüge) hat er nicht erhoben.
33
2. Die fehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch.
34
Der Tatrichter durfte in den Fällen II.1. und II.3. der Urteilsgründe davon ausgehen, dass mit einer "nicht geringen Menge" Handel getrieben wurde. Das Landgericht hat zwar nicht ausdrücklich angegeben, von welchem Grenzwert der nicht geringen Menge an Fentanyl es ausgegangen ist.
35
Der Senat hat aber schon in dem Verfahren 1 StR 215/12 durch Beschlussverwerfung nach § 349 Abs. 2 StPO keine Bedenken gegen einen Grenzwert von 75 mg geäußert und hat in seinem Beschluss vom 10. März 2015 (1 StR 64/15) bestätigt, dass der Grenzwert der nicht geringen Menge an Fentanyl rechtsfehlerfrei auf eine Wirkstoffmenge von 75 mg festgesetzt wurde. Nachdem das Verfahren 1 StR 215/12 ebenfalls vom Landgericht NürnbergFürth kam, ist davon auszugehen, dass dieses sich rechtsfehlerfrei an der Wirkstoffmenge von 75 mg orientiert hat. Da im Falle II.1. der Urteilsgründe mit 126 mg Fentanyl und im Falle II.3. der Urteilsgründe mit 487,2 mg Fentanyl Handel getrieben wurde, war der Grenzwert der nicht geringen Menge jeweils überschritten.
36
3. Der Strafausspruch begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
37
Das Landgericht hat neben seinem umfassenden Geständnis ausdrücklich zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass "sämtliche Taten polizeilich überwacht wurden und die gegenständlichen Betäubungsmittel vollständig polizeilich sichergestellt werden konnten" (UA S. 13).
38
"Erheblich zugunsten" des Angeklagten wurde weiter gewertet, dass er zu den Taten durch eine polizeilich geführte Vertrauensperson provoziert wurde.
39
Das Landgericht durfte ohne Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten würdigen, dass es sich bei Methamphetamin und Fentanyl (vgl. hierzu auch Körner/Patzak/Volkmer BtMG, 7. Aufl., Stoffe Teil 1 Rn. 297, S. 1785) um sehr gefährliche Drogen mit hohem Suchtpotential handelt.
40
Die Urteilsgründe in ihrer Gesamtheit lassen - worauf der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 29. Januar 2015 zutreffend hinweist - nicht besorgen, dass der Tatrichter übersehen hätte, dass Beihilfe einen vertypten Milderungsgrund darstellt, der bei der Prüfung eines minder schweren Falles heranzuziehen ist. Das maßgebliche Gewicht der Beihilfehandlung drängte auch nicht zur Annahme eines minder schweren Falles, da die Tätigkeit des Angeklagten nahe an einer Mittäterschaft lag.
41
Die Strafrahmenwahl ist daher rechtlich nicht zu beanstanden. Ohnehin kann bei der verhängten Strafe ausgeschlossen werden, dass es bei Bejahung eines minder schweren Falles statt einer Milderung gemäß §§ 27, 49 StGB zu einer milderen Strafe gekommen wäre.
42
Weder die verhängten Einzelstrafen noch die gebildete Gesamtstrafe haben sich nach oben von ihrer Bestimmung gelöst, gerechter Schuldausgleich zu sein.
43
4. Die Ausführungen des Tatrichters zur Nichtanordnung einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) lassen keinen Rechtsfehler erkennen.
44
Sachverständig beraten legt das Landgericht dar, weshalb der Angeklagte keinen Hang hat, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen.
45
VI. Im Revisionsverfahren ist die Sache nicht rechtsstaatswidrig (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) verzögert worden.
46
Der Generalbundesanwalt hat die Sache, die bei ihm im Januar 2015 einging, noch im Januar bearbeitet und dem Senat vorgelegt.
47
Der Angeklagte selbst hat mit Schreiben vom 3. Februar 2015 um Verlängerung der Frist des § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO gebeten. Eine Verlängerung der gesetzlichen Frist kam zwar aus Rechtsgründen nicht in Betracht (vgl. Meyer -Goßner/Schmitt aaO, Rn. 17 zu § 349 StPO mwN), doch wurde zugewartet, dass der Angeklagte zur Niederschrift des Urkundsbeamten beim Amtsgericht Würzburg eine weitere Gegenerklärung abgeben konnte. Für den vorgesehe- nen Beratungstermin am 15. April 2015 war ein umfangreicher Vermerk des Berichterstatters verteilt worden.
