Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 ARs 29/03
vom
6. November 2003
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlichen Vollrausches
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. November 2003 gemäß
§ 132 Abs. 3 GVG beschlossen:
Der vom 4. Strafsenat beabsichtigten Entscheidung steht - soweit ersichtlich - Rechtsprechung des Senats nicht entgegen. An etwaiger entgegenstehender Rechtsprechung hält der Senat nicht fest.

Gründe:


Der 4. Strafsenat beabsichtigt zu entscheiden:
"Bei einer Verurteilung nach § 323a StGB kommt die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus trotz uneingeschränkt schuldhaften Sichberauschens jedenfalls dann in Betracht, wenn der Täter andernfalls in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden müßte."
Rechtsprechung des 1. Strafsenats - Urteil vom 16. August 1997 - 1 StR 735/97 - steht der beabsichtigten Entscheidung nicht entgegen.
Im Urteil des Senats vom 16. August 1997 - 1 StR 735/97 - wird zwar zunächst darauf verwiesen, das Landgericht habe rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der Angeklagte, als er sich in den Rauschzustand versetzte, vermindert steuerungsfähig gewesen (§ 21 StGB) sei. Dies war jedoch für die damalige
Entscheidung nicht tragend. Denn die vom Landgericht angeordnete Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus verfiel gleichwohl der Aufhebung mangels ausreichender Feststellungen zur fortbe- stehenden Gefährlichkeit des Angeklagten im Sinne von § 63 StGB.
Ausführungen im Urteil des 1. Strafsenats vom 4. Juli 1995 - 1 StR 256/95 - stehen zudem in Einklang mit der in den Gründen des Anfragebeschlusses unter 4. dargestellten weitergehenden Erwägung des 4. Strafsenats, wonach bei § 323a StGB Anknüpfungspunkt der für die Anordnung nach § 63 StGB vorausgesetzten sicheren Feststellung des § 21 StGB generell nicht das "Sichberauschen" - die Alkoholaufnahme - sondern die Rauschtat sein sollte. Diese Rechtsauffassung liegt - der Sache nach - auch dem Anfragebeschluß für die in dessen Tenor angesprochene Fallgestaltung zugrunde, ohne sie für die übrigen Fälle auszuschließen. Das Urteil des 1. Strafsenats vom 4. Juli 1995 - 1 StR 256/95 - entfaltet hinsichtlich dieser Frage allerdings keine Bindungswirkung , die sonst auch der im Anfragebeschluß zitierten - bislang nicht aufgegebenen - Rechtsprechung anderer Strafsenate des Bundesgerichtshofs (insbesondere vorausgehender Beschluß des 5. Strafsenats vom 18. Mai 1995 - 5 StR 239/95 [= NStZ 1996, 41]) entgegenstünde. Denn die Darlegungen im Urteil des 1. Strafsenats vom 4. Juli 1995 zur Anknüpfung an die Rauschtat waren nicht tragend. Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Vollrausches in zwei Fällen verurteilt. Das Urteil wurde aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht angeordnet worden war. Der Senat beanstandete, daß sich das Landgericht mit dieser Frage überhaupt nicht befaßt hatte, obgleich sich den Urteilsgründen entnehmen lasse, die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten sei bei der Begehung beider Rauschtaten mit Sicherheit erheblich vermindert gewesen. Wie den Be-
merkungen des Senats zum Strafausspruch des angefochtenen landgerichtli- chen Urteils zu entnehmen ist, lagen aber auch für den Zeitraum der Alkoholaufnahme die Voraussetzungen verminderter Schuldfähigkeit - sicher (Gegenteiliges ist dem Urteil jedenfalls nicht zu entnehmen) - vor. Für die Entscheidung , das Urteil des Landgerichts aufzuheben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht angeordnet worden war, kam es deshalb auf die Frage der Anknüpfung an den Rauschtaten oder am Sichberauschen - hinsichtlich der Voraussetzungen des § 63 StGB - nicht an.
Zum Verhältnis zwischen der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) und der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) verweist der Senat auf seinen Beschluß vom 19. Februar 2002 - 1 StR 546/01 - (NStZ 2002, 533) sowie auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (Kammer) vom 10. Oktober 2003 - 2 BvR 366/03 -.
Nack Wahl Boetticher Kolz Hebenstreit

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Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Nov. 2003 - 1 ARs 29/03 zitiert 5 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus


Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und

Strafgesetzbuch - StGB | § 66 Unterbringung in der Sicherungsverwahrung


(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn 1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die per

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 132


(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate. (2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Sena

Strafgesetzbuch - StGB | § 323a Vollrausch


(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat

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Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2002 - 1 StR 546/01

bei uns veröffentlicht am 19.02.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 546/01 vom 19. Februar 2002 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. Februar 2002, an der teilgenommen haben: Vorsitze

