Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Okt. 2005 - 1 StR 255/05

bei uns veröffentlicht am12.10.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 255/05
vom
12. Oktober 2005
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßig begangener Fälschung von Zahlungskarten u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Oktober 2005 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird

a) die Verfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf
der Fälschung von Zahlungskarten in 13 Fällen, jeweils in
Tateinheit mit Betrug, sowie der Fälschung von Zahlungskarten
mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Betrug beschränkt
,

b) das Urteil des Landgerichts München I vom 27. Oktober
2004 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte
der Fälschung von Zahlungskarten in 13 Fällen, jeweils in
Tateinheit mit Betrug, sowie der Fälschung von Zahlungskarten
mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Betrug schuldig
ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Der Angeklagte gehörte eine Gruppe von Kellnern aus Münchner Szenelokalen an, die Duplikate von ihnen von Gästen zur Bezahlung der Rechnungen überlassenen Kreditkarten herstellten und mit den Duplikaten missbräuchliche Kreditkartenumsätze tätigten. Das Landgericht hat den Angeklagten des-
halb wegen "der gemeinschaftlich und gewerbsmäßig begangenen Fälschung von Zahlungskarten in 13 Fällen, jeweils in Tateinheit mit gemeinschaftlich und gewerbsmäßig begangenem Betrug, sowie in einem Fall der gemeinschaftlich und gewerbsmäßig begangenen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gemeinschaftlich und gewerbsmäßig begangenem Betrug" verurteilt. Für die insgesamt 14 Taten hat die Strafkammer Einzelfreiheitsstrafen zwischen zwei Jahren und zwei Jahren und fünf Monaten ausgesprochen , wobei sie die Einsatzstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten in sechs Fällen verhängt hat. Die Gesamtfreiheitsstrafe hat sie auf zwei Jahre und sechs Monate festgesetzt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts und beanstandet das Verfahren. Der Senat hat die Verfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO mit Zustimmung des Generalbundesanwalts auf den Vorwurf der Fälschung von Zahlungskarten in 13 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Betrug, sowie der Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Betrug beschränkt und den Schuldspruch entsprechend geändert. Hinsichtlich der verbleibenden Verurteilung hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen zur Aufhebung des Urteils führenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat: 1. Der Senat hat bei der Änderung des Schuldspruchs die Bezeichnung "gewerbsmäßig" auch hinsichtlich der Verurteilung wegen Betrugs - hier stellt Gewerbsmäßigkeit lediglich ein Regelbeispiel eines besonders schweren Falles dar - sowie die Bezeichnung "gemeinschaftlich" entfallen lassen, weil das Vorliegen von Regelbeispielen und die Kennzeichnung der Tat als gemein-
schaftlich nicht in die Urteilsformel aufgenommen werden (Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 260 Rdn. 24, 25). 2. Der Strafausspruch kann ungeachtet der Änderung des Sch uldspruchs bestehen bleiben, weil die verhängte Rechtsfolge - auch bei einer Verurteilung lediglich wegen des Grunddelikts - unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles angemessen im Sinne des § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO ist. Die Verfahrensbeteiligten hatten sich unbeschadet der Frage der Gewerbsmäßigkeit im Rahmen einer Absprache für den Beschwerdeführer auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten geeinigt. Diese Strafhöhe stand deshalb auch für den Fall einer Verurteilung wegen des Grunddelikts im Raum. Bei einer Verurteilung wegen 14 Verbrechen der - nicht gewerbsmäßigen - Fälschung von Zahlungskarten gemäß § 152a Abs. 1 StGB a.F., § 152b Abs. 1 StGB n.F. mit einem jeweiligen Strafrahmen von einem Jahr bis zehn Jahren Freiheitsstrafe erscheinen unter Berücksichtigung aller für die Strafzumessung erheblichen Umstände, insbesondere auch sämtlicher zu Gunsten des Angeklagten zu bedenkender Gesichtspunkte, Einzelfreiheitsstrafen zwischen zwei Jahren und zwei Jahren und fünf Monaten als keineswegs unangemessen und vor allem eine nach extrem straffem Zusammenzug gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sogar noch als milde. Nack Kolz Hebenstreit Elf Graf

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Referenzen - Gesetze

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 154a Beschränkung der Verfolgung


(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind, 1. für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder2. neben einer Strafe oder Maß

Strafgesetzbuch - StGB | § 152b Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion


(1) Wer eine der in § 152a Abs. 1 bezeichneten Handlungen in Bezug auf Zahlungskarten mit Garantiefunktion begeht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. (2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Ban

Strafgesetzbuch - StGB | § 152a Fälschung von Zahlungskarten, Schecks, Wechseln und anderen körperlichen unbaren Zahlungsinstrumenten


(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr oder, um eine solche Täuschung zu ermöglichen, 1. inländische oder ausländische Zahlungskarten, Schecks, Wechsel oder andere körperliche unbare Zahlungsinstrumente nachmacht oder verfälscht oder2. solche falsche

Referenzen

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr oder, um eine solche Täuschung zu ermöglichen,

1.
inländische oder ausländische Zahlungskarten, Schecks, Wechsel oder andere körperliche unbare Zahlungsinstrumente nachmacht oder verfälscht oder
2.
solche falschen Karten, Schecks, Wechsel oder anderen körperlichen unbaren Zahlungsinstrumente sich oder einem anderen verschafft, feilhält, einem anderen überlässt oder gebraucht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(4) Zahlungskarten und andere körperliche unbare Zahlungsinstrumente im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche, die durch Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind.

(5) § 149, soweit er sich auf die Fälschung von Wertzeichen bezieht, und § 150 gelten entsprechend.

(1) Wer eine der in § 152a Abs. 1 bezeichneten Handlungen in Bezug auf Zahlungskarten mit Garantiefunktion begeht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(4) Zahlungskarten mit Garantiefunktion im Sinne des Absatzes 1 sind Kreditkarten und sonstige Karten,

1.
die es ermöglichen, den Aussteller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen, und
2.
durch Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind.

(5) § 149, soweit er sich auf die Fälschung von Geld bezieht, und § 150 gelten entsprechend.