48
Da der Angeklagte mit Schreiben vom 12. April 2015 die zuständige Spruchgruppe ablehnte, konnte am 15. April 2015 keine Entscheidung in der Sache selbst getroffen werden. Nachdem das Befangenheitsgesuch von der gemäß § 27 Abs. 1 StPO zuständigen Besetzung am 24. Juni 2015 als zurückgenommen festgestellt wurde, ist - auch unter Beachtung des erneuten Ablehnungsantrags - bereits am nächsten Beratungstermin die Sache durch den Senat entschieden worden. Eine noch zügigere Behandlung der Sache hat der Angeklagte selbst durch seine Anträge verhindert.
Raum Rothfuß Jäger Radtke RinBGH Dr. Fischer befindet sich im Urlaub und ist deshalb an der Unterschriftsleistung verhindert. Raum
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Ein Ablehnungsgesuch ist auch dann im Sinne von § 338
Nr. 3 StPO „mit Unrecht verworfen“, wenn die unter Mitwirkung
des abgelehnten Richters beschlossene Verwerfung
gemäß § 26a StPO als unzulässig auf einer willkürlichen
oder die Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG
grundlegend verkennenden Rechtsanwendung beruht; auf
die sachliche Berechtigung der Ablehnungsgründe kommt
es in diesem Fall nicht an (Abkehr von BGHSt 23, 265;
im Anschluss an BVerfG [Kammer], Beschluss vom
2. Juni 2005 – 2 BvR 625 und 638/01).
BGH, Beschluss vom 10. August 2005 – 5 StR 180/05
LG Hamburg-

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 10. August 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. August 2005

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 17. August 2004 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten – unter Einbeziehung verschiedener Einzelfreiheitsstrafen aus einer vorangegangenen Verurteilung – wegen Vergewaltigung (Einsatzfreiheitsstrafe sechs Jahre) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
1. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
a) Der Angeklagte hat den Vorsitzenden der Strafkammer wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Er hat seine Ablehnung auf die Mitwirkung des Richters in einem vorangegangenen Verfahren gegen einen anderen Angeklagten unter anderem wegen weiterer Vergewaltigungen desselben Opfers und wegen Menschenhandels gestützt: Der Richter habe aufgrund der Angaben der in beiden Verfahren als Hauptbelastungszeugin auftretenden Geschädigten Feststellungen zu dem Vorwurf des hiesigen Verfahrens – einer zuvor verübten Vergewaltigung – getroffen, die nach Auffassung des Angeklagten in jenem Verfahren nicht zwingend erforderlich gewesen wären.
Aufgrund des Ausmaßes der vorangegangenen Festlegung zum Tatgeschehen sowie zur Glaubwürdigkeit der Zeugin gebe es für den Angeklagten begründeten Anlass, an der Unparteilichkeit des Richters zu zweifeln. Die Feststellungen im Vorverfahren zum Tatvorwurf im hiesigen Verfahren stünden weder notwendig noch untrennbar mit den zuvor verhandelten Vorwürfen gegen den damaligen Angeklagten in Zusammenhang, so dass ein Sonderfall vorliege, der ausnahmsweise die Ablehnung wegen Vorbefassung rechtfertige.

b) Die Strafkammer hat das Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung des abgelehnten Richters gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO als unzulässig verworfen : Die angegebene Begründung sei aus zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet, was dem Fehlen einer Begründung im Sinne von § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO gleichstehe; für einen in der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefall vom Grundsatz, dass eine Vorbefassung die Besorgnis der Befangenheit regelmäßig nicht begründe, gebe es keinerlei Anhaltspunkte.
2. Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO liegt vor. Bei dem angegriffenen Urteil hat ein Richter mitgewirkt, nachdem ein gegen ihn gerichtetes Ablehnungsgesuch mit Unrecht verworfen wurde. Die Strafkammer durfte nicht nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO verfahren; damit hat sie die Grenzen dieser Norm in einer die Anforderungen von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennenden Weise überschritten.

a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war bislang anerkannt , dass die fehlerhafte Ablehnung eines Ablehnungsgesuchs als unzulässig gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO für sich keinen absoluten Revisionsgrund nach § 338 Nr. 3 StPO eröffnet, sondern das Revisionsgericht auch in diesen Fällen nach Beschwerdegrundsätzen prüft, ob das Ablehnungsgesuch in der Sache begründet war oder nicht (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 18, 200, 203; 23, 265; BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 1, 3, 9). Mit dem Gene- ralbundesanwalt, der seinen Antrag nach § 349 Abs. 2 StPO vor der nachfolgend genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gestellt hat, liegt es nahe anzunehmen, dass das in Frage stehende Ablehnungsgesuch als unbegründet zu bewerten gewesen wäre und die entsprechende Rüge der Revision deshalb nach dem Maßstab der bisherigen Rechtsprechung nicht zum Erfolg verholfen hätte.