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(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die Strafe, die für die im Rausch begangene Tat angedroht ist.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn die Rauschtat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die Strafe, die für die im Rausch begangene Tat angedroht ist.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn die Rauschtat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 546/01
vom
19. Februar 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
19. Februar 2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Nack,
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Hebenstreit,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Weiden i.d.OPf. vom 9. Juli 2001 im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe und in den Fällen der Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung zum Nachteil H. inW. und der Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil K. im Ausspruch über die Einzelstrafen aufgehoben.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben, soweit der Vollzug von zwei Dritteln der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe vor der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet wurde.
3. Die weitergehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten werden verworfen.
4. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung über die aufgehobenen Einzelstrafen und über die Gesamtstrafe , sowie über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


I.


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in zwei Fällen, Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Freiheitsberaubung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Außerdem hat das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und bestimmt, daß zwei Drittel der Gesamtfreiheitsstrafe vor der Maßregel vollzogen werden. Hinsichtlich des Vorwurfs einer weiteren gefährlichen Körperverletzung hat es das Verfahren wegen Verjährung gemäß § 260 Abs. 3 StPO eingestellt.
Die uneingeschränkte und auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft beanstandet insbesondere die Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung neben der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Insoweit bleibt das Rechtsmittel erfolglos. Es führt jedoch zur Aufhebung von zwei der vier Einzelstrafen sowie des Ausspruchs über die Gesamtstrafe zum Nachteil des Angeklagten. Die Revision des Angeklagten wendet sich mit der Sach- und einigen Formalrügen gegen alle Fälle der Verurteilung. Sie hat nur hinsichtlich der Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe vor der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus Erfolg.

II.


Die Strafkammer hat festgestellt:
Der Angeklagte ist 37 Jahre alt. Eine Sauerstoffmangelsituation bei seiner Geburt oder eine fiebrige Impfreaktion des Angeklagten als Kleinkind führten zu einer leichten frühkindlichen Hirnschädigung und zu einer Reifeverzögerung. Als Legastheniker besuchte er eine Sonderschule für Lernbehinderte , die er mit durchschnittlichen Noten beendete. Eine abgeschlossene Berufsausbildung erreichte der Angeklagte nicht. Häufiger Stellenwechsel sowie Zeiten von Arbeitslosigkeit und Krankheit, meist psychosomatischer Natur, prägten sein Arbeitsleben.
Zwangshandlungen und Zwangsgedanken führten schon während der Schulzeit zu erster nervenärztlicher Behandlung des Angeklagten. Seit 1990 befand sich der Angeklagte wiederholt in psychiatrischer Behandlung, auch unter Einsatz von Psychopharmaka und Neuroleptika. Der Angeklagte leidet nunmehr unter einer facettenreichen schweren Persönlichkeitsstörung, einer Psychopathie mit schwerem Krankheitswert, geprägt durch emotionale Instabilität und massive Aggressivität. Dagegen liegen ebensowenig eine Psychose noch eine Erkrankung des cerebralen Nervensystems oder eine strukturelle Schädigung des Gehirns vor. Seine Sexualität stellt sich heute als Spiegelbild seiner negativen Persönlichkeitsentwicklung dar. Positive Gefühle spielen keine Rolle; seine Partner sieht er als bloûe Objekte, deren sexuell bestimmte Unterwerfung er erstrebt, auch mit sadistischer Vorgehensweise und mit Folter. Er liebt Fesselungen und neigt dazu, bei Sexualkontakten Gegenstände zu benutzen. Mit der Zeit entwickelte er ein negatives Frauenbild,
weshalb er sich während der letzten Jahre immer mehr gleichgeschlechtlichen Partnern zuwandte.
Der Angeklagte ist mehrfach vorbestraft wegen unerlaubten Führens von Schuûwaffen, Urkundenfälschung, Sachbeschädigung, Betrugs, Körperverletzung , Nötigung, falscher Verdächtigung, Gefährdung des Straûenverkehrs , aber auch wegen sexueller Nötigung und Vergewaltigung. In Strafhaft war er noch nie. Bisher wurde die Vollstreckung verhängter Freiheitsstrafen - maximal ein Jahr sechs Monate - immer zur Bewährung ausgesetzt.
Die Taten:
1. An einem unbekannten Tag in der Zeit von Mai 1998 bis Dezember 1999 hatte der Angeklagte einen etwa 18jährigen Mann bei sich in der Wohnung. Der Angeklagte veranlaûte diesen, Whisky und Wodka in groûen Mengen zu trinken, um dann an dem Betrunkenen leichter gegen dessen Willen den Analverkehr ausüben zu können. Gegen den ersten Versuch des Angeklagten, dem Geschädigten die Unterhose auszuziehen, wehrte sich dieser noch mit den Worten “Hör auf, Alter”, klopfte ihm auf die Finger und zog die Hose wieder hoch. Nach der Ausübung geduldeter beischlafähnlicher Bewegungen auf seinem Opfer kettete der Angeklagte plötzlich dessen Hände am Bettgestell fest, zog ihm die Unterhose aus, drehte ihn auf den Bauch, wodurch die angeketteten Arme verdreht wurden, und führte seinen erigierten Penis in den After des Geschädigten ein. Dieser wehrte sich, jammerte und weinte. Von weiteren sexuellen Handlungen nahm der Angeklagte dann Abstand und stellte sein Verhalten als “Spaû” dar. Mittels fest installierter Kamera hielt der Angeklagte das Geschehen auf Video fest.

