Bundesfinanzhof Beschluss, 20. Dez. 2018 - X S 41/18
Gericht
Tenor
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Die Vollziehung der in der Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 2011 enthaltenen Bescheide über die Festsetzung der Einkommensteuer und des Gewerbesteuermessbetrags für 2007 wird ab dem 1. Oktober 2018 bis einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren X B 128/18 ohne Sicherheitsleistung in der Weise ausgesetzt, dass von einer gewinnmindernden Teilwertabschreibung in Höhe von 68.497 € und einer gegenläufigen gewinnerhöhenden Minderung der Zuführung zur Gewerbesteuerrückstellung in Höhe von 9.484 € auszugehen ist.
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Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner zu 9 %, der Antragsteller zu weiteren 5 % und der Antragsgegner zu 86 %.
Tatbestand
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I.
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Die Antragsteller sind Eheleute, die im Streitjahr 2007 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Antragsteller erzielt mit einem Gebrauchtwagenhandel Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er ermittelt seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich.
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Der Antragsteller begehrt zum 31. Dezember 2007 die Vornahme einer Teilwertabschreibung auf den Bilanzansatz für sein Betriebsgrundstück. Der Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) versagte dies in der Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 2011 und setzte die Einkommensteuer und den Gewerbesteuermessbetrag für 2007 entsprechend höher fest. Dabei berücksichtigte er gegenläufig eine Gewerbesteuerrückstellung in Höhe von 10.995 €, die er nach der "5/6-Methode" schätzte.
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Die Klage hatte im ersten Rechtsgang keinen Erfolg. Im anschließenden Revisionsverfahren hob der beschließende Senat das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) mit Urteil vom 21. September 2016 X R 58/14 (BFH/NV 2017, 275) auf und verwies die Sache an das FG zurück. Im zweiten Rechtsgang wies das FG die Klage erneut ab; dieses Urteil wurde den Antragstellern am 30. August 2018 zugestellt.
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Das FA hatte den Antragstellern während der bisherigen Verfahrensabschnitte auf entsprechende Anträge jeweils Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt, zuletzt bis einen Monat nach Bekanntgabe des FG-Urteils im zweiten Rechtsgang (30. September 2018).
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Die Antragsteller haben gegen das FG-Urteil Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Das FA hat einen Antrag, während des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde AdV zu gewähren, abgelehnt.
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Die Antragsteller beantragen,
AdV der Bescheide über Einkommensteuer 2007 und Gewerbesteuermessbetrag 2007 vom 13. Oktober 2011 zu gewähren.
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Das FA beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Entscheidungsgründe
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II.
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1. Der Senat legt den nicht bezifferten AdV-Antrag dahingehend aus, dass die Antragsteller AdV im Umfang des --bereits eingeschränkten-- Klageantrags begehren, den sie vor dem FG im zweiten Rechtsgang gestellt haben. Danach ist noch eine Teilwertabschreibung in Höhe von 68.497 € im Streit.
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2. Der Antrag ist überwiegend begründet.
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a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts u.a. aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen. Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. Februar 2013 XI B 125/12, BFH/NV 2013, 615, unter II.2.b, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
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Wird ein AdV-Antrag --wie hier-- während der Anhängigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH gestellt, kann dieser allerdings wegen der im Falle der Erfolglosigkeit des Rechtsmittels sogleich eintretenden Rechtskraftwirkung nur dann Erfolg haben, wenn neben den ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts zusätzlich ernstlich mit einer Zulassung der Revision zu rechnen ist (diese Betrachtungsweise liegt sinngemäß auch den BFH-Beschlüssen vom 27. November 1997 IV S 7/97, BFH/NV 1998, 561, unter II.1., und vom 5. Oktober 2010 X S 27/10, BFH/NV 2011, 274 zugrunde). Gleiches muss gelten, wenn ernstlich damit zu rechnen ist, dass die Sache wegen eines Verfahrensmangels an das FG zurückverwiesen wird; hier kommt es zusätzlich auf die Erfolgsaussichten des aufgrund der Zurückverweisung fortzusetzenden Klageverfahrens an (so für einen während eines Revisionsverfahrens gestellten AdV-Antrag BFH-Beschlüsse vom 21. November 1973 I S 8/73, BFHE 110, 498, BStBl II 1974, 114, und vom 24. November 1995 VII S 21/95, BFH/NV 1996, 420).