Diese Rechtsprechung kann indes nicht mehr in vollem Umfang aufrecht erhalten werden. Ein Ablehnungsgesuch ist jedenfalls auch dann im Sinne von § 338 Nr. 3 StPO „mit Unrecht verworfen“, wenn die unter Mitwirkung des abgelehnten Richters beschlossene Verwerfung gemäß § 26a StPO als unzulässig auf einer willkürlichen oder die Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennenden Rechtsanwendung beruht; auf die sachliche Berechtigung der Ablehnungsgründe kommt es in diesem Fall nicht an.
aa) Nach der Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Juni 2005 – 2 BvR 625 und 638/01 – (vgl. auch schon BVerfG [Kammer ] StraFo 2005, 109; BGH NStZ 2005, 218, 219) darf die Anwendung von § 26a StPO nicht dazu führen, dass der abgelehnte Richter sein eigenes Verhalten beurteilt und damit „Richter in eigener Sache“ wird. Werden die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO in sachlich nicht nachvollziehbarer Weise dahingehend ausgelegt, dass das Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung des abgelehnten Richters in der Sache auf seine Begründetheit überprüft wird, entzieht dies dem Beschuldigten im Ablehnungsverfahren seinen gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Zugleich kann ein solches Vorgehen den Anspruch des Beschuldigten auf Wahrung rechtlichen Gehörs verletzen (BVerfG [Kammer], Beschluss vom 2. Juni 2005 – 2 BvR 625 und 638/01).
bb) Ist ein Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung des abgelehnten Richters (§ 26a Abs. 2 Satz 1 StPO) als unzulässig verworfen worden, darf das Revisionsgericht sich demnach nicht darauf beschränken, die hypothetische Begründetheit des Ablehnungsgesuchs nach Beschwerdegrundsätzen (§ 28 Abs. 2 StPO) zu prüfen; vielmehr muss das Revisionsgericht zunächst darüber entscheiden, ob die Grenzen der Vorschrift des § 26a StPO, die den gesetzlichen Richter gewährleistet, eingehalten wurden (vgl. BVerfG aaO). Jedenfalls bei einer willkürlichen oder die Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erheblich missachtenden Überschreitung des durch § 26a StPO abgesteckten Rahmens hat das Revisionsgericht – eine ordnungsgemäße Rüge des Verfahrensfehlers gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO vorausgesetzt – das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Tatgericht zurückzuverweisen (vgl. BVerfG aaO).
cc) Willkür in diesem Sinne liegt vor, wenn die Entscheidung des Gerichts auf einem Fall grober Missachtung oder grober Fehlanwendung des Gesetzesrechts beruht und daher in der Sache offensichtlich unhaltbar ist. Ebenso zu behandeln ist der Fall, dass das Gericht bei der Rechtsanwendung Bedeutung und Tragweite des von der Verfassung garantierten Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) grundlegend verkennt. Ob ein solcher Fall vorliegt, kann nur anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden.
dd) Für die Anwendung von § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO hat dies insbesondere folgende Konsequenzen: Grundsätzlich ist die Gleichsetzung eines Ablehnungsgesuchs, dessen Begründung aus zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist, mit einem Ablehnungsgesuch ohne Angabe eines Ablehnungsgrundes (§ 26a Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 StPO) – auch aus verfassungsrechtlicher Sicht – unbedenklich (BVerfG aaO; BGH NStZ 1999, 311). Entscheidend für die Abgrenzung zu „offensichtlich unbegründeten“ Ablehnungsgesuchen, die von § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO nicht erfasst und damit nach § 27 StPO zu behandeln sind (BGH StraFo 2004, 238; BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 9), ist die Frage, ob das Ablehnungsgesuch ohne nähere Prüfung und losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalls zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet ist (BVerfG aaO). Über diese bloß formale Prüfung hinaus darf sich der abgelehnte Richter nicht durch Mitwirkung an einer näheren inhaltlichen Prüfung der Ablehnungsgründe im Rahmen von Entscheidungen nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO zum „Richter in eigener Sache“ machen. Dabei muss die Auslegung des Ablehnungsgesuchs darauf ausgerichtet sein, es seinem Inhalt nach vollständig zu erfassen, um nicht im Gewande der Zulässigkeitsprüfung in eine Begründetheitsprüfung einzutreten (BVerfG aaO).