2. Am 5. Dezember 1998 lernte der Angeklagte auf dem ªStrichº beim Bahnhof Zoo Julian O. - sechzehn Jahre - und Harun K. - vierzehn Jahre - kennen. Der Angeklagte, der glaubte auch Harun K. sei bereits 16 Jahre alt, lud die beiden Jungen für ein Wochenende zu sich nach W. ein. Dort kam es im Verlauf des 6. Dezember zunächst stundenlang zu vielfältigen freiwilligen sexuellen Aktivitäten miteinander. Plötzlich ging der Angeklagte dazu über, den heftig protestierenden und sich wehrenden Harun K. zu miûhandeln, insbesondere um den von diesem abgelehnten Analverkehr zu erzwingen. Er fesselte Harun K. deshalb mit Handschellen ans Bettgestell und übte zunächst beischlafähnliche Bewegungen bis zum Samenerguû auf ihm aus. Anschlieûend lieû er den verängstigten Jungen etwa eine halbe Stunde in seiner hilflosen Lage liegen, um sich über dessen Furcht zu amüsieren. Nach kurzzeitiger Befreiung kettete der Angeklagte sein Opfer erneut mit Handschellen ans Bett und stach ihm an beiden Füûen unter die Zehennägel mit Nadeln, die er stecken lieû und zur Schmerzerhöhung immer wieder antippte. Weiter schüttete er eine scharfe, brennende Flüssigkeit auf die Eichel des Penis von Harun K. . Vollends in Panik und Todesangst geriet dieser als der Angeklagte - um Harun K. weiter ªgefügig zu machenº - ein Feuerzeug mit groûer Flamme an dessen After, Hodensack und Oberschenkel hielt. So in seinem Willen gebrochen stimulierte der kurzzeitig entfesselte Harun K. den Angeklagten manuell und oral. Sein anschlieûender Versuch, an Harun K. den Analverkehr auszuüben, miûlang mangels ausreichender Erektion, trotz Stimulation durch leichte Peitschenhiebe auf das Gesäû von Harun K. . Weinend lieû dieser es über sich ergehen, daû stattdessen zunächst Julian O. auf Weisung des Angeklagten und dann dieser selbst mit mehreren Fingern schmerzhaft in
seinem After bohrten. Auch diese Vorgänge hielt der Angeklagte auf Video fest.
3. a) Am Bahnhof Zoo ging auch Andre H. der Prostitution nach. Andre H. hatte den Angeklagten im Februar 1999 ªgelinktº. Nach Erhalt des Preises für den vereinbarten Sexualkontakt war er verschwunden ohne die versprochene Gegenleistung zu erbringen. Am Abend des 19. Juli 2000 traf der Angeklagte Andre H. am Bahnhof Zoo wieder. Dieser stand unter massivem Einfluû von Beruhigungstabletten und Heroin. Den Angeklagten erkannte er deshalb nicht. Beide vereinbarten Sexualkontakt gegen die Bezahlung von 70 DM - Analverkehr schloû Andre H. ausdrücklich aus - und fuhren im Pkw des Angeklagten auf einen einsamen Parkplatz. Dort gab sich der Angeklagte zu erkennen, warf Andre H. den früheren Vorfall vor, ohrfeigte ihn, lieû sich dessen Geldbeutel samt Personalausweis aushändigen , zwang ihn unter Androhung weiterer Schläge, sich nackt auszuziehen, auszusteigen und sich bäuchlings auf die Motorhaube zu legen. Dann übte er gegen dessen Willen den Analverkehr bei dem damals 19jährigen Andre H. aus.