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b) Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
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aa) Die Antragsteller haben ihre Nichtzulassungsbeschwerde umfangreich begründet und dabei zahlreiche Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend gemacht. Ob diese Verfahrensrügen letztlich durchgreifen werden, bleibt der Beurteilung im --überdurchschnittlich komplexen und daher nicht kurzfristig zu erledigenden-- Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vorbehalten.
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Jedenfalls erscheint ein Erfolg der Nichtzulassungsbeschwerde bei summarischer Beurteilung nicht bereits von vornherein als ausgeschlossen. Insbesondere hinsichtlich der Rüge der Antragsteller (Bl. 14 ihrer Beschwerdebegründung), das FG habe ihnen nicht mitgeteilt, dass es sich die --im Urteil tatsächlich verwertete-- Kaufpreissammlung beschafft habe, lässt sich der FG-Akte der erforderliche Hinweis des FG auf diese Maßnahme der Sachaufklärung nicht entnehmen. Auch das FA formuliert in seiner Beschwerdeerwiderung vom 22. November 2018 in diesem Zusammenhang, es könne nicht beurteilen, ob der Anspruch der Antragsteller auf Gewährung rechtlichen Gehörs hinsichtlich der Auszüge aus der Kaufpreissammlung, die sich der Vorsitzende des FG-Senats "selbst beschafft haben dürfte", gewahrt worden sei.
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Bei der gebotenen summarischen Betrachtung ist daher für Zwecke des AdV-Verfahrens davon auszugehen, dass mit einem Erfolg der Nichtzulassungsbeschwerde zu rechnen sein kann.
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bb) Darüber hinaus liegen auch in Bezug auf die --in der Sache streitentscheidende-- Schätzung des Teilwerts neben Umständen, die für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte sprechen, gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe vor. Die Beteiligten und das FG haben zahlreiche Einzelumstände in das Verfahren eingeführt, die für die Schätzung des Teilwerts von Bedeutung sein können. Darunter sind auch --jedenfalls nicht von vornherein außer Betracht zu lassende-- Umstände, die für den von den Antragstellern begehrten niedrigeren Teilwert sprechen könnten. Diese Umstände wird das FG erneut zu würdigen haben, sofern es bei einem Erfolg der Nichtzulassungsbeschwerde zu einem Klageverfahren im dritten Rechtsgang kommen sollte.
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c) Der AdV-Antrag kann allerdings insoweit keinen Erfolg haben, als bei einer Zuerkennung der begehrten Teilwertabschreibung gegenläufig auch die Zuführung zur Gewerbesteuerrückstellung zu mindern wäre.
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Diesen Minderungsbetrag schätzt der Senat summarisch wie folgt:
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Gewerbeertrag lt. Anlage zur Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 2011
110.815 €
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abzüglich beantragte Teilwertabschreibung
./. 68.497 €
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zzgl. bisher berücksichtigte Gewerbesteuer-Rückstellung
+ 10.995 €
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Gewerbeertrag für AdV-Zwecke (abgerundet)
53.300 €
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abzüglich Freibetrag
./. 24.500 €
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steuerpflichtiger Gewerbeertrag
28.800 €
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Gewerbesteuermessbetrag nach dem Staffeltarif
504 €
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Gewerbesteuerfestsetzung für AdV-Zwecke (Hebesatz 360 %)
1.814 €
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davon 5/6, um zu berücksichtigen, dass die Gewerbesteuer von ihrer eigenen Bemessungsgrundlage abziehbar ist
1.511 €
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bisher vom FA berücksichtigte Gewerbesteuer-Rückstellung
./. 10.995 €
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Minderungsbetrag
9.484 €
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3. Die nach dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens zu treffende Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Antragsteller hinsichtlich des Unterliegens bei der Einkommensteuer die Kosten gesamtschuldnerisch tragen, während hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrags allein der Antragsteller Kostenschuldner ist.
Annotations
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.