Bleiben bei der Abgrenzung Zweifel, ist einem Vorgehen nach § 27 StPO der Vorzug zu geben. Dieses hat zudem den Vorteil, dass der abgelehnte Richter durch seine dienstliche Stellungnahme gemäß § 26 Abs. 3 StPO mögliche Missverständnisse aus dem Weg zu räumen vermag. Das Fehlen einer Stellungnahme beim Vorgehen gemäß § 26a StPO kann bereits nach bisheriger Rechtsprechung der Revision nach § 338 Nr. 3 StPO zum Erfolg verhelfen, wenn es deshalb an einer Grundlage für die sachliche Überprüfung des Ablehnungsgesuchs mangelte (vgl. BGHSt 23, 200, 202 f.) oder das im Befangenheitsgesuch enthaltene tatsächliche Vorbringen der Revisionsentscheidung ohne weiteres zugrunde zu legen war (BGHR StPO § 338 Nr. 3 Revisibilität 1; BGH NStZ 2005, 218, 219).
ee) Nach diesen Kriterien unbedenklich ist die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs nach § 26a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 StPO, das lediglich damit begründet wird, der Richter sei an einer Vorentscheidung zu Lasten des Angeklagten – etwa Eröffnungsbeschluss, Haftentscheidungen, Zurückweisungen vorangegangener Ablehnungsgesuche, den Umfang der Beweisaufnahme bestimmende Beschlüsse, Urteil über dieselbe Tat gegen einen daran Beteiligten in einem abgetrennten Verfahren – beteiligt gewesen. Da eine solche Beteiligung an Vorentscheidungen im nämlichen und in anderen damit zusammenhängenden Verfahren von Strafprozessordnung und Ge- richtsverfassungsrecht ausdrücklich vorgesehen und vorausgesetzt wird, kann die Vorbefassung als solche – abgesehen von den in § 22 Nr. 4 und Nr. 5, § 23 und § 148a Abs. 2 Satz 1 StPO genannten Ausschließungstatbeständen – die Besorgnis der Befangenheit nicht begründen (vgl. BGHR StPO § 338 Nr. 3 Strafkammer 1, insoweit in BGHSt 43, 96 nicht abgedruckt). Auch (vermeintliche) Rechtsfehler bei der Vorentscheidung können für sich genommen eine Ablehnung nicht ohne weiteres rechtfertigen (BGH NStZ 1999, 311). Unzulässig wäre auch der Versuch, einen Streit über das Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme zum Gegenstand des Ablehnungsverfahrens zu machen, weil der Ort, um den entscheidungserheblichen Inhalt der Beweisaufnahme festzustellen, das Urteil ist (vgl. BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 10 m.w.N.). Wird das Ablehnungsgesuch allein auf solche Umstände der Vorbefassung gestützt, kann es ohne inhaltliche Prüfung als unzulässig nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO verworfen werden, weil eine solche Begründung aus zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist und dies dem Fehlen einer Begründung gleichsteht (BGH aaO).
Anders verhält es sich allerdings beim Hinzutreten besonderer Umstände , die über die Tatsache bloßer Vorbefassung als solcher und die damit notwendig verbundenen inhaltlichen Äußerungen sowie d ie übrigen genannten Aspekte hinausgehen. Dies kann etwa der Fall sein, wenn Äußerungen in früheren Urteilen nach der Sachlage unnötige und sachlich unbegründete Werturteile über einen der jetzigen Angeklagten enthalten (BGHR StPO § 338 Nr. 3 Strafkammer 1, insoweit in BGHSt 43, 96 nicht abgedruckt) oder wenn ein Richter sich bei einer Vorentscheidung in sonst unsachlicher Weise zum Nachteil des Angeklagten geäußert hat (vgl. BGH StV 2002, 116; NStZ 2005, 218).
Allerdings darf auch hinsichtlich der hinzutretenden besonderen Umstände die Besorgnis der Befangenheit nur aus Tatsachen, nicht aus bloßen Vermutungen des Antragstellers abgeleitet werden (vgl. BGH NStZ 1998, 422, 424; StV 1996, 355); insbesondere haltlose Behauptungen ohne tatsächliche Grundlage können deshalb ein im übrigen allein auf Vorbefassung gestütztes Ablehnungsgesuch nicht zulässig begründen (vgl. BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 2). Unabhängig hiervon bleibt dem Tatrichter in jedem Fall die Möglichkeit unbenommen, die Verwerfung des Befangenheitsgesuchs auf § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO zu stützen, wenn mit haltloser Begründung versucht wird, das Institut der Richterablehnung als Druckmittel zur Durchsetzung genehmer oder Verhinderung unangenehmer Entscheidungen zu missbrauchen; gerade die völlige Abwegigkeit der Ablehnungsgründe kann die Sachfremdheit des angebrachten Gesuchs im Sinne von § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO deutlich machen (vgl. BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 7).