b) Der Angeklagte entschloû sich nun, Andre H. mitzunehmen und bei sich zu Hause als ªSexsklaven zu haltenº. Er fesselte ihn mit Metallschellen an Händen und Füûen und verbrachte ihn mit seinem Pkw in seine Wohnung in W. . Dort trafen sie am 21. Juli 2000 gegen 6.00 Uhr ein. Andre H. blieb nahezu zwei Tage eingesperrt, zeitweise alleingelassen mit ungewissem Schicksal, meist eng gefesselt, zuweilen den Mund mit Pflaster zugeklebt. Während dieser Zeit übte der Angeklagte noch
mindestens dreimal an seinem sich wehrenden, aber durch Drogen und Medikamente geschwächten Opfer den Analverkehr aus, stach ihm - auch um ihn gefügig zu machen - mit einer Nähnadel jeweils fünf Millimeter tief unter die Zehennägel seines linken Fuûes, zwang ihn zum Oralverkehr, mindestens viermal bei sich und einmal bei Maik D. , einem Obdachlosen vom Bahnhof Zoo, der auf Einladung des Angeklagten nach W. mitgekommen war. Dieser bohrte auf Anweisung des Angeklagten mit drei Fingern schmerzhaft im After des Andre H. . Am 22. Juli 2000 wurde Andre H. gegen 22.30 Uhr von der Polizei befreit, deren Benachrichtigung Maik D. schlieûlich veranlaût hatte.
In - nicht ausschlieûbar - verjährter Zeit miûhandelte der Angeklagte einen weiteren ans Bett gefesselten Jungen mit Nadelstichen und Schlägen.
Bei der Begehung aller Taten war der Angeklagte aufgrund seiner schweren Persönlichkeitsstörung in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt.

III.


1. Mit ihrer unbeschränkten und auf die Sachrüge gestützten Revision zum Nachteil des Angeklagten beanstandet die Staatsanwaltschaft insbesondere , daû die Strafkammer neben der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht auch dessen Unterbringung in Sicherungsverwahrung angeordnet hat. Die Revision führt zur Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen II.2 und II.3b sowie der Gesamtstrafe zum Nachteil des Angeklagten. Die weitergehende Revision ist unbegründet.


a) Das Landgericht hat in allen vier Fällen der Bemessung der Einzelstrafen den gemäû § 21 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 177 Abs. 2 StGB - also Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren - zugrunde gelegt und folgende Einzelstrafen verhängt: im Fall 1 (zum Nachteil des achtzehnjährigen Mannes): drei Jahre Freiheitsstrafe, im Fall 2 (zum Nachteil des Harun K. ): vier Jahre Freiheitsstrafe, im Fall 3a (zum Nachteil des Andre H. in B. ): vier Jahre Freiheitsstrafe und im Fall 3b (zum Nachteil des Andre H. in W. ): sieben Jahre Freiheitsstrafe. In den Fällen 2 und 3b hat die Strafkammer zwar hinsichtlich des ideal konkurrierenden § 224 Abs. 1 StGB die vom Angeklagten benutzten Nadeln und das brennende Feuerzeug - so wie beides eingesetzt wurde - zutreffend als gefährliche Werkzeuge bewertet. Damit hat der Angeklagte in diesen Fällen jedoch auch die Qualifikation der Vergewaltigung unter Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs gemäû § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB verwirklicht. Denn Nadeln und brennendes Feuerzeug gebrauchte er bei seinen sexuellen Handlungen (vgl. BGHSt 46, 225; BGHR StGB § 184c Nr. 1 Erheblichkeit 5) zumindest auch als Nötigungsmittel. Zugleich miûhandelte der Angeklagte seine Opfer mit Nadelstichen und den damit verbundenen Eingriffen in deren körperliche Integrität unter Beifügung erheblicher Schmerzen schwer im Sinne von § 177 Abs. 4 Nr. 2a StGB (BGH NJW 2000, 3655). Auûerdem stellten Klebeband (vgl. NStE Nr. 17 zu § 223a StGB) und Handschellen (vgl. BGH NStZ 1999, 242, 243) hier Mittel im Sinne von § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB dar, um den Widerstand der Geschädigten mit Gewalt zu überwinden. Damit ist der Angeklagte in diesen beiden Fällen der Vergewaltigung (§ 177 Abs. 1 und 2 StGB) in den Qualifikationen des § 177 Abs. 3 Nr. 2 sowie des § 177 Abs. 4 Nr. 1 und 2a StGB schuldig. Insoweit hat der Senat in der Sache selbst ent-
schieden. Einer Änderung der Tatbezeichnung in der Urteilsformel bedarf es nicht. Die Qualifikationen der sexuellen Nötigung bzw. der Vergewaltigung nach § 177 Abs. 3 und Abs. 4 StGB kommen im Urteilstenor nicht zum Ausdruck (BGH NStZ 2000, 254, 255). Das Landgericht wird jedoch bei der neuen Entscheidung die Liste der angewendeten Vorschriften (§ 260 Abs. 5 Satz 1 StPO) dementsprechend zu ergänzen haben. Das Vorliegen der genannten Qualifikationen führt ausgehend von § 177 Abs. 4 StGB - nach Milderung gemäû §§ 21, 49 StGB - zu dem Strafrahmen von zwei Jahren bis zu elf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe. Der Senat vermag nicht auszuschlieûen, daû die Strafkammer, ausgehend von der höheren Mindeststrafe und unter Berücksichtigung der weiteren Aspekte, in beiden Fällen auf höhere Einzelstrafen und in der Konsequenz auf eine höhere Gesamtstrafe erkannt hätte. Hierüber muû daher neu befunden werden. Die von der Strafkammer rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen sind nicht betroffen und können bestehen bleiben. Sie dürfen durch weitere, nicht widersprechende Feststellungen ergänzt werden. Auch die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist hier von der Strafzumessung nicht beeinfluût.

