Bundesfinanzhof Beschluss, 02. Juli 2012 - VI B 13/12

published on 02.07.2012 00:00
Bundesfinanzhof Beschluss, 02. Juli 2012 - VI B 13/12
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Gericht

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Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache erfordert zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das angefochtene Urteil weicht weder vom BFH-Beschluss vom 14. Dezember 2004 VIII R 106/03 (BFHE 208, 220, BStBl II 2008, 762) und den weiteren von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) genannten Divergenzentscheidungen ab noch handelt es sich um eine Willkürentscheidung.

2

1. Haushaltsaufnahme i.S. des § 32 Abs. 1 Nr. 2, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 und § 64 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes erfordert die Aufnahme in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis familienhafter Art. Neben dem örtlich gebundenen Zusammensein müssen Voraussetzungen materieller Art und immaterieller Art erfüllt sein. Danach gehört ein Kind dann zum Haushalt einer betreffenden Person, wenn es dort wohnt, versorgt und betreut wird, so dass es sich in der Obhut dieser Person befindet. Dem Zeitmoment kommt dabei besondere Bedeutung zu. Ein Obhutsverhältnis besteht nämlich nicht, wenn sich das Kind nur für einen von vornherein begrenzten, kurzfristigen Zeitraum etwa bei einem Elternteil befindet, z.B. zu Besuchszwecken oder in den Ferien. Von einem nicht nur vorübergehenden Aufenthalt kann dagegen regelmäßig ausgegangen werden, wenn das Kind seit mehr als drei Monaten bei der Obhutsperson lebt und eine Rückkehr nicht von vornherein feststeht (BFH-Entscheidungen in BFHE 208, 220, BStBl II 2008, 762; vom 25. Juni 2009 III R 2/07, BFHE 225, 438, BStBl II 2009, 968; Wendl in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 64 EStG Rz 9, m.w.N.).

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Das Finanzgericht (FG) hat in der angefochtenen Entscheidung die genannten Grundsätze und damit auch die BFH-Rechtsprechung beachtet. Für die Frage, ob ein Kind in den Haushalt aufgenommen ist, sind die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend. Es ist Aufgabe der Tatsacheninstanz, diese zu beurteilen und zu würdigen. Der BFH ist an die Würdigung grundsätzlich gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Im Streitfall ist das FG im Rahmen der Tatsachenwürdigung zu dem Ergebnis gekommen, dass der (mehrmonatige) Aufenthalt des Kindes X bei der Klägerin nur Besuchscharakter gehabt hat. Diese Entscheidung ist angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls nachvollziehbar.

4

Im Ergebnis rügt die Klägerin mit ihrem Vorbringen die unzutreffende Würdigung der Umstände des Einzelfalls und mithin die materielle Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Darauf kann die Revision nicht gestützt werden. Fehler in der Anwendung materiellen Rechts im konkreten Fall rechtfertigen für sich genommen die Zulassung der Revision nicht.

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2. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung --außer in den Fällen der Divergenz-- dann geboten, wenn ein allgemeines Interesse an einer korrigierenden Entscheidung besteht, weil das FG revisibles Recht fehlerhaft ausgelegt hat, der insoweit unterlaufene Fehler von Gewicht und geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu schädigen. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Auslegung und Anwendung des revisiblen Rechts durch das FG objektiv willkürlich oder greifbar gesetzeswidrig ist (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 68 ff.).

6

Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Es ist nicht ersichtlich, dass dem FG ein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler unterlaufen wäre, der im Allgemeininteresse einer Korrektur durch das Revisionsgericht bedürfte.

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(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, ka

(1) Für jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. (2) 1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. 2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem

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(1) Für jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt.

(2)1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten.3Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten.4Den Antrag kann stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes hat.5Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, so wird das Kindergeld vorrangig einem Elternteil gezahlt; es wird an einen Großelternteil gezahlt, wenn der Elternteil gegenüber der zuständigen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat.

(3)1Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt.2Zahlen mehrere Berechtigte dem Kind Unterhaltsrenten, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt.3Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll.4Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.