Für die Frage, ob auf Vorbefassung gestützte Ablehnungsanträge nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO als unzulässig verworfen werden können oder nach § 27 StPO zu behandeln sind, kommt es damit entscheidend darauf an, ob der Antragsteller neben der Vorbefassung und den damit notwendig einhergehenden inhaltlichen Aussagen besondere Umstände konkret vorträgt und glaubhaft macht (vgl. hierzu BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 2; BGH NStZ 1999, 311), die eine inhaltliche Prüfung erfordern und den abgelehnten Richter bei einer Beteiligung an der Entscheidung nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO deshalb zum „Richter in eigener Sache“ machen würden.

b) Den genannten Anforderungen aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG wird die von der Revision gerügte Verwerfung des Befangenheitsgesuchs als unzulässig gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO nicht gerecht.
Das Ablehnungsgesuch hat gerade solche zur Vorbefassung hinzutretenden besonderen Umstände vorgetragen, die eine inhaltliche Prüfung erforderten. Die im vorangegangenen Verfahren unter maßgeblicher Mitwirkung des abgelehnten Richters getroffenen Festlegungen zum Tatbeitrag des Revisionsführers waren vom dortigen Verfahrensstoff nicht zweifelsfrei unbedingt erfordert (vgl. hierzu BGHR StPO § 338 Nr. 3 Strafkammer 1, insoweit in BGHSt 43, 96 nicht abgedruckt). Zudem ging es in beiden Verfahren entscheidend um die Frage der Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugin. Beide Aspekte zusammen hätten eine inhaltliche Prüfung erfordert, ob diese Umstände ausnahmsweise geeignet sind, eine Besorgnis der Befangenheit wegen Vorbefassung zu begründen. Statt in einer dienstlichen Stellungnahme nach § 26 Abs. 3 StPO seine trotz der konkreten Vorbefassung verbliebene Offenheit für die Beurteilung der Schuldfrage in Bezug auf den Angeklagten herauszustellen und danach die Entscheidung über die Frage berechtigter Bedenken an seiner erforderlichen Unvoreingenommenheit nach § 27 StPO von anderen Richtern entscheiden zu lassen, hat sich der abgelehnte Richter mit dem Vorgehen nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO unter eigener Beteiligung zum „Richter in eigener Sache“ gemacht; damit sind im Verwerfungsbeschluss die Anforderungen aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt worden.

c) Bei derartigen Verfassungsverstößen im Ablehnungsverfahren obliegt es dem Revisionsgericht, diese durch Aufhebung der angegriffenen Entscheidungen zu beheben. Nach der Systematik des Revisionsrechts ist eine solche Aufhebung und Zurückverweisung jedoch nicht isoliert in der Weise möglich, dass lediglich erneut über das Ablehnungsgesuch in der Besetzung des § 27 StPO entschieden werden könnte (missverständlich daher BVerfG aaO unter IV. 3. c am Ende). Vielmehr muss in Fällen, in denen der Angeklagte im Rahmen einer willkürlichen Verwerfung des Ablehnungsgesuchs nach § 26a StPO seinem gesetzlichen Richter entzogen wurde, der Anwendungsbereich des § 338 Nr. 3 StPO mit der Folge der Urteilsaufhebung auch dann eröffnet sein, wenn die Ablehnung womöglich sachlich nicht begründet gewesen wäre (vgl. Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 338 Rdn. 28).

d) Einer Divergenzvorlage nach § 132 Abs. 2 GVG bedarf es nicht. Die bisherigen entgegenstehenden Entscheidungen der übrigen Senate des Bundesgerichtshofs sind mit der genannten Entscheidung der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts überholt (vgl. Hannich in KK 5. Aufl. § 132 GVG Rdn. 8; vgl. auch BGHSt 44, 171, 173 zu § 121 GVG). Nach § 93c Abs. 1 Satz 2 BVerfGG steht die Kammerentscheidung der Entscheidung eines Senats des Bundesverfassungsgerichts gleich; ihr kommt damit auch die Bindungswirkung des § 31 Abs. 1 BVerfGG zu (vgl. BVerfG [Kammer] NJW 1991, 2821; Graßhof in Maunz/SchmidtBleibtreu /Klein/Bethge BVerfGG § 93c Rdn. 34). Demnach ist die rechtliche Grundlage der früheren anders lautenden Entscheidungen in Fällen wie dem vorliegenden entfallen (vgl. BGHSt 46, 17, 20).
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