b) Weitere Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten läût das Urteil nicht erkennen.
Es ist insbesondere revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daû die Strafkammer darauf verzichtet hat, neben der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus auch seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anzuordnen.
Die Strafkammer hat, sachverständig beraten, die Voraussetzungen des § 63 StGB rechtsfehlerfrei bejaht. Der Angeklagte beging die Taten im Zustand positiv festgestellter verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB). Seine Steuerungsfähigkeit war in Folge seiner schweren Persönlichkeitsstörung, einer Psychopathie mit schwerem Krankheitswert, die als ªschwere andere seelische Abartigkeitº im Sinne von § 20 StGB einzuordnen ist, erheblich beeinträchtigt. Die Strafkammer ist aufgrund einer Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten zu dem Ergebnis gekommen, daû von ihm in Folge seiner Erkrankung - ohne Unterbringung - auch in Zukunft ªmit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeitº weitere erhebliche Straftaten zu erwarten sind.
Das Landgericht ist weiter zu dem Ergebnis gekommen, daû beim An- geklagten auch die Voraussetzungen für eine Anordnung der Unterbringung in Sicherungsverwahrung gemäû § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB (und auch gemäû § 66 Abs. 2 StGB - bei Einzelstrafen in Höhe von drei, zweimal vier Jahren und von sieben Jahren) i.V.m. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB vorliegen. Es hat ersichtlich angenommen, daû der Hang (i.S.v. § 66 StGB) zu erheblichen Straftaten (vgl. BGH NStZ 2000, 587 und 1999, 502) hier ausschlieûlich auf der ªErkrankungº (dem Zustand) des Angeklagten i.S.v. § 63 StGB beruht.
Gemäû § 72 Abs. 1 StGB hat die Strafkammer dann - ausgehend von den in BGH NStZ 1998, 35 f., genannten Grundsätzen - entschieden, daû bei diesem Angeklagten allein die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus genügt, um den (Gesamt-)Zweck (beider Maûnahmen) zu erreichen, also beim Angeklagten die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nicht zusätzlich nötig ist. Dies ist frei von Rechtsfehlern. Die Unterbringung in ei-
nem psychiatrischen Krankenhaus ist hier ausreichend, um die Allgemeinheit dauerhaft vor weiteren, vom Angeklagten drohenden Straftaten zu schützen.
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und Unterbringung in der Sicherungsverwahrung dienen beide (wie auch die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäû § 64 StGB) dem Schutz der Allgemeinheit vor auch in Zukunft gefährlichen Straftätern unabhängig vom Strafvollzug. Sie sind jedoch in ihrer unmittelbaren Zweckbestimmung und in ihren Voraussetzungen hinsichtlich der Erwartung künftiger Straftaten nicht deckungsgleich. Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (oder in einer Entziehungsanstalt ) ist daher gegenüber der Sicherungsverwahrung im Grundsatz ªkein geringeres, sondern ein anderes Übelº (BGHSt 5, 312, 314; BGH NStZ 1981, 390), so daû deren gleichzeitige Anordnung grundsätzlich rechtlich möglich ist (§ 72 Abs. 2 StGB).
Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) sichert durch Einsperren des Verurteilten unabhängig von der verhängten Strafe. Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) stellt auûerdem auf Heilung ab, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) zielt allein auf Befreiung von der Sucht (§ 64 Abs. 2 StGB).
Da bei diesem Angeklagten der Hang i.S.v. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB (vgl. BGH NStZ 1999, 501, 502) allein auf Umständen beruht, die als ªStörungº Grundlage der Maûregel gemäû § 63 StGB sind, wird nach deren Beseitigung durch erfolgreiche Behandlung in der Psychiatrie kein - weitergehender - Hang zur Begehung von Straftaten mehr bestehen. Stünde danach zu erwarten, daû die Gefährlichkeit des Täters durch die Behandlung im
psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) behoben werden kann, dürfte wegen des Vorrangs der Besserung und des Ultima-ratio-Charakters der Sicherungsverwahrung schon deshalb lediglich die Unterbringung im Krankenhaus angeordnet werden (vgl. LK-Hanack StGB 11. Aufl. § 72 Rdn. 24).
Dies gilt selbst bei zweifelhaften Heilungsaussichten. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäû § 63 StGB setzt den Erfolg einer Therapie nicht zwingend voraus (Schönke/Schröder-Stree StGB 26. Aufl. § 63 Rdn. 20 m.w.N.). Nach der gesetzlichen Regelung sind von einer Maûnahme nach § 63 StGB solche Täter nicht von vorneherein ausgenommen , bei denen die Aussicht auf Besserung von vorneherein zweifelhaft ist (BGH NStZ 1999, 122, 123; BGH NStZ-RR 1999, 44; BGHSt 34, 22, 28). Wenn sich während des Aufenthalts in einem psychiatrischen Krankenhaus herausstellen sollte, daû entgegen der ursprünglichen Prognose eine erfolgreiche Behandlung nicht möglich ist, hat sich damit die Maûregel nicht zwangsläufig erledigt. Denn mit der Unterbringung nach § 63 wird - im Gegensatz zur Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (vgl. § 64 Abs. 2 StGB - BGH NStZ 2000, 25, 26; Schönke/Schröder-Stree StGB 26. Aufl. § 64 Rdn. 64) - ergänzend über die Behandlung hinaus ein bloûer Sicherungszweck verfolgt. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus dauert daher fort, solange vom Angeklagten die in § 63 StGB genannte Gefahr ausgeht. Nach § 136 StVollzG sollen die in einem psychiatrischen Krankenhaus Untergebrachten zwar in erster Linie behandelt werden, damit sie für die Allgemeinheit nicht mehr gefährlich sind. Ist die erstrebte Heilung und Besserung des Zustands nicht möglich, beschränkt sich nach § 136 Satz 2 StVollzG ("soweit möglich" soll er geheilt oder sein Zustand gebessert werden ) und § 136 Satz 3 StVollzG die Verpflichtung der Anstalt darauf, die er-
forderliche Aufsicht, Betreuung und Pflege zu gewährleisten. Der Sicherungszweck erfordert deshalb bei einer Maûnahme nach § 63 StGB auch bei zweifelhaften Heilungsaussichten nicht regelmäûig die kumulative Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, während im Gegensatz dazu bei einer Maûnahme nach § 64 StGB im Hinblick auf den Behandlungserfolg in der Entziehungsanstalt ein hohes Maû an prognostischer Sicherheit gegeben sein muû, um von - zusätzlicher - Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung , wenn deren Voraussetzungen im übrigen gegeben sind, absehen zu können (BGH NJW 2000, 3015, 3016).
Auch für die Allgemeinheit besonders gefährliche Täter sind von der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht auszuschlieûen. Zwar müssen bei der Unterbringung gemäû § 63 StGB wegen des Vorrangs der Therapie zunächst ärztlich-psychiatrische Gesichtspunkte Vorrang haben. Solange vom Verurteilten eine Gefahr ausgeht, sind jedoch - wie im Strafvollzug - die für den Maûregelvollzug Verantwortlichen berechtigt und verpflichtet , im Einzelfall Maûnahmen zu ergreifen, die das Verbleiben des Untergebrachten auch gegen dessen Willen in der Anstalt gewährleisten. Die Erwägung , der Angeklagte könne in einer Haftanstalt besser überwacht werden, wäre deshalb eine auûerhalb der Ziele des Maûregelvollzugs liegende Zweckmäûigkeitsüberlegung (BGH NStZ-RR 1999, 44). Zusätzliche Anordnung von Sicherungsverwahrung (§ 72 Abs. 2 StGB) kommt neben der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nur in Betracht, wenn - anders als bei diesem Angeklagten - auch nach Wegfall des von § 63 StGB vorausgesetzten Zustandes die Gefährlichkeit aufgrund eines aus anderen Gründen gegebenen Hangs zu erheblichen Straftaten fortbestehen wird.
Die Strafkammer hat weiter mit hinreichender Deutlichkeit festgestellt, daû der Angeklagte - wenn auch nur im Rahmen einer langen Behandlung - voraussichtlich therapierbar ist. Der Angeklagte äuûerte auch den Willen, sich einer Therapie zu unterziehen. Vor diesem Hintergrund ist es rechtsfehlerfrei, wenn sich die Strafkammer sachverständig beraten aufgrund einer Gesamtabwägung gemäû § 72 Abs. 1 StGB für die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten allein in einem psychiatrischen Krankenhaus entschieden hat, zumal hier nur die Voraussetzungen einer fakultativen Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (§ 66 Abs. 2 und 3 StGB) gegeben sind.
2. Die Revision des Angeklagten hat nur mit der Sachrüge insoweit Erfolg, als die Anordnung des Vorwegvollzugs von fünf Jahren Freiheitsstrafe vor der angeordneten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 67 Abs. 2 StGB) mit der von der Strafkammer gegebenen Begründung keinen Bestand hat.

