Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Okt. 2001 - 1 StR 163/01

published on 24/10/2001 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Okt. 2001 - 1 StR 163/01
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 163/01
vom
24. Oktober 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Vollrausches
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Oktober 2001 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 19. September 2000 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vollrauschs zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der Erörterung bedarf lediglich die Verfahrensrüge, mit der der Beschwerdeführer geltend macht, ihm sei entgegen § 258 Abs. 2 StPO am Ende der Hauptverhandlung nicht das letzte Wort gewährt worden. Diese Rüge greift nicht durch. Das fertiggestellte Hauptverhandlungsprotokoll beweist, daß der behauptete Verfahrensmangel nicht vorliegt. Die Revision beruft sich auf ein Hauptverhandlungsprotokoll, das lediglich vom Vorsitzenden der Strafkammer, nicht aber von der Protokollführerin unterzeichnet war. Nachdem die Revisionsbegründung vorlag, gab die Protokollführerin eine dienstliche Äußerung ab, in der sie erklärte, der Angeklagte
habe sehr wohl das letzte Wort gehabt; das ergebe sich auch aus ihren handschriftlichen Aufzeichnungen. Das sodann fertiggestellte Hauptverhandlungsprotokoll , nun von beiden Urkundspersonen unterzeichnet, weist aus, daû der Angeklagte das letzte Wort hatte. Die Revision meint unter Berufung auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Februar 1957 - 2 StR 34/57 - (BGHSt 10, 145), auch ein erst nach Eingang des Revisionsbegründungsschriftsatzes unterschriftlich vollzogenes Hauptverhandlungsprotokoll dürfe nicht durch Änderung einer erhobenen Verfahrensrüge den Boden entziehen. Dieser Rechtsprechung zum Nachweis eines Verfahrensfehlers aufgrund eines noch nicht fertiggestellten Protokolls kann indes heute nicht mehr gefolgt werden, weil sich die Rechtslage zwischenzeitlich in dem für jene frühere Entscheidung maûgeblichen Punkte geändert hat. Aus diesem Grunde liegt auch keine das Verfahren nach § 132 Abs. 2, 3 GVG auslösende Divergenz vor (vgl. Hannich in KK 4. Auf. § 132 GVG Rdn. 8 m.w.Nachw.). In BGHSt 10, 145 war darauf abgestellt worden, daû dem Beschwerdeführer nur eine verhältnismäûig kurze Frist zur Begründung der Revision zur Verfügung stehe und er sich deshalb auf den Inhalt des bei den Akten befindlichen Hauptverhandlungsprotokolls verlassen können müsse. Es sei weder seine Aufgabe noch sei es ihm zuzumuten, beim Vorsitzenden die Nachholung einer etwa unterbliebenen Unterschrift anzuregen und damit die nochmalige Überprüfung des Protokolls auf seine Richtigkeit zu veranlassen. Dabei laufe er im übrigen Gefahr, die Frist zur Begründung der Revision zu versäumen (BGHSt 10, 145, 147/148). Dieser Gesichtspunkt für die Übertragung der Rechtsprechung zur Nichtberücksichtigung von Protokollberichtigungen, die einer Verfahrensrüge die Grundlage entziehen (vgl. nur BGHSt 2, 125; 34, 11, 12), ist nach Einfügung des § 273 Abs. 4 StPO durch das StPÄG 1964 nicht mehr tragfähig. Nach
dieser Vorschrift darf das Urteil nicht zugestellt werden, bevor nicht das Protokoll fertiggestellt ist. Dadurch ist gewährleistet, daû dem Verteidiger ausreichend Zeit zur Begründung der Revision auf der Grundlage des fertiggestellten Protokolls verbleibt. Die für eine Berichtigung des Protokolls aufgestellten Grundsätze zum Schutz des Revisionsführers sind mithin wegen der grundsätzlich anderen Ausgangslage auf Änderungen des noch nicht fertiggestellten, aber in der Akte einliegenden Protokolls nicht anwendbar (Gollwitzer in Löwe/ Rosenberg StPO 24. Aufl. § 271 Rdn. 40 unter Bezugnahme auf OLG Karlsruhe JR 1980, 517; Kleinknecht/Meyer-Goûner StPO 50. Aufl. § 271 Rdn. 22 m.w.Nachw.; siehe auch BGH GA 1992, 319; a.A.: Engelhardt in KK 4. Aufl. § 271 Rdn. 22). Das hier vom Beschwerdeführer herangezogene, noch nicht fertiggestellte , nur vom Vorsitzenden unterschriebene Protokoll der Hauptverhandlung durfte daher dem tatsächlichen Verfahrensgang gemäû ergänzt werden. Nach der Unterzeichnung durch beide Urkundspersonen beweist es, daû der behauptete Verfahrensverstoû nicht geschehen ist (§ 274 StPO). Schäfer Nack Wahl Schluckebier Kolz
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate. (2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Sena

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesu
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published on 13/02/2013 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 246/12 vom 13. Februar 2013 in der Strafsache gegen wegen des Verdachts der gewerbsmäßigen Fälschung von Schecks u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Ang
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Nach dem Schluß der Beweisaufnahme erhalten der Staatsanwalt und sodann der Angeklagte zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort.

(2) Dem Staatsanwalt steht das Recht der Erwiderung zu; dem Angeklagten gebührt das letzte Wort.

(3) Der Angeklagte ist, auch wenn ein Verteidiger für ihn gesprochen hat, zu befragen, ob er selbst noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.

(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.

(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.

Die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen den diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt des Protokolls ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.