a) Die Revision rügt zu Unrecht die Fortsetzung der Hauptverhandlung am 13. Verhandlungstag ohne den Angeklagten sowie seine fehlende Unterrichtung über den wesentlichen Inhalt dessen, was in seiner Abwesenheit verhandelt worden ist.
Der Rüge liegt folgendes Geschehen zugrunde:
Der Angeklagte, der bereits Gelegenheit gehabt hatte, sich zur Sache zu äuûern (§ 243 Abs. 4 Satz 2 StPO), konnte am 13. Verhandlungstag, dem 2. Juli 2001, nicht zur Hauptverhandlung vorgeführt werden, da er in Folge
der Einnahme einer Überdosis von antidepressiv wirkenden Tabletten verhandlungsunfähig war und deshalb auch unter ärztlicher Beobachtung bleiben muûte. Die Strafkammer stellte nach Einholung der notwendigen Informationen und der Anhörung eines Sachverständigen fest, ªdaû der Angeklagte seine Verhandlungsunfähigkeit vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführt hatº. Sie lehnte deshalb den auf die §§ 231, 231a StPO gestützten Antrag des Verteidigers , das Verfahren auszusetzen, ab und beschloû statt dessen, die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten fortzusetzen (§ 231 Abs. 2 StPO), insbesondere zur Vernehmung des - sonst in absehbarer Zeit voraussichtlich nicht mehr greifbaren - Zeugen Andre H. , dem Geschädigten in den Fällen 3a und 3b. Am folgenden Verhandlungstag, dem 4. Juli 2001, war der Angeklagte wieder anwesend und äuûerte sich zur Sache. Ein Vermerk über die Unterrichtung des Angeklagten durch den Vorsitzenden über den wesentlichen Inhalt dessen, was in seiner Abwesenheit verhandelt worden ist, findet sich in der Sitzungsniederschrift nicht.
aa) Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO liegt nicht vor.
Die Strafkammer durfte die Hauptverhandlung am 2. Juli 2001 gemäû § 231 Abs. 2 StPO ohne den Angeklagten fortsetzen. Dem eigenmächtigen Ausbleiben steht gleich, wenn sich der Angeklagte, nachdem er Gelegenheit hatte, sich umfassend zu äuûern - vorher gilt § 231a StPO -, in einen seine Verhandlungsfähigkeit ausschlieûenden Zustand versetzt (vgl. BGH NStZ 1986, 372; LR-Gollwitzer StPO 25. Aufl. § 231 Rdn. 10, 18; KK-Tolksdorf StPO 4. Aufl. § 231 Rdn. 3 ff, 7; Kleinknecht/Meyer-Goûner StPO 45. Aufl. § 231 Rdn. 17, 19; jeweils m.w.N.). Einer Wiederholung der Beweisaufnahme nach dem ªWiedererscheinenº des Angeklagten bedurfte es nicht.

bb) Auch die Rüge der Verletzung des § 231a StPO hat keinen Erfolg.
Ist Grundlage für die Fortsetzung der Hauptverhandlung ohne den Angeklagten § 231 Abs. 2 StPO, muû dieser, wenn er wieder anwesend ist, im Gegensatz zu der ausdrücklichen Regelung in § 231a Abs. 2 StPO (und auch in § 247 Satz 4 StPO) nicht vom Vorsitzenden über den Inhalt dessen unterrichtet werden, was während seiner Abwesenheit ausgesagt oder verhandelt worden ist. Eine Information des Angeklagten hierüber wird zwar häufig zweckmäûig und aufgrund der prozessualen Fürsorgepflicht zuweilen auch geboten sein. Seine Unterrichtung muû dann jedoch nicht notwendigerweise durch das Gericht bzw. dessen Vorsitzenden erfolgen. Beim verteidigten Angeklagten wird ohnehin der Verteidiger seinen Mandanten über das in Kenntnis zu setzen haben, was während dessen Abwesenheit geschah. Davon, daû dies geschieht, ist regelmäûig auch auszugehen. Anhaltspunkte dafür, daû dies hier nicht der Fall war, bestehen nicht. Die Revision trägt auch nichts dahingehend vor.
Im übrigen ist eine fehlende Information des Angeklagten durch den Vorsitzenden nicht erwiesen. Es handelt sich hierbei, anders als bei § 231 Abs. 2 StPO, um keinen protokollierungspflichtigen Vorgang i.S.v. § 273 StPO, der damit auch nicht der - negativen - Beweiskraft des Protokolls (§ 274 StPO) unterliegt, so daû das Schweigen der Sitzungsniederschrift hierzu nichts besagt. Auûerdem könnte das Urteil auf einer unterlassenen Unterrichtung nicht beruhen, da der Angeklagte geständig war.

b) Die Anordnung des Vorwegvollzugs von fünf Jahren Freiheitsstrafe vor der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus hat keinen Bestand.
Der Gesetzgeber geht von dem Grundsatz aus, daû mit der Behandlung des psychisch gestörten Täters umgehend begonnen werden soll (BGH Beschluû vom 13. April 1999 - 1 StR 51/99 -, BGHR § 67 Abs. 2 Zweckerreichung , leichtere 4, 11, 13). Im Falle des Nebeneinanders von Freiheitsstrafe und Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist deshalb gemäû § 67 Abs. 1 StGB die Maûregel regelmäûig vor der Strafe zu vollziehen. Will der Tatrichter von diesem Grundsatz abweichen, was ihm nach § 67 Abs. 2 StGB gestattet ist, sofern durch die Änderung der Vollstreckungsreihenfolge der Zweck der Maûregel leichter zu erreichen ist, so muû er diese Entscheidung mit auf den Einzelfall abgestellten, nachprüfbaren Erwägungen begründen (BGHR § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug, teilweiser 4).
Die Strafkammer ªist in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen der Auffassung, daû der Angeklagte einen Leidensdruck benötigt, um bei einer Therapie nachhaltig mitzumachenº. Schon in der Vergangenheit habe er sich lediglich unter dem Druck anhängiger Prozesse in ärztliche Behandlung begeben. Um eine nachhaltige Therapiebereitschaft beim Angeklagten hervorzurufen sowie um einen eventuellen Therapieerfolg durch eine nachfolgende Strafvollstreckung nicht zu gefährden, habe die Strafkammer den Vorwegvollzug von zwei Dritteln der Strafe als erforderlich angesehen. Zwar sind die genannten Gesichtspunkte, Herbeiführung eines ªLeidensdrucksº (vgl. BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug 4 und Zweckerreichung, leichtere 6; BGH NStZ 1986, 139; Maul/Lauven, Die Vollstreckungsreihenfolge von Strafe
und Maûregel gemäû § 67 Abs. 2 StGB, NStZ 1986, 397, 398) und Gefährdung des Therapieerfolgs bei nachfolgendem Strafvollzug (vgl. BGH NStZ 1999, 613, 614; Maul/Lauven aaO 399) im Grundsatz tragfähige Ansatzpunkte für die Umkehr der Vollzugsreihenfolge gemäû § 67 Abs. 1 StGB (Bedenken dagegen aber in BGH NStZ 1986, 427, 428), in besonderen Fällen auch bei einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäû § 63 StGB, wenn der Maûregel eine schwere andere seelische Abartigkeit zugrunde liegt (BGH NStZ 1999, 613, 614). Die Umstände, aus denen die Strafkammer die Notwendigkeit des Vorwegvollzugs folgert, sind hier aber nicht widerspruchsfrei dargelegt. So ist die Annahme der Notwendigkeit eines weiteren ªLeidensdrucksº zur Herbeiführung einer ªnachhaltigenº Therapiebereitschaft mit der Feststellung der Strafkammer zu Therapiewilligkeit des geständigen Angeklagten nicht in Einklang zu bringen. Daû der Erfolg einer psychotherapeutischen Behandlung durch einen nachfolgenden Strafvollzug wieder zunichte gemacht werde, wird durch keine auf den vorliegenden Fall bezogenen konkreten Anhaltpunkte belegt. Umstände, die dafür sprechen könnten, gerade bei diesem Angeklagten wäre durch den Vorwegvollzug von Strafe der Zweck der Maûregel besser zu erreichen, sind damit nicht festgestellt. Daû sich dies nach der neuen Verhandlung entscheidend anders darstellen könnte, kann ausgeschlossen werden. Die Anordnung der Vorwegvollstreckung der Strafe muû daher entfallen.

c) Die weitergehende Revision des Angeklagten ist aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 10. Januar 2002 dargelegten Gründen offensichtlich unbegründet.
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